Beiträge von Dept.100

    Auf der letzten BOULE Auktion wurde anhängender Brief für 5.500,- € an einen mir unbekannten Käufer zugeschlagen:

    Brief eines Soldaten, geschrieben am 17. Juli 1813 in Castel, adressiert in das Département de la Manche (= Ärmelkanal) mit herrlicher, handkolorierter Vignette, die ein Gespann von vier Pferden zeigt, beritten von zwei Kanonieren, eine Kanone ziehend. Schöne Farben aus der damaligen Zeit.

    Aufgabestempel „100 MAYENCE“ auf der Außenseite des Faltbriefes. Absenderangabe (im Briefkopf): „Erstes Bataillon des Artelleriezuges“.

    Obwohl der Beleg ein Vermögen gekostet hat, ist der Ersteigerer gleichwohl zu beglückwünschen.

    Die französische Briefpost kannte im Departement Donnersberg zwei Arten von Postanstalten

    • Direktions-Postämter und
    • Verteiler-Postämter (Distributionen)


    Erstere hatten sämtliche postalischen Arbeiten zu erledigen: sie nahmen alle Postsendungen an, beförderten sie weiter und
    lieferten sie den Empfängern aus. Dies unabhängig davon, ob es sich um gewöhnliche Briefe, um eingeschriebene (recommandirte) Briefe, Wertbriefe, um Drucksachen, Postanweisungen, postlagernde Sendungen usw. handelte.

    Die Verteiler- oder Distributions-Postämter hatten keine andere Funktion, als die eingehenden Briefe zu sammeln und an ihre
    übergeordneten Direktions-Postämter weiterzuleiten.

    Einen Poststempel führte im Departement Donnersberg in der napoleonischen Zeit einzig das Verteiler-Postamt Kirchheimbolanden.

    Die Ortsstempel der französischen Verteiler-Postämter waren als Aufgabestempel nur ausreichend für Briefe an das nächst gelegene Direktions-Postamt oder an eine unmittelbar benachbarte Distribution. Ging der Postweg zum Bestimmungsort über diese Strecke hinaus, hatte das nächst gelegene Direktions-Postamt, zusätzlich seinen Aufgabestempel auf den Brief abzuschlagen.

    Sehr deutlich wird die Kompetenzabstufung zwischen einer Distribution und einer Post-Direktion nach französischem Muster anhand der folgenden zwei Briefe:

    Brief Nr. 1
    Portobrief aus dem Jahr 1810 von Kirchheimbolanden nach Mainz. Einzeiler “KIRCHHEIMBOLAND” (35:3 mm), der später von dem Aufgabestempel der großen Type (siehe Brief Nr. 2) abgelöst wurde. Porto: 2 Decimes bis Mainz.

    Brief Nr. 2
    Frankobrief vom 2. März 1812 von Einselthum nach Paris, in der Distribution Kirchheimbolanden aufgeliefert und dort auf der Briefrückseite mit dem Einzeiler “KIRCHHEIMBOLAND” (große Type: 57:5 mm) gestempelt sowie mit 7 Decimes Porto als Taxe belegt. Aus diesem Gesamtporto entfielen 2 Decimes für die Strecke Kirchheimbolanden nach Kaiserslautern, sowie 5 Decimes von dort nach Paris, wo der Brief am 7. März 1812 eintraf; p:payé handschriftlich und Ps.Ps. für das vom Absender bereits bezahlte Porto. Zweizeiler “P.100.P KAYSERSLAUTERN” als Aufgabestempel der übergeordneten Direktion; “T.4.” als Registraturstempel von Paris.

    Da im ersten Fall die Stadt Mainz ohne das Einschalten einer Post-Direktion zu erreichen war, genügte der Aufgabestempel der Distribution.

    Kusel im heutigen Rheinland-Pfalz wurde bei den Kämpfen um die Besetzung des linken Rheinufers 1794 von den französischen Truppen niedergebrannt und war aus diesem Grund bis zur Errichtung einer Postdistribution im Jahre 1798 auch ohne ein Postamt.
    In der Distribution verwendete die Post in Kusel den ab 1760 benutzten Taxis-Einzeiler „DE COUSSEL“ (bis 1814).
    Kusel gehörte zudem als einzige später rheinland-pfälzische Postanstalt, d. h. als sog. „Stempel führendes französisches Postamt“, zum Département de la Sarre (mit der Zählnummer 101 im Stempel) und hatte die ankommende Post zuzustellen sowie aufgegebene Briefe im Nahverkehr direkt zu besorgen.
    Alle anderen Briefe waren einem Direktionspostamt zur Weiterleitung zuzuführen.

    Brief Nr. 1:

    1799: Brief aus Kusel nach Luxembourg, im Département de la Foret gelegen. Da Mainz Postdirektion auf dem Beförderungsweg lag (handschriftlich links unten: par Mayence), befindet sich auf dem Brief sowohl der Distributionsstempel „DE COUSSEL“, als auch der Stempel der Postdirektion „100 MAYENCE“; Porto: 7 Decimes

    Brief Nr. 2:

    Portobrief vom 13.11.1813 aus Reichenbach, ca. 1 ¼ Chaussee-Meilen von Kusel entfernt, nach Grenoble.
    Inhaltlich handelt es sich um einen Bettelbrief des Absenders.
    Rückseitig Aufgabestempel des Distributionspostamtes COUSSEL. Von dort über 100 HOMBURG in den Süden Frankreichs, nahe der Schweizer Grenze. Da der Absender noch nicht einmal die Franco-Gebühr für seinen Bettelbrief zahlen konnte, wurde der Empfänger des Briefes bei der Zustellung mit Porto: 9 Decimes belastet.

    Brief Nr. 3:

    Frankobrief vom 16.04.1814 aus Kusel nach Zweibrücken. Distributionsstempel des Aufgabepostamtes COUSSEL auf der Briefrückseite, Departementstempel P.100.P HOMBOURG des Direktionspostamtes. Der Absender des Briefes hatte als Porto: 2 Decimes vorausbezahlt.

    Guten Abend Hermann

    Ein interessanter Brief. :)
    Aber lief der Brief nach Pfalz? Nach meine Kenntnisse ist Landau erst in 1816 ein Teil von Pfalz geworden. Vorher waren Landau nur als ein Teil von Elsass gesehen. Es in 1811 zu Pfalz zu legen ist ein sogenannter Anachronismus.
    So wenn man die Geschichte richtig beschreiben soll war einen Brief von Napoleon's Illyrische Provinzen in pfälzische Landau nicht möglich.

    Danke fürs Zeigen
    Nils

    Absolut richtig! Landau war seinerzeit französisch und gehörte zum Département 67 (Bas Rhin). Der Brief ging folglich nach Frankreich (Département Conquis).

    Ebenso führte der Förster Christiaan Eickemeyer aus Kaiserslautern einen solchen Franchise-Stempel, der in jener Zeit das Amt des

    „Inspecteurs der Wälder um Kaiserslautern“

    (Inspecteur des Forets à K´Lautern)


    innehatte und dessen Dienstkorrespondenz („Service Public“) der eingeschränkten Portobefreiung für die eingehende Post seiner Dienstkorrespondenz unterlag.
    Wie aus nachfolgendem Brief ersichtlich, hatte folglich der Empfänger das Porto für seinen Brief zu bezahlen:
    Dienstbrief „Service Public“ des Försters Eickemeyer an seinen Amtskollegen in Koblenz: „100 KAYSERSLAUTERN“ (kleine Type) als Aufgabestempel und sein Franchisestempel auf der Briefvorderseite.

    Doppelt schwerer Brief („I>“ in der linken obere Ecke des Belegs); Porto: 8 Decimes (vom Empfänger zu zahlen).

    In Paris wurde noch häufig eine der zwei nachfolgenden Portofreiheits-Paraphen auf den Brief aufgebracht (jeweils in schwarz und rot bekannt). Selten ist der Abschlag beider Typen auf einem Brief

    1813: Brief aus Kaiserslautern ins Département de Maine et Loire. “100 KAISERS-LAUTERN” als Aufgabestempel nebst Siegel des Bürgermeisteramts der Stadt Kaiserslautern. Vom Inhalt her handelt es sich um einen Totenschein (Extrait Mortuaire), also um eine Dienstsache, weshalb der Brief letztlich portofrei (rote Paraphe in der Briefmitte) befördert worden ist.

    1812: Brief des Polizeipräfekten aus Mainz mit beiden Paraphen samt Dienststempel. Zusätzlich Tuschekreuz als Zeichen für die Portofreiheit.

    Damals spielte die Franchise, die Portofreiheit, eine sehr große Rolle. Nicht nur die Abgeordneten, die Minister, Heerführer genossen Portofreiheit, sondern nahezu alle Behörden bis hinunter zur Stufe der Beamten. Jeder Brief, der einen Behördenstempel trug, war portofrei, was weidlich ausgenutzt wurde dadurch, dass jeder, der Verbindung zu irgendeiner Behörde hatte, seine Post dort aufgab, obwohl keine Berechtigung dazu vorlag.
    Napoleon machte dann durch eine endgültige Regelung diesem Missbrauch ein Ende:
    Nur ganz bestimmte und selektierte Personen mit hohem Postaufkommen war es fortan gestattet, als Zeichen der Portofreiheit einen Franchisestempel zu benutzen, der auf der Vorderseite des Briefes neben die Anschrift des Adressaten aufgebracht wurde und Portofreiheit zur Folge hatte. Diese Stempel wurden teilweise einheitlich für ganz Frankreich von der Postverwaltung hergestellt. Die meisten wurden indes in privater Regie in Auftrag gegeben.
    Einer der ersten Stempel dieser Art wurde von den Regierungskommissaren der Französischen Zivilverwaltung verwendet. Diesen roten Stempel „Le Commissaire du Gouvernement dans les Pays Conquis“, ein Zweizeiler, finden wir auf Briefen aller Kommissare: Rudler (4.11.1797 – 27.02.1799; Marquis (1.03.1799 – 2.08.1799); Lakanal 3.08.1799 bis Napoleons Staatsstreich (9.11.1799), dann Shée bis zum 22.09.1800, schließlich Jollivet und letztlich Moßdorf, die die Präfekturgeschäfte führten bis Jeanbon St. André zum Prefäkten des Departements ernannt wurde.
    Guyon, der Direktor der Staatsgüter in Mainz, benutzte ob seines riesigen Postaufkommens einen solchen Stempel ebenso wie der Präfekt St. André.

    Zur Aufgabe der Fahrpost gehörte die Beförderung von Paketen und Warenlieferungen. Diese mussten – ebenso wie Briefe – am Schalter aufgegeben werden.

    Ihnen konnte ein sog. Begleitbrief, versehen mit dem Ortsstempel des Aufgabepostamtes, kostenfrei beigegeben werden, sofern dieser weniger als 6 Gramm wog. Schwerere Begleitbriefe unterlagen speziellen Brief- bzw. Fahrposttarifen.

    Das vom Postbediensteten für das Stückgut ermittelte Gewicht wurde bei Sendungen ohne Begleitbrief auf die Sendung selbst, bei Sendungen mit Begleitbrief auf diesen in die linke obere Ecke geschrieben. Der Brief erhielt alsdann eine Registratur-Nummer, die ebenfalls handschriftlich aufgebracht worden ist.

    Warenbegleitbrief vom 27. November 1811 aus Mainz nach Würzburg, Gewichtsvermerk “27 Pfund” oben links in Rötel, diverse Manualnummern.
    Befördert wurde eine “Warensendung in Stroh” vom französischen Postamt in Mainz zunächst ins Austauschpostamt Castel auf der rechten Rheinseite. Dann auf dem Fahrpostkurs Castel-Frankfurt und Frankfurt-Nürnberg (Beipack bis Würzburg). “CASTEL R. 1” als Aufgabestempel.

    Bei jedem Umladen der Ware wurde die Sendung in eine neue (Pack-) Liste (= Manual) eingetragen und erhielt deshalb auch wieder eine neue Manualnummer
    (hier: # 8 – fr. 32 - № 20).

    Verschiedene Grenzänderungen einzelner der neu eroberten Gebiete während der Zeit Napoleons führten dazu, dass Orte teilweise in Stempeln mit verschiedenen Departementnummern und/oder Departementnamen vorkommen.

    Anhängender Portobrief vom 7. Mai 1813 aus Speyer nach Ceva in das von Napoleon 1805 neu errichtete Département Le Montenotte, „100 SPIRE“ als Aufgabestempel. „11“ (unter dem Stempel) für die 4. Gewichtsklasse; Porto: 20 Decimes.

    Der vorstehende Brief ist ein gelungenes Beispiel für diese Neuverteilung von Departementnummern:

    Das von 1802 bis 1805 existierende Département Tanaro (mit der Verwaltungsnummer 108 und dem Hauptort Asti) wurde per Dekret vom 6.06.1805 aufgelöst und sein Gebiet auf die angrenzenden Départements Stura (Nr. 105 mit dem Arrondissement Ceva) und Marengo (Nr. 106) verteilt.

    Durch Annexion der Republik Ligurien und des Piemont entstand im heutigen Norditalien in der Folge das Département Le Montenotte mit seinem Hauptort Savona, dem nun kurzerhand die frei gewordene Departementnummer 108 zugeteilt worden ist.


    Es bestand vom 6.06.1805 bis zum 21.05.1814.

    Das Arrondissement Ceva, in das der Brief adressiert ist, ging in der Folge vom Département Stura (Nr. 105) an das neue Departement Nr. 108 (Département Le Montenotte) über.

    Louis Auguste Frédéric Baron Evain war ein belgischer Politiker, der 1792 in französische Kriegsdienste trat und Generalleutnant der Artillerie wurde. Frankobrief (P.P.) vom 20. Juli 1806 an ihn aus Mainz nach Paris (ins Kriegsministerium adressiert),

    „P.100.P MAYENCE“ (30 mm) als Aufgabestempel; rückseitig Ankunftsstempel Paris „24. Juillet 1806“ und „T.4.“ des Pariser Verteilungsbüros.

    Aufgabestempel “100 WORMS” (34 mm):

    Verfasserin des vorstehenden Briefes vom 25. Fructidor Jahr XI (= 15. September 1803) von Worms nach Paris adressiert (an ihre Mutter gerichtet) ist Louise Caulet, geborene Otto, Schwester des französischen Diplomaten Louis-Guillaume (Ludwig-Wilhelm) Otto, Compte de Mosloy (Kork/Baden), Botschafter von Frankreich in den Vereinigten Staaten von Nordamerika: Ankunftstempel vom 1. Jour complémentaire Jahr XI nach dem Revolutionskalender (= 18. September 1803), rotes Lacksiegel mit Monogramm “LC” (= Louise Caulet); Porto: 7 Decimes.

    Louise Otto war verheiratet mit Pierre Caulet de Tayac, der unter Napoleon Postdirektor von Worms war.

    Wertbrief vom 22. April 1805 (handschriftlich links oben: „chargée“) aus Frankenthal nach Mainz; P.100.P. FRANCKENTHAL (doppelt) als Aufgabestempel; Querstrich über den Brief, da vom Absender Porto und Einschreibegebühr bezahlt war.

    Auf der Rückseite dieses Briefes mit drei Lacksiegeln ist das vom Absender bezahlte Franco mit 4 Decimes vermerkt. Daraus entfielen 2 Decimes auf die Beförderung aus Frankenthal bis Mainz, weitere 2 Decimes betraf die Chargé -Gebühr für diese Distanz.

    Portobrief vom 18. Brumaire AN XIV (= 9.11.1805) aus Paris nach COBLENZ.
    Dort konnte der Empfänger nicht (mehr) angetroffen werden, weshalb der Stempel „DEB.COBLENCE“ auf der Briefrückseite abgeschlagen wurde und der Brief nach MAYENCE (Mainz) geschickt worden ist. Aber auch in Mainz war der Empfänger bereits wieder abgereist, weshalb der Brief nach SPIRE (Speyer) weitergeleitet wurde. Abermals erhielt der Brief deshalb in Mainz einen Deboursé-Stempel „DÉB.100 MAYENCE“, der auf der Briefrückseite abgeschlagen wurde.
    Roter Triangel-Stempel von Paris auf der Briefvorderseite.