Verehrte Freunde,
ich bitte den Verkäufer um Verzeihung, der kann natürlich nichts dafür, wenn einem Sammler beim Beschreiben einst der Gaul durchging. Aber das hier ist schon ein Gustostückerl, wie hier die Besonderheiten herbeigeredet werden, ist köstlich:
Unter einem Chargé-Beleg der Sonderklasse! stelle ich mir etwas anderes vor, und was am besonderen Beförderungsablauf im gerichtlich- und privat-postalischem (sic) Geschehen aufschlussreich sein soll, erschließt sich mir nicht, schon gar nicht, wie die Eigenheiten des „Postfreithums“ und die normalen Beförderungsbedingungen … hier bei einem Objekt nacheinander auf[treten].
Die gebührenfreie Gerichtssache ist eine Parteisache (und als solche gebührenpflichtig, wenn es anders gewesen wäre, stünde da "RS" für "Regierungssache"). Die Kartierungsnummer (hier würde ich zuerst die "4" in der rechten oberen Ecke ansprechen) mutiert zum Eintrag in das Fahrbuch. Dass Gerichtssachen durch die Fahrpost zu erledigen waren, höre ich zum ersten Mal, ebenso dass man einen Aufgabestempel als Auflieferdokumentation anspricht. Das Stempelpapier, Pardon: Wertzeichenpapier, wurde offenbar für alle wichtigen amtlichen Schreiben dieser Zeit herausgekramt. (Wann welches Stempelpapier zum Einsatz kam, war im Stempelgesetz genauestens geregelt, unabhängig von der Bedeutung des Schreibens.)
Dass es sich bei der ersten Versendung um einen Postvorschussbrief handelte (deshalb Fahrpost), ist dem einst stolzen Besitzer entgangen, ebenso die eigentliche Besonderheit dieses Schreibens: dass es von einem Postlieferschein begleitet war (bei der Fahrpost eher noch seltener als bei der Briefpost). Interessant auch, dass die Summe der einzuziehenden Gerichtsgebühren plus Beförderungs- und Prokuraentgelt nicht eigens ausgeworfen wurde. Daraus könnte man vielleicht eine persönliche Portobefreiung des Empfängers konstruieren, aber ob das nachweisbar wäre?
Immerhin kann man den beiden letzten Zeilen kaum widersprechen.
Viele Grüße aus Erding!