Francobriefe nach Bayern

  • Hallo Pälzer,

    eine schöne Marke auf einem schönen Brief - gut gemacht. :P

    Zur Laufzeit: Es war nicht völlig egal, was ein Wissembourger Absender mit seinen Briefen in die Pfalz machte. Es gab ja die Eisenbahn von Wissembourg über Landau und Neustadt, von daher war der tägliche Transport (die Firmen wussten damals ganz genau, wann die Bahn abging) Richtung Pfalz sichergestellt und schneller als die Bahn war nichts und niemand.

    Die Alternative wäre gewesen, einen "Boten" mit dem unfrankierten Brief über die nahe Grenze laufen zu lassen (mit evtl. Visitation durch französische und bayerische Zöllner und eventuellem Aufspüren des verschlossenen Briefes, was ein Straftatbestand in Frankreich war), ihn nach Schweigen, Rechtenbach oder Schweighofen zu schicken, um dort den Landpostboten abzupassen (dessen Routen und Zeiten waren nicht so einfach zu eruieren von Frankreich aus). Dann musste man bayerisches Geld - hier eine 3x Münze - mit sich führen, weil der Landpostbote gegen fremde Währung keine Briefmarken herausgeben durfte, musste er doch mit seinem Expeditor von Bad Bergzabern abrechnen, der sich über französische Münzen wenig gefreut hätte.

    Der Landpostbote hätte ihm dann eine 3x Marke zur Nominale verkauft, er hätte sie aufgeklebt und der Landpostbote hätte den Brief angenommen und mit seinem Ruralstempel versehen (B1 - B??). Am Ende seiner Tour (und da war es schon später Nachmittag, fast schon Abend) hätte er ihn mit anderen Poststücken, die er auf seiner Tour eingesammelt hatte, seinem Expeditor vorgelegt, der ihn dann zu prüfen und abzustempeln hatte. Ich kenne nicht die Abgangszeiten der Post von Bergzabern nach Landau und Neustadt, aber ich halte es für gut möglich, dass so spät am Tag nichts mehr lief und der Brief in Folge dessen erst im Laufe des nächsten Tages weiter transportiert werden konnte und demzufolge einen Tag später ankommen musste.

    Es war vlt. so, dass man die Mehrkosten von 9x = 30 Centimes, was ja nicht eben wenig war, in eiligen Fällen zähneknirschend in Kauf genommen hatte und nur weniger dringende Briefe über die Grenze zu schmuggeln Sinn machte.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    Es war vlt. so, dass man die Mehrkosten von 9x = 30 Centimes, was ja nicht eben wenig war, in eiligen Fällen zähneknirschend in Kauf genommen hatte und nur weniger dringende Briefe über die Grenze zu schmuggeln Sinn machte.


    ...ok, aber sind denn solche "weniger dringenden Fälle" überhaupt bekannt bzw. evtl. sogar schon belegt ?

    + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,

    die weniger wichtigen sind die Masse (wobei sich Masse etwas relativiert), denn sparen war angesagt und wirklich wichtige Dinge wurden telegraphisch geregelt oder gar per Estafette überbracht, auch wenn das die Kosten stark in die Höhe schießen ließ.

    Von Wissembourg kenne ich ca. 40 Briefe oder Briefstücke, die via Schweigen (Bergzabern) oder Schaidt (Bahnstrecke Pfalz - Baden) mit Bayernmarken versehen über die Grenze geschmuggelt wurden.

    Briefe wie deinen kenne ich keine 5.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Besitzer von Altpostbelegen in aller Welt,

    es lohnt nicht, sich als Philatelist und Postgeschichtler über die nachstehend abgebildeten - hochgradig sinnfreien - Schnipseleien zu echauffieren. Es kann sich hier nicht um irgend eine "spezielle Registratur" der Vergangenheit gehandelt haben. Leider kommen solche Dinge immer wieder einmal vor.

    Wer auch immer das aus was für Gründen getan hat: Er hat damit unwiederbringlich Werte vernichtet. Insofern seien die beiden Briefstücke einmal als eine Art "Mahnmal" abgebildet. Wer sich mit derartigen Dingen nicht auskennt: Bitte, bitte einfach alles was man hat unverändert lassen und Leute vom Fach danach befragen.

    In diesem Sinne + Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo zusammen,

    nun darf es dann auch einmal ein Beleg vor der zum 01.07.1858 erfolgten Gebührenerhöhung auf 40 Centimes für den Auslands-Normalbrief, d.h. einem solchen zum Tarif von 30 Centimes in die Pfalz sein.

    Der mit den Bahnpoststrecken Paris a Strasbourg und Nancy a Forbach beförderte Brief (mit postal. Adressatenzusatz "Baviére" in blauer Tinte) war an Rechtspraktikanten Theodor Späth (1833-1911) in Neustadt a.d.Haardt gerichtet, einem deutschen Verwaltungsjuristen und späteren Regierungsrat in Speyer.

    Er war von 1874 bis 1877 Reichstagsabgeordneter für den Wahlkreis 3 / Pfalz (Germersheim / Bergzabern) und stieg gegen Ende seiner Laufbahn bis zum Regierungsdirktor in Regensburg auf.


    + Gruß

    vom Pälzer...der glaubt auf beiden Marken je ein kleines Plattenfehlerchen zu sehen...

    verwendete Quelle:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Spaeth

  • Hallo Pälzer,

    Glückwunsch zu einem Brief, wie ich ihn nicht habe und schon lange suche.

    Er zeigt auch schön die Leitung über Paris - Richtung Strasbourg, dann Abzweigung Richtung Forbach und über Homburg zum Empfänger, auch wenn Homburg damals schon nicht mehr einzeln stempelte. Klasse!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    da wir ja nun auch Belege nach der o.a. Tarifänderung kennen, auf denen diese beiden Bahnpostkurse mit Durchgangsabschlag angebracht wurden: Läßt dieser offenbar durchweg offen gehaltene Transit den Schluss auf ein durchweg geringes Postaufkommen zu ?

    + Gruß !

    vom Pälzer

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  • Hallo Pälzer,

    das ist eine sehr schwer zu beantwortende Frage. Ohne Korrespondenzaufkommen ab einer gewissen Höhe, gab es auch keine Korrespondenzwege dazu.

    Frankreich lieferte seine Post nach Bayern, wenn sie in die Pfalz und die fränkischen Lande gingen, über Forbach aus. Es ist zu vermuten, auch wenn ich damals nicht dabei war, dass das französische Briefpaket über Forbach unterteilt war in:

    a) Sendungen für die Pfalz mit Öffnung dieses Pakets und Trennung in Loco - Briefe (also Homburg/Pfalz und um Homburg herum zu den Poststellen, mit denen man einen direkten Kartenschluss hatte (z. B. Zweibrücken, Pirmasens z. B.),

    b) Sendungen über die Pfalz und Baden/Taxis hinweg nach Würzburg / Nürnberg; diese Briefpakete wurden nicht geöffnet, sondern nur weiter geroutet mit der badischen Bahnpost bzw. über Frankfurt am Main nach Aschaffenburg - Würzburg (Nürnberg), wo sie von den dortigen Paketschlußämtern geöffnet wurden und

    c) ganz selten beweisbar (ich kann es einmal nur beweisen) nach dem südlichen Bayern, wenn es Probleme gab nach Strasbourg zu leiten.

    Die postalische Versorgung französischer Briefe nach der Pfalz wurde also "im großen Rahmen" über Forbach gewährleistet bei diesem Vertrag, nicht über Strasbourg und die beiden lokalen Paketschlüsse Wissembourg und Saargemünd dienten dazu, die Nachbarkorrespondenzen schnell und ohne Umwege zu ermöglichen.

    Erst gegen Ende dieses Vertrages kam noch die Leitung aus dem Elsass via Strasbourg in die Pfalz hinzu, ohne dass es hierüber bayer. Quellen gäbe (was mit dem 1858er Vertrag dann häufiger wird).

    Da a) und b) hinreichend belegt sind, ist davon auszugehen, dass die französischen Poststellen wussten, wo in Bayern die Zielorte lagen und welche Orte zur Pfalz gehörten. Daher auch der manuelle, postalische Zusatz "Bavière" hinter "Palatinat", denn es gab ja auch die Oberpfalz, die eine andere Manipulation in Bayern und Frankreich (s. oben) zur Folge gehabt hätte.

    Die der franz. Bahnpost unterwegs von Paris zukartierten Briefe nach Bayern mussten also bereits in den Bahnpostwagen ihrem richtigen Zielort zugewiesen werden und entsprechend bis Forbach (s. oben), oder bis Strasbourg (Schwaben, Ober- und Niederbayern, Oberpfalz) verbracht werden.

    Leider hat man als Postgeschichtler nicht immer das Glück perfekter, siegelseitiger Stempelabschläge, die die Leitung so gut verdeutlichen, wie bei deinem Brief.

    Es wird sicher eine Menge Briefe in die Pfalz wie deinen gegeben haben, vermutlich viele Tausend. Bedauerlich ist, dass fast nichts davon erhalten blieb, was mit 3 Kriegen in der Pfalz zu tun haben dürfte und daher 30 Centimes - Franki (gilt für Portobriefe genau so) nur alle Jahre einmal zu sehen und zu schnappen sind. Gut dabei ist, dass potentielle Verkäufer in Unkenntnis historischer Korrespondenzströme oft nur den lächerlich niedrigen Markenwert addieren und so zu Angebotspreisen kommen, die das Drücken des Buttons "Sofortkauf" sehr erleichtern ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    dass das französische Briefpaket über Forbach unterteilt war in:

    ...tja, das ist ja gerade die Frage, die ich mir gerade stelle: Gab es überhaupt ein Briefpaket ? Der Brief rattert von Paris (Gare) erst mal rd. 300 km in Richtung Strasbourg und erhält auf der Strecke Paris a Strasbourg seinen ersten BaPo-Abschlag im Durchgang.

    Dann wird er in Nancy umgeladen auf die Strecke Nancy a Forbach und bekommt auf den restlichen rd. 100 km noch einmal einen BaPo-Durchgangsabschlag. Ich kann mir leidlich vorstellen, dass angesichts dieses Sachverhaltes jeweils ein zusammengeschnürtes Briefpaket zur Verwendung gekommen ist, allenfalls - ums mal plump zu sagen - ein Postsack.

    + Gruß !

    vom Pälzer

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  • Hallo Pälzer,

    ein Briefpaket war ja ein Behältnis (Postsack), in den Briefe einer bestimmten Destination eingebunden waren und dieses Briefepaket hatte eine Beutelfahne, auf der der Name derjenigen Postanstalt stand, der das Paket zuzukartieren war.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo bk,

    abgesehen davon wie das techn. möglich gewesen sein soll wie Du w.o. darlegst, dass das Briefpaket "unterteilt war", wenn es sich dabei (doch) um einen Postsack gehandelt hat: Wenn ich mich nicht irre, dann wird dieser Begriff "Briefpaket" hier im Forum und anderswo schon seit längerer Zeit regelmäßig auch für die Fälle des geschlossenen Transits verwendet. Wenn er so wie Du w.o. darlegst auch auf den offenen Transit zutreffen soll, dann ist er in meinen Augen extrem missverständlich und insofern - von wem auch immer ursprünglich - unglücklich gewählt.

    + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    Einmal editiert, zuletzt von Pälzer (7. März 2015 um 12:19)

  • Hallo Pälzer,

    ein Briefpaket konnte aus einer Art von Briefen bestehen, oder mehreren.

    Genauso konnte es mehrere Poststellen ungeöffnet transitieren, oder von jeder erreichten Poststelle geöffnet werden. Das kam ganz darauf an.

    In einem Briefpaket aus Frankreich nach Bayern konnten Briefe in die Pfalz, nach den drei Franken, nach Südbayern, nach Österreich und nach Russland enthalten sein.

    Diese lagen natürlich nicht zusammen gewürfelt in einem Postsack, sondern waren geschichtet. Gab z. B. Paris seine Briefe der Bahnpost, sortierte diese die o. g. Destinationen heraus, stempelte die Briefe und kartierte sie auf Nancy bzw. Forbach, oder nach Strasbourg. Hielt die Bahn in Forbach, wurde das Briefepaket für die Pfalz und die 3 Franken dem Zug nach Forbach mitgegeben.

    Dort erhielten die Briefe wieder Bahnpoststempel und wurden unterschieden in Pfalz und Franken. Auf dem einen Paket stand nun z. B. "Hombourg Palatinat rhenane", auf dem anderen "Wurcebourg". In Homburg entnahm man "sein" Paket und gab das nach Würzburg ungeöffnet der Pfälzer Bahnpost Richtung Ludwigshafen weiter.

    Die Briefe nach Franken hätten natürlich keinen Pfalzstempel aufzuweisen, weil sie in der Pfalz auch nicht behandelt worden waren.

    Innerhalb eines Briefepakets konnten also mehrere Briefepakete mit diversen Destinationen verpackt sein, die bei der Öffnung unterschiedlicher Behandlung zugeführt wurden. Selbst innerhalb z. B. des Briefepakets in die Pfalz waren die Briefe nach Vorschrift zu schichten, also nicht einfach nur einzulegen, sondern nach Gattungen auszuscheiden und separat zu bündeln (Dienstbriefe, Frankobriefe, Portobriefe, Chargébriefe, Drucksachen, Zeitungen, Post aus dem Ausland usw..).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ...ich danke für die Ausführungen, aber von der Logik her komme ich da mit diesem Begriff absolut nicht mehr mit. Manche Dinge hängen einem halt manchmal zu hoch. :S

    + Gruß !

    vom Pälzer

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  • Hallo Sammlerfreunde,

    endlich einmal ein Beleg an dem man getrost sagen kann, das alles stimmt...vor allem der Rautenabschlag. Meine Wenigkeit zumindest hatte damit bislang nicht soviel Glück. Der Inhalt - Sohn schreibt an Vater - ist wenig aufschlussreich, rein privater Natur. Möglicherweise war der Sohn auf Ausbildung (u.a.) im Ausland unterwegs und ging bei verschiedenen Firmen in die Lehre, im thread Niederlande finden wir vom gleichen Absender einen ein Jahr zuvor in Rotterdam aufgegebenen Beleg mit gleicher Destination. Lange wird es den jungen Herrn Schultz wohl nicht mehr in Le Havre gehalten haben, denn 4 1/2 Monate später befand man sich mit Frankreich im Kriegszustand.

    + Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,

    ein hübscher Brief mit typischem Geburtstagsgrußinhalt aus der Zeit halt. Der Laufweg dürfte Paris - Forbach - Saarbrücken - Kaiserslautern gewesen sein, auch wenn man das nie wirklich beweisen kann, aber Paris schickte so gut wie nie etwas über Wissembourg und über Strasbourg liefen keine Pfälzer Briefpakete (im Gegensatz zu andersherum).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    auch wenn`s von Abschlagsqualtität + Markenschnitt suboptimal und nicht wirklich mit einem tete-beche daherkommt: Ein Minibrieflein ist doch immer wieder entzückend. Adressiert wurde an eine Miss Ellen Whiting chez (bei) M(ada)me Bieckard (?) in Landau/Pfalz. Quellen zur Adressatin sind im www sind arg gestreut, man findet hpts. Angaben aus den USA (Norfolk - Virginia), aber teilweise auch aus Großbritannien, aber alles leider zu oberflächlich bze. nicht ganz passend.

    + Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,

    das Franko nach dem 1847er Vertrag für Bayern war 30 C. in die Pfalz und 50 C. nach dem rechtsrheinischen Bayern. Hier war der Brief offensichtlich überfrankiert, denn 40 C. kennen wir erst ab dem 1.7.1858 als Standardfranko von ganz Frankreich nach ganz Bayern (vom 30 km Radius mal abgesehen, den wir hier nicht vorliegen haben).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    da ist Material der Zeit der 30 C-Frankaturen schon so selten und dann eiert einer aus eben dieser Periode auch noch überfankiert ins Körbchen...aber okay, das konnte ich bislang auch noch nicht belegen.

    why not ? :thumbup:

    + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,

    die 30 C. korrekt frankierten Briefe in die Pfalz sind ausnahmslos selten. Frankreich hat, als man Marken hatte, einfach mit ihnen drauf los frankiert und ich kenne sogar 1850er Briefe in die AD - Staaten. Bayern war bis 30.9.1851 an die Barfrankatur gehalten, von daher sollte es theoretisch mehr Frankreichbriefe mit 30 C. Markenbriefen geben, als Pfälzer Briefe nach Frankreich. Aber das ist und bleibt graue Theorie ... zumal wir aus einer Korrespondenz noch durch die 1850er Jahre auch Frankreichbriefe in die Pfalz kennen, die komplett barfrankiert wurden, warum auch immer (alle aus Dijon).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    aus einer Mini - Korrespondenz abgegriffen zeige ich 2 Briefe aus Le Biot (angeblich der Ort in Frankreich, wo man sich schon immer sehr gesund ernährt hat) vom 7.1.1865 und einen aus Albi vom 13.4.1868 an die Firma Helmensdorfer & Compagnie ("Cie") in Lindau ("Lac de Constance" = Bodensee).

    In Le Biot frankierte man die für einen Brief bis 10g notwendigen 40 Centimes mit 2 Marken zu 20 Centimes, während man später in Albi für uns Sammler etwas großzügiger war und 2 Marken à 10 Centimes und nur eine à 20 Centimes frankierte.

    Der Absender Francois Namus in Le Biot blieb mir nach Netzrecherche leider unbekannt, während ich zum Absender Leon Talabot aus Saut Du Tarn bei Albi folgendes ergoogled habe (und ganz stolz auf diese einmalige Leistung bin):

    https://www.google.de/url?sa=t&rct=j…115339255,d.bGs

    Zum Empfänger glaube ich dies richtig gefunden zu haben (2. Großtat heute):

    https://www.google.de/url?sa=t&rct=j…JvDQ3RF2csCav5w

    1864 gegründet könnte ja passen, wenn man sich das Datum der Briefe anschaut und so häufig dürfte dieser Firmenname nicht in Lindau gewesen sein.

    Nun zu den Leitwegen, die ja immer von besonderem Interesse sind:

    1. Brief: Le Biot 7.1.1865 - Thonon 7.1.1865 28 km südlich des Genfer Sees bis an den Genfer See. Thonon - Paris 8.1.1865 bei nur 650 km im Januar in den Alpen - wie immer meinen größten Respekt an die Franzosen. Paris - Strasbourg 8.1.1865 (wenn sich mein Respekt für die Franzosen noch steigern ließe, wäre das jetzt der Fall - unglaubliche Leistung!). Neu - Ulm 9.11865 (man sieht hier sehr schön, ich konnte es noch nie beweisen, jetzt schon, die Leitung geschlossen über Badens und Württembergs Bahnpost, die in Ulm endete und nach der Übergabe des Postsacks in Neu-Ulm wurden alle ausländischen Poststücke eingangsgestempelt in Bayern - ein großes Dankeschön der Post). Lindau 9.1.1865, dank der bayerischen Bahnpost alles noch am selben Tag - phantastisch.

    Sieht man sich den Lauf des Briefes an, fragt man sich zweierlei:

    1. Warum nicht, da der Brief doch nur kurz hinter der Schweizergrenze in Thonon war, einfach der Schweiz übergeben, von wo aus es nach Lindau nur 390 km bis Lindau im Bodensee waren? Nun, das ging nicht, denn der PV Bayerns mit Frankreich vom 1.7.1858 sah dergleichen nicht vor und die Schweiz ließ keinen (offenen und geschlossenen) Transit durch ihr Territorium zu. Hätte sie es zugelassen, hätte sie sicher 6 Kr. (20 Rappen oder 2 Decimes) Transitporto verlangt.

    2. Warum leitete ihn die vorzügliche französische Post vom Genfer See via Paris (Nordfrankreich) wieder in den Südosten nach Strasbourg? Ein Umweg von ca. 750 km? Nun, Frankreich war ein Zentralstaat und die Post ins Ausland, wenn sie nicht dirket kartiert werden musste (Elsaß, Lothringen) musste halt immer nach Paris gekarrt werden, ehe sie von dort aus weiter geleitet wurde und das können wir an diesem unscheinbaren Brief wundervoll nachvollziehen.

    Kommen wir zum 2. Brief und seinem Laufweg:

    Albi (Südfrankreich, nordöstlich von Toulouse) 13.4.1868 - per Bahnpost Bordeaux - Paris 14.4.1868. Dann aber (war er in Paris, oder hat man ihn erst gar nicht dorthin geschickt, sondern ihn gleich der Bahnpost Paris - Strasbourg am selben Tag übermacht?) Richtung Strasbourg, wo er wohl auch am 14.4.1868 angekommen sein dürfte, ehe er am 16.4.1868 in Lindau einschlug. Wegen des Wegfalls des DÖPV zum 1.1.1868 war das Stempeln und Verrechnen der inneren Postvereinstransite für Baden und Württemberg nicht mehr notwendig - eine Stempelung damit obsolet, wie sich hier schön zeigen lässt.

    So können (mich) auch simple Briefe erfreuen, wenn man sich mit ihnen ein wenig näher befasst.