Beiträge von Pälzer

    Hallo zusammen,

    auch wenn die Abschläge des nachstehenden Briefstücks mehr als bescheiden daherkommen, so ist es immerhin noch ein mit Nachgebühr belegtes.

    Der Kaiserslauterner Kaufmann Johann Baptist Bumiller hatte es mit einer Surrogat-Warenbestellung offenbar so eilig (Anfang des Textes innen: Senden Sie mir gefälligst umgehend...), dass er anstatt der für den Vereinsbrief über 20 Meilen zu verklebenden 9 Kr nur eine Marke zu 6 Kr verwendete (Luftlinie Kaiserslautern - Köln rd. 177 km = rd. 24 Meilen).

    Damit war der unfrankierte Portobrief zu 12 Kr anzusetzen. Unter Abzug der bezahlten 6 Kr waren vom Empfänger noch 6 Kr = 2 Sgr (vorderseitig vermerkt in in blauer Tinte) zu entrichten. Ob das die im Jahre 1800 in Köln-Rodenkirchen gegründete Werner Breuer Caffe-Surrogat & Essenz Fabrik zur gewünschten Eillieferung beflügelt hat, darf bezweifelt werden.

    + Gruß

    vom Pälzer

    verwendete Quellen:
    http://www.ahnenforschung-bildet.de/forum/viewtopi…t=13066&start=0
    http://www.kaffeetraditionsverein.de/index.php/Wern…6_Essenz-Fabrik


    Hallo zusammen,

    weiter geht`s erneut mit einem IM-Zensurbeleg, diesmal aus der Schweiz. Es ist mir bislang nicht gelungen einen durch die Prüfstelle des II-Armeekorps in Ludwigshafen eröffenten und mit deren Zensurbanderole wieder verschlossenes Poststück zu belegen; jetzt isses passiert. Wir haben im vorliegenden Fall einen Auslandsdoppelbrief zu 40 Rappen (1. Gewichtsstufe bis 20 gr 25 Rappen, jede weitere 15 gr weitere 15 Rappen).

    + Gruß

    vom Pälzer

    Johannesburg - Grünstadt 05.04.1900

    Verehrte Sammlerfreunde,

    vielleicht hat jemand ja schon einmal etwas gehört über Transvaal bzw. die Zuid-Afrikaansche Republiek (ZAR), die dort hpts. ansässigen Buren und deren beiden Kriege gegen das britische Empire, vielleicht kennt sich ja das eine oder andere Forenmitglied damit sogar recht gut aus. Ich für meinen Teil muss zugeben; bislang eher begrenzt. Insofern wird man ja regelrecht dazu getrieben, die geschichtlichen Zusammenhänge mit dem nachstehend zensierten Auslandsbrief zu 2 1/2 Penny zu ermitteln. Dies soll denjenigen, die sich dafür interessieren natürlich nicht vorenthalten sein:

    Zwischen 1830 und 1850 wanderten Nachfahren hpts. niederländischer Siedler, bekannt als Buren (Bauern) oder Voortrekker (Pioniere) aus der britischen Kapkolonie aus. Die Niederlande hatten Kapland im Jahre 1814 zwangsweise an die Briten abtreten müssen, danach wuchs der Unmut der ansässigen Buren gegen die neuen Herren zunehmend, hpts. wegen der Missionierung der Ureinwohner, der Abschaffung der Sklaverei im Jahre 1834 und der hierdurch bedingten Gleichstellung der freien Schwarzen der Kaprepublik mit den weißen Siedlern.

    Die Entfremdung der Buren von den Briten rief zunächst nur sporadisch Abwanderungen in bislang kaum besiedelte Gebiete nördlich in östlich des Oranje-Rivers hervor, diese wuchsen jedoch nach zahlreichen z.T. gewaltsamen Zwischenfällen zu einem Flüchtlingsstrom von ca. 6.000 bis 10.000 Buren an, bekannt als der Großer Treck. In der Folge entstanden die ersten Burenrepubliken Winburg (1836) und Potchefstroom (1837), die außerhalb des britischen Einflusses lagen und keine Zentralregierung hatten.

    1844 vereinten sich beide Länder zur Republik Winburg-Potchefstroom, die 1848 in der Burenrepublik Transvaal aufging. Am 17.01.1852 unterzeichneten das britische Empire und etwa 5.000 Burenfamilien die Sand-River-Convention, die den Buren die Unabhängigkeit in den Gebieten nördlich des Vaals garantierte. Der Oranje-Freistaat, eine weitere Burenrepublik, wurde zwei Jahre später im Jahre 1854 unabhängig.

    Im Jahr 1856 nahm die Burenrepublik Transvaal den Namen Südafrikanische Republik an, 1877 erfolgte die britische Annexion Transvaals, was zum Ersten Burenkrieg führte. Da nach den Erfolgen der Buren auch ein Aufstand der Kapburen und damit für die Briten der Verlust ganz Südafrikas drohte, stand man den Buren im Transvaal die Selbstverwaltung unter formeller britischer Oberherrschaft zu. Beide Seiten hatten nach Friedensschluss zusammen "weniger" als 1.000 Gefallene und Verwundete zu beklagen...im Zweiten Burenkrieg sah es leider sehr deutlich anders aus.

    Nachdem man 1869 in Kimberley und 1886 um Johannesburg im Witwatersand ertragreiche Diamant- und Goldvorkommen aufgefunden hatte, zog es auch Glücksritter aus Kapland dorthin, was wiederum zu Spannungen mit den Buren führte. Die andauernde Benachteiligung (britischer) Uitlanders führte in den Zweiten Burenkrieg. ZAR-Präsident Paul Kruger ordnete am 28.09.1899 die Mobilmachung des Transvaals an. Gleichzeitig setzte ein Exodus der Uitlander des Witwatersands ein, die Zuflucht in Natal und der Kapkolonie suchten. In Johannesburg kam es dabei zu panikartigen Fluchtszenen.

    Nach Ablauf eines Ultimatums von ZAR-Präsident Kruger brachen am 12.10.1899 die Kampfhandlungen aus. Sie verliefen für die Buren mit ca. 38.000 Mann im Feld anfänglich erfolgreich. Ihnen standen lediglich rd. 15.000 britische Soldaten gegenüber. Das Blatt wendete sich Anfang des Jahres 1900, als die Briten rd. 60.000 Mann Verstärkung nach Südafrika einsandten. Präsident Kruger floh aufgrund des britischen Vormarsches im Oktober 1900 nach Europa, wo er unter anderem die Niederlande und den deutschen Kaiser um Unterstützung bat, aber keiner wagte einen Krieg gegen die Briten.

    Die Buren blieben auf sich gestellt und entfesselten einen verbissenen Guerillakrieg. Als Antwort darauf wurden die Farmen in den Guerillagebieten zerstört und die Ernten vernichtet, um den Gegner auszuhungern. Rund 120.000 Farmbewohner, vor allem Frauen und Kinder, wurden in sog. concentration-camps interniert. Davon starben über 26.000 unter katastrophalen Lebensbedingungen an Hunger und Krankheiten. Am 31.05.1902 wurde der Zweite Burenkrieg mit dem Frieden von Vereeniging beendet.

    Während der Feindseligkeiten hatte Johannesburg schon am 25.04.1900 kapitulieren müssen, also wenig später nach Aufgabe des nachstehend abgebildeten Belegs. Bezüglich dessen noch am Aufgabetag (05.04.1900) durchgeführter Zensur durch das Postdepartement in Johannesburg könnte man jetzt sagen, dass der Brief ja eigentlich in ein, mit dem Burenstaat befreundetes Land, nämlich dem Deutschen Reich gesandt war und sich insofern die Öffnung unter Kriegsrecht erübrigt haben sollte.

    Kaiser Wilhelm II hatte mehrfach offen(siv) seine Sympathie für den Kampf der Buren gegen die Briten geäußert (vgl. bspw. die berüchtigt gewordene Krugerdepesche), worüber jene natürlich "not amused" waren. Es gab bekanntlich sogar Freiwilligencorps hpts. deutscher Herkunft, die mit rd. 3.000 Volontären im Zweiten Burenkrieg in das Kampfgeschehen gegen das Empire eingriffen. So fand Anfangs des Konflikts am 23.08.1899 die historische Versammlung der Interessenten in der Non-Plus-Ultra Beer-Hall in der Bree Street zu Johannesburg statt.

    In der britisch-orientierten Presse konnte man dann nachlesen, dass „die versoffenen Deutschen im Bierrausch Weltrevolution spielen wollten". In diesem noch lange währenden Durcheinander unterschiedlichster Interessen / Gesinnungen konnte die Post in Johannesburg nicht wissen, wer aus welchen Anlass und welcher Gesinnung heraus nun an den Fuhrwerksbesitzer Adam Setzer im pfälzischen Grünstadt geschrieben hatte. Da kein Absender vermerkt ist, werden wir das leider auch nie erfahren dürfen. Der durch die Zensurbanderole größtenteils überdeckte Leitvermerk Via Delagoa-Bay basiert auf einem weiteren geschichtlichen Hintergrund:

    1869 wurde zwischen portugiesisch-Mosambik und Transvaal ein Grenzvertrag geschlossen, die Delagoa-Bucht der portugiesischen Kolonie Mosambik zugeschlagen. Im Jahre 1875 wurde dort die Siedlung Lourenço Marques (heute Maputo) gegründet, 20 Jahre später dorthin von der damaligen ZAR-Hauptstadt Pretoria aus eine Eisenbahnlinie gebaut, um den Seehafen der Stadt am Indischen Ozean mitnutzen zu können.

    Die Delagoa-Bay war übrigens Ausgangspunkt einer spektakulär gewordenen Flucht eines in Kriegsgfangenschaft geratenen britischen Offiziers namens Winston Churchill. Seinerzeit nebenberuflich Kriegsberichterstatter der Morning Post war er bei einem Eisenbahnüberfall der Buren im November 1899 gefangen genommen worden. Trotzdem die südafrikanische Regierung ein Kopfgeld von 25 Pfund auf ihn aussetzte, gelang seine Flucht von Pretoria zur fast 500 Kilometer entfernten Delagoa-Bay in der portugiesischen Kolonie.


    Schönen Gruß

    vom Pälzer

    http://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BCdafrikanische_Republik
    https://karleduardskanal.wordpress.com/2010/07/28/die-krugerdepesche/
    http://www.golf-dornseif.de/uploads/Deutsc…_Burenkrieg.pdf
    http://www.jf-archiv.de/archiv99/419yy27.htm
    http://de.wikipedia.org/wiki/Winston_Churchill
    http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Kruger
    http://de.wikipedia.org/wiki/Zweiter_Burenkrieg

    ...ja Bombe ! 8o

    Nicht nur der traumhaft arrgierte "Normalbrief", auch die schön auf den Punkt gebrachten Zusammenhänge in der luxemburgischen der Gründerzeit. Gefällt mir ausnehmend gut.

    Vielen Dank, das muss hier gesagt sein + Gruß !

    vom Pälzer :thumbup:

    ...mmmmh

    ...topsaubere Marke, Ziereinkreiser + PF...ei was will man da noch mehr, Klasse !

    ...und INGENHEIM (bei Landau i.d.Pf.) stimmt auch.

    Herzl. Gruß ! :thumbup:

    Tim

    Hallo Volker,

    das düfte HOECHSTAEDT bei THIERSHEIM in Oberfranken sein. Ist im Sem als Sonderform gelistet und dürfte zu den eher seltenereren gehören. Gut getauscht ! :P

    Gruß !

    Tim

    Hallo zusammen,

    bin mir noch nicht so ganz sicher, ob wir auf der nachstehend abgebildeten Postzustellurkunde eine feldmerkmalmäßig eierlegende Wollmichsau haben, aber starten wir einfach mal damit durch: Gesichert ist bei der oberen Marke das Feldmerkmal der Gruppe 32-37-82-87: Punkt im Bogen des D von Dienstmarke und Farbstrich im I, der linke Löwe hat in der Mähne einen Punkt.

    Auf der Marke darunter finden wir das Feldmerkmal der Gruppe 42-47-92-97: Im rechten Berg des Frankenschildes oberhalb der Tatze des Löwen ein Punkt und (wieder) beim linke Löwe in der Mähne ein Punkt. In der untersten Marke sehen wir schließlich das Feldmerkmal der Gruppe 2-7-52-57: Punkt im Bogen des D von Dienstmarke.


    + Gruß

    vom Pälzer

    Hallo Sammlerfreunde,

    zum Auftakt der Plattenfehler und Feldmerkmale in diesem thread anbei eine "Gemischteinheit" dessen.

    Wir sehen nach der Katalogisierung von Kamm/Schäffler an der obersten Marke das Feldmerkmal der Gruppe 2-7-52-57: Linkes Wertziffernfeld zeigt auf der rechten Seite etwa in der Mitte einen angelagerten Punkt. Die Marke darunter macht mir ein bischen Probleme:

    Man findet vom Feldmerkmal der Gruppe 12-17-62-67 zwar die beiden Indizien: D von Dienst offen und Schweif des rechten Löwen zeigt beim dritten Querstrich einen Punkt, aber nicht das Indiz Kleiner Strich im mittleren Berg des Frankenschildes...dafür ist die Schweifspitze des linken Löwen etwas verstümmelt.

    Einfacher dann bei Marke Nummer drei von oben zu erkennen das Feldmerkmal der Gruppe 22-27-72-77: Der Schrägstrich im Burgauer Wappen rechts des Pfahles unterbrochen.

    Darunter kommt dann das Feldmerkmal der Gruppe 32-37-82-87: Beim A in Marke ist der obere Querstrich rechts nach abwärts gebogen in Kombination mit dem Plattenfehler Nr.12 (Feldgruppe 32-37-82-87): Randlinie zwischen N von Bayern und rechter Wertziffer zerstört, der rechte Abstrich des N von Bayern ist durchstochen.

    An der untersten Marke sehe ich auch noch feldmerkmalverdächtige Eigenschaften, die aber bisher nicht gelistet sind: Linkes Wertziffernfeld zeigt auf der rechten Seite etwa in der Mitte eine Einkerbung, Randlinie über Bayern mittig gebrochen...uff ! :P

    + Gruß

    vom Pälzer

    Hallo bk,

    danke für die Hintergrundinfos und weiter geht`s dann auch gleich mit einer - aus linksrheinischer Sicht - netten IM-Besonderheit: Bahnpostentwertung. Dazu gibt es allerdings wieder mal A) das Datierungsproblem und B) die Frage bzgl. des verwendeten Kastenstempels "Eisenb.-Post Bureau". Wenn ich das anhand der nachstehend verlinkten Quelle richtig verstanden habe, dann wurden solche Bureaus ab Ende Januar 1856 schon von Preussen eingeführt und nach Übergang des NDB ins Deutschen Reich 1871 in "Bahnpostamt" umbenannt.

    Die vorliegend zur Verwendung gekommene Mi-Nr. 16 wurde Anfang 1869 verausgabt und war bis Ende 1871 gültig, also müsste das der Beförderungszeitraum gewesen sein. Kann man das evtl. noch weiter präzisieren ? Und was mich noch etwas wundert: Wenn der Brief schon bei einem Eisenbahn Post Bureau aufgegeben wurde, warum wurde die Marke erst mit dem Kursstempel eines von dort abgehenden Zuges entwertet ? ;(


    + Gruß!

    vom Pälzer

    verwendete Quelle:
    https://books.google.de/books?id=2B2gB…0Bureau&f=false

    Hallo zusammen,

    kleine Sache mit großen Folgen, so könnte man das w.u. nachtaxierte Minibrieflein bezeichnen. Ich muss zugeben, ohne unseren @bk hätte ich es nicht richtig gedeutet, auch wenn`s im Nachhinein eine eigentlich völlig simple Sache ist: Der Absender in Mussbach (bei Neustadt a.df.Haardt) meinte offenbar noch innerhalb des Ortsbezirks von Neustadt zu versenden und verklebte nur 1 Kr.

    Es handelt sich aber um zwei getrennte Postbestellbezirke mit eigenen Postexpeditionen. Also waren 3 Kr für den rückseitig verschlossenen und somit auch nicht als Drucksache verschickten Minibrief zu entrichten. Damit war eine Portobrieftaxe von 7 Kr anzusetzen und in Anrechnung der bereits verklebten 1 Kr noch saftige 6 Kr nachzuzahlen. Für die Empfängerin mit Sicherheit ein Ärgernis.

    + Gruß

    vom Pälzer