• Hallo zusammen,


    ich finde es erstaunlich, daß dieses gerichtliche Schreiben erst 12 Tage nach Erstellung im gar nicht so weit entfernten Passau aufgegeben wurde. Gab es so etwas öfter? Ich kann mich nicht entsinnen, so etwas in Preußen gesehen zu haben.


    Viele Grüße


    Dieter

  • Lieber Dieter,


    das hast du fein beobachtet. :)


    Bei besonderen Dienstbriefen wie hier (wegen des Gewichts) kam es in Bayern oft vor, dass zwischen dem Aufsetzen des Schreibens und seinem Absenden mehrere Tage vergingen. Das waren mal 3, mal 5 oder 10 Tage, das hing von mehreren Faktoren ab (franko, teilfranko bis zur Grenze, porto, Auflistung interner Kosten wie z. B. Stempelgebühren usw.).


    Von daher ist hier sicher der Zeitraum an seiner oberen Grenze erreicht, aber es ist nicht ganz außergewöhnlich (hier hätte man noch knoblen können ob Briefpost, Fahrpost, recommandirt usw.).

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    ein Frankobrief aus Nürnberg vom 10.8.1844 an Purger in Gröden in Tirol machte selbst einer Hauptbriefpostexpedition Probleme.

    Siegelseitig lesen wir folgende interessanten Notationen:

    16 gestrichen, 20 belassen und 15 / 15 auch belassen.

    Nun, wenn wir 15 und 15 addieren, kommen wir auf 30x rheinisch, aber die hat der Absender sicher nicht bezahlt.

    Korrekt waren 15x rheinisch Gemeinschaftstaxe für Bayern und Österreich halbscheidung abzurechnen und 5x rheinisch für Bayern als Zuschlag für Briefe nach Tirol.

    Eine Kombination 15 / 15 gab es nie.

    Letztlich war auch die Notation von 20 falsch, auch wenn sie der Höhe nach richtig war, weil 15 plus 5 nun mal 20 sind, aber eben nicht 20x rh. halbscheidig zu teilen, sondern es war immer zu unterscheiden (in der Briefkarte, wie auf den Briefen), wie hoch die Gemeinschaftstaxe war (hier 15x) und wie hoch der nur Bayern zustehende Zuschlag (hier 5x und keine 15x).

    Um potentielle Probleme bei der Tarifierung bereits im Kein zu ersticken (in Nürnberg kannte man den kleinen Ort Gröden in Tirol sicher nicht), notierte man nach Anbringen der Adresse noch: "p(er) Augsburg franco bei Klausen in Tyrol". Aber genutzt hat es wenig ...

  • Liebe Freunde,


    der folgende Brief aus Würzburg vom 04.01.1848 beinhaltet so einige Fragen, die zu beanworten mit Literaturzugriff nicht leicht fallen würde, ohne, wie jetzt seit über einem halben Jahr schon, macht es das nicht leichter ...


    Es ist hinten kein Franko zu erkennen, vorne auch kein Porto. Der Zusatz links unten lautet "Postschein" und stellte den Reco-Wunsch des Absenders dar. Kein Portofreiheitsvermerk, hinten ein Mini-Siegel, aber vorne das liegende X als Zeichen der völligen Bezahlung aller Kosten (Recon in Bayern 4 Kreuzer). Unter der bayer. Reco-Nr. 871 links oben lief er, wie genau kann ich nicht sagen, Richtung Zielort ??? per Horazdiowitz an und kam in diesem Ort am 09.01.1848 auch an, siehe Stempel.

    Ohne neue Postaufgabe wurde die Adresse in "Prag" geändert und der Brief kostenlos weiterspediert, jetzt mit einer neuen Reco-Nr. 752 in Rötel. In Prag kam er am 11.01. auch an und wurde kostenlos zugestellt.

    Empfänger könnte Graf Franz von Boos Waldeck gewesen sein:


    Graf Eduard Franz von Boos zu Waldeck und Montfort
    Genealogy profile for Graf Eduard Franz von Boos zu Waldeck und Montfort
    www.geni.com

  • Lieber Ralph,


    Wieder eine Erklärung vom Feinsten vor welcher ich gerne meinen Hut ziehe.....das mit dem liegenden Kreuz werde ich mir merken...


    Liebe Grüße von der Pappnase Andreas

  • Lieber Andreas,


    zuviel der Ehre - ich kann den Brief ja nicht zweifelsfrei interpretieren. Es gab auch noch den Diagonalstrich bei ähnlicher Funktion.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Andreas,


    theoretisch ist lt. dieses Vertrages alles einfach. Doch dann kommt die Realität und man merkt, wie Nils immer so schön sagt, dass in der Praxis die Theorie nix taugt ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



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    • Offizieller Beitrag

    Hallo Ralph

    Diese Briefe sin immer interessant.

    Ich denke dass der Frankokreuz erst in Österreich vermerkt war, ist ja eher typisch österreichisch als bayerisch. Hat ja auch gleiche färbe wie die Streichung und die neue Adresse.

    Warum dieser Adelige in Bayern nicht bezahlt hat ist ein Rätsel. Aber nachdem der Brief eingeschrieben war, kann es vielleicht ein königlichen Absender sein?


    Die Familie Boos von Waldeck hat übrigens eine sehr interessante Geschichte.


    Viele Grüsse

    Nils

  • Hallo Nils,


    eigentlich kann es nicht anders gewesen sein, wie du schreibst - vermutlich Hochadel mit dem Privileg der aktiven Postportofreiheit. Da nicht ausgeliefert, dann auch in Österreich kostenlos weiter gesandt.


    Ich liebe diese Familiengeschichten - man hat alles drin, was man sich vorstellen kann, von Gut, bis Böse.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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