Feldpost Belgien

  • Ich möchte gern ein Brief schauen mit ein Geschichte.

    Der Brief wurde von einem Soldaten der 9. Linieneinheit der 3. Armeedivision gesendet. Der Brief wurde per Einschreiben verschickt und am 13. August 1915 vom Feldpostamt 3 auf der Vorderseite abgestempelt. Der Empfänger war mit der 4. Leitungseinheit am Front. Das Feldpostamt 8 war ursprünglich das Büro für die Verteilung von Militärpost, wurde aber während des Krieges oft in Frontnähe beobachtet. Ein Stempel des 18. August dieses Büros befindet sich auf der Vorder- und Rückseite. Aus diesem Büro stammt auch der Einschreibezettel. Der Ursprung ist unklar, vielleicht verwendete das 3. Amt keine eigenen Streifen mehr. Es kann auch sein, dass es später im Prozess hinzugefügt wurde. Es scheint sich um eine Transitstempel zu handeln, denn am 21. Juli trifft der Brief im Feldpostamt 4 ein.

    So oder so, der Adressat ist nicht mehr am Front. Der Brief trägt oben rechts die Aufschrift "rebut" und wurde nacheinander nach Rennes (26. August), Dinars Ste Enogat (11. September) und schließlich an das Militärkrankenhaus in Calais (12. September) weitergeleitet. Es stellt sich heraus, dass der Soldat dort nicht mehr anwesend ist. Der Brief wird somit an das Feldpostamt 8 (13. September auf der Rückseite), die zentrale Verteilung, zurückgeschickt. Hier suchte man offenbar nach der Position des Adressaten, denn auf der Vorderseite war ein kleiner Zettel mit dem Text angebracht: "n'a pas rejoint le corps à 25/09" oder "Am 25. September nicht in die Armee eingetreten". Am 27. September wird die letzte Transitstempel angebracht, nämlich die des 4. Feldpostamtes.

    Am 10. Oktober wurde die Adresse erneut geändert: "au front 8e ligne" oder "an der Front der 8. Linieneinheit". Die Route endet hier. Es ist kein Ankunftsstempel von der Front zu sehen, es ist nicht klar, ob der Brief schließlich den Soldaten Ceulemans erreichte....

    Einmal editiert, zuletzt von EdwinM (9. August 2023 um 20:14)

  • ...mea culpa, aber so ganz verstehe ich die Adressierung nicht: Was war die "4. Leitungseinheit" ? War das das 4e régiment de ligne (Belgique) ? Das war im April 1915 mit dem 135. französischen Infanterieregiment bei Steenstraete und Het Sas im Einsatz und danach im Stellungskrieg bei Diksmuide, Pervijeze und Boesinghe.

    Das später adressierte 8e régiment de ligne (Belgique) lag im Oktober 1915 an der Schleife von Tervate an der Yser, also ca. 3 km östlich von Pervijeze. Wahrscheinlich war der Soldat Ceulemans verwundet worden, lag einige Zeit in verschiedenen Lazaretten und wurde danach wieder zum Einsatz herangezogen.

    Aber sollte er dabei etwa irgendwann das Regiment gewechselt haben ? :/ ...das wäre natürlich ziemlich irreführend für die Zustellung gewesen.

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    Einmal editiert, zuletzt von Pälzer (9. August 2023 um 21:18)

  • Liebe Sammelfreunde,

    ich zeige Euch hier eine Feldpostkarte, geschrieben am 14. Mai 1918 in Brüssel:
    ---
    Brüssel, den 14. 5.18

    Ihr Lieben!

    Zum Pfingstfest sende ich Euch
    die besten Grüße. Ich glaubte Pfing-
    sten in Berlin zu sein aber leider
    wird es nichts daraus. Habt Ihr die
    3 Pakete erhalten? Ich habe Dir meine
    hiesige Adresse geschrieben; hoffentlich be-
    komme ich bald Nachricht. Es grüßt u küsst
    Euch herzl. Reinhold

    ---

    Absender
    Abs. Grüber V. Wachtm. 1. Esk. Train. Ers. Abt. 8 Coblenz [1]

    Anschrift
    Frau A. Grüber
    Berlin o. 34.
    Tilsiterstraße 29 [2]

    Postaugabestempel
    Aufgabestempel:

    BRÜSSEL
    * 1
    14.V

    Stempel 2 (Briefbotenstempel)
    7

    Stempel 3:
    Verzögert weil aus
    dem Strassenbriefkasten
    Verordn. d. Gen. Gouv.
    v. 25.2.16 IIb 734 / 18

    Zensurstempel
    (Militarische) (Überwachung)sstelle
    Geprüft
    * Brüssel *

    Feldpoststempel
    Nicht vorhanden

    Feldpostvermerk
    Feldpost

    [1] Vizewachtmeister 1. Eskadron Train Ersatz Abteilung 8 Coblenz
    [2] Heute Richard-Sorge-Strasse

    —-

    Weiß jemand vielleicht wo ich die genannte Verordnung des General Gouvernements nachschlagen kann? Im Dokument “Gesetz-und Verordnungsblatt für die okkupierten Gebiete Belgiens” konnte ich diese Verordnung nich finden (siehe https://ia600907.us.archive.org/30/items/lgisl…e06hubeuoft.pdf).

    Im Handbuch „Deutsche Feldpost 1914-1918” ist folgendes noch zu lesen (Seite 102):

    „Es gab auch Schützengraben-Briefkasten, die von den Einheiten unterhalten wurden. Aus Kontrollgründen war aber die Einlieferung von Feldpostsendungen über Briefkasten im Übrigen nicht vorgesehen und unzulässig. Trotzdem kam es immer wieder vor, dass Sendungen über den Briefkasten eingeliefert wurden. Da sie besonders geprüft werden mussten, finden sich Verzögerungsstempel: „Aus dem Briefkasten” „Verzögert weil aus dem Straßenbriefkasten/Verordnung…./“.


    Viele Grüße aus den Niederlanden

    Emiel

    2 Mal editiert, zuletzt von evwezel (3. Juli 2024 um 20:03)

  • Liebe Sammelfreunde,


    ich habe inzwischen eine Antwort erhalten von einem Benutzer auf Philaseiten:

    „Im Generalgouvernement waren spezielle "Briefkästen" angebracht, die ausschließlich für Feldpostsendungen vorgesehen und entsprechend ausgezeichnet wurden. (…) Wurden Feldpostbriefe in die Straßenbriefkästen für die Zivilbevölkerung eingeworfen, mussten diese aussortiert und der Zensurstelle zugeleitet werden. Die entsprechende Verfügung findest du im Amtsblatt der Kaiserlich deutschen Post- und Telegraphenverwaltung Belgien.”

    Viele Grüße,

    Emiel