Beiträge von wuerttemberger

    "Die Postkarte als kritische Sendungsform" - das wäre ein sehr ergiebiges Thema für ein Exponat :)

    Die Anforderungen in der Postordnung waren anfangs sehr streng und wurden mit der Zeit immer weiter liberalisiert. Das ist ein weites Feld ..... , das sich lohnt zu beackern!

    Vor sieben Jahren habe ich dieses Paar in einem kleinen Lot gestempelter Kreuzermarken auf einem Tauschtag gekauft. Kalkuliert habe ich es mit 0.-€, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass so eine Rarität in freier Wildbahn vorkommt. Neudruck konnte ich schnell ausschließen, aber die Echtheit hat letztlich Thomas Heinrich bestätigt. Es ist nicht perfekt erhalten, aber selbst Boker hatte kein besseres Paar in der Sammlung.

    Der Leipziger Briefmarkenhändler Albert Friedemann hat wohl seine gesamte Korrespondenz aufbewahrt. Insbesondere die Retourbelege zeigen eine große Vielfalt an Besonderheiten.

    Diese Drucksache fand ich besonders amüsant:

    Drucksache vom 30.10.1922 von Leipzig nach Geislingen (an der Steige) an den Kaufmann Bapt(ist) Blumenschein. In Geislingen hat man alle 6 Briefträger bemüht den Empfänger zu finden. Das war jedoch vergeblich und nun war guter Rat teuer, denn es gibt noch 3 weitere Geislingen in Württemberg und zwar in den Oberämtern Balingen, Ellwangen und Hall. Vor diesem Dilemma stand man in Geislingen/Steige wohl öfters und man hat sich einen Stempel beschafft "Welches von 4 Geislingen in Württemberg". Die Karte lief am 31.10. zurück nach Leipzig wo sie am 2.11. an Albert Friedemann ausgetragen wurde.

    Wenn ich das richtig lese geht es um Lebertran, der entweder ab Hamburg oder Stettin per Bahnfracht nach Mannheim spediert werden sollte. Der Cours Paris könnte sich auf die dortige Börse beziehen wo der Lebertran wohl gehandelt wurde. Mit der Schweiz hat der Beleg nichts zu tun.

    Zensurbelege der Prüfungsstellen für Geschäftsbriefe werden schon immer wieder angeboten, aber eben nicht in solchen Mengen, dass man schnelle Fortschritte erreichen kann. Deswegen kann ich keine Prüfungsstelle vollständig bearbeiten, so wie mir es mit Stuttgart ganz gut gelungen ist. Vor allem ist die Aktenlage bei den preußischen Armeekorps als trostlos zu bezeichnen. Diese Akten sind wohl alle(?) bei einem Bombenangriff auf Potsdam 1945 verbrannt. Übrig geblieben sind die Akten von Württemberg, Bayern und Sachsen, weil sie in den dortigen Staatsarchiven verwahrt wurden und von den Unbillen des 2. Weltkriegs weitgehend verschont wurden.

    Die folgende Aufstellung habe ich in einer Akte in München gefunden. Es handelt sich um eine Abschrift eines Schreibens des Reichspostamts an die OPD München vom 14. Oktober 1915 und ist als "Geheim" bezeichnet. Es handelt sich um die Liste der Prüfungsstellen für Geschäftsbriefe im gesamten Deutschen Reich Stand 6. Oktober 1915

    Prüfungsstelle

    OPD

    Armeekorps

    Aachen 1

    Aachen

    VIII. Armeekorps

    Annaberg

    Chemnitz

    XIX. Armeekorps

    Augsburg

    Augsburg

    I. Bayer. Armeekorps

    Berlin O17

    Berlin

    Gardekorps

    Bremen 1

    Bremen

    IX. Armeekorps

    Breslau BPA 5

    Breslau

    VI. Armeekorps

    Cassel

    Cassel

    XI. Armeekorps

    Chemnitz

    Chemnitz

    XIX. Armeekorps

    Coblenz 1

    Coblenz

    VIII. Armeekorps

    Cöln 1

    Cöln

    VIII. Armeekorps

    Danzig 5

    Danzig

    XVII. Armeekorps

    Dortmund 1

    Dortmund

    VII. Armeekorps

    Dresden A 7

    Dresden

    XII. Armeekorps

    Düsseldorf 6

    Düsseldorf

    VII. Armeekorps

    Duisburg

    Düsseldorf

    VII. Armeekorps

    Emmerich 2

    Düsseldorf

    VII. Armeekorps

    Frankfurt 9

    Frankfurt (Main)

    XVIII. Armeekorps

    Freiburg

    Konstanz

    XIV. Armeekorps

    Hamburg 1

    Hamburg

    IX. Armeekorps

    Hanau

    Cassel

    XVIII. Armeekorps

    Hannover 1

    Hannover

    X. Armeekorps

    Karlsruhe 1

    Karlsruhe

    XIV. Armeekorps

    Kiel

    Kiel

    IX. Armeekorps

    Konstanz

    Konstanz

    XIV. Armeekorps

    Leipzig 13

    Leipzig

    XIX. Armeekorps

    Ludwigshafen

    Speyer

    II. Bayer. Armeekorps

    Lübeck

    Hamburg

    IX. Armeekorps

    Magdeburg 1

    Magdeburg

    IV. Armeekorps

    Mannheim

    Karlsruhe

    XIV. Armeekorps

    München 2

    München

    I. Bayer. Armeekorps

    Münster

    Münster

    VII. Armeekorps

    Nürnberg

    Nürnberg

    III. Bayer. Armeekorps

    Oppeln

    Oppeln

    VI. Armeekorps

    Pforzheim

    Karlsruhe

    XIV. Armeekorps

    Plauen

    Chemnitz

    XIX. Armeekorps

    Posen 3

    Posen

    V. Armeekorps

    Stettin 4

    Stettin

    II. Armeekorps

    Stuttgart 1

    Stuttgart

    XIII. Armeekorps

    Würzburg

    Würzburg

    II. Bayer. Armeekorps

    Zittau

    Dresden

    XII. Armeekorps

    Zwickau

    Chemnitz

    XIX. Armeekorps

    Der nächste Beleg war ein Schnäppchen, weil er nicht gut beschrieben war und mein Preisvorschlag sofort akzeptiert wurde.

    Brief per Einschreiben aus Stuttgart vom 27. Oktober 1916 vom Königlich Württembergischen Postamt Nr. 1 an die Kollegen von der K.u.K. Postkasse Trient in Tirol. Der Brief wurde rückseitig mit dem Freigabestempel unterhalb der Briefklappe versehen und Major Reinmöller hat als einziger seine Unterschrift hinterlassen. Offensichtlich gab es noch Klärungsbedarf und der Brief wurde über die Überwachungsstelle geleitet und mit dem Stempel "Stuttgart 1 geprüft und freigegeben" versehen.

    Es stellt sich nun die Frage was zwei Postämter miteinander kommunizieren, das nicht als Postsache behandelt werden kann? Und wurden Postsachen überhaupt zensiert? Eine solche habe ich noch nie gesehen.

    Lange ist es her, dass ich einen Beitrag hier veröffentlicht habe. Das liegt an mangelnden Online-Angeboten von Belegen dieser Zensurstelle und daran, dass es seit fast 3 Jahren keine großen Messen mehr gab. Dort habe ich meist sehr viel und gutes Material erwerben können. Ich bin froh, dass es bald wieder los geht. Nichtsdestotrotz sind wenige interessante Belege bei mir eingetrudelt.

    Als erstes möchte ich ein neues Frühdatum des blauen Dienstsiegels melden:

    Drucksache von Eugen Lempenau frankiert mit 5 Pfennig Germania incl. Firmenlochung "EL" vom 25. 10. 1915 nach Winterthur. Der Umschlag blieb unverschlossen und - wie üblich bei einer Drucksache - hat nur Major Reinmöller signiert. Der Beleg lief noch über die Überwachungsstelle und erhielt den Stempel "Aus militärischen Gründen verzögert". Trotzdem ist er laut Firmen-Ankunftsstempel von Caspar Studer am 26. 10. 1915 in Winterthur angekommen.

    Das ist die späteste Drucksache von 6 registrierten Drucksachen dieser Prüfungsstelle und die einzige aus dem Jahr 1915. Zudem ist sie in sehr frischer Erhaltung, was man auch nicht sehr oft zu sehen bekommt.

    Der Empfänger ist auch interessant. Wer sich ein wenig mit historischen Möbeln beschäftigt kommt im 19. Jahrhundert nicht an den Gebrüdern Thonet vorbei. Offensichtlich waren aber nicht alle Kunden zufrieden, denn es wird ein Thonet-Stuhl im Wert von 5 Thalern reklamiert.

    Damals machte sich die Post noch Gedanken um ihre Kunden ...

    Brief aus Konstanz vom 16. 10. 1909 nach Stuttgart. Wegen der fehlenden Straßenangabe musste im Adressbuch der Stadt nachgesehen werden, was die Zustellung um einen(!) Bestellgang verzögerte. Bei 6 Bestellgängen am Tag war diese Sorge um ihre Kunden schon rührend. Heutzutage muss man schon froh sein, wenn die Post jeden Werktag zugestellt wird.

    PS. Der Inhalt ist auch ganz nett ...