Oberbriefträgerstempel

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Freunde

    Ich will Heute einen Brief zeigen der rückseitig einen Stempel trägt, der man leider selten sieht - der Oberbriefträgerstempel.

    Die Geschickte hierzu kann anderen besser als ich, meine dass bayern klassisch mal ein Artikel hierzu geschrieben hat.

    Dieser Brief ist 28.12.1872 zum Post gebracht um an einen anderen Adresse in München gebracht zu werden. Der Brief ist korrekt mit 1 Kreuzer frankiert geworden. Im Laufe einige Tage hat man feststellen können dass der Empfänger nicht mehr in München war, und nach Schongau gezogen. Der Oberbriefträger in München bekam der Brief vor sich und musste entscheiden was man mit dem Brief machen sollte. Er hat der Brief mit seinem Stempel gestempelt und mit Tinte "nach Schongau" über den Bleistiftvermerk geschrieben. Dann ist der Brief nach Schongau geschickt und ist dort 3. Januar gelandet.
    Nach Schongau war die 1 Kreuzer Porto nicht richtig frankiert und der Empfänger musste 6 Kreuzer dazu bezahlen. Also 7 Kreuzer für ein unzureichenden frankierter Brief minus der schon frankierte 1 Kreuzer.

    Hoffentlich wird es noch Beispiele hier gezeigt. :)

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    ein feiner Brief, den jeder Sammler südlich von Norwegen gerne hätte (nicht nur zur Osterzeit, auch sonst sehr gerne). ^^

    Die Beschreibung würde ich aber modifizieren. Es war ein einfacher Ortsbrief, den der Briefträger mit der personalisierten Nummer 68 zustellen musste. Das tat er auch. Später gab man den Brief der Post zurück mit dem unten angebrachten Vermerk "ausgezogen unbekannt wohin".

    Dann wurde der Brief, der ja ohne Absenderangabe ist, dem Oberbriefträger Nr. 1 zugeteilt ("der" Oberbriefträgerstempel ist rot und hat ein Kreuz als Einkreisstempel). Dieser Stempel war die späte Type und es gab wohl 3 Oberbriefträger in München, jedenfalls sind die Stempel OB1, OB2 und OB3 bekannt, aber es könnten auch mehr vorhanden gewesen sein.

    Die Ermittlungen des OB1 ergaben den neuen Wohnort des Privatiers, nämlich Schongau. Der Brief war mit 1 Kr. als Ortsbrief korrekt frankiert gewesen, als Fernbrief hätte er aber 3 Kr. gekostet.
    Weil er ausgeliefert worden war, galt er nun als Fern - Portobrief, welcher 7 Kr. in der 1. Gewichtsstufe kostete und die Marke wurde angerechnet, so dass noch 6 Kr. vom Empfänger einzuheben waren (der Herr Privatier wird es sich hat leisten können).

    Wäre der Brief nicht ausgeliefert worden, hätte man nur mit 2 Kr. nachtaxiert, denn dann war die Frankotaxe anzusetzen und die betrug halt nur 3 Kr..

    München hätte als Zeichen der neuen Postaufgabe den Ortsstempel vorn abschlagen müssen, damit man den Postlauf nachvollziehen konnte. Aber das hat man dort halt oft vergessen ...

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Hallo bayern klassisch

    Danke für die Antwort :)

    Ich denke dass deine modifizierte Beschreibung nicht so weit von meiner Beschreibung ist. Aber eins ist unklar.

    Weil er ausgeliefert worden war, galt er nun als Fern - Portobrief,

    Kann man dieser Brief wirklich wie Ausgeliefert rechnen? Und falls ausgeliefert, warum war der Brief zurück an der Oberbriefträger gebracht? Und war ein unzureichend frankierter Brief nicht als 7 Kreuzer Portobrief zu rechnen (- schon frankiert)?


    ("der" Oberbriefträgerstempel ist rot und hat ein Kreuz als Einkreisstempel)

    Sem unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Typen, ohne diese ein Rang zu geben, wie du es hier macht. Meinst du dass der Rote Kreis/Kreuz Stempel wichtiger ist? Es ist wohl eher zwei verschiedenen Verwendungsformen, wie ich es sehe.

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    die Chronologie, die wir beide unterschiedlich angesprochen haben, ist bei der Beschreibung und dem Verständnis des Briefes elementar wichtig. Hielte man sich nicht an die richtige, käme man zu falschen Schlüssen, auch hinsichtlich des notierten Nachportos.

    Wenn ein Brief ausgeliefert wurde (es gab ja keine Briefkästen für Private, sondern nur Häuser mit Hausnummern, wo man anklopfen musste, um den Brief abgeben zu können), der dann nicht dem Empfänger ausgehändigt werden konnte, gab man ihm dem Briefträger bei seiner nächsten Tour einfach wieder mit. Oder man brachte ihn zur Post, was gleich bedeutend war.

    Das Siegel durfte natürlich nicht erbrochen worden sein - wäre das der Fall gewesen, hätte man ihn mit 7 Kr. taxieren müssen, weil es eine völlig neue Postaufgabe gewesen wäre.

    Ich glaube auch nicht, dass man einfach dem OB einen Brief in die Hand drücken konnte - er wird seine für ihn bestimmten Poststücke durch die Stadtbriefträger erhalten haben und dürfte auch mit Hilfe anderer Behörden versucht haben, die endliche Zustellung zu bewirken.

    Zu den OB - Stempeln. Ich schrieb ja, das DER klassische Oberbriefträgerstempel der rote Einkreiser ist. Die chronologisch späteren Stempel wurden erst danach entdeckt und sind natürlich weniger populär (schwarz, unattraktive Form). Meiner Erfahrung nach sind die OB1, OB2 und OB3 - Stempel aber eher seltener, als die heißbegehrten klassischen OB - Abschläge, die es sogar hin und wieder auf Marke(n) gibt, was ich von den moderneren Stempelformen noch nicht gesehen habe.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Liebe Freunde,

    unlängst habe ich diese Seite aufgezogen, die die Verwendung des klassischen OB - Stempels zeigt. Neben der Beschreibung kann man noch sagen, dass der Brief insinuirt wurde, wie aus dem siegelseitigen Vermerk hervor geht. Einen vergleichbaren kenne ich nicht.

    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/IMG00024658d4abjpg.jpg]

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo bayern klassisch

    Ja, gern sehen wir diese Briefe. Hier hat man wirklich 3 mal versucht ohne den Empfänger zu finden. Was musste der Absender dann hier bezahlen? Hat den Bezirksgericht die Portokosten getragen?


    Ich will gern kurz zu meinen Brief zurück, wenn ich darf.

    Weil er ausgeliefert worden war, galt er nun als Fern - Portobrief

    Wäre der Brief nicht ausgeliefert worden, hätte man nur mit 2 Kr. nachtaxiert, denn dann war die Frankotaxe anzusetzen und die betrug halt nur 3 Kr..

    Ich kann nicht verstehen wie man meinen Brief als ausgeliefert rechnen kann. Was meinst du eigentlich mit "ausgeliefert"? Ich denke dass es den Empfänger abgegeben heisst, das war hier aber nicht möglich. Oder heisst ausgeliefert hier von Absender den Post übergeben?

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    Zitat

    Was musste der Absender dann hier bezahlen? Hat den Bezirksgericht die Portokosten getragen?

    hier musste das Gericht die 3 Kr. Porto, aber nicht die Insinuationsgebühr bezahlen, weil nichts insinuirt wurde. Die Transportleistung wurde ja von der Post erbracht, daher hatte sie auch Anspruch auf das Beförderungsentgelt 3 Kr..

    Zitat

    Ich kann nicht verstehen wie man meinen Brief als ausgeliefert rechnen kann. Was meinst du eigentlich mit "ausgeliefert"? Ich denke dass es den Empfänger abgegeben heisst, das war hier aber nicht möglich. Oder heisst ausgeliefert hier von Absender den Post übergeben?

    Unter ausgeliefert verstand man das Abgeben eines Poststücks an jemanden, von dem man ausgehen musste, dass es a) die nämliche Person sei, b) eine andere Person, die den Brief dem Empfänger übergeben würde, oder c) eine andere Person, die für den Empfänger dieses entgegen nimmt, um es dann selbst zuzustellen (konzessionierter Bote). Unter einer Auslieferung versteht man folglich nur, dass man den Brief nicht mehr in den Händen der Postbediensteten hatte. Die Zustellung an den Empfänger war etwas ganz anderes unter Umständen.

    Die Menschen waren ja in München und anderswo berufstätig und sie hatten auch i. d. R. kein Postfach bzw. einen konzessionierten Boten angestellt. Kam dann 5mal am Tag Post, war davon auszugehen, dass der Empfänger sicher 3 oder 4mal gar nicht zu Hause war, sondern bei der Arbeit, unterwegs oder in seiner Freizeit aushäusig beschäftigt. Demnach hätte man, da es an den Häusern keine Briefkästen gab, 70 oder 80% aller Briefe nicht oder nicht umgehend zustellen können, weil die Masse der Personen gar nicht anwesend war, wenn der Stadtbriefträger klopfte.

    Dies wäre im höchsten Maße kontraproduktiv gewesen. Also hat die Post so viele Poststücke wie möglich ausgeliefert. An wen? Verwandte, Nachbarn, Mieter/Vermieter, Freunde, Kollegen usw. usw..
    Von diesen ging man zu Recht aus, dass sie sich um die Zustellung der Poststücke an den Empfänger kümmern würden, was regelmäßig unterstellt werden darf, denn Retourbriefe sind ja vergleichsweise selten und stellen nicht die Masse ("70 oder 80%") der vorhandenen Briefschaften dar.

    Der Informationsstand des Annehmenden, der nicht Empfänger war, konnte aber unterschiedlich gut oder schlecht sein. War er gut, gelang die Zustellung höchstwahrscheinlich, war er schlecht, eher weniger. Dann nahm halt die Putzfrau eines Mietshauses für einen Mieter ein Schreiben an, obwohl der seit 2 Tagen gekündigt hatte und gar nicht mehr dort wohnte. Nachdem man ihr diese Information dann gegeben hatte, versuchte sie natürlich schnell den Brief wieder los zu werden und gab ihn im Idealfall am Tag der Erkenntnis wieder dem Stadtbriefträger mit. Hierbei durfte sie sogar auf der Siegelseite den Grund des "Abzugs" benennen, wenn sie ihn kannte (verzogen, verstorben, abgereist, ausgewandert usw.). Diese Information(en) waren wertvoll für die Post, denn sie sah sich noch immer in der Pflicht der Zustellung. Die Rückgabe eines ungeöffneten Briefes in diesem Falle an die Post hätte diese also nicht entbunden, den Empfänger ausfindig zu machen.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo bayern klassisch

    Danke für die Antworte. :)

    Ja, wenn die Post nicht besseren Routinen bei Auslieferungen hatte, konnte man wohl nicht viele Briefe mit dem OBT Stempel erwarten. :D

    Der Sinn der OBT Stempel war also die ekstra Portokosten zu bestätigen, und die Austragleistung zu belegen.

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    bitte schön. :)

    Der Sinn des OB - Stempels war zuerst einmal die Tilgung des Briefträgerstempels. Daher war der "große" rote Stempel etwas größer als die Stadtbriefträgerstempel und das "X" hieß ja = Ungültig. Dieser Stempel machte also den Zustellversuch optisch ungültig. Bekam dann ein neuer Briefträger den Brief, weil man den Empfänger in seinem Bezirk vermutete, musste dieser neben den beiden Stempeln seinen abschlagen, damit die Zuständigkeit geklärt war.

    Auch war es wohl ein Nachweis, dass sich die Post intensiv mit der Zustellung befasst hatte - es gab auch damals schon viele Reklamationen, dass die Poststücke nicht richtig/schnell/korrekt zugestellt worden waren, bzw. dass man sie erst gar nicht zustellen wollte (Unterschlagungen). Dieser Stempel zeigte aber, dass man "von oben" alles im Griff hatte und man über die Zustellung wachte.

    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/IMG0010c9ae2fdcjpg.jpg]

    Hier zeige ich eine Drucksache vom 18.8.1872 am Ort von München, deren Inhalt eine Todesanzeige war - die Beerdigung sollte am selben Tag um 16.30 Uhr erfolgen, daher war Eile geboten. Leider war die Adresse des Herrn von Fackenhofen, Oberst a. D., nicht mehr in München, sondern in Weilheim, wodurch es der gute Oberst a. D. wohl kaum noch zum Blumenkauf und Friedhof geschafft haben dürfte. Zwar war die bayerische Post extrem schnell, aber eine Postaufgabe am 18.8. von 14.00 bis 15.00 Uhr, die Abgabe an den Briefträger Nr. 44, die Nicht - Zustellung, die Rückgabe an den Oberbriefträger Nr. 3, die Ermittlung der neuen Anschrift durch diesen bei den Polizeibehörden, die erneute Abgabe an die Briefpost und die Weiterleitung nach Weilheim nebst Ankunft immer noch am 18.8. um 21.00 bis 22.00 Uhr (ohne Austragung, da zu spät) zeigen ganz eindeutig, dass man sich für den einen lumpigen Kreuzer ganz schön ins Zeug gelegt hatte.

    Etwas weiteres zeigt das Stück hinsichtlich der von dir angesprochenen Zustellung - diese konnte hier gar nicht erfolgt sein, weil es dafür keine Zeit gegeben hätte. Die Post hat also hier erst gar nichts ausliefern können, weil niemand mehr in München war, dem man das Stück hätte übergeben können. Wäre es jedoch keine Ortsdrucksache, sondern ein Ortsbrief gewesen, hätte die Sache anders ausgesehen ...

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo bayern klasisch

    Nochmals danke für Zeigen :)

    Der Begriff Ortsdrucksache ist neu für mich ;)
    Hier ein sehr guter Beispiel wie schnell man auch arbeiten konnte. Hat man hier irgendwo gewusst dass der Empfänger weg war? Obwohl Weilheim nicht weit entfernt war, musste man alles innerhalb 6-7 Stunden schaffen, was nicht lange Zeit ist. Ein Zug gab es wohl auch nicht jeder Stunde. So wie so ging es ja unglaublich schnell. :)

    Hast du auch einen Ortsbrief der weiter mit nur 2 Kreuzer Porto Weitergeschickt war?

    Und dann mit OBT 2 Stempel?

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    leider habe ich keinen 1 Kr. Ortsbrief mit Fernweiterleitung - so häufig ist das nicht. ;) Ich arbeite aber daran. :D

    Aber den ein oder anderen kann ich noch zeigen ...

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Nils,

    leider nur noch diesen hier gefunden, andere suche ich noch, aber dafür ist der etwas ganz besonderes, denn Auslandsbriefe mit OB -Stempel kenne ich nur zwei Stück und dieser hier dürfte der weit attraktivere davon sein:

    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/IMGc47ee07ajpg.jpg]

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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