Bayern - Frankreich in der Pfennigzeit

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!


    Dank eines Hinweises vom lieben bayern klassisch (dem ich hierfür nochmals herzlich danken möchte) konnte ich folgenden Brief, der von Beaucaire nach Lichtenfels gelaufen ist, erwerben.
    Frankiert mit 25 c (Mi-Nr. ?), Marke entwertet mit Zweikreisstempel Beaucaire 8. August 1882, gleicher Stempel als Aufgabestempel. Die Marke wurde links unten kopfstehend aufgeklebt, da die Stempel zentrisch und gerade sind, lässt sich vermuten, dass der Brief "kopfstehend" gestempelt wurde. Siegelseitig befindet sich als Ankunftsstempel ein großer Einkreiser von Lichtenfels vom 10. August.
    Leider habe ich für diese Zeit keine Literatur. Ich hoffe, dass mich einer der Experten bei der Beschreibung unterstützen kann.


    Viele Grüße


    kreuzer

  • Hallo kreuzer,


    ich kann nur wenig dazu beitragen, freue mich aber sehr, dass du einen schönen Brief aus Frankreich in deinen Heimatort hast schießen können. :)


    Obwohl der Allgemeine Postverein, der spätere Weltpostverein, in französischer Währung alles abrechnete, trat Frankreich selbst statt zum 1.7.1875 erst zum 1.1.1876 diesem bei. Als Auslandsfranko wurde der Satz von 25 Centimes = 20 Pfennigen festgesetzt für einfache Briefe bis 15g.


    Bayern bekam hier gar nichts mehr, im Gegensatz zu vorherigen Postverträgen, weil Bayern keine Postverträge mit Frankreich mehr schließen konnte und daher als Reichspostgebiet galt.


    Vlt. findet sich mal ein Brief in Gegenrichtung - würde eine schöne Seite geben. Leider scheint es viel mehr Briefe Bayerns in den 1860er Jahren gegeben zu haben, als danach. Gerade Briefe in der Pfennigzeit der 1870er Jahre sollte man nicht verschmähen - sie sind nicht häufig, kosten wenig und sehen sehr gut aus.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    • Offizieller Beitrag

    Hallo bayern klassisch!


    Vielen Dank für die Information, die natürlich mal wieder viel mehr war als "nicht viel" :D
    In meinen Heimatort lief er leider nicht ganz, aber zumindest eine oberfränkische Destination und nicht so weit weg.
    Werde mal die Augen offen halten, ob ich noch ein Gegenstück in die andere Richtung finden kann.


    Viele Grüße


    kreuzer

  • Liebe Freunde,


    in der Hoffnung, dass der liebe kreuzer, wenn er wieder vom Urlaub heimgekehrt sein wird, diesen Thread in "Bayern - Frankreich in der Pfennigzeit" umbenennen möge, zeige ich einen leeren Brief aus München von der "Legation de France à Munich" an den "Ministre du Commerce Office National du Commerce Exterieur 3 rue Feydeau Paris", welcher portofrei ( ! ? ! ) abgegangen und angekommen ist. Das Jahr 1906 scheint gesichert.


    Siegelseitig noch wunderschön das blaue Siegel des Absenders, welches besonders gut mit dem frontseitigem Stempel korrespondiert. Mein Dank geht an den lieben Emmanuel, der mit das gute Stück vermittelte. :P

  • Hallo Ralph,
    Sehr schöner Brief!
    Dieser Brief hat keine Diplomatenpost benutzt, weil sie ein tagesstempel von München trägt. Er wurde im Postamt n ° 34 in München postiert.
    Die Botschaften nützten keine Portofreiheit, aber die Post am Handelsministerium, ja.


    Emmanuel.

  • Hallo Emmanuel,


    danke! Ist diese Portobefreiung irgendwo geregelt? Botschaften und Konsulate waren nicht portofrei - daher müsste es für diese Art von Briefen eine Franchise gegeben haben.


    Galt das auch anders herum, also von Paris nach München? Hast du solch einen Brief?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,
    Da ich dir sagte, nützen die Botschafter keine Portofreiheit aus, wenn sie an Privatpersonen schreiben. Die Ministerien nützten die Portofreiheit für ihre Post (Versand wie Empfang).
    Also, wenn man an einem Minister schrieb, wurde die Post Portofrei gesandt.


    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hallo Emmanuel,


    bei einem Brief aus München musste die bayer. Post eine Portofreiheit zuerkennen. Hier war das der Fall, wenn es kein Fehler war.


    Die Frage stellt sich aber, warum? Ähnliche Briefe waren nicht portofrei. Wer der Empfänger war, dürfte hier egal gewesen sein.


    Ein Bayer hätte auch nicht portofrei an den französischen Empfänger schreiben dürfen.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,


    Die Mehrheit der konsularischen Post nach Frankreich wurde durch die Diplomatenpost gesandt. In diesem Fall, wurde Dein Brief durch die bayerische Post befördert. Das war, vielleicht schneller als die Diplomatenpost.
    Die unterschiedlichen Postverwaltungen tauschten sich Informationen über die Personen aus, die von der Portofreiheit profitieren konnten. Die bayerische Post sollte sicher wissen, daß der französische Minister des Handels diese Portofreiheit ausnützen sollte.


    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hallo Emmanuel,


    Die bayerische Post sollte sicher wissen, daß der französische Minister des Handels diese Portofreiheit ausnützen sollte.


    da bin ich mir nicht so sicher ...


    Aber wir werden keine Unterlagend auf die Schnelle finden, die eine Portofreiheit beweisen bzw. eine Portofreiheit ausschließen - von daher ist darauf zu achten, ob noch weitere Belege dieser Art auftauchen und wie diese behandelt worden sind. Das gibt zwar letztlich auch keinen Aufschluß über die richtige Verfahrensweise, aber vlt. einen Anhaltspunkt.


    Ich danke dir für deine Geduld.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Emmanuel,


    vielen Dank fürs Zeigen dieser beiden Schmuckstücke, die ja Parallelen aufweisen.


    Entweder es gab, wie du vermutest, nationale oder gar internationale Bestimmungen, die derlei Korrespondenzen portofrei stellten, oder es gab Ahnungslosigkeit in 2 Ländern, wie diese Briefe zu behandeln waren.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Sammlerfreunde,


    so ein Leporello kann schon ordentliche Ausmaße haben, hier liegen sie bei rd. 70 cm.





    Warum man hier allerdings eine Nachtaxe von 25 Centimes abverlangte erschließt sich mir nicht ganz. Die Drucksache ist zwar nicht als solche versendet worden, aber als Auslandspostkarte korrekt für 10 Pf freigemacht. Ich wüßte jetzt auch nicht, dass man ein beschriftetes Leporello wie einen Auslandsnormalbrief mit 20 Pf hätte freimachen müssen, oder weiss hierzu jemand mehr ?


    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Hallo Dieter,


    hab`s mal gewogen, genau 10,5 Gramm. Die Auslandsdrucksache kostete damals bis 50 Gramm 5 Pf, der Auslandsnormalbrief bis 20 Gramm 20 Pf. Hier wurde die Nachgebühr wie für einen nur mit 10 Pf freigemachten Auslandsnormalbrief erhoben (doppelter Fehlbetrag von 10 Pf = 2 x 12 1/2 Centimes = 25 Centimes). Aber es ist ja nun kein Brief. Auffällig ist, dass der in solchen Fällen üblicherweise angebrachte deutsche Taxstempel ("T" im Rechteckrahmen) fehlt, das hätte schon in Landau passieren müssen. Es ist nur ein Taxvermerk in Blaustift unter den französischen Portomarken angebracht. Vielleicht hat man das in Frankreich wegen dem Inhalt in irgend einer Weise anders gesehen. :/


    Grüße !

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,


    da ich die Französischen Vorschriften nicht kenne, hatte ich die Vermutung einer Gewichtsbegrenzung für Postkarten wie diesen Leporello. Wie du richtig schreibst, hatten die Franzosen andere Ansichten als die Deutschen.


    beste Grüße


    Dieter


    PS: Neuer Rechner war 30 Stunden nach Bestellung da. :)

    Windows läuft, aber die zusätzliche Festplatte muß ich noch einbauen.

  • .... jetzt müsste man mal erforschen, ob diese Leporellos auch in Frankreich gang und gäbe waren und wie sie dort frankiert bzw. taxiert wurden? Ich weiß nicht, ob der Weltpostvertrag für dergleichen Stücke schon eine taxmäßige Ansage hatte - vlt. haben die Franzosen das ganze Ding für einen Brief angsehen und entsprechend taxiert?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Tim,


    Diese Drucksache kann als "unregelmäßig" betrachtet werden, da sie zu viel handgeschriebenen Text enthält.


    Die Nachtaxierung wird von Bayern und nicht von Frankreich gebeten (Blau "T"). Bayern war die erste, der diese Drucksache für unregelmäßig hielt.


    Viele Grüsse.

    Emmanuel.

  • Dieses Leporello hat den Vorschriften für Postkarten wiedersprochen (§11 Abs IV der Postordnung für das Königreich Bayern von 1900) und deswegen hat man es als Drucksache deklariert. Leider hat der Absender ein viel zu großes Mitteilungsbedürfnis gehabt und deswegen konnte die Sendung als Drucksache nicht anerkannt werden. Das war dem Absender natürlich klar und er hat das Leporello als Postkarte frankiert. Da dies auch nicht zulässig war kam die Briefgebühr in Ansatz.

  • Meine Freunde,


    so wie ich mich über das Leporello gefreut habe - nämlich riesig - freue ich mich jetzt auch über den von Euch Schritt für Schritt geklärten Hergang der Dinge. Das war mal wieder ganz große Extra-Klasse, herzlichen Dank + Gruß !


    vom Pälzer :)

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis