Beiträge von Altsax

    Ich bin mal gespannt, wer nach Lesens dieses Threads in der Lage ist, die Taxen zu erklären. Eigentlich gar nicht so schwierig ...

    Da gibt es einen rote 6, eine schwarze 5, eine blaue 5 und eine sepia 35. Alles klar?

    Lieber bk,

    die Schweiz bekam von Baden den Gegenwert von 6 Kr., Baden von Preußen zusätzlich 3 Sgr., also insgesamt 5 Sgr,. die Preußen als Forderung an Holland weiterreichte. Der vertraglich vereinbarte Gegenwert betrug 25 Cent, zu denen Holland für den internen zweiten Entfernungsbezirk 10 cents addierte.

    Liebe Grüße

    Altsax

    Zwar ohne Bezug zu Bayern, aber gleichwohl ein interessanter Beleg aus dem 66er Kriege:

    Am 27.7.1866 in Leipzig aufgegeben lief der Brief über die intakte Bahnlinie Leipzig - Dresden sowie über die eingeschränkt nutzbare Dresden - Görlitz bis Löbau. Von dort aus wurde ausweislich des Löbauer Ortsstempels "über Land" spediert. Üblicherweise wäre der Brief auf die Bahnlinie Löbau - Zittau umgeladen und auf ihr bis Ober-Oderwitz befördert worden. Letztere war, wenn überhaupt, im Juli 1866 nur eingechränkt nutzbar. Der Zeitverlust hielt sich mit einem Tag (Ausgabe am 29.7.) in Grenzen.

    Altsax

    Wenn die Klischees aller Platten direkt von dem Urstempel geprägt worden wären, dann dürften sich keine
    Unterschiede im Druckbild zeigen, die es erlauben würden, die Marken den einzelnen Platten zuzuordnen. Nur durch die Abnutzung der Klischees könnten frühe oder späte Drucke unterschieden werden.

    Erst durch den Zwischenschritt von Urstempel auf Prägestempel ist es zu den kleinen Unterschieden im Markenbild gekommen.

    Ich weiss, dass ich es mir einfach mache. Aber das ist für mich der Stand der Dinge.

    Hallo kilke,

    dieses "sich einfach machen" zieht sich durch die gesamte einschlägige Literatur. Nirgendwo habe ich allerdings bisher eine Theorie darüber gelesen, wodurch die festgestellten Unterschiede der einzelnen Stöckelgruppen (="Platten") entstanden sein könnten. Nimmt man an, daß für jede Platte ein Prägestempel aus Stahl angefertigt worden ist und der Urstempel positiv war, dann muß jeweils eine Matrize aus Stahl geprägt, diese anschließend gehärtet und von ihr wiederum eine Patrize auf die gleiche Weise geprägt worden sein, die gehärtet die Stöckelbleche prägte.

    Im einfachsten Falle wären diese Prägestempel jeweils bei Bedarf gefertigt worden, ihre Reihenfolge entspräche also derjenigen der Platten. Ebenfalls in Betracht gezogen werden muß jedoch der Fall, daß alle zu Anfang hergestellt und in willkürlicher Reihenfolge eingesetzt worden sind. Nicht auszuschließen ist auch die Variante, daß nur eine Matrize gefertigt worden ist, von der dann alle Prägestempel abgenommen worden sind. Das wiederum wäre vom Negativ-Urstempel im Ergebnis fast nicht mehr zu unterscheiden.

    Der gängigen Mehrfach-Prägestempel-Theorie stelle ich als Arbeitshypothese die "Ein-Negativstempel-Theorie" gegenüber. Damit sie in Einklang mit den beobachteten Plattenunterschieden steht, sind zwei Voraussetzungen erforderlich, deren Nichterfüllung diese Therie erschüttert:

    1) Alle Druckbildunterschiede, die auf Prägestempelabnutzung beruhen, können nicht sprunghaft von Platte zu Platte auftreten, sondern müssen plattenübergreifend feststellbar sein, ggf. in unterschiedlich starker Ausprägung.
    2) Von Platte zu Platte feststellbare Unterschiede müssen auf technischen Parametern wie Stöckelmaterialhärte und Prägedruck beruhen, deren Konstanz wiederum während einer Stöckelserie als plausibel angenommen werden darf.

    Unterstellt werden kann, daß die Reihenfolge der Verwendung der Platten derjenigen der Stöckelherstellung entspricht.

    Zu beachten ist, daß nicht nur die Druckebene der einzelnen Zeichnungselemente nicht exakt auf gleicher Höhe liegen muß, sondern auch die Gravur mit schrägen Flanken ausgeführt wird, bei tieferer Prägung folglich andere Druckbilder entstehen können.

    Vielleicht ist es möglich, bereits an Hand gut aufgelöster Vergrößerungen ungebrauchter "typischer" Marken jeder Platte festzustellen, ob die Unterschiede im Druckbild aus mehr oder weniger tiefer Stöckelprägung resultieren.

    Ideal wäre es natürlich, das vorhandene Stöckel entweder durch Abguß oder mittels exakter Vermessung zu kopieren und davon eine Matrize zu fertigen. Auf diese Weise ließen sich die beschriebenen Effekte so veranschaulichen, daß man nicht auf gutes räumliches Vorstellungsvermögen angewiesen ist.

    Möglicherweise gibt es zu wenig Sammler, die solche Fragen spannend finden. Nach meiner Überzeugung jedoch gehört die Klärung aller Details des Druckprozesses zu den originären Bestandteilen des Briefmarkensammelns.

    Beste Grüße

    Altsax

    Wie beschrieben und empirisch massenhaft belegbar, handelt es sich bei diesen Klischees nicht um Plattenfehler bei einem oder einigen wenigen Klischees, sondern um Eigenarten, die die kompletten Serien der Druckstöckel der Pl. 2b/2c betreffen. Weder vorher noch später gab es dies jemals wieder. Damit kommt man zwangsläufig zum Postulat einer Zwischenstufe (Matrize), die für den Prägezeitraum der Klischees für Pl. 2b/2c den erwähnten Fehler (ausgebrochene Schlinge der 3) aufwies. Hätte ein prägender Urstempel diese Eingenart gehabt, würden ALLE weiteren Platten bis 1862 die unten unterbrochene Schlinge zeigen.

    Lieber mikrokern,

    vielen Dank für die prompte Lieferung der Plattentafel.

    Aus "neutraler" Sicht zu Deiner Argumentation:

    Die betreffenden Druckstöckel der Plattenzustände 2b und 2c hatten eine leicht vergrößerte Druckfläche, durch die die weiße Schlinge der 3 mit Druckfarbe gefüllt wurde. Die Matrize, von der sie abgeformt bzw. geprägt worden sind, muß folglich an dieser Stelle eine Aussparung bzw. einen Ausbruch gehabt haben. Der kann sowohl in einer vom positiven Urstempel geprägten Matrize entstanden sein als auch am (dann negativen) Urstempel selbst. Du gehst von einer abgeformten Matrize aus, weil Du implizit unterstellst, daß am Urstempel ein derartiger Ausbruch bleibend ist, also nicht mehr geschlossen werden kann.

    Technisch gesehen ist dieser Schluß jedoch keineswegs zwingend. Wenn diese Lücke in der 3 als störend empfunden worden ist, hatte man durchaus die Möglichkeit, sie durch Ausgießen oder Einschweißen wieder zu schließen. Das Schweißen wäre dabei haltbarer gewesen, hätte allerdings Ausglühen und anschließendes Härten des Urstempels erfordert.

    Eine andere Erklärung ergibt sich aus der bei den betreffenden Marken fehlenden Raute: Möglicherweise wurde bei der Prägung dieser Stöckeltype mit weniger Druck oder mit härterem Stöckelmaterial gearbeitet. In diesem Falle können geringe Höhenunterschiede in der Matrize dazu führen, daß im Stöckel als freibleibend beabsichtigte (weiße) Stellen nicht ausgeprägt, also abgesenkt werden und folglich mitdrucken.

    Liebe Grüße

    Altsax

    Hallo kilke,

    als Sammler, der sich mit den klassischen Drucktechniken zu Mitte des 19. Jahrhunderts intensiv, mit den spezifischen Besonderheiten der bayrischen Erstausgabe jedoch nur unzureichend beschäftigt hat, sei mir ein "neutraler" Blick auf die div. Theorien gestattet. Mit "neutral" in diesem Sinne ist gemeint, daß Offenheit gegenüber Abweichungen vom aktuellen Erklärungsstand gewahrt bleibt. Vielleicht ergeben sich auch hier aus "abwegigen" Arbeitshypothesen neue Erkenntnisse.

    Die Urstempel von Buchdruckklischees wurden zur damaligen Zeit überwiegend aus Holz geschnitten bzw. gestochen. Deren Vervielfältigung erfolgte über Abdrücke aus Gips, Guttapercha und anderen Materialien. Teilweise wurden bereits neuere Verfahren wie Galvanoplastik und Glypographie eingesetzt.

    Eine Abweichung von der Urstempelausführung in Holz ergibt sich im Falle der bayrischen Erstausgabe lediglich aus der bei Brunner beschriebenen Vereidigung eines Graveurs. "Graviert" wird üblicherweise Metall, allerdings findet sich die Bezeichnung "Graveur" in der zeitgenössischen Literatur auch bei Handwerkern, die Holz schneiden.

    Im Hinblick auf die fein ausgearbeitete Zeichnung und die zu erwartende hohe Druckauflage der Briefmarken erscheint jedoch die Anfertigung eines Stahlstempels sinnvoll, sodaß in diesem Punkt eine Alternative nicht betrachtet werden soll.

    Weniger eindeutig zu beantworten ist allerdings die Frage, wie die Übertragung der Druckstöckel erfolgte. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind folgende Varianten denkbar:

    A Urstempel ist negativ geschnitten, mit der Abformung kann direkt gedruckt werden
    1) Auf dem Urstempel wird galvanoplastisch eine dünne Kupferschicht abgeschieden, die mit Schriftmetall hintergossen ein Druckstöckel ergibt. Die druckende Fläche kann durch Verstählung zur Erhöhung der Standzeit gehärtet werden.
    2) Der Urstempel wird direkt in weicheres Material (Kupfer, Messing) geprägt, das ggf. durch Hintergießen auf Stöckelhöhe gebracht wird.
    3) Der Urstempel wird in Weicheisen geprägt und anschließend gehärtet.

    B Urstempel ist positiv geschnitten, von ihm kann direkt probeweise gedruckt werden, Abformungen müssen zweimal erfolgen
    1) Galvanoplastische Abformung wie oben beschrieben, die Druckseite der Kupferschicht ist jedoch die vom Urstempel abgewandte. Die Kanten sind etwas verrundet, was ein weniger scharfes Druckbild ergibt.
    2) Vom Urstempel wird eine Matrize in weiches Material (Gips, Guttapercha, Kupfer) geprägt. Von dieser Matrize werden Abgüsse (i.d.R. Schriftmetall) genommen, mit denen gedruckt wird.
    3) Galvanoplastische Abformung wie oben beschrieben, die Innenseite der Kupferschicht wird als Matrize verwendet, aus der dann Stöckelabgüsse gewonnen werden.

    Gäbe es Einzelabzüge als Proben, wäre die Frage der Urstempelausführung eindeutig beantwortet. Aus deren Nichtvorhandensein läßt sich allerdings kein logischer Schluß ableiten. Aus technischer Sicht konsequent wäre es allerdings gewesen, wenn man schon den Aufwand treibt, einen Urstempel aus Stahl anzufertigen, ihn gleich so auszulegen, daß dich damit unmittelbar Stöckel prägen lassen. Jede andere Version wäre halbherzig, aber dennoch denkbar, weil mutmaßlich die entsprechende Erfahrung fehlte und die Druckerei gewohnte und erprobte Verfahren vorzog.

    Ein bekanntes Phänomen ist die ungleichmäßige Höhe der Druckstöckel, also das Tieferliegen der Ornamentik in der großen 3. Hätte der Graveur einen "positiven" Urstempel gestochen, also mit erhabenen Druckflächen, wäre die Einhaltung der Druckebene leicht gewesen. Er hätte nur die geschliffene Fläche des Rohlings beibehalten müssen. Anders sieht es aus, wenn der Urstempel negativ angelegt worden ist. Dann bestimmt die Gravurtiefe bei späterer Stöckelabformung die Druckebene. Sie konstant zu halten, ist wesentlich schwieriger. Auftretende Unterschiede können zwar durch Abschleifen der Stöckelabformungen reduzert werden, jedoch nur in den Grenzen, die ohne Beeinträchtigung der Zeichnung möglich sind. Die Höhenunterschiede der Druckstöckel sprechen folglich für eine Tiefgravur des Druckbildes im Urstempel.

    Die Möglichkeit der Typisierung von Druckplatten (-zusammenstellungen), also die nahezu vollständige Übereinstimmung der Druckbilder aller Marken einer Platte, wird als Argument für die Verwendung unterschiedlicher Stempel bei der Herstellung der jeweiligen Druckstöckel verwendet. Dabei wird von der Ausführung der Stöckel in der Art des einzig erhalten gebliebenen ausgegangen. Das ist zwar denkbar, aber keineswegs zwingend. Die Unterschiede können auch aus unterschiedlichen Abformverfahren (s.o.) sowie unterschiedlichen Stöckelmaterialien resultieren. Nicht zuletzt ist denkbar, daß, sofern die Stöckel geprägt worden sind, auch der Prägedruck variiert worden ist, was ebenfalls zu Veränderungen im Druckbild führen konnte.

    Ob jemals alle Details aufklärbar sein werden, erscheint fraglich. Mit diesem Beitrag möchte ich lediglich erreichen, daß unterschieden wird zwischen den (wenigen) unumstößlichen Wahrheiten und dem, was im Laufe der Jahrzehnte an Schlüssen daraus gezogen worden ist. Letztere müssen sich immer wieder gegenteiligen Überlegungen gegenüber behaupten.

    Beste Grüße

    Altsax

    Was spricht dagegen, dass vom gehärteten (!) Urstempel die Matrize abgeprägt wurde, mit der wiederum dann die Messingklischees geprägt wurden? Von "Abgiessen" muss doch nicht zwangsläufig ausgegangen werden!

    Lieber mikrokern,

    dagegen spricht aus technischer Sicht nichts, weil man die Matrize, im Gegensatz zum Abguß, aus weichem Stahl fertigen und wiederum härten konnte. Verifizieren ließe sich diese Vorgehensweise durch Vermessung der rechtwinkligen Konturen von Marken der div. Plattenzusammenstellungen, weil beim zweimaligen Härten (zuerst der Matrize und anschließend des Prägestempels) unterschiedlicher Verzug eingetreten sein dürfte.

    Auch die Nichtberücksichtigung der Mi 1 bei der Anfertigung von Messingklischees würde zu dieser Variante passen. Die "Schlangenlinien" lassen sich zwar, wenn im Urstempel erhaben (meine Zweifel daran bestehen fort), in eine Matrize pressen, erhabene dünne Linien und Punkte in den Stempel aber nicht.

    Liebe Grüße

    Altsax

    PS: Inzwischen habe ich mich einmal nach den Standzeiten von Prägestempeln bei der Kombination Stahl/Messing unter der Voraussetzung bei Medaillen üblicher Verformungsgrade, die im vorliegenden Falle nicht überschritten sind, erkundigt. Die Auskunft lautet: Mit Sicherheit nicht unter 5.000 Prägungen. Daraus ergibt sich unweigerlich die Frage, warum pro Plattenzusammenstellung ein neuer Prägestempel angefertigt worden sein sollte. Der Urstempel wäre für die benötigte Klischeeanzahl völlig ausreichend gewesen. Selbst wenn man ihn schonen wollte, hätte eine Kopie ausgereicht.

    Hallo mikrokern,

    ob tatsächlich der stählerne Urstempel zur Prägung der Messingbleche verwendet worden ist, bedarf sicherlich einer detaillierten Untersuchung. Aus technischen Gründen nicht zu bestreiten ist die Feststellung, daß die Prägung nicht mit einem Stempel aus gegossenem Material erfolgt sein kann. Wurde nicht mit dem Urstempel geprägt, so müßte ein völlig neuer Stempel graviert worden sein. Ausgeschlossen ist das selbstverständlich nicht, wohl aber einigermaßen unwahrscheinlich, weil es äußerst schwierig ist, von Hand wirklich alle Details identisch zu stechen. Außerdem bestand kein Grund, sich darum zu bemühen, auch kleinste Unterschiede im Druckbild zu vermeiden.

    Ehe man die Ursache für die kleinen Abarten an Marken aus der "Messingstöckelzeit" in Veränderungen am Prägestempel sucht, sollte man Nachbearbeitungen, Abnutzungen und Ausbrüche an den Stöckeln selbst in Betracht ziehen.

    Um es noch einmal zu betonen: Ich bilde mir nicht ein, mit meiner These den Stein der Weisen gefunden zu haben. Die technischen Zwangsläufigkeiten darf man aber bei ihrer Infragestellung nicht ausblenden.

    Beste Grüße

    Altsax

    Zu dieser Zeit jedenfalls nicht mehr, es ist normal, dass nur die Marke gestempelt wird, die betreffenden Vorschriften kenne ich allerdings leider nicht.

    Hallo senziger,

    der entsprechende Passus der Gen. Verfügung Nr. 25 vom 8.3.1859 lautet:

    "Wenn der Abdruck des Brief=Aufgabestempels auf der Postfreimarke oder auf dem Stempel des Franco=Couverts den Ortsnamen und das Datum nicht deutlich genug erkennen läßt, so muß der Brief=Aufgabestempel noch zum zweiten Male auf einer anderen leeren Stelle der Adresse des Briefes .. abgedruckt werden."

    Beste Grüße

    Altsax

    Hallo kilke

    Zitat


    Obwohl ich keine Fachkenntnisse davon habe, wie ein Stahlstempel gestochen wird, kann ich keinen Unterschied der Schwierigkeit sehen, ob bei den 3 Kr.- und 6 Kr.Marken Eckornamente im grossen Ziffernquadrat, oder bei der 1 Kr.-Marke Schlangenlinien zu stechen waren. Eine grosse Kunst war es in jedem Fall.

    selbstverständlich ist ein guter Graveur in der Lage, die "Schlangenlinien" freizustechen. Allerdings wird es Schwierigkeiten bereiten, das ohne Vorzeichnung durchzuführen, was bei einer Tiefgravur eine leichte Übung darstellt.

    Da bei einem Druckauftrag immer auch Arbeitszeit und somit Kosten eine Rolle spielen, ist davon auszugehen, daß die am wenigsten aufwendige Variante gewählt worden ist, und das ist bei diesem Druckbild eindeutig die Tiefgravur.

    Zitat

    Sichergab es einen Stahlurstempel von der 3 Kreuzer blau. Von diesem wurden mehrere Prägestempel abgeformt, mit denen die Klischees von mehreren Platten geprägt wurden. Der Stahlurstempel der 6 Kreuzer braun war nach heutigem Kentnisstand zerbrochen. Hier wurde in leicht veränderter Zeichnung ein neuer Stahlstempel, Mi.4II angefertigt.

    In welcher Form die stählernen Urstempel, die als existent vorauszusetzen, aber nicht durch Originalquellen belegt sind, vervielfältigt worden sind, ist nicht überliefert. Lt. de Hesselle, dessen Darstellung m.W. bisher noch nicht angezweifelt worden ist, wurden davon "Kupferstücke gepreßt", die "Negative hinterließen,
    sogenannte Matrizen". Von diesen wiederum seien die Klischees als Abgüsse aus Schriftmetall gewonnen worden.

    Betrachtet man das erhalten gebliebene Klischee der Mi 2 genauer, kann diese Darstellung nicht stimmen. Auch meine Theorie muß modifiziert werden:

    Das Klischee besteht aus einem hintergossenen Messingblech. Augenscheinlich ist es ohne Matrize geprägt worden, d.h., es ist auf der Rückseite plan. Die vertiefte Prägung ist durch Materialverdichting entstanden, nicht durch Verformung in einer Matrize. Das bedeutet, daß mit sehr hohem Druck gearbeitet worden ist, was wiederum hartes und zähes Stempelmaterial erforderte. Zur damaligen Zeit erfüllte ausschließlich gehärteter und angelassener Stahl diese Anforderung. Da das Druckbild der mit den "Messingklischees" gedruckten Marken mit dem der Erstausgabe bis in die Einzelheiten identisch ist, läßt sich die Verwendung eines neu geschnittenen (gravierten) Stahlstempels
    ausschließen. Ein Abguß wiederum von der als existent unterstellten "Matrize" war zur damaligen Zeit nicht aus härtbarem Material (Stahl) möglich. Die Annahme, daß der stählerne "Urstempel" selbst zur Prägung verwendet worden ist, ist somit verifiziert.

    Aus diesen Überlegungen folgt zwingend, daß die "Urstempel" als Matrize geschnitten worden sind, also mit den später druckenden Elementen negativ bzw. vertieft. Die Abgüsse aus Schriftmetall sind direkt und nicht über eine Zwischenmatrize genommen worden. Somit sind auch die "Schlangenlinien" zwangsläufig tief graviert worden.

    Rein technisch läßt sich auch begründen, warum vom Urstempel der Mi 1 keine Messingbleche geprägt worden sind:

    In die dünnen und teils sehr kurzen bzw. punktförmigen Vertiefungen würde selbst unter hohem Druck kein Material fließen, das "Füllmaterial" im inneren Quadrat würde im Druck also so gut wie nicht erscheinen.

    Ich denke, daß meine - modifizierte - Theorie unter Einbeziehung technischer Zwangsläufigkeiten einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit gewonnen hat und bin gespannt auf die entsprechende Diskussion.

    Beste Grüße

    Altsax

    Hallo zusammen,

    durch hasselberts freundliche Unterstützung bin ich schneller als erwartet an die empfohlene Literatur gelangt.

    Nach allem, was ich daraus entnehmen konnte, existieren weder Originalentwürfe noch Abbildungen davon, sodaß über deren Umsetzung in Druckmaterial nur Vermutungen angestellt werden können.

    Auch über die Herstellung der Druckstöckel liegen keine Originaldokumente vor, sodaß notgedrungen von den Besonderheiten des Drucks auf sie rückgeschlossen werden muß.

    Ich hoffe, daß es nicht als Anmaßung empfunden wird, wenn ich als "Sachse" zur Druckstöckelherstellung der 1 Kr. schwarz eine Theorie aufstelle, die sich von Kennern dieser Marke möglcherweise verifizieren oder widerlegen läßt:

    Das Druckbild der Wertstufen zu 3 und 6 Kr. unterscheidet sich bekanntlich von dem der 1 Kr. schwarz dadurch, daß das große innere Quadrat bei ersteren mit Eckornamenten versehen, während es bei der früher produzierten Marke mit ungeordnet erscheinenden Schlangenlinien gefüllt worden ist. Zudem fällt auf, daß die Nachfolgemarke der 1 Kr. schwarz im Druckbild den beiden anderen angeglichen wurde, ohne daß es (lt. Helbig/Vogel) zuvor Druckstöckel gegeben hätte, die als Oberfläche geprägte Messingbleche enthielten.

    Geht man davon aus, daß zum Prägen der Messingbleche der (gehärtete) stählerne Urstempel verwendet worden ist, wäre denkbar, daß ein solcher von der 1 Kr. schwarz gar nicht existierte. Da jedoch lt. Brunner der "Graveur" vereidigt worden ist, kann man davon ausgehen, daß nicht etwa, wie bei Buchdruckklischees damals durchaus üblich, ein Holzstich verwendet worden ist.

    An diesem Punkt kommt wieder der abweichende Hintergrund im Mittelquadrat ins Spiel. Üblicherweise wird beim Stahlstich die Entwurfszeichnung auf das material gepaust und anschließend das Druckbild gestochen. Bei Buchdruckklischees bleiben die Druckflächen erhaben stehen. Die Schlangenlinien des Hintergrundes freizustechen wäre dabei wesentlich mühsamer, als sie tief zu gravieren. Hier setzt meine Theorie an:

    Denkbar ist, daß der stählerne Urstempel ohne diese Schlangenlinien angefertigt worden ist, sei es, weil sie im ursprünglichen Entwurf gar nicht enthalten waren, sei es, daß der Stecher sich die Arbeit vreinfachen wollte. Da ohnehin vom Urstempel eine Matrize abgeformt werden mußte, um davon wiederum die Druckstöckel gießen zu können, lag es nahe, die ohne Vorzeichnung darstellbaren Schlangenlinien direkt in diese Matrize zu gravieren.

    Somit hätte es keinen vollständigen stählernen Urstempel gegeben, mit dem man hätte Messingbleche prägen können.

    Was haltet Ihr von dieser Theorie?

    Beste Grüße

    Altsax

    Hallo zusammen,

    vielen Dank für die zahlreichen Hinweise. Ich hoffe, daß ich in den genannten Abhandlungen fündig werde.

    Es ist ein wenig frustrierend, wenn man ein ganzes Bücherregal durcharbeitet und letztendlich genauso klug ist wie vorher, weil die Originalquellen nicht benannt sind, einiges davon im Krieg zu Verlust gegangen ist und die einschlägigen Autoren fleißig voneinander abgeschrieben haben oder sich auf unsicherer Quellenbasis aufgrund von Indizien lebhaft widersprechen.

    Wie wahr! Das Problem bei den meisten (zumindest den älteren) philatelistischen Werken ist die fehlende Trennung zwischen auf Originalquellen basierenden Erkenntnissen, "geguttenbergten" Abschnitten und solchen, die einer lebhaften Phantasie entsprungen sind. Es ist nichts einzuwenden gegen Theorien, sofern sie gut begründet und als solche gekennzeichnet sind. Ohne sie wären viele Erkenntnisse nicht gewonnen worden. Die journalistische Seuche, Meldung und Meinung zu vermischen, hat aber leider in der philatelistischen Literatur weite Verbreitung gefunden.

    Beste Grüße

    Altsax

    Zur Entstehungsgeschichte der ersten bayrischen Markenausgabe liegen mir lediglich die Abhandlungen von Brunner (Bayerns Postwertzeichen 1849 - 1920) und Doberer (Rauten und gekrönte Löwen) vor.

    Da selbst das jüngere von beiden Büchern vor immerhin vierzig Jahren erschienen ist, gehe ich davon aus, daß sich die Kenntnisse über diese Markenausgebe inzwischen in einigen Punkten erweitert haben.

    Mich interessiert insbesondere die Phase von der Motivauswahl über den zeichnerichen Entwurf bis zur Druckstöckelherstellung. Dabei geht es vor allem um folgende Fragen:

    a) Existieren irgendwelche Originalentwürfe oder wenigestens Abbildungen davon?
    b) Gibt es konkrete Hinweise auf den Grund für die andere Gestaltung der Wertstufen zu 3 und 6 Kr gegenüber derjenigen der 1 Kr Marke?
    c) Doberer beschreibt ausführlich den Herstellvorgang der Druckstöckel (ursprünglich Abprägung einer Matrize und anschließend Anfertigung von Abgüssen in Schriftmetall, später Prägung von Messingplättchen), jedoch ohne Quellenangabe. Was davon läßt sich durch Quellen belegen und was ist Vermutung?

    Ich hoffe, daß die Kenner der Materie etwas zur Klärung beitragen können.

    Beste Grüße

    Altsax

    Hallo Bayern-Kreuzer,

    den preußischen Herkunftsstempel "Aus Sachsen" gibt es in zwei Typen. Die eine ist am Bahnhof bzw. später vom Post. Sped Büro IV verwendet worden, die zweite vom Postamt Görlitz. In der zweiten Jahreshälfte 1854 findet man nur noch wenige Abschläge. Von 1855 sind mir nur zwei bekannt. Auf mit der Briefpost beförderten Belegen waren sie eigentlich bereits mit Abschluß des Postvereinsvertrages überflüssig, weil die Taxen nicht mehr nach Postvereins-Herkunftsländern unterschieden wurden.

    Beste Grüße

    Altsax

    PS: Wenn Dir Dein Beleg einmal lästig werden sollte, wüßte ich einen Abnehmer...

    Demnach hat Sachsen ihn erst gar nicht Bayern, sondern gleich TT übergeben, weil er sonst nicht nach Frankfurt am Main gekommen wäre.

    Lieber bk,

    das ist schon klar. Die Frage ist aber, ob es dafür einen nachvollziehbaren Grund gegeben hat (schnellere Zugverbindung beispielsweise), oder ob schlicht ein Versehen vorlag. Üblicherweise wurde von Leipzig nach Nordbayern resp. Franken über Hof spediert.

    Liebe Grüße

    Altsax

    PS: Wegen der Überfrankatur hatte ich mir bei Michel die Genehmigung eingeholt, 10% sind zulässig.