Briefpost in die besetzten französischen Gebiete

  • Liebe Freunde,


    im Anhang zeige ich eine Neuerwerbung des letzten Quartals, deren Besitz mich besonders freute. Es gibt halt Belege, die man jahrelang vergeblich sucht, die selbst mit erheblichem finanziellen Aufwand nicht zu beschaffen sind.


    Ab 26. September 1870 galt für einfache Briefe zwischen Luxemburg und den besetzten französischen Gebieten der Inlandstarif zwischen den Vertragsstaaten NDB, Baden, Bayern, Württemberg, Österreich-Ungarn und Luxemburg in Höhe von 12 1/2 Centimes. Dieser Tarif war gültig bis einschließlich 23. März 1871. Die französische Post nahm offiziell am 24.3.71 ihre Arbeit in den besetzten Gebieten wieder auf und die alten Auslandstarife nach Luxemburg wurden wieder gültig.


    Wer kennt weitere Belege aus, bzw. nach Luxemburg?


    Gruss
    1870/71

    • Offizieller Beitrag

    Hallo 1870/71


    Es ist ein ganz unbekanntes Gebiet für mich, und ob ich mal gesehen habe, dann weiss ich es nicht. So besten Dank für Zeigen. :)
    Ein schöner und interessanter Brief.

    Wer kennt weitere Belege aus, bzw. nach Luxemburg?

    Meinst du dass Belege aus oder nach Luxembourg zu dieser Zeit, also 26.9.1870-23.3.1871 extrem selten sind?


    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,


    ich kenne keinen weiteren Brief, der zwischen Luxemburg und den besetzten Gebieten gelaufen ist. Briefe aus Elsass und Deutsch-Lothringen nach Luxemburg sind mir bekannt, aber halt auch keine Massenware.


    Beste Grüsse
    1870/71

  • Hallo in die Runde,


    vlt. ist in diesem Zusammenhang der noch interessant? Ich belasse ihn mal mit meiner Beschreibung auf dem Ausstellungsblatt.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber bayern klassisch,


    Gratulation zu diesem seltenen Stück!


    Mit Circular Nr. 4 vom 26.9.1870 gab die Administration der Posten für die besetzten Gebiete bekannt, das Briefpost zwischen den Vertragsstaaten Norddeutscher Bund, Baden, Bayern, Württmberg und Luxemburg zum Inlandstarif zu behandeln sind. Möglicherweise war diese Vergünstigung dem Absender zu diesem frühen Datum noch nicht bekannt.


    Der zweite Teil deiner Briefbeschreibung ist nicht richtig. Straßburg i.E. kapitulierte am 28.9.70. Am 4.10.70 gab der Oberpostdirektor für das Elsaß (Mießner ) die Einrichtung der Oberpostdirektion Straßburg bekannt. Am 10.10.70 wurde das Eisenbahn-Postamt Nr. 23 in Straßburg eingerichtet.


    Besten Gruß
    1870/71

  • Lieber 1870/71,


    vielen Dank für die Korrektur - wird baldigst eingearbeitet. :)


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber HOS,


    ein ganz wunderbarer Dienstbrief mit tollem Inhalt. Glücklich, wer solch ein Stück Zeitpostgeschichte in der Sammlung hat. :P:P


    Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo HOS,


    Wenn du sagst:"Ich vermute, dass der deutsche Postamtsverwalter keinen französischen Stempel verwenden wollte. Wenn es dennoch unumgänglich war, dann aber einen, in dem wenigstens das Wort „Bayern" (BAVIERE) vorkommt",
    ist es möglich, eine andere etwas pragmatischere Lösung in Betracht zu ziehen: das französische Personal hatte das ganze Material des Postamtes mitgenommen, ganz einfach das Grenzübergangsstempel vergessend ?
    Der postverwalter Weber hat keine andere Auswahl gehabt daß, ihn zu benutzen, wenn er über jeden Brief nicht schreiben wollte, dem Namen des Postamtes und des Datums.
    Andere Kollegen von Weber haben weniger Skrupel gehabt, französische Stempeln zu benutzen, wenn sie sie fanden inzwischen die neuen Stempeln zu bekommen.


    Das ist trotzdem ein sehr schöner Brief.


    Emmanuel.

  • Hallo in die Runde,


    es gab auch noch den Einzeiler "Wissembourg", den ich auf mehreren Feldpostkarten nachweisen kann (schwarz und blaue Abschläge kenne ich). Mal sehen, ob ich noch einen habe.


    Wenn die Kanonen donnerten, dürfte es egal gewesen sein, ob und welche Stempel man zurück ließ. Stempel sind nur Stempel ...


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber vals59,


    natürlich könnte es auch so gewesen sein wie Du es beschreibst. Wir werden es wohl nie erfahren. Aber es ist doch schön, wenn man etwas fabulieren kann ;) . Jedenfalls vielen Dank für Deine Antwort.


    Schönen Abend


    HOS

  • Lieber HOS, lieber vals59,


    Gratulation zu diesem vorzüglichen Brief mit dem sich forschen läßt.


    Am 1.10.1870 nahm die OPD Straßburg ihren Dienst auf, dies gab Mießner am 4.10. bekannt.


    Emmanuel liegt mit seiner Meinung richtig. Die deutschen Postler benutzten in den besetzten Gebieten vorgefundene franz. Stempelwerkzeuge, die dann mit der Zeit in Elsaß und Deutsch-Lothringen durch deutsche Stempelgeräte ausgetauscht wurden.


    Anhängend zeige ich den von bayern klassisch erwähnten Einzeiler von Weissenburg auf badischer (!) Korrespondenzkarte, geschrieben von E. Leinhaas von der Freiwilligen Krankenpflege. Aus dem rückseitigen Text: "Morgens 10 Uhr Weissenburg, Dienstag d. 20/9 70. Wieder einmal über die Grenze. Das Schlachtfeld fast schon gänzlich umgepflügt. Handel u. Wandel wie im Frieden..."


    Gruss
    1870/71

  • Liebe Freunde,


    ein Mitbringsel aus Sindelfingen ist diese kleine Brief, der mir interessant erschien.


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    Am 30.9.1870 sandte man von München aus einen einfachen Brief an Herrn Friedrich Freiherrn von Harsdorf, königlich bayerischer Lieutnant im 3. Cheveauxlegers Regiment in Freising.


    Als der Brief in Freising ankam, stellt man ihn, wie alle Briefe an Mitglieder militärischer Einheiten, der empfangsberechtigten Person in der Kaserne zu. Dort war unser Lieutnant aber nicht mehr zu erreichen, denn der vor gut 2 Monaten begonnene Krieg gegen Frankreich hatte seines Tatendrangs bedurft und ihn in der Heimat abkömmlich werden lassen.


    Daher schrieb man mit rosa Tinte "2. A C", was ich mit 2. Armee Corps interpretiere.


    Nun war die Adresse zu korrigieren in "Nicht beim Reg(iment) Freising".


    Oben lese ich noch "1. Grenadierdivision" und "1. bayerisches Armeecorps".


    Die Leitung erfolgte somit von Freising in einen besetzten Teil Frankreichs (welchen, wer kennt die Location dieser Truppenteile und kann den dienstlichen Werdegang unseres Lieutnants nachvollziehen?).


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber bayern klassisch,


    der oberste Vermerk heißt "1. Armee-Division" und nicht "Grenadier-Regiment". Das 3. Chevauxlegers-Regiment gehörte lt. allgem. Truppenübersicht vom 16.7.1870 (?) zur 1. bayer. Inf.-Div., welche zum I. bayer. Armee-Korps gehörte (3. Armee).


    Nach der Schlacht von Sedan war das I. bayer. Armee-Korps an der Einschließung und Belagerung von Paris ab 19.9.70 beteiligt. Ich kann auf Anhieb nicht sagen, ob das 3. Chevauxlegers-Regiment Anfang Oktober 70 ebenfalls vor Paris war.


    Friedrich Freiherr von Harsdorf war Seconde-Leutnant und überstand der Krieg unbeschadet.


    Gruß
    1870/71

  • Lieber 1870/71,


    vielen Dank für deine Korrektur und Anmerkungen zu den handelnden Personen bzw. Dienststellen. Das hilft mir schon weiter. :)


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo zusammen,
    Hier ein Brief, den ich Mühe zu erklären habe.
    Es handelt sich um einen Portobrief von Paris nach Arcy sur Cure (Departement Yonne). Dieses Departement war teilweise von deutschen Truppen 1871 besetzt.
    Nach der Konvention vom 3. Februar 1871 sollten die einfachen Briefe aus Paris zu den besetzten Departements gehenden Briefe mit 20 c bei der Abfahrt (teilweise) frankiert sein und mit ein Nachgebühr von 20 c bei der Ankunft belastet sein.
    Der Brief ist im Postamt rue d'Enghien am 2. Februar 1871 postiert gewesen. Es gibt kein Ankunft - oder Transitstempel. Da der Brief unfrankiert war, hat das Postamt sein Porto-Datumstempel geschlagen. Das 30 c Porto ist gestrichen gewesen.
    Es ist ganz abnorm, daß dieser Brief unfrankiert gewesen ist. Er ist dennoch wirklich mit der Deutsche Postverwaltung und und besonders Auswechselungsstelle von Versailles angenommen gewesen, die ihr 20 c Portostempel angebracht hat.
    Bei der Ankunft ist dieses Portstempel auch ist gestrichen gewesen und durch ein 5 decimes Nachporto ersetzt gewesen. 5 décimes = 30 c französisches Inland- Nachporto + 20 c deutsches Nachporto.
    Hätte jemand eine Erklärung?


    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hallo Emmanuel,


    Gratulation zu diesem interessanten Brief, der typisch für die turbulenten Postverhältnisse innerhalb der besetzten französischen Gebiete nach dem Waffenstillstandsvertrag vom 28. Januar 1871 ist.


    Da der Brief regelwidrig unfrankiert aufgegeben worden war, ist er zunächst in Paris liegengeblieben. Für diese Annahme spricht der auf der Rückseite fehlende Zensurstempel der Auswechslungsstelle Versailles. Am 14. Februar 1871 wurde ein Zusatzabkommen geschlossen, das den Postverkehr von Paris in die besetzten französischen Gebiete, etc. erleichterte. Nach dem 14. finden wir keinen Versailler Zensurstempel mehr!


    Dein Brief erreichte nach dem 14. Februar den Adressaten, der 5 Décimen zu zahlen hatte. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die französische Post in Arcy sur Cure ihre Arbeit bereits wieder aufgenommen hatte, und 20 Centimes an die deutsche Administration der Posten abführte.


    Besten Gruß


    1870/71

  • Liebe Sammlerfreunde,


    anbei ein (offener) Brief aus Paris 8. Februar 1871, der Vermenton im Departement Yonne am 19. Februar erreichte. Die 12-tägige Laufzeit verdeutlicht die komplizierten Postverhältnisse nach Abschluß des Waffenstillstandsabkommens vom 28. Januar.


    Am 6. Februar 1871 gab der preußische Präfekt des Departements Yonne in der Tageszeitung "La Liberté" bekannt, daß die Post, die Telegraphie und die Eisenbahn frei arbeiteten und die (französischen) Bediensteten ihre Arbeit aufgenommen hätten.


    Die Arbeit der französischen Postler in Vermenton bestand in der Entgegennahme der Post bei der deutschen Postanstalt ins Sens sur Yonne (Feldpost-Relais Nr. 72), der baren Zahlung des deutschen Nachportos (hier 20 Centimes) an die deutsche Post und der Verteilung und Einziehung des Nachportos in Vermenton.


    Gruß


    1870/71

  • Lieber 1870/71,


    auch unscheinbare Briefe können, wenn man sich mit ihnen auskennt, ein Geheimnis besitzen. Mich hätte der Taxstempel verwundert und ich hätte auf einen unterfrankierten Brief getippt (obwohl dann auch der Zusatz "affranchissement insufissant" hätte beigesetzt werden sollen), so weiß ich es besser.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.