1870/71 kriegsbedingte Leitungen über die Schweiz

  • Guten Abend,


    in diesem Beitrag, S.425...


    https://badische-heimat.de/wp-…ergessene-Krieg.indd_.pdf


    ...wird u.a. darauf hingewiesen, dass Franktireurs und französische Mobilgarden Anfang September 1870 mehrmals die Bahnlinien südlich von Neuenburg am Rhein - also auf deutschen Boden - angegriffen haben, aber von bewaffneten Schutzwehren und badischen Militär wieder vertrieben worden sind (Quelle ?). Ob das seinerzeit den Bahnverkehr beeinflusst hat > ganz ganz großes Fragezeichen.


    Derartiges kann m.E. aber auch nichts mit einem Brief zu tun haben, der 2 Monate später in 1 1/2 Tagen von Leipzig nach Freiburg i.Br. gelaufen ist. Ich spekuliere aber nicht. Um das endgültig zu verifizieren, müsste man die damaligen Zeitungen der Gegend überprüfen, ein m.E. enormer Aufwand, für eine evtl. Kriegsumleitung sicherlich aber lohnend.


    Hier der link zu der Digitalisierung der Freiburger Zeitung, auch von 1870...


    http://fz.ub.uni-freiburg.de/show/fz.cgi?pKuerzel=FZ


    ...dann kann man evtl. weitersehen.


    Hier auf S.1778...


    http://www.arbeitsgemeinschaft…/Rundschreiben_Nr_142.pdf


    ...noch etwas zu dem eigentlichen Ursprung des Abschlags Schweiz über Baden...der Sinn dessen zu späterer Zeit wie vorliegend 1870 erschließt sich mir immer weniger.


    + Gruß

    Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo 1870/71,


    vielen Dank für den Scan. Den Stempel "Schweiz via Baden" kannte ich noch nicht und kann den auch nicht finden bei James van der Linden. Kennt jemand die Verwendungszeit und -ort?


    Viele Grüße

    Bruno

  • Liebe Freunde,


    ab und an bekommt man Briefe, von denen man zuvor noch hätte träumen müssen ... aber jetzt sind sie real geworden.

    Am 13.8.1870, also mitten in der heißen Phase des Krieges 1870/71, schrieb man einen einfachen, bis 10g schweren Brief aus Bukowitz in Böhmen, zur k. u. k. Monarchie gehörend, der mit 25 Neukreuzern korrekt frankiert worden war, nach Tarbes im Süden Frankreichs. Gerichtet war er an Arthur Dunin.

    Am 15.8. traf er in Wien ein, wo er den P.D.-Stempel als Zeichen der kompletten Frankatur erhielt.

    Wegen der Kriegserklärung vom 19.7.1870 war er nicht mehr über Bayern, Württemberg und Baden nach Kehl/Strasbourg zu leiten, da es keine Leitung mehr nach Frankreich direkt gab, sondern über München und die Schweiz nach Paris, man nennt das eine Kriegsumleitung. Da Wien das Briefepaket mit österreichischen Briefen verschloß und eine Beutelfahne "München" applizierte, lief er natürlich auch mit bayer. Briefen, die von ganz Bayern nach München zu leiten waren, über die CH nach Paris, wo er am 19.8.1870 ankam (damals war Paris noch nicht von den deutschen Armeen eingeschlossen - das erfolgte erst zum 19.9.1870, also genau einen Monat später).

    In Paris öffnete man das Briefepaket aus Wien und München und stempelte alle Briefe Baviere-Strasbourg 2 oder 3, das kann ich hier nicht mit bloßem Auge ausmachen. Österreichische Briefe hatten 25 Neukreuzer Franko aufzuweisen, Bayerische 12 Kr. rheinisch. Bei diesem hier hatte man 2 Marken zu 5 Nkr. siegelseitig verklebt - eigentlich das Zeichen für einen recommandirten Brief und neben den 3 Marken vorne wäre m. E. auch noch Platz gewesen, aber, warum auch immer, präferierte man die Aufklebung der Marken hinten - mir soll es recht sein!.

    Paris leitete ihn umgehend mit der Bahnpost Paris-Bordeaux-Irun nach Süden (20.8.) und in Tarbes wurde er noch am selben Tag zugestellt.

    Für mich ein in jeder Hinsicht überragendes Poststück - dazu mit dem Zielort Tarbes, wohin meine Verwandten vor ca. 400 Jahren aus Bern aus religiösen Gründen flüchteten, ehe sie sich 100 Jahre später am Rhein final nieder ließen.

  • Lieber Ralph,


    wie kommst du auf Paris - Lyon? Ich lese Bordeaux - Irun. Vermutlich in Bayonne ausgeladen und über Pau nach Tarbes.


    liebe Grüße

    Dieter

  • Ui - habs korrigiert, danke fürs Aufpassen! :):)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,


    der ist nicht nur selten, sondern auch noch echt schön, Gratulation ! Der Weg wird wohl ein etwas umständlichererer, zunächst über Augsburg, dann über die Ludwig-Nord-Süd-Bahn nach Lindau, von dort über den Bodensee und dann geschlossen durch die CH gewesen sein. Alle Wetter, da kann man wirklich nicht meckern.


    LG

    Tim 8o

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,


    danke - ist der 3., den ich je gesehen habe - einer davon zurückgesleitet, weil Annahme verweigert, dann einer, der nicht nach Paris rein kam im Krieg und jetzt der - da kann man nicht meckern und, nur proforma, war bei dem Angebot nur die Frontseite abgebildet, nicht der Siegelseite !!!

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • ... nö, nur aufs Datum geguckt, das hat mir gereicht.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Karl,


    nein, leider nicht - die Leitungskosten wurde halbscheidig geteilt.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • ...heißt übersetzt, die eine Hälfte der CH-Transitgebühren fiel an Österreich, die andere an Frankreich ? :/


    LG

    Tim

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  • ... die Hälfte zahlte je die Auf- und die Abgabepost. Ich meine, der Transit kostete 3x, als 1,5x rh. für jeden. Irgendwo habe ich das aufgeschrieben bzw. die VO gescannt, aber wo?

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • ...jo, nach Verfügung No. 92 der schweizerischen Postverwaltung vom 23. Juli 1870 war für das Transit der offen aufgeliegerten Briefe aus den deutschen Staaten 10 Rappen = 3 Kr zu berappen. Dann wird es für das dem DÖPV anhängigen Österreich nicht anderes gewesen sein. War das nicht auch so, dass sich in Friedenszeiten - ohne CH-Transit - der DÖPV und F die Briefgebühr zur Hälfte geteilt haben ? Dann machte es in Kriegszeiten ja Sinn, es für das von der CH während dessen geforderte Transit genauso so zu tun.


    LG

    Tim

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  • Hallo Tim,


    ich meine, dass Briefe zwischen Österreich und Frankreich damals 25 Nkr. bzw. 6 Decimes kosteten. Wie die geteilt wurden, weiß ich leider nicht.

    Österreich war ja als Vertragsstaat nicht mehr im DÖPV und bekam zuvor noch Transitgeld durch Deutschland - ob das 1870 noch so war?

    Hier im Krieg hat man halt auf Geld verzichten müssen, um die Korrespondenzen aufrecht zu erhalten und so viele Briefe über die CH nach Frankreich gab es wohl nicht, als dass das schwer ins Kontor geschlagen hätte. Vlt. wurde auch 10 Nkr. für Österreich und 15 Nkr. für Frankreich gerechnet? Ich kenne leider den PV nicht.


    Gerne würde ich mal französische Briefe über die CH (evtl. auch über Belgien, das war ja auch neutral) und Bayern nach Österreich zeigen - aber so einen suche ich noch, wäre aber ein perfekter Komplementärbrief.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Ralph,


    m.W. entsprachen 12 Nkr = 9 Kr rh. Dann wären 25 Nkr etwa 19 Kr rh. Dann hat Ösiland aber nach dem DÖPV ordentlich drauflegen müssen bei den Korrespondenzen nach F, oder ?


    LG

    Tim

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  • ... noch zu DÖPV-Zeiten kosteten die Briefe 25 Nkr. und 6 Decimes in Gegenrichtung. 6 Dec. entsprachen ja ca. 18x rheinisch, also war das schon gut austariert.

    In den 1850er Jahren kosteten Briefe aber noch 29x CM - das war richtig teuer, wobei die Teilung damals 10x CM jeweils war und Österreich 9x CM als Transitentschädigung bekam.

    Aber das nur off-topic.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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