Die Postgeschichte von Ahlhorn / (2024)

  • Die Postgeschichte von Ahlhorn

    Ahlhorn ist der größte Ortsteil der Gemeinde Großenkneten im Landkreis Oldenburg in Niedersachsen. Aktuell hat Ahlhorn ca. 8.500 Einwohner.

    Im Jahr 1855 wohnten in Ahlhorn 3.172 Menschen. Ahlhorn hatte damit damals statistisch einen Anteil von 0,90 % am Postverkehr in Oldenburg. (Ohrt, S. 222)

    Vorphilabrief vom 11.1.1848 mit dem handschriftlichen Ortsaufgabevermerk "Ahlhorn" nach Klippkanne bei Brake (aus der Slg. Oldenburgpost)

    Vorphilabrief mit dem handschriftlichen Ortsaufgabevermerk "Ahlhorn" nach Oldenburg (aus einem Sammellos einer Felzmann-Auktion)

    Die (nachweisbare) Geschichte der Poststempel von Ahlhorn beginnt ca. im Jahr 1832 (so die Angabe bei Feuser, S.104 zum L1 "AHLHORN" Nr. 23-1). Dieser Stempel wurde allerdings offenbar nicht durchgängig ab 1832 verwendet. Es gibt auch danach handschriftliche Ortsaufgabevermerke. Ohrt hat den kleinen einzeiligen Langstempel "AHLHORN" erst auf Briefen ab dem 12. August 1851 registriert. (Ohrt, S. 167, Nr. 2 a.; Feuser 23-1) Briefe und Belege aus Ahlhorn sind selten und zwar deutlich seltener als dies nach der Einwohnerzahl dieser Postspedition zu vermuten ist.

    Vorphilabrief mit dem schwarzen L1 "AHLHORN" nach Oldenburg (aus einem Sammellos einer Felzmann-Auktion)

    Nach der Einführung der 1. Markenausgabe von Oldenburg im Jahr 1852 wurde der L1 "AHLHORN" auch zur Entwertung der Marken verwendet.

    Brief vom 29. April 1853 mit einem Randstück einer Oldenburg Nr. 2 IV, 1/30 Thaler dunkelblau (wohl Papierlieferung B/ Farbe durch Scanner aufgehellt) und dem schwarzen L1 "AHLHORN" nach Oldenburg (aus der Slg. Oldenburgpost)

  • vielleicht darf ich noch ergänzen:

    Ohrt hat bei der Einwohnerzahl von 1855 die Gesamtzahl der Gemeinde Großenkneten angegeben. Ahlhorn hatte damals lediglich 577 Einwohner. Den Auszug aus dem Ol. Staatskalender von 1855 habe ich hier beigefügt.

    Viele Grüße Jörg

  • Moin Jörg,

    leider habe ich mich in meinem Beitrag nicht ganz korrekt ausgedrückt. Sorry. (Ich habe hier viel von der doch sehr verkürzten Darstellung von Paul Ohrt übernommen.) Wenn ich hier von "AHLHORN" schreibe - wie auch von anderen Orten - sind hier die Einwohner in diesem Postspeditionsbezirk gemeint und nicht nur die Einwohner des kleinen Ortes Ahlhorn. Auch Paul Ohrt hat sich bei seinen Einwohnerzahlen auch immer nur auf den Postspeditionsbezirk bezogen. Er hat daher keine Einwohnerzahl des Ortes Ahlhorn angegeben.

    Ich gehe auch davon aus, dass Döhlen, Großenkneten und Sage auch aufgrund der räumlichen Nähe zum Speditionsbezirk Ahlhorn dazugehörten. Obwohl von Ohrt nicht komplett dargestellt.

    Paul Ohrt hat den zugeteilten Bestellbezirk auf S. 72 räumlich nur sehr kurz beschrieben. Dieser reichte über Huntlosen bis zu Teilen von Emstek.

    Dies betraf vor allem die zu verteilenden Briefe, also den Posteingang, denn die Einwohner eines Bezirkes waren ja nicht gezwungen, ihre Post in Ahlhorn aufzugeben. Sie konnten dies natürlich auch in Nachbarbezirken machen (z.B. Vechta, Cloppenburg). Eine Ahlhorn-Abstempelung, also Ausgangspost aus AHLHORN ist heute ziemlich selten. Die Einwohnerzahl des Bestellbezirkes sollte man daher nicht überbewerten. Diese läßt nicht immer den Schluss zu, dass noch viele Abstempelungen aus diesem Ort zu finden sind. Die Zuordnung von Paul Ohrt, die Einwohnerzahl eines Bezirkes mit der Menge der Postausgangspost ins Verhältnis zu setzen, stimmt nur sehr bedingt. (vgl. hierzu => Kapitel VIII. Amtliche Unterlagen für die verschiedene Seltenheiten der einzelnen Poststempel, Ohrt, S. 208 ff.) Ahlhorn ist hier ein sehr gutes Beispiel, dass die Einwohnerzahl nicht mit der damaligen Postmenge in Korrelation stehen muß. Bei einem von Ohrt ermittelten Prozentsatz von 0,9 % der oldenburgischen Post für Ahlhorn erwartet man deutlich mehr Abstempelungen des oldenburgischen Postortes Ahlhorn als heute noch zu finden sind.

    Der zugeteilte Postbestellbezirk ist deswegen interessant und hatte später ab dem Jahr 1861 eine Relevanz, weil Nahbereichsbriefe zu einem ermäßigten Porto zu 1/2 Groschen innerhalb des Postbestellbezirkes möglich waren.

    Viele Grüße

    Bernd

  • Bfst. Oldenburg Nr. 2 II, 1/30 Thaler im helleren blau der Papierlieferung A mit dem schwarzen L1 "AHLHORN" (aus meiner Slg.) - noch mit einem älteren HP-Scanner aufgenommen -

    Paul Ohrt hat in Ahlhorn bis Februar 1853 die Verwendung schwarzer und ab dem 1. Januar 1856 blauer Stempelfarbe festgestellt (Ohrt, S. 237). Ich gehe davon aus, dass auch in Ahlhorn die Stempelfarbe im August 1853 auf schwarz umgestellt wurde.

    Brief Oldenburg Nr. 2 III, 1/30 Thaler in blau (Papierlieferung C) mit dem blauen L1 "AHLHORN" nach Bardenfleth (144. Auktion Württembergisches Auktionshaus vom 28./29. Juni 2024, Los-Nr. 2058)

    Bfst. Oldenburg Nr. 2 I, 1/30 Thaler blau (wohl Papierlieferung C) mit dem blauen L1 "AHLHORN" (228. Rauhut & Kruschel-Suktion vom 18./19. Oktober 2024, Los-Nr. 3142)

    Brief Oldenburg Nr. 2 III, 1/30 Thaler in dunkelblau (Papierlieferung D) mit dem blauen L1 "AHLHORN" nach Oldenburg (330. Schwanke-Auktion vom 14. Mai 2011, Los-Nr. 668/ leider nur ein sehr kleines Bild)

    Am 29. März 1857 wurde in Ahlhorn ein zweizeiliger Rahmenstempel (Ra2) "AHLHORN" in Gebrauch genommen (Ohrt, S. 167, Nr. 2 c.), den der Graveur H.G. Schilling in Berlin angefertigt hatte (Ohrt, S. 127 f.).

    Brief (unten in der Abb. verkürzt.) Oldenburg Nr. 2 III, 1/30 Thaler dunkelblau (Papierlieferung D) mit dem blauen Ra2 "AHLHORN 17/11" nach Oldenburg (170. Felzmann-Auktion vom 5. Dezember 2020, aus dem Sammellos 7229)

  • Brief Oldenburg Nr. 17A, 1 Groschen blassrosa mit dem blauen Ra2 "AHLHORN 27/11" nach Wildeshausen (144. Auktion Württembergisches Auktionhaus vom 28./ 29. Juni 2024, Los-Nr. 2959)

    Nahbereichsbrief (= ermäßigtes Porto) mit einer Oldenburg Nr. 16Aa, 1/2 Groschen orange mit dem blauen Ra2 "AHLHORN 22/7" nach Huntlosen (123. Gerd Müller vom 23./ 24. Augist 2024, aus Sammellos Nr. 3 Z)

    Brief Oldenburg Nr. 17A, 1 Groschen rot mit dem blauen Ra2 "AHLHORN 11/4" nach Cappeln (330. Schwanke-Auktion vom 14. Mai 2011, Los-Nr. 668)

  • Nach dem Ende der Oldenburgzeit wurde der oldenburgische Rahmenstempel "AHLHORN" noch mindestens bis zum 26. April 1875 nachverwendet (Ohrt, vidi, S. 167, Nr. 2 c.). Ohrt hat bis zum 17. April 1869 blaue und ab dem 26. November 1870 schwarze Stempelfarbe beobachtet (Ohrt, S. 237).

    Brief NDP Nr. 4, 1 Groschen mit dem blauen Ra2 "AHLHORN 19/7" (1868) nach Großefehn (mit rückseitigem Ankunftsstempel) (aus der Slg. Oldenburgpost)

    Bfst. NDP Nr. 4, 1 Groschen und NDP Nr. 5, 2 Groschen mit dem blauen Ra2 "AHLHORN 23/12" (1868) (aus meiner Slg.)

    Alle Belege mit dem oldenburgischen Stempeln von AHLHORN sind selten und von Sammlern sehr gesucht.

  • ein paar interessante Stücke kann ich noch beisteuern:

    Nach § 44 der geänderten Oldenburger Inlandstaxe von 1856 durften Briefe mit durchstrichenem Francovermerk nicht angenommen werden. Wird so ein Brief im Briefkasten vorgefunden, so ist die Ungültigkeit des durchstrichenen Franco-Vermerkes amtlich zu attestieren. Hier ist nun so ein seltener Fall zu sehen: Der „Frei-Vermerk“ ist durchgestrichen. Der Postspediteur Oltmann hat darunter „nicht vergütet“ notiert und mit dem AHLHORN-Stempel amtlich attestiert. Zudem hat er das zu erhebende Porto von 1 SGr (roter Strich = 1 SGr) notiert. In Oldenburg wurde der 1 SGr auf 2 2/5 Grote (siehe Bleistift-Notiz) umgerechnet und vom Empfänger kassiert.

    Besser kann man m.E. diese Vorschrift nicht dokumentieren!


    Hier ein Ganzsachenumschlag (Mi-Nr. U2) aus Döhlen in Ahlhorn aufgegeben. Ganzsachen schienen in Ahlhorn nicht sonderlich beliebt gewesen zu sein, da derzeit nur dieses eine Exemplar bekannt ist.

    Aus der Zeit des NDP gibt es auch noch interessante Stücke:

    Bis Ende 1869 hatte die Kirche das Privileg der Portofreiheit. Ab dem 01.01.1870 wurde dieses, bis auf wenige Ausnahmen, abgeschafft. Auch die Kirche musste nun für ihre Dienstpost bezahlen. Allerdings wurden für bestimmte Behörden (auch Kirchen) spezielle Dienstmarken ausgegeben. Der obige Brief ist solch ein Fall:

    Pastor Barelmann bestätigte auf dem Brief vom 03.02.1870 links unten, dass es sich um eine „portopflichtige Dienstsache“ handelte. Daher wurde der Brief mit einer Dienstmarke zu 1 Groschen frankiert.


    Hier ein Paketbegleitbrief für ein Wertpaket aus Ahlhorn vom 02.04.1871. Das Porto betrug 4 Groschen + 7 Groschen Assekuranzgebühr, insgesamt also 11 Groschen, die unten links in rot ausgewiesen sind.

    Aus der gleichen Korrespondenz ein weiterer Paketbegleitbrief vom 01.06. 1871. Das Porto für das Paket betrug 3 3/4 Gr. + Assekuranzgebühr von 5 Groschen. Interessant ist zudem der leere Paketaufkleber, in dem handschriftlich "aus Ahlhorn" eingetragen wurde.


    Der Stempel AHLHORN wurde zudem noch in der Zeit des Deutschen Reiches verwendet.

    Hier ein Brief vom 26.09.1872, frankiert mit einer Marke zu 1 Groschen (Mi-Nr. 4).


    Der Brief wurde in Amelhausen geschrieben und zur Post in Ahlhorn eingeliefert. Frankiert ist der Brief mit einer Mi-Nr. 19.


    Zuletzt noch der Stempel auf einer Mi-Nr. 33. Der Stempel wurde im Februar 1877 eingezogen. Zeitgleich gab es dann den neuen Einkreisstempel.

    Einmal editiert, zuletzt von Oldy01 (9. Oktober 2024 um 07:21)

  • Hallo Oldenburg Sammler Bernd ich lese ab und zu deine Postgeschichte von den orten von Oldenburg. Das ist zwar nicht mein Sammelgebiet doch ich schaue auch schon mal über den Tellerrand hinaus. Und ich muss dir ein großes Kompliment machen. Das ist alles toll recherchiert und es macht Spaß sich das anzuschauen. Es ist klasse solche Sammler zu haben die sich der Postgeschichte eines Gebietes annehmen. Weiter so Gruß Eifel Harri

  • Moin,

    danke für das Kompliment. Und ich gebe dies gleich an Oldenburgpost weiter, der mich hier kräftig unterstützt.

    Natürlich muß das Ansehen Spass machen. Wenn dies nicht der Fall ist, dann ist alles nur verlorene Zeit. Meine Postgeschichte-Beiträge nähern sich ihrem Ende. Denn ich habe nur noch SANDE, BURGFORDE sowie BREMERHAVEN und VEGESACK als letzte Postorte. Dann ist alles und komplett beschrieben. Und über die oldenburgische Schiffspost auf der Unterweser werde ich sicher noch einmal schreiben.

    Meine nach den Postorten getrennten Beiträge sind auch eine Aufforderung an alle, hier noch weitere Bilder zu Belegen zu diesem jeweiligen Ort einzustellen. Denn dann kann dies jeder in dieser "DATENBANK" auch später noch wiederfinden.

    Von OLDENBURG gibt es wenig Literatur. Das fand ich immer schwierig und auch ein wenig ärgerlich und hatte mir persönlich vorgenommen, dies mit meinen bescheidenen Möglichkeiten zu ändern. Und nur ganz wenige Sammler haben sich wahrscheinlich auch wegen der fehlenden Literatur an dieses anspruchsvolle Gebiet herangewagt. Guckt man in Altdeutschlandsammlungen ist Oldenburg oft nur ganz lückenhaft vorhanden, denn seltene Marken gibt es hier zuhauf. Oldenburg gilt auch als teuer. Dies ist relativ zu sehen, wenn man die Preise einer seltenen Oldenburg Nr. 5 oder Nr. 9 z.B. mit einer Bayern Nr. 1 vergleicht. Die Auflagen von Oldenburg-Marken waren geradezu winzig, wenn man dies z.B. mit BAYERN-Auflagen vergleicht. Alleine die einzelne Marke BAYERN Nr. 4 II, 6 Kreuzer hat eine Druckauflage von 34.000.000 Stück. Dies ist deutlich mehr als die Auflagen aller Oldenburgmarken zusammen.

    Vielleicht sind meine Beiträge ein Anlass und Motivation auch für zukünftige Sammler, sich hier näher mit dem interessanten und anspruchsvollen Sammelgebiet Oldenburg zu beschäftigen. Es gibt hier auch zukünftig noch viel Neues zu entdecken!

    Viele Grüße

    Bernd