Schleswig-Holstein - DÖPV

  • Hallo,

    diesen feinen Brief aus Gravenstein im Herzogtum Schleswig nach Nürnberg hat mir der liebe Ralph vermacht, da er zu Zeiten des sich dem Ende zuneigenden deutschen Krieges befördert wurde. Ich stelle ihn aber erstmal hier vor, da ich die Hilfe der Schleswig-Holstein-Spezialisten bei der Eruierung des Leitwegs brauche.

    Abgesandt am 3.8.1866 wurde er mit 4 Schillingen, umgerechnet 3 Sgr., bar frankiert in Gravenstein nach Nürnberg aufgegeben. Von den 3 Sgr. dürfte Preußen 2 erhalten haben (vorderseitige Notierung).

    aufgegeben.

    Hinweise auf den Leitweg finden sich nur beim rückseitigen Bahnpoststempel Hamburg-Berlin. Der Brief lief also über Hamburg (dort in rot FRANCO gestempelt?). Die Leitung über Lüneburg-Kassel-Frankfurt-Würzburg wäre wohl für Friedenszeiten normal gewesen. Aber Beförderung mit dem Zug von Hamburg bis wohin? Kreuzungsbahnhof Büchen und ab da nach Süden über Lüneburg? Oder doch bis Hagenow oder Berlin, und dann evtl. über Magdeburg-Erfurt-Lichtenfels? Die Werrabahn blieb ja von den Kriegsereignissen nicht unbetroffen.

    Wer kann beim Leitweg helfen, bzw. den in Friedenszeiten regulären Leitweg angeben? Ein schwach abgeschlagener zweiter rückseitiger Stempel lässt "3/8 Zug No." erkennen. Wie ist dieser einzuordnen?

  • Lieber Wilfried,

    meiner Meinung nach zahlte der Absender 7 Schillinge, das waren 5 Silbergroschen: 2 Sgr. für Dänemark und 3 Sgr. für Preussen (also den Postverein über 20 Meilen), siehe den Franko-Bruch.

    Ein Zuckerstück, selbst ohne 66er Bezug, in jeder Hinsicht. :love::love:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    Dänemark dürfte mit dem Brief nichts zu tun gehabt haben. Gravenstein gehörte zum Herzogtum Schleswig, nach dem deutsch-dänischen Krieg von 1864 unter preußischer Verwaltung.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • ... schon richtig, aber verlangte Preussen nicht so viel für diese Briefe, wie aus Dänemark zuvor? Es gibt eine Korrespondenz von Bayernbriefe an immer dieselbe Adresse in Kiel 1867 (!), die alle mit 12x tarifgerecht frankiert wurden, das nur zum Beispiel.

    De facto war es, wie du richtig schreibst, ein DÖPV-Brief - aber Schleswig war nie Teil des DÖPV ... das hat sich Preussen zunutze gemacht hier.

    Alternativ könnte man die "Mehr 2-Sgr." als Transitkosten für die Leitung über Frankreich ansehen, die ja von Bayern aus Mitte Juli 1866 für Sendungen in die Stadtstaaten und Dänemark Vorschrift waren, auch wenn hier keine Leitung über Frankreich erfolgte.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Also wenn man Dänemark als Unbeteiligten ausnimmt, wie sollte sich dann die Aufteilung des Francos - 7 Schilling, oder 5 Sgr - zusammensetzen? 3 für Preußen und 2 für Schleswig?

    Eine Leitung über Frankreich (unter Bezugnahme auf die bayerische Postverordnung No. 24'108 vom 18.7.66) war ja nicht obligatorisch: "Es wird hiermit eröffnet, daß während der in Folge des gegenwärtigen Kriegszustandes eingetretenen Störungen im Verkehre mit Preußen der Correspondenzverkehr mit diesem und den übrigen norddeutschen Staaten... nach einem mit der französischen Generalpostdirektion getroffenen Übereinkommen durch Vermittlung letzterer ermöglicht ist."

    Eine Leitung über Frankreich wurde ermöglicht aber nicht zwingend vorgeschrieben!

    Ich kann jetzt nicht sagen, ob die Transitkosten durch Frankreich genau den 2 Sgr entsprechen würden, die Du für das Franco von insgesamt 5 Sgr für die Briefbeförderung ansetzt. Dann hätte die Post dem - zwar bezahlten aber nicht explizit auf dem Brief vermerkten - Wunsch des Absenders, den Brief über Frankreich zu leiten, nicht entsprochen.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo,

    nachdem Dänemark nicht mehr die Hoheit in Schleswig-Holstein hatte, wurde anfänglich trotzdem noch der Vertrag mit Dänemark weiter angewendet (dänischer Anteil = 2 Silbergroschen). Das änderte sich am 12.August 1865. Danach betrug die Taxe 3 Silbergroschen (= 4 Schilling).
    Der rückseitige schwache Stempel ist ein Bahnpoststempel aus Schleswig-Holstein: "SCHLESW.POST-SPED.BUR. ... südlich". Nicht ungewöhnlich für die Beförderung bis Hamburg.

    Viele Grüße
    nordlicht

  • Vielen Dank ans nordlicht für diesen Aspekt der Aufklärung.

    Also betrug die Brieftaxe 3 Sgr, ohne Einbezug von Dänemark.

    @Ralph: wo siehst Du ein Franco von 7 Schillingen? Ich interpretiere die handschriftliche Franco-Angabe 3/2 als 3 Sgr gesamt, davon 2 für die preußische Post.

    nordlicht: wie sieht Deine Interpretation der vorderseitigen Taxierung aus?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Also heißt das, es wurden (statt üblicherweise 3 Sgr = 4 Schilling) hier 5 Sgr bezahlt?

    Kann man das so aus dem "Bruch" 3/2 ableiten?

    Und wer hat dann wieviel bekommen???

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Normalerweise zeigt der Bruch den Fremd- und Eigenanteil. Das war aber 1866 2/1 (Sgr).
    3/2 wäre es bei einem Brief, der noch nach dem vorherigen Postvertrag (mit Dänemark) taxiert wurde, oder es gab tatsächlich Mehrkosten, deren Grund ich aber nicht erkennn kann.

  • Lieber Wilfried,

    ja, eindeutig für mich eine 7.

    Der Zuschlag für die Leitung über Frankreich betrug 6x = 2 Sgr.. Ob es eine Instruktion für Dänemark gab, die Briefe nach Süddeutschland (und Österreich?) über FR zu leiten, weiß ich leider nicht. Da müssten mal die Kenner dieses Gebietes nachschauen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ... die bayer. VO galt auch für die Stadtstaaten, also z. B. Hamburg, wohin es einen entsprechenden Brief gibt. Und deiner kommt ja noch von deutlich nördlicher ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Also können wir festhalten, dass der Brief gegenüber einem regulär taxierten aus 1866 (3 Sgr = 4 Sh) nach Bayern um 2 Sgr bzw. 3 Schilling teurer bezahlt wurde. Ob das irrtümlich unter Bezugnahme auf den alten Postvertrag mit Dänemark geschah, oder weil der Absender die Leitung über Frankreich wünschte - dies aber nicht explizit vermerkte und die auch nicht zur Anwendung kam, bleibt offen.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Wilfried,

    der Vorteil in jeder Argumentation bei barfrankierten Briefen ist der, dass wir wissen, dass der Absender vor dem Postbeamten stand mit seinem Brief und diesen fragen musste, was er für ihn zu bezahlen hatte.

    Jener muss ihm dann gesagt haben, dass er 7 Schillinge "Cash" kostet, also nicht den normalen Satz von DÖPV-Briefen von 4 Schillingen = 3 Sgr.. Wäre seine Intention gewesen, ihn über Frankreich zu leiten, hätte er sicher diesen Vermerk angebracht bzw. anbringen lassen. Dieser Vermerk mangelt aber.

    Daher halte ich es für wahrscheinlich, dass er nach dem alten dänischen Tarif abkassierte.

    Bei einer Markenfrankatur wäre nur noch zu raten (überfrankiert, unterfrankiert), aber hier bei der Barfrankatur scheint mir alles klar zu sein.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    das klingt plausibel. Allerdings frage ich mich, hinter welchem Mond der Postbeamte gelebt haben muss, dass er ein Jahr nach Vertragsanpassung immer noch nach dem "dänischen" Tarif abkassierte.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • ... na ja, umgekehrt kosteten die Briefe 12x, das ist ja auch mehr als die 9x, die der DÖPV hätte vorsehen können ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,

    wäre eine Gewichtsprogression eine Erklärung für den Tarif von 5 Sgr (7 Schillingen)? Ich kenne mich mit den Gewichtsmaßen in Schleswig und der Taxierung schwerer Briefe nicht aus, da müsste wieder ein Kenner ran...

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • ... nein, alles einfach und bei dem Damenkuvert ist eine 2. Gewichtsstufe auch unwahrscheinlich.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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