Hallo Zusammen!
Nach langer Abwesenheit bzw. zumindest fehlender aktiver
Teilnahme im Forum (Zeitmangel und technische Probleme) möchte ich mich einmal
wieder melden und eine Neuerwerbung und meinen Interpretationsversuch dazu vorstellen.
Es handelt sich um eine leider etwas lädierte
Briefvorderseite aus Neumarkt in der Oberpfalz nach New York. Die Adresse finde
ich interessant: An Michael Haas, abzugeben in der Franziskus Kirche, in der 31
Street, zwischen der 6 und 7 Ebene (6th und 7th Avenue) in Blumenthal (?) in
Newyork Nord-America. Ich gehe davon aus, dass es sich wahrscheinlich um einen
Brief an einen Auswanderer handelt, der noch nicht wusste wo er unterkommen
würde aber in dieser Kirche nach Post für ihn sehen würde.
Interpretationsversuch:
Der Brief ist mit 22 Kreuzern frankiert, was der Taxe für
einen einfachen Brief über Bremen entspricht (VO No. 1 vom 11.01.1854). Zusätzlich
wurden 6 Kreuzer Chargé-Gebühr bar bezahlt. Von den 22 Kreuzern entfallen 6
Kreuzer auf die reduzierte deutsche Vereinstaxe von 6 Kreuzern (statt der
üblichen 9 Kreuzer) und 16 Kreuzer amerikanische See- und Landposttaxe; Diese
16 Kreuzer entsprechen 4 ½ Silbergroschen, die links in Rot (und daneben noch
einmal in blau?) vermerkt wurden, bzw.
10 US Cents (amerikanische Stempel PAID und 10 in Rot). Abgeschickt an einem
7.12. vermutlich zwischen 1856 (zweite Stempelverteilung) und 1860. Ab 1861
wurde ein anderer Halbkreisstempel in Grotesk-Schrift verwendet wobei ich eine
Parallelverwendung der Stempel nicht ausschließen kann. Angekommen ist der
Brief an einem 15.Januar, wie der New Yorker Stempel „N.YORK BREM. PKT. JAN 15“
zeigt.
Jetzt komme ich zu meinen Problemen:
Die Leitung über Bremen ist nur anhand des relativ günstigen
Frankos von 22 Kreuzern erkennbar; Diese hätte eigentlich nur auf
ausdrückliches Verlangen des Absenders in Form eines Vermerks „über
Bremerhaven“ erfolgen dürfen. Fehlte solch ein Vermerk war die in der Regel
schnellere, da häufiger verkehrende, aber teurere Leitung über Aachen und
Liverpool vorgeschrieben. Außerdem irritiert mich der englischsprachige
Registered-Stempel. Unabhängig vom Leitweg war nach den Verordnungen von 1852
und 1854 eine eingeschriebene Sendung nach Amerika nicht möglich. Wo kommt der
Stempel unter dem bayerischen Chargé und dem preußischen Recomandirt-Stempel
her? War später vielleicht doch eine eingeschriebene Sendung möglich geworden?
Eine Leitung über England halte ich für unwahrscheinlich weil dann zumindest
Nachporto fällig gewesen wäre und weder der „Paid“, „10“ noch der „N. York
Brem. Pkt.“ Stempel nachvollziehbar wären.
Ich würde mich sehr über Hinweise freuen!
Herzlichen Dank und Viele Grüße,
Nacktnasenwombat