Lieber weite Welle,
ich lese auch "Stpltax".
Deinen Artikel finde ich ausgezeichnet, er bringt viele Lösungsansätze für einige ungeklärte Probleme (und lässt meine unbeholfenen Erklärungsversuche vom Anfang dieses Threads weit hinter sich). Er stellt vor allen Dingen klar, dass man sich nicht nur auf die philatelistisch interessanten Flächen eines Ganzstücks stürzen darf, sondern den Inhalt unbedingt dazu in Beziehung setzen muss. Und dass man die Pfennigzeit niemals isoliert von der Kreuzerzeit betrachten darf, so verlockend die Epochentrennung auch sein mag.
Literatur dazu gibt es ja nicht viel. Der entsprechende Beitrag von Christian Hörter im Band Postbeziehungen Bayern – Österreich wird immer da schwammig, wo es eigentlich interessant wird. Aber das Thema ist eben etwas undurchsichtig. Dazu hat die bayerische Post stark beigetragen, die ihre Expeditoren in einer Flut von Regularien ertränkte und dabei immer entscheidende Punkte im Unklaren beließ. Das macht es auch so schwierig, die Quellen zu interpretieren, weil man nie weiß, ob und wie lange Verordnungen noch galten oder ob sie irgendwann aufgehoben oder durch andere ersetzt wurden. Auch das Werk von Gumppenberg ist da nicht immer eine Hilfe.
Interessant wäre es noch, sich einmal mit den eigentlichen Formularen zu beschäftigen. Wann zum Beispiel wurde das Formular B6 eingeführt?
Im Band II des Bayerischen Postarchivs von Gumppenberg wird unter der Nr. 435 auf den Postvertrag vom 7. Mai 1872 verwiesen, wonach das Rückscheinformular auf blauem Papier "angeordnet" worden sei. Zum ersten Mal taucht es m. W. aber bereits im Vertrag Bayerns mit dem Norddeutschen Bund, Baden, Württemberg und Österreich auf, der am 23. November 1867 geschlossen wurde. Die entsprechenden Paragraphen in der zum Vertrag gehörenden Instruktion sind praktisch gleichlautend. (Siehe Anhänge, zuerst aus dem Jahr 1867, dann Gumppenberg!) Auch die abgebildeten Muster sind völlig identisch.
Dieses Formular belegt in seinen Varianten wohl auch die Auswirkungen der Eindeutschungsbemühungen Heinrich von Stephans (Verordnung vom 21. Juni 1875, 671 postalische Begriffe!) und der Vereinheitlichungsbestrebungen im Reichsgebiet ("Eingeschrieben" statt "Recommandirt", "Rückschein" statt "Retour-Recepisse"). Bayerische Behörden, die ihre eigenen Rückscheine in Auftrag gaben, blieben bezeichnenderweise oft beim althergebrachten Begriff "Retour-Recepisse".
Wer sich in das Thema ganz tief einarbeiten möchte, sollte sich einmal die Arbeit des Sprachwissenschaftlers Cherubim (der heißt wirklich so) ansehen ...
Viele Grüße aus Erding!