Guten Abend liebe Sammlerfreunde,
der - eine kleine Kuriosität aufweisende - Beleg anbei stammt von der Zeit nach dem Krieg, aber noch aus jener der danach währenden Occupationsphase. Adressiert wurde aus dem nordpfälzischen Feilbingert, das schon fast an der Nahe, aber immer noch in der bayerischen Pfalz liegt. Es waren viele Stellen involviert. Aufgegeben wurde über die Postexpedition Ebernburg / Pfalz im Tal der Alsenz, dessen im Jahre 1871 errichteter Bahnhof nur 1.100 m entfernt vom preussischen Bad Münster am Stein lag, das auf dem Beleg rückseitig mit seinem Kastenstempel Durchgang gestempelt hat. Also muss der Brief erst einmal in die Gegenrichtung nach Kreuznach gelaufen sein. Warum ist zunächst unklar.
Der kürzeste Weg zum Zielort Châlons-sur-Marne wäre der nach Süden über die am 16.05.1871 fertiggestellte Alsenztalbahn - Kaiserlautern - Forbach - Metz - Verdun gewesen. Die Fertigstellung des Abschnitts Winnweiler - Münster am Stein der Alsenztalbahn hatte sich zwar wegen der vielen Tunnels und durch den Ausbruch des Krieges verzögert. Nach ihrer Fertigstellung diente sie anfänglich ausschließlich dem Rücktransport deutscher Truppen samt Waffen. Die Eröffnung für den Zivilverkehr fand dann aber am 15.07.1871 statt, so dass der w.o. beschriebenen Beförderungstrecke im November eigentlich nichts mehr im Wege gestanden hat. Lassen wir das für den Moment einfach einmal so stehen.
Der Absender, das Bürgermeisteramt des nicht unweit von Ebernburg / Pfalz entfernt liegenden Feilbingert hat für die ebenfalls nicht weit davon liegende Gemeinde Altenbamberg folgende Nuß geknackt:
Feldpostbrief
Vom Bürgermeisteramt Feilbingert
Vereherliches Commando des Königlich Preußischen Husaren Regiments No.3 (Ziethen-Husaren) Châlons-sur-Marne
RSN. 442 Militaria
Feilbingert / Pfalz 5. November 1871
Verehrliches Commando des Königl. Preuß. Husaren-Regiments No.3 (Ziethen-Husaren), die 5te Escadron verehrl. Regiments war am 30. Juli 1870 in Altenbamberg einquartiert, da hierüber die Nachweise fehlen, welche zur Liquidation nöthig sind, so wird ergebendst die Bescheinigung der Quartier und Mundeverpflegung geneigtest ausfertigen und hierher gelangen zu lassen. Die Stärke der Escadron war damals angegeben auf 4 Offiziere, 154 Mann und die Verpflegung excl. Fleisch, d.h. über Letzteres liegt besondere Quittung bereits vor. Hochachtungsvoll das Bürgermeisteramt - Unterzeichner
Commercy d. 9.11.71 - Br.m.d.v.v.. der Königlichen 5. Escadron zur Prüfung und Quittungsleistung zu übersenden - Rauch
Commercy d. 11.11.71 - ?e. m. dem Königl. Regiments-Commando remittirt nebst beiligender Quittung - Krell Rittmeister - Escadronschef
Commercy d. 13.11.71 - Br. m. dem Bürgermeisteramt zu Feilbingert mit der erlangten Quittung zu remittiren - Rauch Oberstlieutenant - Regiments-Commandeur
Tja, nun lief das Militaria mit der die Altenbamberger glücklich werdend lassenden Quittung leider erst mal nicht zurück nach Ebernburg in der Nordpfalz, sondern offenbar in ein anderes Kuvert gepackt, falsch adressiert ins unterfränkische Obernburg am Main - wo der Pälzer zufälligerweise Mitglied im Sammlerverein ist. Dort hatte man den Fehler natürlich sofort erkannt und entlastete sich umgehend mit:
Brief samt Anlage an das Bezirksamt Kirchheim-Boland i / Pfalz zur gefälligen Hinausgabe an die Gemeinde Feilbingert - Obernburg 17.11.1871 - k. Bezirksamt
Auch hier hatte man so ein klitzeklein bischen falsche Vorstellungen über die Ortsbezeichnung des Partner-Bezirksamtes in den Nordpfalz ("Kirchheim-Boland"), dennoch traf das Schreiben am 19.11.1871 sicher beim Bezirksamt in Kirchheimbolanden ein und alles war gut. Wie man sieht, hat die Feldpost nicht nach Châlons-sur-Marne an die Zieten-Husaren zugestellt, sondern zu ihnen nach Commercy, das sehr deutlich weiter östlich Richtung Nancy liegt. Möglicherweise hat das auch zu einer Beförderung nicht über die Alsenzbahn, sondern entlang der Rheinschiene bis ins Unterelsass (Brumath) und von dort über Nancy nach Commercy geführt.
Die der II. Armee (von Steinmetz) zugeordneten Zieten-Husaren (Stammgarnison Rathenow / Brandenburg) hatten schon am 15.07.1870 von der Kriegserklärung Frankreichs Kenntnis erlangt. Die ab dem Folgetag eingeleitete Mobilmachung verlief lt. der Regimentsgeschichte vollkommen reibungslos, so dass zum 26.07. mit der Eisenbahn nach Bingen am Rhein ausgeschifft werden konnte, wo man zunächst ins Kantonnement ging. Dannach ging es am 30.07. über Freilaubersheim und nicht unweit davon für die 5te Escadron in den Quartiersort Altenbamberg.
Danach ging es über Rothselberg weiter nach Ottweiler und schon am 03.08, gab es die erste Feindberührung nahe der Grenze bei Habkirchen. Am 16. August war das Regiment bei Rezonville in der Schlacht von Mars-la-Tour verwickelt und erlitt fürchterliche Verluste, trug aber entscheident zum strategischen Erfolg der deutschen Truppen vor Metz bei. Nach Friedensschluss war die 5te Escadron dann ab 21.07.1871 als Teil der Occupationsarmee in Commercy einquartiert und mit dem Regiment am 05.08.1872 schließlich wieder zurück in seine Stammgarnison nach Brandenburg verlegt worden.
Schönen Gruß
vom Pälzer