Sondertarif Bayern-Frankreich

  • Liebe Freunde,


    zum Abschluss des Jahres sei mir noch ein Rosinchen zu zeigen gestattet.


    Der Postvertrag Bayern - Frankreich vom 1.7.1847, der ja beiderseits noch keine Marken vorsah, weil es sie schlicht noch nicht gab, wurde zum 1.10.1851 dahin gehend modifiziert, als man von bayerischer Seite anwies, ab sofort das Franko (die Gemeinschaftsgebühr also) erstmals in Marken auszudrücken. Damit war die Geburtsstunde von 18 Kr. Frankaturen aus dem rechtsrheinischen Bayern eingeläutet (höhere Frankaturen nach Gewicht natürlich ebenso).


    Aus der Pfalz gab es die Spezialität, dass Briefe in die naheliegenden Departements "Moselle" und "Bas Rhin", also das Moseldepartement und das Departement Niederrhein, von regulär 12 Kr. (3 Kr. für Bayern und 9 Kr. für Frankeich) nur noch 6 Kr. kosteten (je halbes Loth = 8,75g noch, weil das Zollloth nicht galt und auch später nur Grammgewichte von Frankreich akzeptiert wurden). Diese 6 Kr. waren halbscheidig zu teilen, also verblieben Bayern 3 Kr., während 3 Kr. (1 "Decime") an Frankreich intern vergütet werden mussten.


    Von besonderem Interesse sind natürlich Briefe aus der Frühzeit, also dem Jahr 1851, die diese Spezialität aufweisen. Mit Marken frankierte 1851er Briefe sind höchst selten, ja den allermeisten Sammlern gänzlich unbekannt und es freut mich sehr, ein feines Stück dieser Besonderheit hier zeigen zu dürfen.


    Es handelt sich um einen Trauerbrief (die Tante war gestorben) aus Grünstadt vom 1.12.1851 nach Bischweiler bei Strasbourg, der nur 6 Kr. Franko kostete (Nr. 4II Pl. 1). Er wurde dem lokalen Paketschlußamt Landau/Pfalz (2.12.1851) zugeleitet, wo er nach Prüfung der Gebühr mit P.D. gestempelt wurde und in das nahe Wissembourg geschickt wurde. Dort erhielt er sogar 2 Grenzübergangsstempel "BAVIÉRE WISSEMBOURG" und den Stempel 14. A.E.D. (14. franz. Grenzpostamt in alphabetischer Reihenfolge, "Affranchi Etranger Destination" = bezahlt bis zum Bestimmungsort) als Zeichen der völligen Bezahlung aller Gebühren vom 2.12.1851, ehe er am Folgetag in Bischweiler zugestellt wurde.


    P. S. Nur ganz nebenbei für die Kataloggläubigen unter uns: Peter Sem erkennt dergleichen Briefen einen Katalogwert von 200 Euro zu ("Einzelfrankatur Grenzporto Frankreich", s. S. 67 der 8. Auflage). Abgesehen davon, das "Frankatur" und "Porto" Gegensätze darstellen, die in einem Satz nicht vorkommen können, ist der angegebene "Wert" ein Witz und ich bin gerne bereit, alle Briefe mit einer 6 Kr. Frankatur von der Pfalz nach Frankreich, egal von wann, von wo genau und nach wohin, mit 100% des Sem - Katalogwertes zu bezahlen. Ich fürchte nur, dafür nicht auch nur einen einzigen bekommen zu können ...

  • Lieber HOS,


    dito - hast du einen aus 1851 von der Pfalz mit Marken frankierten Brief nach Frankreich?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ralph,
    Ich suche seit Jahren einen solchen Brief und bin nicht fündig geworden, von daher kann ich Deine Einschätzung zur Seltenheit voll unterstreichen, dabei müsste der von mir zu findende nicht einmal von 1851 sein. So anspruchsvoll bin ich gar nicht.


    Hallo Leitwege,
    Ich glaube, Ralph ist nicht beleidigt. wenn ich sage, dass Dein Brief eine noch größere Granate ist. Da kann man nur gratulieren.


    Liebe Grüße und allen einen Guten Rutsch von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Hallo in die Runde,


    auch von mir die besten Glcükwünsche zu solchen Rosinen, der Sondertarif Fr-Bay ist nun wirklich absolut handverlesen :thumbup:


    Eine 4I nach Frankreich-Unikat- so etwas ist sogar noch grösseres Kino, beides TOP :P:P


    auch von hier einen guten Rutsch in ein gesundes und erfolgreiches 2016 :thumbup:

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Lieber maunzerle und Leitwege,


    den Brief aus München wollte ich bei Köhler kaufen und hatte ihn 10 Minuten in meinen Händen - kaufte bzw. bebot ihn aber nicht, weil er mir (auch oder gerade nach Lesen des Inhalts) als zumindest dubios erschien.


    Ich halte es für wahrscheinlich, dass die Marke auf diesem simplen Portobrief nicht gehört, denn die Absenderin in München war eine Französin, die sicher keine Marken der Erstausgabe Bayerns im August des Jahres 1851 in ihrer Börse hatte, sondern für einen Urlaubsbrief in ihre Heimat sicher zur Post gegangen wäre, wo man 1. eine 4I schon lange nicht mehr führte und ihr 2. gesagt hätte, dass sie 18 Kr. bar zu zahlen hätte, oder den Empfänger 5 Decimes zahlen lassen konnte. Da 5 Decimes x 2,85 Kr. = 14,25 Kr. wert waren, kosteten also Frankobriefe aus Bayern nach Frankreich fast 4 Kr. mehr (ein Mittagessen!), als Portobriefe. Da kann sich auch ein nicht vorhandenes Mathematik - Genie leicht ausmalen, warum es nur wenige 18 Kr. Briefe gab ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo maunzerle,


    leider nicht meiner, da ich in der 2.Liga spiele, nicht in der Champions League. ^^


    Hallo bayern klassisch, dachte ich auch, dass hier was nicht stimmt, aber wenn im Attest steht ... " Marke zum Brief gehörend" :?:


    Viele Grüsse
    Christian

  • Lieber Bayern Klassisch,


    unsere Beiträge haben sich überschnitten, es würde mich aber schon wundern, wenn ein Attest des von uns sehr geschätzten Prüfers nicht in Ordnung wäre.


    Andererseits erscheint es mir auch nicht sehr plausibel, dass die Münchener Post einen Brief mit 6Kr auf den Weg nach Frankreich gibt ohne zumindest "Boite"o.ä. zu notieren:?::?:

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Hallo Leitwege,


    die Authentizität von Marke und Brief ist eine Sache, die man besser nicht bespricht - sonst könnte vieles neu attestiert werden müssen. Ich habe mir den Brief lange angeschaut, weil ich ihn schon seit den 1970er Jahren kenne und bewunderte. Ich hätte ihn mir auch kaufen können, weil er bei 1.000 € Ausruf nur 3.700 € Zuschlag brachte.


    Kannst du dir vorstellen, was eine zweifelsfrei echt aufgeklebte 4I nach Frankreich tatsächlich kosten würde? Bei der 3. Kirchner - Auktion am 27.3.2010, Los Nr. 13, war nicht der Teufel los, wie man bei einem lächerlichen Ausruf von 1.000 € hätte meinen können, sondern es ging beschaulich auf 3,7k rauf - wohl eher ein Fünftel dessen, was man hätte mindestens rechnen können, wenn eine Erstausgabe zweifelhaft echt (übergehend) gestempelt worden wäre.


    Insofern freue ich mich für seinen Besitzer, falls doch alles echt sein sollte - dann hat er den Schnapp seines Lebens gemacht; wenn nicht, war es ein teures Vergnügen, weil 80 Euro für eine lose 4I und 10 Euro für einen simplen Portobrief für 3.700 € plus Rollgeld doch etwas viel gewesen sein könnten.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch ()

  • Lieber Bayern Social,


    Lieber Bayern Klassisch,


    unsere Beiträge haben sich überschnitten, es würde mich aber schon wundern, wenn ein Attest des von uns sehr geschätzten Prüfers nicht in Ordnung wäre.


    Andererseits erscheint es mir auch nicht sehr plausibel, dass die Münchener Post einen Brief mit 6Kr auf den Weg nach Frankreich gibt ohne zumindest "Boite"o.ä. zu notieren:?: :?:


    1. Es fehlt der Franko - Vermerk. Gut, eine Französin (Ausländerin) musste das nicht unbedingt wissen, aber die Post hätte schon darauf drängen können, denn er war Vorschrift.


    2. Die Absenderin steht mit einem Brief am Schalter nach Frankreich - also 18 Kr. zahlen, oder nichts. Wo sollte sie als Reisende im August 1851 eine 4I herzaubern, die es in München seit fast einem Jahr nicht mehr gab? Warum hätte sie überhaupt irgendeine Marke applizieren sollen, wo doch Portobriefe 90% oder mehr der Korrespondenzen ausmachten?


    3. Wenn die Marke, unlogisch, doch wie auch immer, schon auf einem Brief platziert worden wäre, hätte man sie abgenommen (war ja noch gültig bis 1864!) und den Brief als Portobrief verschickt. So war alles verloren.


    4. Wie du richtig schreibst, hätte man "Boite" notierten müssen (war ja auch französisch, immerhin) und "ungiltig" unter bzw. neben die Marke schreiben müssen, damit man sieht, dass hier nichts bezahlt war, weil in Marken nichts bezahlt werden konnte. Auch diesen Vermerk vermisse ich ...


    Ich schätze den lieben Franz Stegmüller sehr, aber jeder Sammler muss mit sich selbst ausmachen, ob er etwas in dieser Größenordnung kauft, oder nicht. Ein Attest ist ein Hilfsmittel, mehr nicht. Die Entscheidung, zu kaufen, oder es sein zu lassen, trifft allein der Sammler, niemand sonst. Ich habe die Entscheidung getroffen, nach Lage der Dinge nicht zu bieten/kaufen. Für mich war das die richtige Entscheidung.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • zu post 123:


    Lieber bayern klassisch,


    hätte ich gerne, habe ich aber nicht!


    Aber man muss ja noch Ziele und Wünsche für das neue Jahr haben. :rolleyes:


    Gruß


    HOS

  • Lieber HOS,


    wenn du keinen hast, hat auch kein anderer einen - danke für das Feedback! :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • sei mir noch ein Rosinchen zu zeigen gestattet.


    Hallo bk,


    "Bömbchen" oder "Bombe" wäre auch nicht falsch, die Pfalz liegt Dir zu Füssen. :P :P :P


    Guten Rutsch an alle + Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis


  • Lieber Bayern Klassisch,


    sehe ich auch alles so :thumbup::thumbup:

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Hallo Pälzer,


    ja, etwas "Understatement" von mir sei auch mal gestattet. :thumbup:


    Lieber Bayern Social,


    dann sind wir einer Meinung - es gab ja total 3 Atteste, die alle gleich lauteten, von Pfenninger über Brettl bis Stegmüller.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Freunde,


    zuerst meinen Glückwunsch an Bayern klassisch zu dem schönen (und dann noch sehr günstig gekauften) Brief von der Pfalz nach Frankreich.
    Ich hatte ihn auch gesehen, habe aber zu lange gezögert. BK war schneller.


    Ich habe auch deshalb etwas gezögert, weil ich schon einen ähnlichen Brief habe - von Göllheim nach Bischwiller. Er datiert vom 22.11.1851.


    Den Brief habe ich bestimmt schon mal gezeigt. Aber er passt ja genau in die derzeitige Diskussion, deshalb also hier nochmal.


    Viele Grüße und ein gutes neues Jahr an alle im Forum
    bayern-kreuzer

  • Lieber Bayern-Kreuzer,


    ui - noch früher als meiner und auch sehr schön. Da hast du einen Klassebrief an Land gezogen, Glückwunsch! :P:P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Freunde,


    Heute kann auch ich auch einen solchen Sonder-Tarif-Brief wie in den posts 121 und 137 zeigen. Näher beschrieben braucht er deswegen hier nicht mehr zu werden. Auch er stammt aus dem Erstjahr 1851.


    Was jedoch in materieller Hinsicht vielleicht nicht ganz uninteressant ist, ist der Vermerk des (eines) Vorbesitzers auf der Rückseite, den ich hier eingescannt habe, bevor ich ihn jetzt dann gleich ausradieren und dann für immer in Vergessenheit verschwinden lasse. Da lesen wir, dass der gute Mann den Brief im Jahre 1983 für DM 310,-- erworben hat. Bei einem Zuschlag 2016 von € 380,-- dürfte er jetzt € 340,-- dafür ausbezahlt bekommen, was heute wiederum DM 666,-- entsprechen würde. Über 33 Jahre errechnet sich so ein Gewinn von 115%, was einschließlich Zinseszinsen immerhin eine Rendite von knapp 3.5% per annum ergibt. Davon kann man heute bei Spareinlagen nur noch träumen. Wer nun entgegnet, dass es während eines Großteils dieser Laufzeit bei den Banken noch Zinssätze gab, die teils bei einem Vielfachen lagen - wie hier bei mir in meinen eigenen vier Wänden geschehen - hat zwar recht, kann mir aber die Freude an meinem Schmuckstück nicht im geringsten verderben, denn wir sammeln ja schließlich nicht Renditen, sondern Postgeschichte.


    Viele Grüße von maunzerle :thumbup:

  • Lieber Peter,


    damit dürftest du der einzige Sammler sein, der 2 Pfalzbriefe mit Markenfrankatur aus dem Jahr 1851 zeigen kann - wow, ich kann das nicht (und konnte es nie).

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.