Hallo Sammlerfreunde, hallo Postgeschichte-Kemser,
nach einem Telefongespräch mit P-K waren noch einige Fragen offen.
Mittlerweile habe ich aber die Erklärung für den Brief gefunden.
Zunächst vergesst alles, was wir über die Portoberechnung geschrieben haben!! Um Irrtümer zu vermeiden sollten wir die Texte löschen.
1. Es handelt sich um ein sog. "echtes Fahrpoststück" (Nachnahme/Vorschuß), welches mit der Fahrpost zu befördern war und deshalb die dafür gültigen Taxen zu entrichten waren. Tarife für die Briefpost kommen dafür nicht in Frage.
2. Es liegt hier eine Sendung vor, die im Landzustellbereich der Postexpedition Vilshofen befördert wurde.
3. Für die Berechnung der Taxe ist das V0-Blatt No. 40 Seite 295ff vom 19.9.1860 relevant.
Es handelt sich hier um die VO "Die Anstellung der Landpostboten betr."
Dort steht unter Nr. 10 Absatz 3:
"Für Lokalfahrpoststücke aus dem Postorte nach dem Landbestellbezirke ist lediglich die dem Boten verbleibende Zustellgebühr, nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen unter Ziffer 7, zu entrichten."
Ziffer 7:
Für die Zustellung von Fahrpoststücken ist der Postbote vorläufig berechtigt, eine besondere Zustellgebühr anzusprechen und zwar:
a.)
1. bis zu 2 Pfund oder 25 fl Werth...... 3 Kr.
2. bis zu 10 Pfund oder 200 fl Werth....6 Kr.
3. bis zu 25 Pfund oder 400 fl Werth....9 Kr.
b.) über 2 Stunden (= über 1 Meile) unmittelbare Entfernung vom Expeditionssitze das Doppelte dieser Gebühren.
Folglich war für diesen Fahrpost-Vorschuss-Brief lediglich die Zustellgebühr von 6 Kr. für den Transport über 1 Meile (Entfernung Vilshofen - Otterskirchen ca. 8,2 km) durch den Landpostboten zu entrichten. Es fielen keine weiteren Taxen an!!
Sehen wir uns den Brief von P-K an, dann stellen wir fest, über dem Vermerk Postnachnahme 1 fl 39 xr ist eine Faxe in gleicher Tinte ähnlich einer "6" zu erkennen. Beide Vermerke wurden vermutlich von gleicher Handschrift, wahrscheinlich der des Postexpeditors, angebracht.
Gemäß V0 von 1862 Seite 281/82, EInführung der Portomarken betreffend, waren diese Portomarken allerdings nur für die Briefpost im Lokalverkehr vorgesehen und zulässig.
Jetzt kommen wir zur Freude von bayern-klassisch zu einer Contravention, nämlich die Darstellung dieser 6 Kr. Zustellgebühr durch Portomarken. Dies war nicht zulässig, kann aber angenommen werden, da man hier offensichtlich unzulässig keinen Unterschied zwischen Brief und Fahrpost im Lokalbezirk machte.
Stellt sich zum Abschluß noch die Frage nach dem Blaustiftvermerk 1 fl 54 xr. Es dürfte sich (bzw. kann sich nur) um eine etwas verunglücktes "39" handeln. Vielleicht ist dem Schreiber der Stift etwas ausgekommen.
Damit wäre vom Landpostboten der zu erhebende Vorschuß (vorgmerkt wie in Bayern üblich in Blaustift) von 1 fl 39 xr und die 6 xr Zustellgebühr (dargestellt durch Portomarken) vom Empfänger einkassiert worden.
Dies ist nach den bayerischen Verordnungen die einzige logische Erklärung.
Anbei noch zwei Wert-Briefe, also auch Fahrpostbriefe, aus Hassfurt in den Landzustellbereich der Postexpedition Hassfurt nach Buch bzw. Obertheres ebenfalls von 1868. Beide Briefe tragen, wie der von P-K, den Vermerk "PS" und wurden nur mit der Taxe der Zustellgebühren in hier fälliger Höhe von 3 Kr. für den Gang bis 1 Meile belegt. Portomarken hat man hier, wie es richtig war, nicht verwendet. Die Taxberechnung erfolgte analog des Briefes von P-K.
Gruß
bayernjäger