Beiträge von bayern klassisch

    Liebe Freunde,

    auf allgemeinen Wunsch eines Einzelnen ( @ HOS :D ) soll auf die Funktion und Wirkungsweise der bayerischen Auslagestempel eingegangen werden.

    Als sich Bayern im Jahre 1808 von Thurn und Taxis gelöst hatte, begann es sukzessive Postverträge im eigenen Namen abzuschließen. Diese Stempel sollen ab 1815 (Augsburg) erstmals im Einsatz gewesen sein, wobei ich noch keine aus 1815 gesehen habe, nur ab 1816 kenne ich sie. Aber es mag sogar noch frühere geben.

    Da Bayern nicht auf einen Grenzfrankozwang bestand, also nicht von ausländischen Korrespondenten verlangte, stets bis zur bayer. Postgrenze zu frankieren, konnten Briefe aus dem Ausland entweder ganz unfrankiert, teilfrankiert oder ganz frankiert vorkommen.

    Briefe, die ganz frankiert waren, bedurften keiner Auslagestempel.

    Briefe, die bis zur bayer. Postgrenze teilfrankiert waren, bedurften ebenfalls keiner Auslagestempel.

    Briefe, die in keinem Postgebiet portopflichtig waren (Briefe der Regenten, Dienstbriefe u. ä.) bedurften ebenso keiner Auslagestempel.

    Nur Briefe aus dem Ausland, auf denen ein Porto haftete, durften/sollten/konnten einen Auslagestempel erhalten.

    Den modus operandi zeigt uns das 1. Briefbeispiel aus Walldürn nach Ühlfeld bei Neustadt an der Aisch. Die Aufgabepost in Baden taxierte in schwarz "4" Kr. mittig bis zur bayer. Grenze. Diese Berechnung war Bayern egal, es hatte nur dafür zu sorgen, dass dieses fremde Porto, das man Baden schuldete, nicht in Bayern vergessen wurde. Daher stempelte die bayer. Post in Würzburg, wohin das badische Briefepaket geschickt worden war, seinen roten Auslagestempel auf dieser fremden 4 ab, zog einen Bruchstrich als Trennung vom bayerischen Porto, das auch 4 Kr. betrug und sandte den Brief so nach Neustadt an der Aisch weiter.

    Erst dort strich man mit Rötel die beiden Vierer durch und notierte mit 8 Kr. oben das Gesamtporto. Nachdem man vom Empfänger diese 8 Kr. kassiert hatte, überwies man diese 8 Kr. an Würzburg, von wo aus man ja mit 8 Kr. belastet worden war. Würzburg behielt 4 Kr. für sich und gab 4 Kr. an Baden weiter, das damit seine Forderung als erledigt ansah.

    Das 2. Briefbeispiel zeigt uns, dass allein schon die Höhe der Gebühren ausreichen kann, die Zuordnung der Taxen zu den entsprechenden Postgebieten zu erleichtern; etwas, was gerade Anfängern und weniger Fortgeschrittenen größte Probleme macht.

    Ein Brief aus Ysni (heute Isny) in Württemberg nach Würzburg wurde in Ysni mit nur 1 Kr. in Rötel taxiert. In Bayern gab es damals keine Briefporti von nur einem Kreuzer. In Augsburg wurde der württembergische Kreuzer zuerst ungläubig gestrichen, dann aber rechts neu notiert und auf ihm der Auslagestempel abgeschlagen als Zeichen der Belastung der Augsburger Post mit 1 Kr. durch die Post in Ysni. Augsburg setzte darunter einen Bruchstrich zur Trennung der beiden Gebühren und notierte 12 Kr. bayer. Porto dazu. Die unter der Rötel "1" notierten 12 Kr. strich man ab, weil man keinen Anspruch auf 24 Kr. hatte.

    Auch machte man gleich Nägel mit Köpfen, indem man beide Gebühren schon in Augsburg zu 13 Kr. addierte und die bereits zuvor notierten 13 Kr. strich. Hier haben wir also einen Brief mit 2 Rechnungen vor uns - die 1. wurde gestrichen, weil man KEINEN Auslagestempel zur Hand hatte, dann, als er sich fand, wurde er eingesetzt und die gleiche Rechnung erneut aufgemacht.

    Das 3. Briefbeispiel aus Verden an der Aller (Kgr. Hannover) nach Ansbach zeigt einen Dreiländerbrief. "Frei bis zur Grenze" hieß in Hannover, dass der Absender bis zur hannöverisch - preußeischen Grenze frankiert hatte, oder wie hier, bis dahin portofrei war. Das Franko wäre in roter Tinte neben den Frankovermerk zu schreiben gewesen, aber das ist hier nicht der Fall.

    Statt dessen hatte Preußen seine Transitgebühr von 2 1/4 Gutegroschen in schwarzer Tinte daneben geschrieben. Diese entsprachen 9 Kr.. Jedoch konnte man nicht den Auslagestempel auf den preußischen 2 1/4 Ggr. abschlagen, weil in dieser Währung in Bayern niemand rechnete. Somit war diese fremde Gebühr zu reduzieren in rheinische Kreuzer (= 9), was man über Ansbach mit Rötel machte. Dann schlug man darauf den Auslagestempel ab und notierte darunter mit 9 Kr. das bayer. Porto ab der Grenze bis Ansbach.

    In Ansbach addierte man beide Gebühren zu 18 Kr. Postporto und später wurden 19 Kr. vom Boten dem Empfänger in Rechnung gestellt.

    Das 4. Briefbeispiel zeigt die (möglichen) Problematiken gleicher Zahlen, aber unterschiedlicher Währungen. Ein Brief aus dem preußischen Rauden nach Castell zeigt ein blaues preußisches Porto von 10 Silbergroschen an. Diese sind nur schwer zu erkennen. Bei seiner Ankunft in Hof wurde der 1 1/4 Loth schwere Brief mit der dort typischen rotenvioletten, eigentlich preußischen Tinte, mit 35 Kr. taxiert, die den 10 Groschen entsprachen. Hierauf wurde dann der letzte (sog. "späte") Hofer Auslagestempel abgeschlagen.

    Weil die Inlandsgebühr für diesen Brief vom 18.4.1850 zufällig auch "10" war, aber jetzt Kreuzer und keine Groschen, unterstrich man die 35 Kr. und überschrieb sicherheitshalber die blauen preußischen Silbergroschen mit Rötelstift und kam so, nach Abstreichens, zur Summe von 45 Kr. oben rechts.

    Hatten wir bisher 4 Briefe, die unfrankiert bzw. teilfrankiert nach Bayern liefen, so gab es auch Fälle, in denen Briefe mit Auslagestempel nur Bayern transitierten.

    Das 5. und letzte Briefbeispiel zeigt einen Portobrief von Stuttgart über Bayern nach Bialokosz bei Posen, damals Preußen. Absender aus Württemberg konnte ihre Briefe nach Preußen wie folgt absenden:

    1. Ganz unfrankiert (wie hier). Auslagestempel war abzuschlagen für das württ. Porto und das bayer. Porto bis zur bayer. Ausgangsgrenze.
    2. Franko württ. - bayer. Grenze. Auslagestempel für das bayer. Porto bis zur bayer. Ausgangsgrenze war abzuschlagen.
    3. Franko bayer - preußische Grenze. Kein Auslagestempel, da Bayern nichts ausgelegt hatte und nichts zu fordern hatte.
    4. Franko Empfänger in Preußen. Kein Auslagestempel, s. 3..

    Württemberg hatte hier 4x für den Brief bis zur bayer. Grenze gefordert. Auf diesen schlug Nürnberg seinen Auslagestempel ab und notierte unter dem Strich das bayer. Transitporto von 8 Kr.. Somit hatte Bayern eine Totalforderung an Preußen von 12 Kr..

    Preußen reduzierte diese 12 Kr. in 3 1/2 Groschen und addierte 5 Groschen für seine Strecke dazu, so dass der Empfänger total 8 1/2 Groschen zu zahlen hatte.

    Nach Kassierung dieser 8 1/2 Groschen gab Preußen 3 1/2 Groschen an Bayern zurück. Bayern reduzierte diese wieder in 12 Kr., behielt davon 8 Kr. und gab Stuttgart die restlichen 4 Kr. zurück.

    Lieber Luitpold,

    eine " 8 II ", wie sie im Katalog steht, hat es nie gegeben, weil es kein Stöckel der Nr. 3 gab, das 1862 zum Druck der Nr. 8 genutzt worden wäre. Das ist eine Schimäre, die ein Ahnungsloser unters Volk gebracht hat. woodcraft und viele andere auch haben Recht, wenn sie diesen Mumpitz nicht mitmachen und diesen Käse hochbieten. Irgendwann wird das fundierte Wissen diesem Popanz ein Ende setzen und die Marke wird ersatzlos aus den gängigen Katalogen gestrichen werden.

    Hallo Jürgen,

    das kann ein Fluch, oder auch ein Segen sein, wie mann es nimmt ...

    Ach ja und der Brief mit dem Würzburger Punktstempel für sage und schreibe 1.000 Ausruf, blieb erstmal liegen - warum wohl?

    Lieber Luitpold,

    das wird doch nichts mit dem Namen des Absenders zu tun haben, oder? 8o

    Ich finde es immer etwas erheiternd, wenn man nichts, aber auch gar nichts über einen Stempel weiß, diesen effektheischend mit "Versuchsstempel" versucht aufzuwerten. Diesen Terminus sollte man m. E. nur dann anwenden, wenn die Aktenlage eindeutig ist und sich dieser Begriff in den Originalunterlagen der Zeit findet.

    In der mir geläufigen Literatur gibt es aber nur Ortsnummernstempel (Mühlradstempel), Aufgabe- und Abgabestempel. Je nach Postvertrag kamen noch ein paar Vertragsstempel hinzu, das war es aber dann auch schon. Von Versuchsstempeln finde ich in der ganzen Literatur nichts und was mit einem Stempel bezweckt werden sollte, liegt doch auf der Hand.

    Es gibt viele einmalige Stempel bei Bayern, die keinen Ritterschlag in der Sekundärliteratur bekamen und das zurecht. Wenn ein Stempel nur 13 Abschläge aushielt und dann auseinander fiel, dann wird es heute halt keine 14 Stücke von ihm geben. Oder man hat ihn im Innendienst eingesetzt, weil er nicht mehr dokumentarisch genug war für die Briefpostsendungen am Schalter. Oder eine Datumszeile war ausgebrochen, oder blieb unverrückbar, oder, oder, oder ...

    Sicher ist jeder Heimatsammler hinter solch einem Stück her - aber da muss der Preis halt stimmen und wenn sich die Sammler mit einem Mondpreis nicht hinter dem sammlerischen Ofen hervor locken lassen, kann man lange an der Preisschraube drehen.

    Hallo Italienfreund,

    im Prinzip kann man jeden Klassikbrief mit korrigiertem P.D. Stempel kaufen, denn sie sind alle etwas Besonderes. Der hier ist sehr schön und mit deiner Beschreibung eine große Hilfe für die Einordnung unterfrankierter Briefe Italiens in den Norden. Danke fürs Zeigen! :P:P

    Hallo liball,

    vielen Dank für die nun komplette Beschreibung - den Brief konnte ich bei einem Händler schnappen und einen weiteren aus der Pfalz nach Graubünden habe ich noch nie gesehen.

    Im Inhalt schreibt man, dass der 1. Brief wohl verloren gegangen war. Ich denke, dass es aus dieser Korrespondenz (es ging ums Erbe) noch ein paar mehr geben müsste. Der nächste ich dann für dich vorgesehen ...

    Liebe Sammlerfreunde,

    Auslagestempel wurden in Bayern auf dem Taxbetrag (in Kreuzern) abgeschlagen, der für ausländische Posten bis zur bayer. Grenze angefallen war. Bei Briefen mit anderer als rheinischer Kreuzertaxe wurde diese zuerst in rh. Kreuzer reduziert, auf dem Brief notiert und dann auf dieser Notation abgeschlagen.

    Ich beginne mit einem Brief aus Paris vom 27.9.1848 nach München, der in Augsburg oder München mit 18x korrekt taxiert wurde. Von diesen gehörten 9x Frankreich und 9x Bayern. Man splittete den Gesamtbetrag nicht auf und schlug ihn auf dieser Gemeinschaftstaxe ab.

    Ich hoffe, wir sehen noch viele weitere Auslagestempel von München. :P

    Liebe Freunde,

    der folgende Brief sorgt für Interpretationsschwierigkeiten, jedenfalls bei mir.

    Geschrieben wurde er in der Rheinpfalz, genauer gesagt in Niedermohr & Rehweiler bei Landstuhl am 24.12.1835.

    Der Empfänger war der Vetter des Absenders, Herr Jacob von Poult, den ich im Netz noch nicht gefunden habe. Er wohnte in Zutz, heute Zouz geschrieben, im Oberengadin unweit des Innflusses im Canton Graubünden in der Schweiz.

    Die Postaufgabe erfolgte in Landstuhl (Feuser Nr. 1899-3). Dort notierte man 4x Porto für Bayern bis Mannheim. Baden erhielt 10x, die der lustige Expeditor in Landstuhl gleich mit notierte, so dass wir davon ausgehen dürfen, dass er an Basels Grenze mit 14x einschlug.

    Nun kämen meiner Rechnung nach, die nicht richtig sein muss, 6x für Basel und ?? dazu, so dass wir auf 20x kämen. Bis wohin ihn wer wo für 30x mitgenommen hat, weiß ich leider nicht.

    Der Endbetrag müsste 38 Bluzger sein, weil 1 Kr. rheinisch ca. 20% wertvoller war, als ein Bluzger.

    Liebe Freunde,

    dank des umsichtigen @Bayern-Nils konnte ich folgenden Brief an Land ziehen: Paris 27.9.1848 nach München. Der Portobrief wurde in Augsburg mit 18x taxiert. Auf diese 18x schlug München seinen Auslagestempel ab, der in der Literatur nicht immer erwähnt wurde.

    Es wäre schön, wenn wir mehrere Abschläge dieses besonderen Auslagestempels hier zusammen tragen könnten.

    Liebe Freunde,

    ein schöner Dienstbrief aus Speyer vom 2.4.1851 ist nach Dillkirchen gerichtet, welches m. M. n. in der Pfalz liegen sollte. Gefunden habe ich den Ort aber nicht. Kann jemand helfen?

    Der Inhalt ist hoch interessant - es ging um das Einschreitung gegen die Darmstädter Zeitung "Lucifer".

    Lieber Luitpold,

    große Sammlungen werden nur auf 2 Arten verkauft: 1. Übergabe an ein geeignetes Auktionshaus nebst Zerstückelung nach Gutdünken, oder 2. als privater Deal mit einem bekannt Interessierten zu einem unbekannten Preis.

    Hier sehe ich die VMZ - Sammlung von Dr. Zangerle, die seit vielen Jahren ruhte und daher optisch dem Markt entzogen war.

    Ob der geforderte Preis von 68.000 Euro geboten wird, muss man sehen. Die VMZ ist ja in den letzten Jahren nicht so sehr en vogue, auf der anderen Seite müsste man viele Jahre sammeln, um diese Art von Belegen zusammen tragen zu können. Wenn man den Preis akzeptiert, spart man sich zumindest Zeit.

    Den Terminus "Hersteller" lese ich aber etwas ungern - der Karl ist ein hervorragender Philatelist, dessen Werke nicht nur von mir praktisch täglich genutzt werden. Nennen wir ihn lieber Philatelisten oder zumindest Sammler, das wird ihm eher gerecht.