Verehrte Freunde,
postgeschichtlich ist die hier gezeigte Briefhülle schnell beschrieben: Eingeschriebener Francobrief aus Simbach (bei Landau) nach Passau, er kostete den Absender 6 Kreuzer für die jeweils zweite Entfernungs- und Gewichtsstufe nach dem Generaltarif von 1810 und 4 Kreuzer für die Einschreibung.
Was hat das mit Bischofsbriefen zu tun? Mit ein bisschen Detektivarbeit eine ganze Menge.
Datierbar ist das Stück über einen innen angebrachten Präsentationsvermerk vom 7. November 1826.
Dreht man den Brief um, ist ein Teil eines Siegelabdrucks erkennbar: König. Baier. [unleserlich] Vikariat.
Kombiniert man das mit der Adressierung Zum P[raemisso] T[itulo] Hochwürdigsten Bischöflichen Ordinariat, als General Vicariat, pp in Passau, hat man doch schon ein paar Anhaltspunkte, um eine leere Hülle zum Plaudern zu bringen.
In der Wikipedia findet man eine Liste der Passauer Bischöfe, und auch die Homepage des Bistums hilft weiter:
Der letzte Fürstbischof der alten, in der Säkularisation 1803 untergegangenen Reichskirche, Leopold Leonhard Reichsgraf von Thun lebte seit 1804 nicht in seiner Residenz, sondern hatte sich, verbittert über seine Behandlung durch die Regierung Montgelas, auf ein Gut nahe Prag zurückgezogen.
Sein Bistum war zwar nicht völlig führungslos (er stand mit seinen Untergebenen in Briefkontakt), aber echte Leitung sah anders aus. Seit Juli 1824 amtierte immerhin ein Weihbischof als Generalvikar in geistlichen und weltlichen Dingen, damit die Geschäfte nicht völlig zum Erliegen kamen.
Thun starb am 22. Oktober 1826, sein Nachfolger Karl Joseph Freiherr von Riccabona wurde am 25. Dezember ernannt und am 9. April 1827 geweiht.
Damit fällt der Brief genau in eine Sedisvakanz, eine Zeit also, in der der Bischofsstuhl unbesetzt war.
Übrigens lässt sich auch mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit sagen, wer den Brief geschrieben hat: Der Schematismus des Bistums Passau für das Jahr 1826 nennt als Pfarrvikar von Simbach den ehemaligen Franziskaner (der Orden war ja in Bayern seit der Säkularisation aufgehoben) Johann Evangelist Brändl.
Viele Grüße aus Erding!