Die Entstehungsgeschichte der Markenausgabe von 1849

  • Wie beschrieben und empirisch massenhaft belegbar, handelt es sich bei diesen Klischees nicht um Plattenfehler bei einem oder einigen wenigen Klischees, sondern um Eigenarten, die die kompletten Serien der Druckstöckel der Pl. 2b/2c betreffen. Weder vorher noch später gab es dies jemals wieder. Damit kommt man zwangsläufig zum Postulat einer Zwischenstufe (Matrize), die für den Prägezeitraum der Klischees für Pl. 2b/2c den erwähnten Fehler (ausgebrochene Schlinge der 3) aufwies. Hätte ein prägender Urstempel diese Eingenart gehabt, würden ALLE weiteren Platten bis 1862 die unten unterbrochene Schlinge zeigen.

    Lieber mikrokern,

    vielen Dank für die prompte Lieferung der Plattentafel.

    Aus "neutraler" Sicht zu Deiner Argumentation:

    Die betreffenden Druckstöckel der Plattenzustände 2b und 2c hatten eine leicht vergrößerte Druckfläche, durch die die weiße Schlinge der 3 mit Druckfarbe gefüllt wurde. Die Matrize, von der sie abgeformt bzw. geprägt worden sind, muß folglich an dieser Stelle eine Aussparung bzw. einen Ausbruch gehabt haben. Der kann sowohl in einer vom positiven Urstempel geprägten Matrize entstanden sein als auch am (dann negativen) Urstempel selbst. Du gehst von einer abgeformten Matrize aus, weil Du implizit unterstellst, daß am Urstempel ein derartiger Ausbruch bleibend ist, also nicht mehr geschlossen werden kann.

    Technisch gesehen ist dieser Schluß jedoch keineswegs zwingend. Wenn diese Lücke in der 3 als störend empfunden worden ist, hatte man durchaus die Möglichkeit, sie durch Ausgießen oder Einschweißen wieder zu schließen. Das Schweißen wäre dabei haltbarer gewesen, hätte allerdings Ausglühen und anschließendes Härten des Urstempels erfordert.

    Eine andere Erklärung ergibt sich aus der bei den betreffenden Marken fehlenden Raute: Möglicherweise wurde bei der Prägung dieser Stöckeltype mit weniger Druck oder mit härterem Stöckelmaterial gearbeitet. In diesem Falle können geringe Höhenunterschiede in der Matrize dazu führen, daß im Stöckel als freibleibend beabsichtigte (weiße) Stellen nicht ausgeprägt, also abgesenkt werden und folglich mitdrucken.

    Liebe Grüße

    Altsax

  • Hallo Altsax,

    auch ich möchte mich bedanken für die umfangreichen, besten Informationen. Das sind die Grundlagen,

    die in der philatelistischen Literatur nicht zu finden sind.

    Was uns zur Verfügung steht, das sind die Originalmarken, die Originaldruckerzeugnisse.

    So sind die Marken von Platte 1 durchweg mit exakt gleichmässigen breiten und geraden Randlinien. Auf Grund dieses Randlinienverlaufes

    wird niemand daran zweifeln, dass die Klischees gegossen wurden. Bei den späteren Platten mit geprägten Klischees sind trotz gleicher

    Zeichnung vom selben Urstöckel Unterschiede im Druckbild vorhanden. Darum können auch die allermeisten Marken den verschiedenen

    Platten sicher zugeteilt werden.

    Ich sage jetzt mal ganz einfach: Wenn die Klischees aller Platten direkt von dem Urstempel geprägt worden wären, dann dürften sich keine

    Unterschiede im Druckbild zeigen, die es erlauben würden, die Marken den einzelnen Platten zuzuordnen. Nur durch die Abnutzung der Klischees

    könnten frühe oder späte Drucke unterschieden werden.

    Erst durch den Zwischenschritt von Urstempel auf Prägestempel ist es zu den kleinen Unterschieden im Markenbild gekommen.

    Ich weiss, dass ich es mir einfach mache. Aber das ist für mich der Stand der Dinge.

    Gruss kilke

    Wer um Einzelmarken einen Bogen macht hat sich verlaufen.

  • Wenn die Klischees aller Platten direkt von dem Urstempel geprägt worden wären, dann dürften sich keine
    Unterschiede im Druckbild zeigen, die es erlauben würden, die Marken den einzelnen Platten zuzuordnen. Nur durch die Abnutzung der Klischees könnten frühe oder späte Drucke unterschieden werden.

    Erst durch den Zwischenschritt von Urstempel auf Prägestempel ist es zu den kleinen Unterschieden im Markenbild gekommen.

    Ich weiss, dass ich es mir einfach mache. Aber das ist für mich der Stand der Dinge.

    Hallo kilke,

    dieses "sich einfach machen" zieht sich durch die gesamte einschlägige Literatur. Nirgendwo habe ich allerdings bisher eine Theorie darüber gelesen, wodurch die festgestellten Unterschiede der einzelnen Stöckelgruppen (="Platten") entstanden sein könnten. Nimmt man an, daß für jede Platte ein Prägestempel aus Stahl angefertigt worden ist und der Urstempel positiv war, dann muß jeweils eine Matrize aus Stahl geprägt, diese anschließend gehärtet und von ihr wiederum eine Patrize auf die gleiche Weise geprägt worden sein, die gehärtet die Stöckelbleche prägte.

    Im einfachsten Falle wären diese Prägestempel jeweils bei Bedarf gefertigt worden, ihre Reihenfolge entspräche also derjenigen der Platten. Ebenfalls in Betracht gezogen werden muß jedoch der Fall, daß alle zu Anfang hergestellt und in willkürlicher Reihenfolge eingesetzt worden sind. Nicht auszuschließen ist auch die Variante, daß nur eine Matrize gefertigt worden ist, von der dann alle Prägestempel abgenommen worden sind. Das wiederum wäre vom Negativ-Urstempel im Ergebnis fast nicht mehr zu unterscheiden.

    Der gängigen Mehrfach-Prägestempel-Theorie stelle ich als Arbeitshypothese die "Ein-Negativstempel-Theorie" gegenüber. Damit sie in Einklang mit den beobachteten Plattenunterschieden steht, sind zwei Voraussetzungen erforderlich, deren Nichterfüllung diese Therie erschüttert:

    1) Alle Druckbildunterschiede, die auf Prägestempelabnutzung beruhen, können nicht sprunghaft von Platte zu Platte auftreten, sondern müssen plattenübergreifend feststellbar sein, ggf. in unterschiedlich starker Ausprägung.
    2) Von Platte zu Platte feststellbare Unterschiede müssen auf technischen Parametern wie Stöckelmaterialhärte und Prägedruck beruhen, deren Konstanz wiederum während einer Stöckelserie als plausibel angenommen werden darf.

    Unterstellt werden kann, daß die Reihenfolge der Verwendung der Platten derjenigen der Stöckelherstellung entspricht.

    Zu beachten ist, daß nicht nur die Druckebene der einzelnen Zeichnungselemente nicht exakt auf gleicher Höhe liegen muß, sondern auch die Gravur mit schrägen Flanken ausgeführt wird, bei tieferer Prägung folglich andere Druckbilder entstehen können.

    Vielleicht ist es möglich, bereits an Hand gut aufgelöster Vergrößerungen ungebrauchter "typischer" Marken jeder Platte festzustellen, ob die Unterschiede im Druckbild aus mehr oder weniger tiefer Stöckelprägung resultieren.

    Ideal wäre es natürlich, das vorhandene Stöckel entweder durch Abguß oder mittels exakter Vermessung zu kopieren und davon eine Matrize zu fertigen. Auf diese Weise ließen sich die beschriebenen Effekte so veranschaulichen, daß man nicht auf gutes räumliches Vorstellungsvermögen angewiesen ist.

    Möglicherweise gibt es zu wenig Sammler, die solche Fragen spannend finden. Nach meiner Überzeugung jedoch gehört die Klärung aller Details des Druckprozesses zu den originären Bestandteilen des Briefmarkensammelns.

    Beste Grüße

    Altsax