Um " an der Klinge zu bleiben", sollte General v. Flies von Gotha aus dem vermeintlich nach Norden entweichenden Feinde folgen und die Hannoveraner angreifen (T. Fontane: Der Deutsche Krieg von 1866, Band 2), worauf diese sich natürlich wehrten und zum Gegenangriff übergingen.
Das wurde von Zeitgenossen auch anders interpretiert, jedenfalls nicht angreifen ohne Unterstützung der anderen Korps. Das Ergebnis war ein völlig unsinniges Gefecht, wie schon damals 1866 kurz danch niedergeschrieben wurde. Und diese Zeilen sind erschreckend aktuell:
"Aber der Verlust an Menschen, an jungen kräftigen Menschen, wer kann ihn ersetzen? wer kann die Wunden heilen, die ihr Tod geschlagen? Und die Schmerzen, welche die Verwundeten gelitten und noch leiden, und die verlorenen oder verstümmelten Glieder, die sie lebenslang zu Krüppeln stempeln, wer mag sie dafür entschädigen?"
Weiter: Ach, und der Tod hat in der kleinen und doch mörderischen Schlacht bei Langensalza eine entsetzlich reiche Ernte gehalten! Ja, es ist
dieselbe, wenn man die Zahl der Kämpfenden in Betracht zieht, eins der blutigsten Treffen gewesen, welches die Kriegsgeschichte kennt: ein trauriger
Beleg zu der grauenhaften Tatsache, wie weit es unsere Zivilisation in der Kunst des Tötens gebracht hat.
Der hannoversche Verlust beträgt, nach amtlich publizierten (obwohl nicht ganz zuverlässigen und darum von uns ergänzten) Listen: Demnach verlor die hannoversche Armee 1393 Combattanten, wobei jedoch, die »Vermißten« nicht in Anschlag gebracht sind ...
Das Schlachtfeld bei Langensalza (Langensalza 1866)
Dort an der Unstrut Ufer
Halt dumpfer Donner her;
Von Bruderkampf erbebet
Der Boden weit umher.
Unzähl'ge blasse Leichen
Sind dort nach heißer Schlacht
Als furchtbar blut'ge Opfer
Dem Welfenstolz gebracht.
Die armen Mütter jammern,
Manch' Vaterherz wohl bricht,
Verlassne Bräute weinen;
Doch trösten kann man nicht.
Denn ihre Lieben fielen
Für Freiheit nicht, für Recht:
Nein, ihres Fürsten Selbstsucht
Riss blind sie in's Gefecht.
O stolzer Welfe hast du
Ein menschlich fühlend Herz
So muss es schier zerspringen
Vor übergroßen Schmerz.
Ja, wenn vielleicht nur einmal
Das Schlachfeld du gesehn
Du würdest niersinken
Und um Vergebung fleh'n.
Denn wisse, jene Leichen
Auf blutgedrängtem Feld
Sind fürchterliche Kläger
Vor'm Tribunal der Welt.
Die heil'ge Weltgeschichte
Hält strenge einst Gericht,
Und sie vergisst die Toten
Von Langensalza nicht.
Vielleicht kann man diese Treue nur aus dem Zeitgeist verstehen - für Gott, König und Vaterland!
Des Königs Verlautbarungen u.a.
An Meinen General-Lieutenant von Arntsschildt,
commandirenden General Meiner im Felde befindlichen Truppen.
Hauptquartier Langensalza, den 27. Juni 1866.
Indem ich Ihnen, Mein General-Lieutenant von
Arentsschildt, Meine warme Anerkennung für die Führung Meiner Armee in der
heutigen Schlacht, der Ich den Namen der Schlacht von Langensalza beilege,
ausspreche, und dem Stabe, den Generälen, den Commandeuren der einzelnen
Abtheilungen, so wie überhaupt den, ganzen Officier-Corps Meiner Armee für das
schöne Beispiel, mit welchem sie in der Schlacht vorangingen, Meinen innigen
Dank bezeuge, befehle Ich Ihnen, folgenden Erlaß an Meine Armee bekannt zu
machen:
Hauptquartier Langensalza, den 27. Juni 1866.
Ihr, Mein tapferes Kriegsheer, habt mit einer in der
Geschichte beispiellosen Begeisterung und mit einer noch nie dagewesenen
Willigkeit Euch auf Meinen Ruf und freiwillig in den südlichen Provinzen Meines
Königreichs, ja, selbst als Ich bereits von Meinem theuern Sohne, dem
Kronprinzen, begleitet, an der Spitze von Euch nach dem südlichen Deutschland
zog, noch auf dem Marsche um Eure Fahnen versammelt, um die heiligsten Rechte
Meiner Krone und die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit unseres theuern Vaterlandes
zu bewahren; und heute habt Ihr, in Meiner und Meines theuern Sohnes und
Thronfolgers Gegenwart mit dem Heldenmuthe Euerer Väter kämpfend, unter dem
gnädigen Beistand des Allmächtigen für unsere gemeinsame geheiligte Sache, an
dem Schlachttage zu Langensalza, einen glänzenden Sieg erfochten.
Die Namen der todesmuthig gefallenen Opfer werden in
unserer Geschichte mit unauslöschlichen Zügen prangen, und unser göttlicher
Heiland wird ihnen dort oben den himmlischen Lohn dafür verleihen. Erheben wir
vereinigt die Hände zu dem dreieinigen Gott, ihn für unseren Sieg zu loben und
zu preisen, und empfanget, Ihr treuen Krieger alle, den nie erlöschenden Dank
Eueres Königs, der mit feinem ganzen Hause und Euch den Herrn, um Jesu Christi
Willen, anflehet, unserer Sache, welche die seinige, weil sie die Sache der
Gerechtigkeit, seinen Segen zu verleihen.
Georg V., Rex.
Nachdem am gestrigen Tage, den 27. Juni, Meine ruhmreiche
Armee ein neues unverwelkliches Reis in den Lorbeerkranz geflochten, welcher
ihre Fahnen schmückt, hat Mir der commandirende General, General-Lieutenant von
Arentsschildt, und mit ihm die sämtlichen Brigadiers auf ihre militärische Ehre
und ihr Gewissen erklärt, daß Meine sämtlichen Truppen wegen der gehabten Anstrengungen
und wegen der verschossenen Munition nicht mehr kampffähig seien, ja, daß
dieselben wegen der Erschöpfung ihrer Kräfte nicht im Stande feien, zu
marschiren.
...
Da nun heute der commandirende General, General-Lieutenant von Arentsschildt, ferner die Anzeige gemacht hat, er habe
sich überzeugt, daß von allen Seiten sehr bedeutende und Meiner Armee bei Weitem überlegene Truppenmassen heranrückten, so habe Ich in landesväterlicher Sorge für Meine in der Armee die Waffen tragenden Landeskinder es nicht verantworten zu können geglaubt, das Blut Meiner treuen und tapfern Soldaten in einem Kampfe vergießen zu lassen, der nach der auf Ehre und Gewissen erklärten Überzeugung Meiner Generäle im gegenwärtigen Augenblicke ein völlig erfolgloser sein müßte.
Ich habe deshalb den General-Lieutenant von Arentsschildt beauftragt, eine militärische Capitulation abzuschließen, indem eine überwältigende Übermacht sich gegenüber befindet.
Langensalza, den 28. Juni 1866. Georg V., Rex.