Beiträge von Altoesterreich

    Beim Wühlen in der Dublettenkiste findet man allerhand Interessantes, wenn man auf den Inhalt schaut: Dass es immer wieder vorkommt, dass Firmenkorrespondenz "forwarded" wurde - also mit privatem Boten etwa nach Wien befördert und dort als Ortsbrief aufgegeben -, kommt nicht so selten vor. Das erste Beispiel ist so ein Brief: Geschrieben in Wels/OÖ und in Hernals/Wien mit 3 Kr Ortsfranco aufgegeben.

    Das zweite Beispiel ist schon viel kurioser: Dieser Brief wurde in Kolomea/Galizien geschrieben und privat nach Wien befördert. Er ist aber nur mit einer 2 Kr frankiert - Drucksachenporto, obwohl es alles andere als eine Drucksache ist! Der Brief wurde aber nicht beanstandet. Zum privaten Transport kommt noch die zu niedrige Frankatur dazu. Sozusagen ein doppelter Postbetrug!

    Liebe Grüße

    Gerald

    Im wunderschönen Gmunden am Traunsee (Oberösterreich) findet am letzten August-Wochenende eine nationale Briefmarkenausstellung statt. Ich meine, das ist so ziemlich die erste nach dem Lockdown... Und eine Landschaft, die einen philatelistischen Kurzurlaub allemal wert ist.

    Seid alle herzlich eingeladen, vorbeizuschauen

    Gerald

    Hallo liebe Freunde,

    die Umrechnung der Bajocchi ist leider nicht ganz so einfach. Tarifmäßig galt ab dem Österr.-Italienischen Postverein, dem der Kirchenstaat am 1.10.1852 beitrat:

    1 Baj für Drucksachen = 5 Cent. = 1 KrCM, ABER:

    2 Baj für die Entfernung bis 10 Meilen = 15 Cent = 3 KrCM

    5 Baj. für 10-20 Meilen = 30 Cent = 6 KrCM und

    8 Baj für mehr als 20 Meilen = 45 Cent = 9 KrCM

    Der Bajocco war etwas höherwertiger als der KrCM und daher noch etwas höherwertiger als der Kr.rh.

    Schönen Abend

    Gerald

    Lieber Michael,

    da haben wir aber nach dem Motto gehandelt: Warum einfach, wenn es kompliziert auch geht? Natürlich wird es sich hier um das Datum handeln. Der Vermerk "Franco", der dabei steht, bedeutet nichts anderes, als die Bestätigung für die volle Bezahlung des Briefes! Danke für diesen sachdienlichen Hinweis ;)

    Die Gebühr von 1,20 für den "Deutschland"-Transit (es war nämlich egal, auf welcher Route durch die deutschen Staaten) ergibt sich aus dem Additionalvertrag zum Postvertrag zwischen Österreich und Frankreich von 1844. Dies ist deutlich günstiger als die 29 Kreuzer, die Österreich für die maximale Strecke verlangte (12 Kreuzer für Frankreich + 8 Kreuzer für den Transit + 9 Kr Österreich - diese 9 Kreuzer variierten je nach Entfernung zur jeweiligen Grenze, konnten also auch 6 oder 3 Kr sein). Beim Transit durch die Schweiz oder Sardinien berechnete Frankreich ab 1851 nur 1 Franc, Österreich jedoch zwischen 19 und 25 Kreuzern - je nach Entfernung zur Grenze.

    Beispiele dazu kann ich gerne auf dem entsprechenden Thread zeigen...

    Liebe Grüße

    Gerald

    Hallo Ralph und Michael,

    ein Traumbrief!

    Aber wie viele Traumbriefe mit einer schwierigen Taxierung. Denn die Leitung über Österreich scheint mir sehr ungewöhnlich, oder? Jedenfalls ist der Brief durchfrankiert. Österreich schreibt vorne die 15 Nkr Weiterfranco an. Könnte der Franco-Vermerk rückseitig Kopeken sein? Ich bin bei Rußland in dieser Zeit zu wenig sattelfest, aber die kleinen Ziffern sind schon früher typisch für russische Taxzahlen. Und die "4" passen in gar kein Tarifschema.

    Aus Österreich stammen die Francovermerke rs. ganz sicher nicht. Es dürfte ein seltsamer Zufall sein, dass die Gebühr für Briefe aus Frankreich nach Österreich über deutsches Gebiet vor 1858 29 KrCM (!) betrug. Das änderte sich aber mit 1.11.1858. Ab da zahlt man 25 Nkr!

    Seltsam ist ja auch, dass die französische Gebühr für Briefe nach Österreich über "Deutschland" vor 1.1.1858 1F20 betrug. Auf den ersten Blick schätzt man daher den Brief viel älter als 1861 ein.

    Meine sehr grobe und ungenaue Schätzung für das rs. Franco: 29 Kopeken Transite und 4 Kopeken Radzilow-Kiew???

    Gratulation Michael und viel Freude mit diesem Brief

    Gerald

    Ich habe den LT nur deshalb nach Augsburg gegeben, weil er dem im vdL abgebildeten Augsburger am ehesten gleicht. Meiner Meinung nach wird Verona als Postamt weitgehend unterschätzt und ich könnte mir vorstellen, dass er von dort stammt. Aber nach Helbigs Ausführungen wäre durchaus Mailand ebenfalls denkbar. Er hat einen so eigenwilligen Habitus, dass er in die bestehenden Vergleichs-Abstempelungen nicht hineinpasst.

    Danke jedenfalls für die erhellenden Ausführungen zu den Problemen, die Mailand in dieser Zeit machte. Sehr spannend!

    Liebe Grüße, Gerald

    Hallo Hermann,

    ja, aber ich bin mir bei diesen Zuschreibungen nie ganz sicher. Wäre nicht verwundert, wenn es auch in Verona einen PB gegeben hätte. Aufgrund der wirklich geringen Häufigkeit dieses Stempels ist es sehr schwer, empirisch festzustellen, wo genau diese Stempel verwendet wurden. Mich würden die Briefe interessieren, aus denen Pietz den Herkunftsort Mailand erkannt hat. Ich schätze seine Forschungstätigkeit über alle Maßen, aber bei diesem Stempel fixe Festschreibungen zu machen, braucht schon viele Belegexemplare.

    Von Rom aus gesehen liefen jedenfalls zu dieser Zeit die Briefe eher über die Verona-Route als über Mailand. Mailand war eher auf der Strecke via Sardinien oder durch die Schweiz. Wie schon gesagt: Mailand-Innsbruck würde ja erst wieder Verona passieren - warum dann nicht gleich der direkte Paketschluss, den es ja gegeben hat...?

    Hier ist übrigens ein ähnlicher Brief, auch aus 1818: Er geht aber nur bis Passau (also nicht "PB") und trägt den großen roten L.T., der angeblich aus Augsburg stammt. Er ist vom Typus Deinem PB extrem ähnlich...

    Schönen Sonntag!

    Gerald

    Lieber Vorphila Bayern,

    was macht dich so sicher, dass der Brief über Mailand ging? Der Typus des PB kommt auch auf der Strecke Verona - Bozen - Innsbruck usw. vor. Der Transit über Mailand und dann nach Innsbruck wäre ein ziemlicher Umweg im Vergleich zum Paketschluss Rom-Bologna-Verona.

    Der Brief kostete jedenfalls 7 1/2 Baj. Impostazione (Rückseite, schwerer Brief) und entsprechend verrechnete Österreich 30 Kr Transit (1 1/2 facher Brief). Die 8/4 werden dann wohl Gute Groschen sein. Wie sich diese aufteilen, überlasse ich anderen...

    Das entspricht alles dem ersten Postvertrag zwischen Österreich und Kirchenstaat.

    Ein sehr schöner Brief!

    LG, Gerald

    Die Adresse lautet:

    Dem hochwürdigen in Gott Geist=

    lich wohledl und hochgelehrten etc.

    Herrn, Herrn Augustino, der

    lobwürdigen Carthause Aggspach

    wohlverordneten Herrn Praelaten

    Meinem gnädigen Herrn

    Mölckh von dannen nach Aggspach

    Der Brief ging also von Melk (oder aus der Nähe von Melk) nach Aggsbach. Die genaue Ortsbezeichnung im Brief deutet auf eine winzige Ortschaft oder einen Weiler hin, der im Eigentum der Kartause oder des Stiftes Melk stand.

    Die Anschrift ist typisch in hochbarocker Sprache eines einfachen Untertanen an seine "wohlmeinende" Herrschaft.

    Schöner Brief! Von Aggsbach gibt´s eine größere Korrespondenz, die uns Sammlern - Gott sei Dank ;) zur Verfügung steht!

    Schönen Abend, Gerald

    Lieber Ralph,

    die österreichische Schreibweise für 14 und 24 war fast identisch. Das hat mich zunächst auch sehr verwirrt - bis das Datum nach dem 1.6.1850 klar war. Da passen einfach keine 14.

    Weiters scheint für mich folgender Schluss plausibel: Die 18 und die ersten "3" kamen in Kaplitz auf den Brief. In Linz wurde umkartiert (s. Stempel rs.) und dort mit Tinte die weiteren "3" und die Summe 24 unter den Bruch geschrieben. Das Abgabgepostamt Wien krakelte dann diese unleserlichen 24 mit der für Wien typischen Rötel nochmals auf die Vorderseite. Wohl wollten die Wiener damit die Portonotierung der Provinz (Linz) bestätigen... ;)

    Liebe Grüße, Gerald

    Lieber Franz, lieber Ralph,

    Der "Heimatschein" hat nichts mit der Post zu tun, sondern war so etwas wie heute ein Staatsbürgerschaftsnachweis. Der ist dem Brief offenbar beigelegen, weswegen dieser besonders schwer war. Nur wegen des Gewichtes hat der Heimatschein auf die Postgebühr einen Einfluss.

    Genau datieren lässt sich dieser Brief nicht, jedenfalls stammt er nicht aus der Vorphila-Zeit, weil der Wiener Ankunftsstempel laut Müller erst nach Einführung der Marken verwendet wurde. Ich tippe auf Jänner 1851.

    Daher handelt es sich um einen unfrankierten doppelt schweren Brief. Die Gebühr betrug 18 Kr (2x9 Kr). Ab 1.6.1850 betrug die Zutax für einen unfrankierten einfachen Brief 3 Kr, die in Kaplitz angeschrieben wurden. In Linz oder Wien wurden (mit anderer Tinte) weitere 3 Kr Zutax für den doppelt schweren Brief vermerkt und so betrug die Summe 24 Kreuzer, die mit Tinte und zur Sicherheit nochmals mit Rötel angeschrieben wurden.

    Für poste restante gab es in Österreich keine extra Gebühr.

    Alles Liebe und Gratulation zu dem schönen Brief (schwere unfrankierte Briefe nach dem 1.6.1850 sind gar nicht so häufig)

    Gerald

    Hallo Rainer,

    Freut mich, wenn schon was herausgekommen ist :) Ich hoffe, es geht noch weiter!

    Übrigens ein sensationell spannendes Sammelgebiet - so gar nicht meine Zeit, klingt aber sehr herausfordernd!

    Beste Grüße, Gerald

    Hallo in den hohen Norden,

    da habe ich was ähnliches aus 1848: Taxierung 12 Kreuzer Levante+12 Kreuzer Gemeinschaftstaxe (=24) + 6 Kr TT - umgerechnet in 20 bzw. 17... aber was bitte? Die nordischen Taxen kennt ihr sicher besser als ich.

    Schönen 1. Mai morgen!

    Gerald

    PS: Und bitte jetzt nicht sagen: Der gehört ja in den Thread Türkei-Schleswig-Holstein. Er wurde in einem ÖSTERREICHISCHEN Postamt aufgegeben, mit der österreichischen Post befördert und österreichisch taxiert. Das hat mit der Türkei nur geografisch, aber postgeschichtlich gar nix zu tun.