Der Wetterbericht für Aiterhofen bei Straubing für den 11. bis 13. Mai 2018 fällt denkbar kurz aus: sonnig und sehr warm. Entsprechend sommerlich war die Stimmung, die dieses Jahrestreffen vom ersten Moment an charakterisierte. Kaffee und Kuchen warteten auf die ArGe-Mitglieder und ihre Partner, freundliches Personal und ein kleines, aber feines Hotel mit guter Küche. Die große Gartenterrasse unter blühenden alten Kastanienbäumen war der erste Anlaufpunkt und später ein perfektes Ausweichquartier für all jene, denen es in der Stube beim Abendessen irgendwann zu warm oder zu laut wurde (oder die den Göttern ein Rauchopfer darbringen wollten). Unter freiem Himmel lässt sich mitgebrachtes Material übrigens mindestens so gut durchstöbern, besprechen, tauschen und kaufen wie in geschlossenen Räumen. Das Abendessen verging wie im Flug, nicht zuletzt dank spontaner Kurzvorträge in pfälzischer Mundart – mit eigenen Gedichten des Vortragenden, deren sprachliche Kunst man eigentlich nicht beschreiben kann. Man muss sie hören und erleben.
Nach einem reichhaltigen Frühstück begann am Samstag um 10 Uhr der offizielle Teil des Treffens; während die Damen ins nahe Straubing aufbrachen, fanden sich die Mitglieder im ebenfalls an die erwähnte Terrasse anstoßenden, modern ausgestatteten Tagungsraum mit Beamer und großer Leinwand ein. Unser Vorsitzender Peter Zollner stimmte die Anwesenden kurz auf die Veranstaltung ein, und dann folgte auch schon das Vortragsprogramm. Wenn bayern klassisch sich dem Thema »Laufzettel« widmet, dann bekommt das Wort schon einen weit weniger behördlich-trockenen Klang. Man kann übrigens nicht sagen, dass er anhand von ausgesuchten Beispielen referierte. Denn was er zeigte, dürfte dem Weltbestand an vorhandenem Material mit Bayern-Bezug ohnehin schon ziemlich nahekommen. Nach 75 kurzweiligen Minuten übernahm kreuzer die Rolle des Referenten und bewies, dass Postablagen mehr ermöglichen als reine Stempelkunde. Die seit vielen Jahrzehnten in der Literatur genannten Eröffnungsdaten bedürfen wohl einer Revision, wie Verträge mit einzelnen Postablagenbetreibern und erhaltene Eröffnungsprotokolle nahelegen; außerdem lassen sich in einer Spezialsammlung die verschiedenen Postdienste, die bei diesen kleinsten Postanstalten der Markenzeit angeboten wurden, gut mit Belegen darstellen. Zu diesem Thema ist das letzte Wort sicher noch nicht gesprochen.
Die Mittagspause fand wieder im Freien statt. Anschließend warb maunzerle in einem Vortrag für etwas, das im Kino zwar fast vergessen ist, in der Philatelie aber neue Maßstäbe setzen könnte: sozusagen ein Breitwandformat für Ausstellungsrahmen, das das klassische System von zwei Belegen auf vielen Hochformatseiten nicht ablösen, aber wirkungsvoll ergänzen könnte, weil ein überbreites Querformat die Darstellung von größeren Zusammenhängen auf einem Blatt mit mehreren Belegen ermöglicht und eine freiere Anordnung und Kombination mit zusätzlichem Material erlaubt.
Wer bisher noch keine Gelegenheit hatte, in Händler- und Wunderkisten, die diesen Namen wirklich verdienten, zu wühlen, bekam sie jetzt. Ein namhaftes Mitglied aus der Pfalz fand einen Beleg von Blieskastel mit einem, nein, dem Stempel-Sondertyp, den er seit vierzig Jahren suchte. Er war nicht der einzige, der sich mit zufriedenem Gesicht vor dem abendlichen Buffet anstellte. Als hasselbert ihn und andere für einen Vortrag nach dem Abendessen die Stämme der Bayern mit verteilten Rollen vor dem Publikum antreten ließ, bewies er mit Verve, dass die Pfälzer eben doch die besten Bayern sind. Das mussten Franken, Nieder- und Oberbayern neidlos anerkennen.
Bei der Jahreshauptversammlung am Sonntag, mit neu gewählter Vorstandschaft, wurden die vorgeschriebenen Tagesordnungspunkte zügig abgehakt. Die vorbereitende Sitzung des Vorstands hatte übrigens – wo sonst als unter freiem Himmel? – am Freitag auf der Hausbeng vor der Tür des Hotels stattgefunden.
Übrigens durften wir unser neues Mitglied Donauwalzer persönlich begrüßen, der sich mit der Erforschung der Salegg-Korrespondenz (Hengersberg) befasst. Sehr schnell fühlte es sich für ihn und für uns an, als hätte er schon immer dazu gehört. Das macht den Zusammenhalt einer Gemeinschaft aus, zu der auch, das kann man nicht oft genug sagen, die Frauen entscheidend beitragen. Beim ersten Mal kommen die meisten Neumitglieder noch allein, beim zweiten Mal sind häufig schon die Partner dabei. Und es ist so, als hätte man sich gerade erst letzte Woche getroffen – dabei ist schon wieder ein Jahr herum. Wer noch nie als Mitglied (oder Gast) an einem Jahrestreffen teilgenommen hat, sollte es auf jeden Fall einmal mitmachen. Schwellenängste sind völlig unnötig – wer nicht dabei war, hat etwas verpasst!