Württemberg - Preussen

  • Hier ein Chargé-Porto-Brief aus dem Jahr 1844 von Ellwangen nach Berlin, der mich irgendwie magisch anzog; aber dazu später mehr. Meine Interpretation der Taxierungen war wie folgt, unter Annahme eines Laufwegs von Ellwangen über Nürnberg nach Leipzig und dann Berlin:

    Von Württemberg wurden wie üblich in Rot 3 Kreuzer angeschrieben. Danach lief der Brief vermutlich über Bayern, welches 12 Kreuzer (blau) für den Transport an die preussische Grenze verlangte. Und schliesslich schrieb der preussische Beamte die vom Empfänger einzuziehende Gebühr von insgesamt 10 1/4 Sgr mit roter Tinte auf. (15 Kreuzer = 4 1/4 Sgr, dazu noch 6 Sgr. für die Taxe innerhalb Preussens). Das einzige, was mich an dieser Erklärung noch stört ist, dass die Gebühren für Württemberg und Bayern mir einen Tick zu hoch erscheinen. Vielleicht lag der Brief in der 2. Gewichtsstufe?

  • ... Alternativroute über Frankfurt am Main (Taxis), wo 12x notiert wurden? Frankfurt am Main und Nürnberg hatten damals in blauer Tinte taxiert ...

    Liebe Grüsse vom Ralph


    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Sehr gut, Ralph! Ich hatte zunächst den gleichen Gedanken, verwarf ihn dann aber wieder nachdem ich beim Nachforschen ein Brüderchen meines Briefes auf der Vorderseite eines den meisten von uns gut bekannten Buches fand - nicht wahr, johelbig? ;)

  • ... es könnten 2+1x für Württemberg bis Dinkelsbühl gewesen sein, 8+4x für Bayern bis Hof und 4+2 Sgr. für Preussen - dann wäre der Brief überall in der 2. Gewichtsstufe gewesen.

    Oder halt doch über Taxis (doch stempelte Frankfurt am Main häufiger, als Nürnberg, von daher ist Nürnberg wahrscheinlicher).

    Liebe Grüsse vom Ralph


    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Der Weg über Dinkelsbühl ist interessant, ich nahm bisher immer an, dass die meisten Briefe von Württemberg über Nördlingen liefen. Aber falls Du recht hast, käme man auf 2 Kreuzer für die 1. Entfernungstufe hin (< 3 Meilen), wogegen Nördlingen meiner Ansicht nach eher in der 2. Stufe gelegen hätte (knapp 5 Meilen von Ellwangen).

    Jetzt aber zum Grund, warum ich die nördliche Route über Frankfurt aufgegeben hatte: ich bin auf den Brief auf der Titelseite von Jo Helbig's Buch gestossen. Der Brief dort - aus der gleichen Korrespondenz! - wurde nur 3 Wochen später franko aufgegeben. Jo erklärt in seinem Buch den Gebührenbaum und schlussfolgert, dass der Brief über Bayern lief und an Taxen 2 Kreuzer für Württemberg, 10 Kreuzer für Bayern, und 21 Kreuzer für Preussen anfielen (die 23 Kreuzer war wohl ein Fehler des württembergischen Postbeamten und wurde korrigiert).

    Diese Gebühren passen natürlich nicht ganz zu denen auf meinem Brief. Und da der Franko-Brief wohl einfaches Gewicht hatte (nur 2 Kreuzer in Württemberg), muss das Weiterfranko für Preussen 6 Sgr. gewesen sein (und nicht 4 Sgr). Aber den einschlägigen Postvertrag (Bayern-Preussen?) habe ich noch nicht nachschlagen können.

    Aufgrund dieser Inkonsistenzen zwischen den beiden Taxierungen halte ich es deshalb doch wieder für möglich, dass der Brief die nördliche Route über Frankfurt lief. Vielleicht war diese Route für Chargé-Briefe teurer, aber schneller? Ob dann aber die 12 Kreuzer für T&T passen, kann ich nicht sagen. Vielleicht wissen andere mehr?

  • ... Chargébriefe waren auch in der VMZ nie teurer, oder schneller, als andere Briefe im Transit. Maßgeblich war oft der Abgang bei der Post, wenn es 2 Laufwegsmöglichkeiten gab.

    Bei der Leitung über Preussen galt der PV Bayern-Preussen vom 1.4.1835 - vlt. findest du ihn hier im Postvertragsprojekt?

    Die Transittaxen von Thurn und Taxis für württ. Briefe nach Preussen kenne ich leider nicht ...

    Liebe Grüsse vom Ralph


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  • Ich denke nach wie vor, dass Deine Vermutung bzgl. Transport über Frankfurt richtig ist. Denn der 3 Wochen später gelaufene Brief legt nahe, dass der Transit durch Bayern eigentlich 3 Kreuzer günstiger hätte sein sollen. Vielleicht hat also der gleiche Postbeamte im Falle des Chargé-Briefes dem Absender eine andere Route empfohlen? Wie Du schon sagst, könnten die Postverträge könnten hierzu sicherlich mehr Aufschluss bieten; aber leider fehlt mir momentan die Zeit, mich in die durchaus komplexen T&T-Tarife einzulesen. Vielleicht sollte ich doch mal einen frühzeitigen Ruhestand in Betracht ziehen...

  • Hallo,

    hier darf man nicht vergessen, dass die 1. Gewichtsstufe in Preußen bis 3/4 Loth ging. Es kommt daher des Öfteren vor, dass Briefe in Württemberg und Bayern in der 2. Gewichtsstufe lagen, während sie in Preußen noch zur 1. Gewichtsstufe gehörten.

    Grüße von liball

  • Danke, liball!

    Das wird die Lösung des Rätsels sein: zweite Gewichtsstufe in Württemberg und Bayern, aber immer noch erste Stufe in Preussen. Damit wären beide Taxierungen mit einem Laufweg über Bayern vereinbar. Ein Laufweg über Frankfurt ist damit zwar nicht ausgeschlossen, scheint aber jetzt weniger wahrscheinlich, zumal wenn man die Lage Ellwangens nahe der bayerischen Grenze bedenkt.

  • Hallo,

    hier noch ein Brief in der Gegenrichtung aus Berlin nach Adolzfurth vom 10.11.1840, der eindeutig über Bayern lief und ebenfalls in Preußen in der 1. Gewichtsstufe und in Bayern und Württemberg jeweils in der 2. Gewichtsstufe lag.
    Preußen 6 Sgr., in Nürnberg im Auslagestempel in 21 Kr. reduziert + 12 Kr. bayer. Transit + Porto Württemberg 6 Kr. = Gesamtporto 39 Kr.

    Grüße von liball