Sachsen - Rußland über Österreich

  • Sächsische Korrespondenz nach Rußland (incl. Polen, Finnland und das Baltikum) wurde weit überwiegend über Preußen spediert. Lediglich für einige südliche Provinzen kam die Leitung über Österreich in Betracht.

    Daß beide Leitwege parallel genutzt werden konnten, belegen die beiden folgenden Briefe, gerichtet an den selben Adressaten in Odessa:

    Leitweg über Österreich, Fremdtaxe 9 Kr. CM (3,2 Ngr.)

    Siegelseitig vermerkte österreichische Taxe von 15 NKr., die Währungsumstellung war in Österreich schon erfolgt, aber noch nicht im Postvertrag umgesetzt.

    Leitweg über Preußen, Fremdtaxe 3 Ngr.

    Vermerk der Fremdtaxe siegelseitig in blauer Tinte seitens der preußischen Post belegt den Leitweg über Preußen

    Einmal editiert, zuletzt von Altsax (28. August 2024 um 15:33)

  • Lieber Jürgen,

    ein feines Paar - klasse! Die Differenz von 3 Pfg. dürfte für die Korrespondenten unerheblich gewesen sein, wenn die eine Leitung schneller war, als die andere.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Jürgen,

    die Frage kann ich leider nicht beantworten, da das nicht im Bereichmeiner Interessen ist. In Gegenrichtung habe ich 4 Briefe aus Odessa zwischen 1853 und 1868, die ausweislich der Stempel über Preußen liefen.

    liebe Grüße
    Dieter

  • Lieber Jürgen,

    diese Briefe gab es sicherlich, denn:
    Im Artikel 2 des russisch-preußischen Additionalvertrags von 1851 wurde deshalb die Möglichkeit der Weiterführung der durch Polen beförderten Briefpakete im geschlossenen Transit durch Österreich (mit einer Transitvergütung) nach Preußen vereinbart:
    Im Falle, daß die Eisenbahnroute über Macki[i], Szczakowo und Myslowitz zur Beförderung gegenseitiger Brief- und Fahrpostsendungen benutzt werden sollte, wird die der Kaiserlich Österreichischen Postkasse zu leistende Transitvergütung von beiden Postverwaltungen zu gleichen Theilen getragen werden.

    Dies betraf zunächst nur eine kurze Strecke im Norden Galiziens.

    Im Artikel 11 des russisch-österreichischen Postvertrags von 1854 wurde diese Vereinbarung fast wörtlich wiederholt, aber auch um eine wichtige Passage erweitert:
    Transit russisch-preußischer Packete durch Oesterreich
    Für den Fall, daß die Eisenbahnroute über Macki, Szakowa und Mislowitz oder eine andere Route auf österreichischem Gebiete zwischen Rußland und Preußen zur Beförderung gegenseitiger Brief- und Fahrpost-Sendungen benützt werden sollte, ist die österreichische Postanstalt zu dem bezüglichen Transporte mit der Zusicherung erbötig, daß hierfür keine höhere Gebühr in Anspruch genommen werden wird, als durch den Vertrag des österreichisch-deutschen Postvereines für die Vereins-Postverwaltungen selbst festgesetzt ist.

    NB: Der polnische Grenzort Macki wird in späteren Verordnungen als Granica bezeichnet.
    Hier wurde die Möglichkeit geschlossener Briefpakete auch auf andere Strecken erweitert, man dachte wohl an die im Osten Galiziens in Bau befindlichen Bahnstrecken in Nord-Süd-Richtung.
    Dazu passend tauchen danach auch Briefe aus Südrussland auf, die über/nach Preußen liefen und den Eingangsstempel des österreichischen Grenzpostamts Nowoselitz zeigen - aber ansonsten keinerlei österreichischen Vermerke o.ä.

    Das 1. Problem ist, dass der Transport durch Österreich im geschlossenen Transit erfolgte, also bestimmungsgemäß nicht von der österreichischen Post bearbeitet wurde. Davon ausgenommen waren z.B. Einschreiben. Ein derartiges aus Südrussland, im offenen Transit nach Preußen, mit österreichischen Bearbeitungsvermerken habe ich. Die Gegenrichtung suche ich noch ...
    Das 2. Problem ist, dass die russische Post nie den Grenzeintritt durch Stempel dokumentierte. Wenn also preußische Briefe in den Süden Russlands liefen, sieht man nicht, ob der Transit durch Polen oder Österreich erfolgte.

    Wenn ein Postweg - hier der geschlossene Transit durch Österreich - eingerichtet wurde, kann man wohl davon ausgehen, dass er in beide Richtungen erfolgte. Es gibt nur das Problem, dieses an Belegen zeigen zu können ...

    Weiteres dazu findet sich im DASV-Rundbrief Nr. 510

    Viele Grüße
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Michael (29. August 2024 um 18:35)

  • ... ist die österreichische Postanstalt zu dem bezüglichen Transporte mit der Zusicherung erbötig, daß hierfür keine höhere Gebühr in Anspruch genommen werden wird, als durch den Vertrag des öster-reichisch-deutschen Postvereines für die Vereins-Postverwaltungen selbst festgesetzt ist.

    Lieber Michael,

    vielen Dank für Deine ausführlichen Erläuterungen!

    Nicht ganz klar ist mir die Auslegung der oben zitierten Bestimmung. Bedeutet das, daß sich für die Korrespondenten an der Gesamttaxe gegenüber der Leitung über Polen nichts änderte? Ab 1858 war das ja durch die österreichische Währungsumstellung ohnehin der Fall.

    Liebe Grüße

    Jürgen

  • Lieber Jürgen,

    diese Briefe weisen tatsächlich die üblichen Taxen auf, also kein Zuschlag für die Korrespondenten.

    Viele Grüße
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte