Schweiz - Niederlande über Deutschland

  • Liebe Freunde,

    manche Briefe haben scheinbar mit Bayern gar nichts zu tun. Der hier vorgestellte aus dem Schweizerischen Vevey vom 16.12.1845 nach Amsterdam schon gar nicht. Oder doch?

    In Dr. J. Helbigs Buch "Bayrische Postgeschichte 1806-1870" lesen wir auf S. 185, dass zum 1.1.1834 die Leitung der Korrespondenzen zwischen Preußen und darüber nördlich liegenden Ländern und Baden und weiter südlich liegenden Postgebieten über nach Übereinkunft Preußens mit TT und Baden über die Pfalz lief. Auf der folgenden Seite veranschaulicht ein Brief aus Brüssel vom 30.10.1842 nach Wohlen in der Schweiz das Prinzip, ohne dass man erkennen könnte, dass er bayerisches Territorium transitierte. Da er im geschlossenen Briefbeutel ausgetauscht wurde, wundert das nicht.

    Briefe dieser Route von Belgien und den Niederlanden in die Schweiz kenne ich einige. Der umgekehrte Weg war mir bisher nicht bekannt, wenngleich die Wahrscheinlichkeit gegeben war, dass es solche Korrespondenzen auch gegeben haben mag.

    Daher war ich erstaunt, dass ein Brief aus der "welschen Schweiz", also dem französischen Teil der Eidgenossenschaft, welcher meines Wissens immer über Frankreich in den Norden kartierte, den Weg über Deutschland genommen haben muss.

    Zu den Taxen. Bezahlt hatte der Absender gar nichts, es war also ein reiner Portobrief. Leider sind Westschweizer Briefe immer noch problematisch für mich - jedenfalls hat man 2 Kr.? für den Kanton Waadt angesetzt und die restlichen 8 Kr. auf Bern und Basel (wie?) verteilt. Mit 10 Kr. belastet scheint er den badischen Posten übergeben worden zu sein, welche für ihren Transit über Oggersheim 8 Kr. forderten, so dass ich eine Eingangsbelastung Preußens bei Kreuznach von 18 Kr. annehme. Bayerns Transit war gratis. Preußen notierte mit weinroter Tinte 9 Sgr., die man an der niederländischen Grenze bei Arnhem haben wollte. Mit dem nicht eigens ausgewiesenem Inlandsporto der NL ergab sich ein Gesamtporto für den Empfänger von 75 Cents, etwa 13 Sgr. ("die parität von währungen in der postgeschichte 1700 - 1875" von Leonard H. J. Janssen, S. 214 für Amsterdam).

    Kommentierungen und Korrekturen sind sehr erwünscht (wie das zeigen weiterer, ähnlicher Briefe auch). :)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

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    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Zu den Taxen. Bezahlt hatte der Absender gar nichts, es war also ein reiner Portobrief. Leider sind Westschweizer Briefe immer noch problematisch für mich - jedenfalls hat man 2 Kr.? für den Kanton Waadt angesetzt und die restlichen 8 Kr. auf Bern und Basel (wie?) verteilt. Mit 10 Kr. belastet scheint er den badischen Posten übergeben worden zu sein, welche für ihren Transit über Oggersheim 8 Kr. forderten, so dass ich eine Eingangsbelastung Preußens bei Kreuznach von 18 Kr. annehme. Bayerns Transit war gratis. Preußen notierte mit weinroter Tinte 9 Sgr., die man an der niederländischen Grenze bei Arnhem haben wollte. Mit dem nicht eigens ausgewiesenem Inlandsporto der NL ergab sich ein Gesamtporto für den Empfänger von 75 Cents, etwa 13 Sgr. ("die parität von währungen in der postgeschichte 1700 - 1875" von Leonard H. J. Janssen, S. 214 für Amsterdam).

    Hallo bayern klassisch

    Ich will dich hier gern etwas helfen, aber nur mit Hilfe dieser Brief weil ich die Taxen auch nicht ganz verstehen kann.

    Die zwei Briefe kostete der Absender in Amsterdam das gleiche, 75 Cents. Dieser Brief aus Zürich in 1835 geschickt, hat der Absender bis Grenze Schweiz wie ich es lese bezahlt. Dazu kam die 10 Kreuzer Rh für Baden (?). Preussen hat für sich gegenüber Niederlande 8 1/2 SBgr gerechnet. Also etwas unterschiedlich auf den Weg nach Amsterdam (es war ja auch 10 Jahre zwischen die Briefe), aber der Empfänger hat das gleiche bezahlt.

    Eingangsort war auch Arnhem.

    Viele grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    auch ein begehreswerter Brief, vor allem weil man die Auslage von Zürich strich, der Brief also entweder portofrei, oder teilfrankiert war. Eine Teilfrankatur kann ich nicht erkennen, denn diese müsste siegelseitig mit rosa / roter Tinte von Zürich notiert worden sein (wie der Strich ein Zürcher ist!). Baden 10x sind klar, aber warum Preußen nur 8 1/2 statt 9 Sgr. ansetzte, weiß ich leider auch nicht. Vlt. helfen uns die hier immer gut informierten preußischen Freunde weiter.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Eine Teilfrankatur kann ich nicht erkennen, denn diese müsste siegelseitig mit rosa / roter Tinte von Zürich notiert worden sein (wie der Strich ein Zürcher ist!)

    Hallo bayern klassisch

    Ja, die Farbe hat mich auch gestört weil Zürich immer mit roten Tinte vermerkt hat. Ob es hier ein Portofreiheit gab, glaube ich eigentlich nicht. Ein Inhalt gibt es nicht, so hier gibt es kein Hilfe.

    Die rückseitig vermerkte 12 (?) oder was es hier geschrieben ist hat mich auf die Idee gebracht dass der Brief teilfrankiert war. Es zu belegen ist für mich leider nicht möglich.

    Vielleicht gibt es auch aus Schweiz etwas Hilfe zu bekommen?

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    ich habe viele Briefe aus der VMZ von der CH nach Europe gesehen - eine Portofreiheit aber nicht, wenn es an einen privaten Empfänger ging, weshalb ich hier nicht glaube, dass eine solche vorliegt.

    Das Geschmiere auf der Siegelseite kann ich auch nicht entziffern. Der Brief hat aber den Zürcher Aufgabestempel (Zweikreiser), also müsste der Brief aus Zürich selbst oder dem näheren Umland stammen. Warum man kein Porto forderte, weiß ich nicht, aber dieser Auslagestempel sollte ja nur auf Portobriefen abgeschlagen werden, d. h. auf Briefen, die "hinter" Zürich oder von Zürich selbst stammten, damit das Porto dort eingesetzt wird.

    Ich hoffe auch auf Schweizer Hilfe, aber man kann nicht jeden Brief klären, so schön das auch wäre ...

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Liebe Freunde,

    der folgende Brief stellt mich vor Taxierungsprobleme.

    Geschrieben hat ihn die Firma Isler in Wohlen am 12.10.1848 an Jacques Isler bei Herrn Sexauer in Amsterdam (!). Es war ein Portobrief und die Leitung über deutsches Gebiet (auch über Frankreich wäre eine Leitung möglich gewesen).

    Die CH setzte 10x in Rötel an. Mit dem hier nicht angeschriebenen badischen Transit bei der Leitung den Rhein entlang notierte Preußen 9 1/2 Sgr., wenn ich den verkrüppelten halben Sgr. richtig interpretiere. Wieso dann 2 1/4 Sgr. dazu kamen, kann ich nicht sagen. Der Absender hatte je oben vermerkt: "avec 1 paquet echantillons sans valeur", also mit einem Paket Muster ohne Wert. In wie weit hierbei Portobegünstigungen eine Rolle gespielt haben mögen, kann ich leider nicht sagen.

    Über Arnhem (s. siegelseitiger Stempel "Pruissen A") lief er in die NL, jedoch mit einer Notation 2 - 23 1/4 Sgr.. Diese 23 1/4 Sgr. kann ich nun noch weniger erklären, denn die Addition von 9 oder 9 1/2 und 11 3/4 ergeben für mich keine 23 1/4 Sgr..

    Der Empfänger hatte 95 Cents zu zahlen, was etwa 18 Sgr. entsprach. Für Hinweise, die Taxen betreffend, bin ich sehr dankbar.

    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,

    auf Grundlage eines preußischen Tax-Handbuches von 1832 kann man folgendes rechnen:
    10 Kr. badische Forderung --> 3 Sgr.
    6 Kr. Transit von Baden bis Frankfurt --> 1 3/4 Sgr.
    preuß. Porto Frankfurt-Emmerich --> 6 Sgr.
    Grenzporto zu den Niederlanden --> 1 Sgr.

    So erhält man die vorderseitig notierten 11 3/4 Sgr.

    Laut dem Tax-Handbuch würde Arnheim-Amsterdam 3 1/2 Sgr. kosten. In Summe wären dies 15 1/4 Sgr. die mit den 95 Cent korrespondieren (diese entsprachen bis in die 40er Jahre meines Wissens ca. 15 3/4 Sgr.).

    Für die vorderseitigen 9 (oder 9 1/2) habe ich keine Erklärung.
    Die rückseitigen 23 1/4 sehen auf dem Scan so aus, als wären sie nach dem Grenzstempel notiert worden. Dann wären sie für die Berechnung der Taxforderung irrelelvant.

    Nur mal ein Versuch ...

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    danke für deinen Versuch! :)

    Meine Fragen dazu:

    Wo blieben die 10x für die Schweiz?

    Wie hoch wäre dann der NL - Portoanteil?

    Leider kann ich nicht sicher sagen, ob die 23 1/4 erst auf dem Brief standen, oder zuerst der Stempel da war, aber da Arnhem stempelte, müsste eine spätere Notation von niederländischer Hand stammen. Die NL kannten aber keine Brüche und der Wert kann sich nur auf Sgr. beziehen, da die NL damals nur in 5 Cent Schritten taxierten, daher halte ich die Reihenfolge Taxe - Stempel für wahrscheinlicher, wobei sich mir die Höhe immer noch nicht erschließt.

    Ein Problem bereitet mit auch der Musterversand - wir hätten ja hier die Taxe für einfache Briefe vor uns; mit einem Kistchen Mustern dürfte das halbe Loth aber sicher überschritten worden sein, denn er wiegt heute fast ein halbes Loth ohne die Muster. Für mich bleibt er rätselhaft, leider.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,

    wo die Schweizer Taxe geblieben ist? Ich hatte versucht, einen Weg hin zu den 95 Cent zu finden, dieser führte über die 11 3/4 Sgr. Darin wäre das schweizer Porto nicht enthalten.
    Wenn man die beiden Kreuzerbeträge reduziert, ergeben diese 5 1/2 Sgr. Plus 1 3/4 Sgr. Transit und 6 Sgr. preuß. Porto käme man auf 13 1/4 Sgr. Die Zahl finde ich nicht, zudem fehlt hier noch das niederländische Porto von 3 1/2 Sgr. Das wären in Summe 16 3/4

    Mal anders herum - wenn das Begleitmuster als Warensendung taxiert wurde, finde ich folgendes:
    Im Abschnitt Baden-Preußen des Taxhandbuchs steht dazu:
    Briefe, welchen Waaren-Muster abgesondert angehängt sind, sollen zwar mit dem vollen tarifmäßigen Porto taxirt - dagegen das Muster, wenn es über 1/2 Loth wiegt, nur mit dem vierten Theil der auf sein Gewicht fallenden Taxe belegt, und dieser Betrag noch zum Porto des Briefes geschlagen werden. Der Bruch-Kreuzer wird dabei für voll gerechnet.

    Im Abschnitt Niederlande-Preußen steht dazu:
    Waaren-Proben, wenn solche auf eine den Inhalt darthuende Weise verpackt sind genießen eine Moderation von 1/3 des taxmäßigen Briefporto, welches jedoch nie weniger als das Porto des einfachen Briefes betragen darf.

    Was wäre jetzt tatsächlich für die Warenprobe zu berechnen?
    a) badisches + preußisches Porto (ohne Zuschlag, wenn die Warenprobe < 1/2 Loth)
    b) badisches + preußisches Porto + 1/4 Zuschlag auf beide Portoanteile
    c) 1 1/4-faches badisches + doppeltes preußisches Porto
    Müsste dann nicht auch das niederländische Porto doppelt genommen werden?
    Taxierte die Schweiz Warenproben nicht?

    Also ehrlich: ich möchte da kein Postbeamter gewesen sein ... ;(

    Zu den 23 1/4:
    Wir sind uns wohl einig, dass es sich hierbei nur um Sgr. handeln kann. Was soll die "2 -" davor? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es sich um eine Taxierung der preußischen Post handelt.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    danke für deine Auflistung zu den Musterporti - ja, ich wollte bei dem Brief auch lieber einen Tag Urlaub gehabt haben.

    Zu Mustern aus der Schweiz weiß ich wenig - und die, die Altschweiz sammeln, wissen noch weniger als ich. Leider ist die "Masse" der Altschweiz - Sammler eher Stempeln und der lokalen Postgeschichte verhaftet, als der internationalen PO. Aber ich bleibe dran.

    Die 2 - 23 1/4 habe ich auch so noch nie gesehen; die NL schrieben, wenn mich nicht alles täuscht, immer mit schwarzer Tinte. Bruchkreuzer gab es bei der Briefpost nicht, bleiben nur Sgr.. Der einzige, der hohe Sgr. - Beträge hätte notieren können, wäre Preußen selbst gewesen. Von unseren SH - Sammlern habe ich gelernt, dass X ---- YZ heißen soll: X war der Kartenschluß und YZ war die Taxe. Aber dieses Notationsverfahren habe ich bei Preußen noch nie gesehen.

    Irgendwie erinnert mich dieser Brief an den von mir (jetzt dir) aus dem Jahr 1851 von Württemberg über Bayern und Preußen nach Russland mit anhängendem Karminmuster ohne Wert und weiteren Briefen als Inhalt - auch den konnten wir nicht wirklich klären und ich fürchte, das wird hier auch der Fall sein.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.