Hallo,
den hier gezeigten Brief vom 26.7.1866 von Ermetzhofen nach Würzburg habe ich weder aufgrund der Frankatur (3 Kr. mit oMR 813) noch wegen seines Inhalts (Geschäftsbrief eines offensichtlich verärgerten Geschäftspartners) erworben.
Herrn Joseph Leinekker i. Würzburg
Ermitzhofen 26ter July 1866
[ohne Anrede!]
Es ist mir unverständlich, was Sie mit mir vorhaben, da ich Ihre Rechnung v. 12.d.M. bereits schon 14 Tage besitze, und mir immer noch keine Waare erfolgte und dieses schon das 3te Schreiben deswegen ist, so weiß ich nicht was ich hierüber sagen soll, ich ersuche Sie daher mir Erläuterung hierüber zu geben, ob Sie die Waare sogleich befördern wollen. Denn ich schrieb Ihnen jüngst wenn Sie Ihr Guthaben bei mir verlangen zugesandt [zu werden], so belieben Sie mir es nun zu melden, was bei mir ungehindert geschehen kann, denn dies wiederfuhr mir noch nie, daß einer meiner Contrahenten mir die Sendung so lange außenblieb, was ich von Ihnen auch gar nicht erwartete, wenn nun genannte Waare mir nicht auch die Tage erfolgt, so erwarte ich von Ihnen für jetzt und weiter gar nichts mehr.
In Erwartung dieses verbleibt ergebenst
…Erhart
Die Besonderheit liegt im Datum der Ankunft in Würzburg. Es ist der 27. Juli 1866, der Tag der Beschießung der Festung Marienberg (und auch Teile der Würzburger Altstadt) durch die Preußen, als eine der letzten kriegerischen Handlungen im Rahmen des Mainfeldzugs vor dem Waffenstillstand am 2.8.1866.
Interessant ist die Chronologie der Briefbeförderung. Abgesandt am 26.7.66, dürfte er per Eisenbahn (aus Ansbach kommend) transportiert worden sein, da Ermetzhofen damals noch einen Bahnhof hatte.
Für diese Tage wurde im Würzburger Anzeiger für den Vormittag ein GZ (Güterzug) angezeigt, für den Nachmittag ein KZ(?), und für den späten Abend nochmal ein Personenzug. Der Würzburger Ankunftsstempel zeigt die Uhrzeit VII-VIII (römisch) an, was laut Buch von P. Zollner auf den Morgen des 27.7. schließen lässt (ohne hier absolute Sicherheit zu haben), demzufolge der Brief mit dem nächtlichen Personenzug am 26.7. angekommen wäre.
In Würzburg wurde er vom Neuen Bahnhof im Norden der Stadt zum Sitz des Oberpostamts (im ehemaligen Bahnhof, dem Ludwigsbahnhof) Ecke Theater-/Ludwigsstraße gebracht, wo er am Morgen des 27.7. den Ankunftsstempel erhielt.
Die Beschießung der Festung und der Stadt begann dann um die Mittagszeit und endete wenige Stunden später. Wann genau der Geschäftsmann Leinecker den Brief erhalten hat, ist unklar. Jedenfalls hat er die Kanonade gut überstanden.
Zu den entstandenen Schäden in der Würzburger Altstadt hier noch Ausschnitte aus dem Würzburger Anzeiger vom 28.7.66:
... und vom 29.7. bzw. 31.7.66: