Propaganda-Aerogramm

  • Hallo zusammen, heute zeige ich Euch ein Propaganda-Aerogramm.
    Da der Text lang ist, ist meine Äußerung kurz. Ab gehts:

    Bild 1) Wie in den einschlägigen Ganzsachenkatalogen nachzulesen ist, verausgabte die dänische Post am 09.10.1949 ihr erstes Aerogramm, ein zusammengefaltet recht kleines Brieflein, hergestellt aus besonderen leichtem Papier und versehen mit einem 40 Öre-Wertstempel mit dem Bild von Frederik IX in gleicher Zeichnung, wie sie seit 1948 auf den Marken der dänischen Dauerserie zu sehen war. 40 Öre betrug zu der Zeit das gewöhnliche Porto für einen Auslandsbrief in der ersten Gewichtsstufe (bis 20 g), die farbgleiche blaue Dauerserienmarke war nur wenige Tage zuvor am 15.09.1949 erschienen, und das Aerogramm ermöglichte es fortan, für genau das gleiche Geld einen (allerdings nur rund 2,5 g wiegenden) Brief per Luftpost an jeden Ort der Welt zu schicken – ohne jegliche Zuzahlung von teuren Luftpostzuschlägen wie bisher.

    In der Folge stieg relativ rasch das gewöhnliche Auslandsbriefporto erst auf 50 Öre (01.06.1950) und dann auf 60 Öre (01.07.1952). Parallel verteuerte sich auch das Aerogramm-Porto zu den gleichen Stichtagen, aber dann war ermal Ende mit Preissteigerungen. Je nach Bedarf wurde ein- bis zweimal im Jahr eine neue Auflage der Aerogramme gedruckt (erkennbar an den kleinen Auflageziffern links unten auf der Anschriftenseite).

    1961 schließlich erschien eine neue Briefmarkendauerserie, und Frederik IX war nun nicht mehr von vorne, sondern von der Seite zu sehen. Bei den Aerogrammen hingegen blieb es auch in diesem Jahr bei dem alten Wertstempel. Auflage 21 damit wurde ab 06.12.1961 verkauft, und erst ab 29.11.1962, dem Erstausgabetag der Auflage 22, war nun auch der Wertstempel des Aerogramms auf die neue Zeichnung umgestellt.

    Danach ging es im gewohnten Trott weiter, bis dann am 01.12.1964 Bahnbrechendes geschah: Die dänische Post hatte sich entschlossen, anstelle des gewohnten Briefmarkenklischees ein völlig neues, eigenständiges Motiv als Wertstempel einzusetzen, den berühmten fliegenden Koffer des Märchenerzählers H.C. Andersen (Abb. nächste Seite oben). Eine, wie man zugeben muss, geniale Idee und dazu noch attraktiv umgesetzt. Dennoch scheint es ein Problem gegeben zu haben. Niemand interessierte sich dafür! Schaut man in die Fachzeitschriften dieser Zeitung, ist darin nichts über diesen Marketingcoup zu finden.

    Bild 2) Schaut man sich das am 09.12.1964 abgestempelte Aerogramm an, so denkt man zuerst nur an Unsinn. Ein Aerogramm von Kopenhagen nach dem rund 50 Km nördlich gelegenen Hillerød! Von wo nach wo soll das geflogen werden? Philatelistische Mache!! Die Adrema-erzeugte Anschrift indes gibt einen Hinweis, dass offenbar eine nennenswerte Anzahl dieser Aerogramme verschickt worden sein muss.

    Bild 3) Öffnet man das Aerogramm, folgt die Auflösung: es handelt sich um eine Presseverlautbarung an die Zeitungsredaktionen des Landes! Zwecks Berichterstattung wird zunächst auf das neue Aussehen des Aerogramms hingewiesen, dann erläutert, dass die vorliegende Verwendung eigentlich nicht richtig sei, und schließlich werden die Bedingungen und Vorteile einer richtigen Verwendung erklärt. Insgesamt handelt es sich also um Werbung für ein neu „aufgehübschtes“ altes Produkt, eine postalische Maßnahme mit sammelwürdigem Charakter!

    Bild 4) Tatsächlich zeigte diese Maßnahme auch zumindest eine beweisbare Wirkung: In der DFT, dem Organ der dänischen Philatelisten-Union, lässt sich in der Ausgabe Februar 1965 ein kleiner Einschubtext mit Bildchen finden, und wenn man sich das Bildchen genau anschaut, sieht man, dass der gezeigte Stempelabdruck genau mit dem hier gezeigten des Propaganda-Aerogramms übereinstimmt. Die haben also auch ein Exemplar bekommen!

    Aufmerksame Leser haben sicherlich zudem bemerkt, das das hier vorgestellte Exemplar in Bezug auf den gedruckten Innentext eine „Abart“ ist, denn durch Papierumschlag ist ein Teil des vorgesehenen Textes auf die Außenseite des Aerogramms geraten. Was mich dabei besonders irritiert, ist, dass ein kleiner Teil, Breite rund 1 cm, völlig fehlt!

    Eine Erklärung für dieses Phänomen kann eigentlich nur sein, dass die Produktion dieser Aerogramme nicht in der Weise erfolgte, dass ansonsten bereits fertige Aerogramme nachträglich den gezeigten Innendruck erhielten. Stattdessen muss der Innendruck bereits vor dem letzten Zuschnitt der Aerogramme erfolgt sein, eine richtige postalische Sonderanfertigung?

    Sollte ein Mitglied dieses Forums im Besitz eines solchen Aerogramms ohne „Abart“ sein, würde ich gerne davon hören.

    Gruß Alandsammler