Beiträge von wuerttemberger

    VorphilaBayern

    Lieber Hermann,

    es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich eine langjährige Praxis irgendwann in eine in Messing gegossene Praxis verändert, und erst so unsere Aufmerksamkeit erlangt hat. Es ist auf jeden Fall ratsam, die Korrespondenzen aus dieser Region aufmerksam zu verfolgen.

    Altensteiger

    Hallo Bruno,

    vielen Dank für Deinen Beleg. Die Taxe von Stuttgart nach Stockach beträgt 6 Kreuzer und von Stockach nach Meersburg 4 Kreuzer.


    Ich habe noch einen Frankobrief aus Künzelsau nach Jestetten aus dem Jahr 1843.

    Die Taxierung auf der Rückseite wurde von 4/8 auf 8/4 korrigiert. Der Stempel W.I. ist sehr klar abgeschlagen.

    Bei höheren Gewichtsstufen muß man in der Qualität meistens Kompromisse eingehen. Eine Einzelfrankatur der Mi 62 kann man aber immer mitnehmen:

    Brief der fünften Gewichtsstufe (80-100g) der Berliner Handelsgesellschaft vom 16. Oktober 1915 an die Aluminium-Industrie in Neuhausen/Schweiz.

    Briefe mit höheren Frankaturen kann man von der Prüfungsstelle Berlin immer wieder einmal finden, insbesondere mit Einschreiben kommt man auch auf Portostufen über eine Mark.

    In Prüfungsstellen für Geschäftsbriefe eingelieferte Drucksachen sind nicht häufig, aber eingeschriebene Drucksachen im Auslandsverkehr sind eine absolute Rarität.

    Eingeschriebene Drucksache der zweiten(!) Gewichsstufe 50-100g der Firma Carl Heinrich jr. an die Firma Neuburger in St. Gallen/Schweiz vom 1. März 1915.

    Der Brief ist nicht gerade eine Schönheit, aber die Kombination von Gewichtsstufe und Einschreiben habe ich bis jetzt noch nicht gesehen. Ich warte auf ein schöneres Exemplar ....

    Das ist dann der dritte Beleg mit W.IV., der bekannt ist. Ein weiterer soll laut einer Aufstellung der Arge Baden aus Wurzach nach Freiburg im Jahre 1839 gelaufen sein.

    Diese Auflistung enthält 57 Belege mit W.I., 39 Belege mit W.II., 10 Belege mit W.III. und 2 Belege mit W.IV.

    Es ist jeweils nur Jahr, Aufgabeort und Zielort angegeben, aber leider keine Angaben ob Porto- oder Frankobrief und natürlich auch keine Taxierungen.

    Ich wende mich nochmals dem W.I. zu. Der folgende Brief ist schon erstaunlich.

    Frankobrief aus Tuttlingen vom 18. November 1846 an das badische Bezirksamt in Villingen. Er trägt den Stempel " Nach Abgang d. Post" und ist wohl erst am Folgetag auf die Reise gegangen. Der Stempel W.I. von Stockach wurde angebracht, das allerdings in genau entgegengesetzter Richtung von Villingen liegt. Die Taxierung von 2 Kreuzer für Württemberg und 6 Kreuzer für Baden für die Beförderung von Stockach nach Villingen entspricht genau den Eintragungen in der Gebührentabelle von 1841.

    Mitte Mai 1916 tauchte in der Prüfungsstelle plötzlich ein Musterkarton auf, der schon einmal die Prüfungsstelle durchlaufen hatte und nun wieder ins Ausland gesandt werden sollte. Er trug natürlich die Zensurstempel und die Unterschrift des Offiziers und die Verantwortlichen waren jetzt etwas ratlos. Eigentlich sei die Firma ja sehr zuverlässig und es wurde nie eine Sendung beanstandet, aber so könne man das nicht lassen. Man könnte vielleicht sogar der Spionage Vorschub leisten.

    Es wurden Überlegungen angestellt einen Datumsstempel zusätzlich abzuschlagen und die Kollegen wurden befragt.

    Oberleutnant Diesel, Leiter der Prüfungsstelle Augsburg sah das ganz entspannt und sah überhaupt keine Notwendigkeit zusätzliche Maßnahmen vorzunehmen. Wiederverwendete Musterkartons könne er sich vorstellen aber Briefumschläge hielt er für gänzlich ausgeschlossen. Außerdem verwies er auf sein Verfahren, wie geprüfte Sendungen versandt werden und da sei eine Umgehung der Zensur nicht möglich.

    Das Ende vom Lied war, dass die Prüfungsstelle München einen Befehl vom stellvertretenden Generalkommando bekam zukünftig einen Datumsstempel abzuschlagen.

    Zu diesem Befehl wurde am 20. Juni 1916 Vollzug gemeldet:

    Ab diesem Datum sind jetzt alle Sendungen mit diesem Datumsstempel versehen.

    Originalauszug aus der Akte im Militärarchiv München

    Mein erster Beleg im Archiv stammt erst vom 23. November 1916. Aus meiner Sammlung kann ich einen Beleg erst vom 18. Mai 1917 zeigen

    Brief der Firma Otto Zeumer aus München 8 nach Basel. Ankunft am nächsten Tag 19. Mai 1917.

    Das Dienstsiegel ist in violett und der Datums- und Namensstempel ist in schwarz abgeschlagen.

    Heute ist mir dieses etwas verfrühte Osterei ins Nest gelegt worden.

    Einfacher Auslandsbrief der ehemaligen Firma Georg Wenderoth (mit Perfin GW) aus Kassel vom 25. November 1914 nach Lund in Schweden. Der Absender gab diesen Brief bei der Prüfungsstelle des XI. Armeekorps in Cassel auf, die ihre Zensurstempel auf der Vorderseite abschlugen. Der vorgeschriebene Namenszug des Prüfungsoffiziers fehlt.

    K.-H. Riemer bezeichnet diese Zensurstelle als Seltenheit. Dem schließe ich mich vorbehaltlos an. Von dieser Prüfungsstelle habe ich noch nie einen Beleg gesehen oder auch nur eine Spur davon in alten Auktionskatalogen gefunden.

    Die Stadt Stockach muß schon zur vorderösterreichischen Zeit ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt gewesen sein, denn es kreuzten sich mehrere Postrouten in Stockach und die Liste der vorphilatelistischen Stempel ist lang.

    Nun gibt es ab 1837 bis 1851, bevorzugt auf Briefen aus Württemberg, Stempel mit dem Großbuchstaben W gefolgt von einer römischen Ziffer von I bis IV. Die große Mehrzahl der Briefe kommt aus dem südlichen Württemberg und lief nach Orten im südlichen Baden. Es wird vermutet, dass diese Stempel in Stockach verwendet wurden.

    In den Postakten ist von diesen Stempeln nichts zu finden, aber sie haben Eingang in die Literatur gefunden. James Van der Linden listet sie unter den Nummer 2964 bis 2967 als marque de rayon, also Rayonstempel, womit ich nichts anfangen kann. In Peter Feusers Katalog der Grenzübergangs- und Desinfektionsstempel sind sie unter den Nummern 623 bis 626 gelistet und - wie bei J.V.d. Linden auch - Stockach mit einem Fragezeichen versehen.

    Eine Theorie besagt nun, dass die unterschiedlichen Stempel der Post von 4 württembergischen Grenzpostanstalten zugeordnet werden kann.

    W.I. - Tuttlingen

    W.II. - Mengen

    W.III. - Ravensburg

    W.IV. - Friedrichshafen

    Die Stempel sind auch nicht gleich häufig. Feuser bewertet die Stempel mit 50.- 50.- 150.- und 800.- DM. J.V.d. Linden listet sie mit den Seltenheitsstufen 2 2 5 und 7.

    Ich habe mal die vermuteten Zuordnungen in ein Karte von 1769 eingetragen. Diese Karte unterstreicht nochmals die zentrale Lage Stockachs schon zur Reichspostzeit. Im Jahr 1837 sind natürlich noch einige Postverbindungen dazugekommen und Stockach war immer noch ein Knotenpunkt im Verkehrsnetz.

    Der Stempel W.I. wird hauptsächlich auf Briefen westlich der Linie Stockach - Stuttgart gefunden. Auch Briefe aus dem nördlichen Württemberg kommen mit dem W.I. Stempel vor.

    Brief aus Heilbronn vom 24. Mai 1838 nach Meersburg aus der umfangreichen Zimmermann-Korrespondenz. Der Brief lief wohl über Stuttgart und Tuttlingen nach Stockach.

    Taxiert sind 8 Kreuzer für Württemberg und 4 Kreuzer für Baden. Briefe aus dem nördlichen Württemberg mit diesem Stempel sind nicht häufig. Diesen konnte ich erst kürzlich für den Gegenwert einer Forumspizza erwerben.

    Einen für Prüfungsstellen eher ungewöhnlichen Beleg konnte ich auch erst unlängst erwerben.

    Es handelt sich um ein Streifband der Firma Robert Hösel, Mechanische Weberei und Färberei aus Chemnitz vom 29. August 1914 nach Kopenhagen. Wahrscheinlich wurde ein Produktkatalog damit verschickt.

    Drucksachen wurden selten bei den Prüfungsstellen aufgegeben, denn der Inhalt war nicht vertraulich.

    Man findet hin und wieder mal eine Drucksache, aber ein Streifband habe ich jetzt zum ersten Mal gesehen.

    Diese beiden Postkarten mit Zensurstempeln aus Weissenburg im Elsass habe ich bei einem Tauschtag gefunden. Zunächst sind mir die kleinen Zensurstempel aufgefallen.

    Die Weissenburger Stempel hatte ich immer viel größer in Erinnerung. Ein Blick in den Riemer zeigt, dass ich Recht hatte. Dieser Stempel ist unter Nummer 6 gelistet, aber nicht abgebildet. Er sei zwar in der Literatur erwähnt, aber er lag wohl nicht vor und Verwendungsdaten waren keine bekannt. Trotzdem wird er mit 15 Punkten bewertet.

    Im Katalog der SPAL werden Verwendungsdaten von September 1915 bis November 1917 angegeben und die Seltenheitsstufe ist D.

    Den Aufgabeort konnte ich zunächst nicht identifizieren, weil die Stempel nicht gut abgeschlagen sind. In einer Anschrift wurde allerdings der Leitvermerk Elsass weggelassen und somit wußte ich, dass ich in der angrenzenden Pfalz suchen muß. Es stellte sich heraus, dass es sich um Klingenmünster handelt, das nur 12 km von Weissenburg entfernt ist. Die Monatsangabe in Ziffern ist mir auch aufgefallen und die ist bei diesem Stempeltyp doch eher ungewöhnlich?

    Dieser Fund hat mich doch sehr überrascht. Der schon mehrfach gezeigte Zensurstempel "Prüfungsstelle / des II. Armee=Korps / Ludwigshafen a. Rh." kommt nach dem Ende der Militärzensur auch in aptierter Form vor. Die zweite Zeile - der militärische Teil - wurde entfernt.

    Brief der Allgemeinen Ortskrankenkasse Germersheim vom 24. Dezember 1918 an den Armenrat in Heidelberg. Ist das jetzt schon französische Zensur oder noch deutsche Devisenkontrolle?

    In München konnte ich eine größere Lücke bei der Prüfungsstelle Annaberg etwas schließen. Die in #5 und #13 gezeigten provisorischen Zensuren habe ich vom 8. August 1914 bis 11. Januar 1915 mit 7 Briefen belegt. Danach klaffte eine große Lücke von 16 Monaten bis Juni 1916. Ab diesem Zeitpunkt war nur noch das neue Dienstsiegel auf der Rückseite der Briefe und der Einzeiler "Geprüft in Annaberg" auf der Vorderseite zu sehen.

    Die Prüfungsstelle Annaberg wird recht häufig angeboten. Das hängt wohl mit der großen Korrespondenz der Firma E. Kanitz aus Kopenhagen zusammen, die einen regen Briefwechsel mit der Firma B.P.Lötsch in Annaberg pflegte. In München habe ich mehr als ein Dutzend Briefe dieser Prüfungsstelle gesehen, aber nur 2 mitgenommen, weil sie aus dem Rahmen fallen.

    (Feldpost?)-Brief vom 9. September 1915 aus Annaberg an das Rote Kreuz in Genf. Dort am 11. September 1915 angekommen wurde der Brief nach Kopenhagen weitergeleitet. Leider ohne Ankunftsstempel. Der Einzeiler "Geprüft in Annaberg" ist laut Riemer von 1914 bis 1917 belegt. ich habe ihn 1914 noch nie gesehen und bezweifle, dass es ihn zu diesem Zeitpunkt gab, aber ich habe ihn immerhin 1918 noch mehrmals im Archiv. Die Farbe des undeutlich abgeschlagenen Dienstsiegels dürfte grau sein. Riemer kennt es nur in violett.

    Ein sehr ungewöhnlicher Beleg, da bis jetzt von dieser Zensurstelle nur reine Geschäftsbriefe mit wenigen Einschreiben bekannt sind. Postkarten oder Drucksachen, sowie Wert- oder Nachnahmebriefe sind bis jetzt nicht belegt.

    Das nächste Stück hat mich deshalb umso mehr gefreut und überrascht:

    Brief des Königlich Sächsischen Amtsgerichts Annaberg vom 25. Januar 1916 an das KuK Bezirksgericht in Linz. Wie üblich sind auf normalen Briefen nach Österreich keine Ankunftsstempel zu finden. Auslandsbriefe von Behörden, die über Prüfungsstellen gelaufen sind findet man nur sehr selten.