Schleswig-Holstein - DÖPV

  • Hallo senzinger,


    links unten auf dem Breif notierte die sächsische Post bei Auslandsbriefen das Weiterfranco in sächsischer Währung, insofern handelt es sich dabei um Ngr.


    Leider habe ich den ab 1.8.1865 wirksamen preußisch-dänischen Postvertrag nicht vorliegen. Daraus müßte hervorgehen, ob er sich nur auf das dänische Mutterland oder auch auf den dänischen Postbezirk incl. SH bezieht. Sollte das nicht explizit geregelt sein, ist letzteres zu vermuten, weil er in jedem Falle den Vertrag von 1854 ersetzte.


    Beste Grüße


    Altsax

  • Hallo Altsax,


    ich habe mich ja recht spät in die allgemeine Diskussion "eingeklinkt". Es ist mir nicht ganz klar um welchen Brief in welchem Beitrag es hier geht ?


    Gruss


    senziger

  • Hallo senzinger,


    Ausgangspunkt war der Brief in Beitrag 22 sowie meine Taxbeschreibung in Beitrag 25. Danach folgen die Beiträge etwas unübersichtlich durcheinander. Ohne den angesprochenen Postvertrag wird sich aber vermutlich keine Lösung ergeben, weil sich das Problem auf den Zeitraum 1. bis 12. 8. 1865 beschränkt und die Aussicht, daraus relevante Belege in genügender Zahl sehen zu können, sehr gering ist.


    Beste Grüße


    Altsax

  • Moin,


    heute möchte ich einen ungewöhnlichen Brief aus Schleswig-Holstein nach Sachsen zeigen.


    1867 war Schleswig-Holstein zwar preußische Provinz, aber trotzdem kein Mitglied im Postverein. Es galt weiterhin die "Provisorische Portotaxe", in diesem Fall 3 Silbergroschen für frankierte Briefe oder 4 Silbergroschen für unfrankierte Briefe in den Postverein.


    Der vorliegende Brief ist nach Leipzig (Sachsen) gerichtet. Wenn ich die Adresse richtig interpretiere, eigentlich nach Neuschönefeld, das heute ein Ortsteil von Leipzig ist, aber damals eine eigenständige Gemeinde war !?


    Der Brief wurde unterfrankiert im Briefkasten des Husumer Bahnhofs vorgefunden. Damit galt er als unfrankiert, d.h. die Briefgebühr betrug 4 Silbergroschen. Allerdings wurde die verklebte Marke angerechnet und interessanterweise mit vollem 1 Sgr., obwohl 1 1/4 Schilling nur 15/16 Sgr. sind. Demnach blieb ein Restporto von 3 Sgr. bzw. 3 Groschen, die in Sachsen beim Empfänger kassiert wurden.


    Die Entscheidung über die Anrechnung der Marke und die Notierung des Restportos erfolgte vermutlich erst in Leipzig ?


    Über eine Bestätigung oder auch Korrektur der Beschreibung würde ich mich freuen.


    Viele Grüße
    nordlicht

  • Guten Morgen,


    schade, dass es keine weiteren Meinungen zu dem vorherigen Brief gibt, aber vielleicht ist der nachfolgende Beleg von Interesse:


    Dieser Brief von Erfurt (Provinz Sachsen) nach Eckernförde (Schleswig) dokumentiert das "Sonderporto", das bis zum Abschluß des preußisch-dänischen Postvertrages von 1854 für den Briefverkehr zwischen dem Postverein und dem Herzogtum Schleswig gültig war: 3 Sgr. preußisches Porto plus 3 Sgr. dänisches Porto = 6 Sgr. = 8 Schilling.
    Also ganz schön teuer, wenn man bedenkt, dass zur gleichen Zeit in Holstein noch die Postvereinstaxen galten ...


    Viele Grüße
    nordlicht

    • Offizieller Beitrag

    Hallo nordlicht,


    zu deinem Brief von Husum nach Leipzig:
    Ich denke, die Nachtaxierung erfolgte spätestens beim kartierenden preussischen Grenzpostamt.
    Dabei war es für den Postvereinsverkehr vorgegeben, dass die verklebte Frankatur anzuerkennen war. Es wurde der fehlende Betrag festgestellt (Ergänzungsporto), dazu kam die Portodifferenz für unfrankierte Briefe.


    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,


    danke für die Erläuterungen!


    Bei der Verrechnung der Marke zu 1 1/4 Schilling war ich davon ausgegangen, dass hier die Post ausnahmsweise ein Auge zugedrückt hat.
    Wenn das aber sogar geregelt war, würde mich die entsprechende Stelle brennend interessieren. Bitte gucke bei Gelegenheit nochmal ...


    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo Altsax,


    erstmal danke für die Informationen!


    Leider ist bei mir - auch nach mehrmaligem Lesen - der Groschen noch nicht gefallen.
    Vielleicht liegt es auch nur daran, dass mir die genaue Art und Weise der Verechnung von Portobriefen mit der aufgebenden Post nicht klar ist.


    Da die Marke zur aufgebenden Post gehört, erkenne ich noch nicht, warum es sich um eine "Verwendung fremder Freimarken" handelt und inwiefern der angehängte Postvereinsparagraph greift.
    Außerdem erschließt sich mir noch nicht, warum die 1 1/4 Schilling als voller 1 Sgr. angerechnet wurde - vor allem dann nicht, wenn der angehängte Paragraph auch die Stelle ist, die Michael meinte ...


    Für ein paar ergänzende und erläuternde Worte wäre ich dankbar.


    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo Altsax,


    das macht nichts. So bin ich wenigstens beruhigt, dass ich auch nicht länger darüber brüten muss ;)


    Aber welche Behandlung bzw. Taxierung dieses Briefes würdest du denn als Sachsen-Experte für am wahrscheinlichsten halten?
    Und vielleicht kannst du mir auch erklären, wie die Portoverrechnung zwischen Schleswig-Holstein und Sachsen in diesem Fall vorgenommen wurde? Wer blieb denn letzlich auf dem Differenzbetrag zwischen 1 1/4 Schilling und 1 Silbergroschen sitzen?


    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo Nordlicht und Bayernklassisch


    Bin gerade erst über den Thread SH-DÖPV gestolpert und steige nach Monaten in die Diskussion ein.


    Das Thema finde ich sehr interessant. Bin erstmal am Anfang hängengeblieben und werde mich dann durch alles durcharbeiten, und


    mir ein paar nachgeschobene Kommentare erlauben.


    Bei Brief in Nr 5 finde ich erwähnenswert:


    Barfrankiert mit 4 Sgr. Diese entsprachen 4 x 1 1/3 Schillingen, zusammen also 5 1/3 Schillinge,


    Da es keine Münze zu 1/3 Schillingen gab, musste der Brief mit 5 1/2 Schillingen bar bezahlt werden. Er ist also bar- überfrankiert.


    Nordlicht hat schon erwähnt, dass der Brief mit Marken frankiert nur 5 Schillinge gekostet hätte, da es für markenfrankierte Briefe


    eine Ausnahmeregelung gab, dass 1 1/4 Schilling = 1 Silbergroschen zählte. Dies galt nur bis August 1865 bis zur Einführung einer


    Marke zu 1 1/3 Schilling = 1 Sgr.


    Barfrankierte Briefe aus dieser Periode sind aus Holstein deshalb selten, weil sie in der Regel teurer waren.


    Für Schleswig galt die Vereinfachung 1 1/4 Schilling = 1 Sgr. nicht, von dort sind die markenfrankierten Briefe seltener, da mit Marken


    immer nur überfrankiert gesendet werden konte und die Barfarnkierung meist günstiger kam.




    Gruß Cameo

  • Hallo Cameo,


    vielen Dank für deinen Beitrag - solche Besonderheiten sind das Salz der Postgeschichtssuppe. Bitte weiter machen. :)


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Altsax


    Deine beiden Briefe wurden im Forum meiner Ansicht nach nicht richtig gewürdigt.


    Die Qualität ist außergewöhnlich gut - dazu noch der stempel "Aus dem Postverein.", den es für Briefe aus dem DÖPV nur 1851 gab.


    In Dresden wurde der Brief in blauer Farbe mit 3 Sgr. vortaxiert.


    Im preußischen Postamt in Hamburg wurde die 3 noch einmal in roter Farbe als Portoauslage bestätigt und in 4 Schillinge ebenfalls in rot konvertiert.


    Im Dänischen Postamt in Hamburg wurde dann aus 3 Sgr DÖPV plus 3 Sgr. für Schleswig ein Gesamtporto von 6 Sgr = 8 Schillingen in rot angeschrieben.


    An dem Briefpaar kann man demonstrieren, dass in Schleswig, welches schon wieder Teil des Dänischen Königreichs war mit Schillingen Courant gerechnet wurde, während in Kallundborg derselbe Tarif, nämlich 6 Sgr in 26 Dänische Skillinge Porto umgerechnet wurde.


    Gruß Cameo

  • Aber welche Behandlung bzw. Taxierung dieses Briefes würdest du denn als Sachsen-Experte für am wahrscheinlichsten halten?
    Und vielleicht kannst du mir auch erklären, wie die Portoverrechnung zwischen Schleswig-Holstein und Sachsen in diesem Fall vorgenommen wurde? Wer blieb denn letzlich auf dem Differenzbetrag zwischen 1 1/4 Schilling und 1 Silbergroschen sitzen?

    Hallo Nordlicht,


    vorab: Trotz eifrigen Suchens in meinen Unterlagen habe ich keinerlei Hinweis darauf finden können, daß in SH die 1/1/4 Shilling Marken als Frankatur für einen Sgr. anerkannt worden sind. Sollte es eine diesebezügliche explizite Regelung nicht gegeben haben, würde ich von Tolerierung des geringen Fehlbetrages ausgehen.


    Sachsen interessierte diese Verrechnung insofern nicht, als das Franco oder Porto ausschließlich der Postverwaltung des Aufgabeortes zustand. Am Bestimmungsort erhob man vom Empfänger den Betrag, der auf dem Brief und in der Begleitkarte vermerkt worden war, und schrieb ihn entsprechend gut.


    Beste Grüße


    Altsax

  • Hallo Altsax, hallo Nordlicht


    Es ist natürlich etwas Besonderes, einen Vertragsersttagsbrief zum 1.8.65 zu finden.


    Leider betrifft die Vertragsänderung diesen Brief nicht.


    Am 21.6.65 schloss Preußen mit Dänemark einen neuen Vertrag, der zum 1.8.65 für das Dänische Postgebiet gültig wurde.


    Nicht für die Herzogtümer, denn diese waren ja längst nicht mehr Dänisch und hatten mit diesem Vertrag nichts zu tun.


    Für die Herzogtümer wurde am 20.Juli 1865 ein eigener Vertrag zwischen der Preußischen Postverwaltung und der Postverwaltung der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg geschlossen, der dann zum 12.8.65 als "provisorische Portotaxe" in Kraft trat.


    Bis zum11.8.65 waren in den Herzogtümern noch die alten Regelungen in Kraft.


    Der Brief ist ja auch entsprechend nach altem Recht taxiert. In Sachsen wurde bei einer Frankatur von 5 Ngr ein Weiterfranko von 2 Sgr. notiert, dies in Hamburg dann wegen einer Entfernung < 10 Meilen zum Taxgrenzpunkt Hamburg auf einen Sgr. reduziert. Der zu viel bezahlte Ngr. fiel an die Sächsische Postkasse.


    Maßgebend für die Taxierung waren die Postverträge, nicht die Ausführungsbestimmungen der einzelnen Länder, die immer mal wieder in Einzelheiten falsch sein konnten, zumindest von Bayern kenne ich dazu mehrere Beispiele. Sachsen scheint ja auch noch nachgebessert zu haben. Die politischen und postalischen Verhältnisse der Elbherzogtümer waren für die Zeitgenossen damals so verwirrend wie für uns heute .


    Beste Grüße


    Cameo

  • Hallo


    Entschuldigt, dass ich heute zum letzten Thema auch noch meinen Senf gebe. Dann bin ich aber alles zu SH-DÖPV durchgegangen und habe mich an Super-Belegen und interessanten Fragestellungen ergötzt.


    Der Brief aus Husum an Henze in Neuschönfeld müsste m.E. im preußischen Postamt in Hamburg nachtaxiert worden sein.


    Die fehlende Differenz von 1/12 Schilling geht zu Lasten der preußischen Post, Sachsen hat da nicht mehr korrigierend eingegriffen.


    Ich besitze 2 Briefe von 1867 nach Preußen, die mit 3 x 1 1/4 Schilling frankiert wurden und dann mit 1/4 Silbergroschen nachtaxiert wurden.


    Bei einem Brief mit Mischfrankatur 1 Sgr. plus 2x 1 1/4 Schilling unterblieb die Nachtaxierung.


    Ein Brief nach Hannover mit 2x 1 1/4 Schilling wurde wegen dem fehlenden 2/12 Schilling Courant mit 1 neuen Groschen Nachporto belegt, was ja dann wie oben dem Strafporto entspricht, man hätte noch 3 Pfennige Ergänzungsporto erheben können.


    Es fällt dabei auf, dass man sich bei einigen Briefen mit der Erhebung des Differenzbetrags zufrieden gibt, bei anderen aber noch 1 Sgr. Strafporto erhebt.


    Mein Einduck ist, dass bei dem hohen Postaufkommen und den vergleichsweise häufigen Fehlfrankierungen immer mal wieder Briefe ohne Nachtaxe durchgerutscht sind.


    Ich glaube nicht, dass es eine Bestimmung gibt, dass der geringe Differenzbetrag nicht nachzuerheben ist.


    Ich schaue morgen mal, ob ich von den Briefen einen scan parat habe, vielleicht habt ihr eine andere Meinung dazu.


    Beste Grüße und gute Nacht


    cameo

  • Guten Morgen cameo


    Du brauchst Dich hier nicht zu entschuldigen....
    Ich finde es gut und auch wichtig, andere Interpretationen zu lesen.
    Natürlich würde ich mich über die noch zu zeigen Belege aus Deiner Sammlung freuen, denn dann wird es für mich auch verständlicher. :)


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Bis zum11.8.65 waren in den Herzogtümern noch die alten Regelungen in Kraft.

    Hallo Cameo,


    genau um diese Frage geht es ja. Wie ist denn die entsprechende Formulierung im maßgeblichen Postvertrag zwischen Dänemark und Preußen? Lt. sächsischer Postverordnung wurde durch diesen Vertrag der von 1854 ersetzt. Der von 1854 erstreckte sich auch auf Schleswig-Holstein. Wenn das "Ersetzen" Schleswig-Holstein nicht explizit ausschloß, läßt sich das nur so interpretieren, daß der neue Vertrag auch das gesamte damalige Vertragsgebiet umfaßte. Die blaue "1 1/4" Taxe würde dazu passen. Die ggf. durch Auslegung zu schließende "Regelungslücke" umfaßte letztlich nur rd. 2 Wochen.


    Beste Grüße


    Altsax

  • Hallo Altsax


    Leider habe ich den Postvertrag mit Dänemark nicht zur Verfügung. Ich habe Dir aber im Anhang die Bayerische Verordnung zu diesem Vertrag angehängt. In der Verordnung über den Vertrag mit Dänemark tauchen (auch in den nicht anghängten Seiten 2 und 3 ) die Elbherzogtümer mit keinem Wort auf.


    Warum auch.


    Es hatte 1864 einen Krieg gegeben. Im Friedensvertrag hatte Dänemark die Elbherzogtümer abtreten müssen. Im neuen Postvertrag mit dem Verlierer tauchen diese Gebiete also gar nicht auf.


    Aus eigener Souveränität hatten die Sieger beschlossen, die ehemals dänischen Tarife vorläufig beizubehalten.Die neuen Postverwaltungen von Holstein und Schleswig profitierten nämlich von den alten Tarifen mit eigenen Taxen. Ebenfalls aus eigener Souveränität verordnete man, dass die neuen Tarife für die Herzogtümer ab dem 12.8.65 reduziert würden.


    Eine Lücke gibt es rechtlich nicht, da die Herzogtümer ja nicht unter den Vertrag mit Dänemark fielen und noch vor Ende Juli eine Tarifänderung zum 12.8. verordnet wurde, was ja impliziert, dass die alten Tarife bis 11.8. für diese nicht-dänischen Länder noch gelten.



    Beste Grüße


    Cameo