TT nach und über Bayern

  • Liebe Freunde,


    manchmal gibt es Briefe, von denen man nur träumen kann. So ging es mir, als ich nach vielen Jahren endlich einen poste restante Postvereinsbrief kaufen konnte, der Bayern zweimal transitierte.


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    Versandt wurde er am 3.8.1853 von Weimar mit 12 Kr. Taxe für einfache Briefe über 20 Meilen bis 1 Loth. Die Adresse lautete: "An den Großherzogl. Sächs. Lieutnant Herrn Ridel gegenwärtig zu Salzburg via München poste restante".


    Ausweislich der Siegelseite ist der Transit durch Bayern nicht gesichert, aber am 6.8. kam er in Salzburg an, so dass wir getrost glauben können, dass er über Bayern (München) nach dorthin gelaufen war.


    Briefe mit poste restante Gestellung galten als der Expedition ausgeliefert und wurden im Falle der Weiterleitung mit einer Gebühr/Taxe ab da zum neuen Zielort bedacht. Die Ausnahme hiervor war die Zurücksendung, welche gratis war, wenn es keine Nachfrage gegeben hatte.


    Weil der Herr Lieutnant wohl nicht mehr in Salzburg gastierte und auch der Absender keine weiteren Informationen von ihm hatte, auf Grund deren er den Brief hätte zurück fordern können, vermerkte man in Salzburg "Keine Anfrage, Ley" auf der Siegelseite und adressseitig strich man Salzburg und schrieb "Retour Weimar". Poste restante Briefe waren 3 Monate vorrätig zu halten, danach der Aufgabepost zu retournieren.


    Salzburg ließ aber "via München" stehen und kartierte ihn am 13.11.1853 nach dorthin. Am Folgetag kam er dort an und wurde über Coburg (15.11.) nach Weimar geleitet, wo er am 16.11. ankam.


    Nun gab es aber kleine Probleme mit der Rückberechnung der Gebühr. Da er in Österreich nicht zustellbar war und eine österreichische Restantegebühr nicht angefallen war, wurde er von Österreich und Bayern in der Spalte der Briefkarte als Retourbrief eingetragen und mit dem sogenannten Retourporto in selbiger vermerkt. Taxis, das einzige Postvereinsgebiet mit 2 Währungen, rechnete immer den für sich günstigen Tarif aus und taxierte die Sendungen entsprechend. Tatsächlich entsprachen 12 Kr. Conventionsmünze = 15 Kr. rheinisch mehr als 3 1/2 Silbergroschen, die oben links zuerst notiert wurden, denn 3,5 mal 3,5 Kreuzer rheinisch ergaben lediglich 12,25 Kreuzer rheinisch. Österreich hatte zwar nichts zu fordern, weil im Postverein das Franko und Porto allein der Aufgabepost zustand, aber weil es ein Retourbrief im Postverein war, notierte man 4 Sgr. als Retourporto, die 14 Kr. rhenisch entsprachen und auch im Einklang mit den Postvereinstaxen standen.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    2 Mal editiert, zuletzt von bayern klassisch ()

    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,


    danke fürs zeigen dieses kleinen Prachtstücks und die wieder sehr aufschlußreichen Erläuterungen dazu.
    Da sieht man mal wieder, wie interessant auch der langweilige DÖPV sein kann. :thumbup:


    Viele Grüße
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Michael,


    danke für die netten Worte. :)


    Hier möchte ich einen zeigen, an den man sich mit einer Beschreibung wagen kann, auch wenn man nicht Taxis - Spezialist ist. Viel Glück und Mut!


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    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber Bayern Klassisch


    ein schöner Beleg, nur macht mir hier die Schrift ein Strich durch die "Rechnung". Ich kann die Adresse nicht mal lesen.... :(


    Soweit ich heraus finden konnte, lief der Brief von Mainz nach Bad Kissingen, welche ca 17,5 Meilen voneinander entfernt liegen. Hierfür reichen die verklebten 6 Kreuzer für den einfachen Brief. Allerdings weiß ich nicht, ob in es TuT auch eine Vorfrankierung gab.
    Somit bleibt es, dass ich hier nicht sagen kann, ob es ein einfacher oder ein doppelt schwerer Brief war....


    Identisch zu oberen Beleg, war er ebenfalls postlagernd. Eine Weitersendung kann ich nicht erkennen, eine Siegelseite hast Du nicht gezeigt, so daß die mittig angeschriebenen 4 Kreuzer die "Poste Restante"-Gebühr sein wird.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber Magdeburger,


    du hast Recht, wie nicht anders zu erwarten.


    Die 6 Kr. reichten bis Bayern. TT notierte oft mit roter Tinte neben dem Frei - Vermerk das zu zahlende Franko.


    In Kissingen wurde der Brief gelagert, wofür 4 Kr. für den dortigen Expeditor fällig wurden. Diese wurden selten angeschrieben. Hier hat man dort auch die rote 6 gestrichen, um Missverständnisse zu vermeiden.


    Danke fürs lösen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber Bayern Klassisch


    danke für die Info zur "Vorfrankierung", welche mir auch aus Preussen bekannt ist.


    Kannst Du bitte die Anschrift des Briefes hier noch einstellen - ich schaffe es nur bruchstückhaft. :(


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber Magdeburger,


    gerne doch:


    Wohlgeboren Herrn Hermann Michelson Spezialagent des königlichen Hoftheaters zu Berlin etc. in Bad Kissingen.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Liebe Freunde,


    in ZW lief mir dieses Kuvert zu, welches von Ostheim nach Meiningen gerichtet war und in der 1. Gewichts- und Entfernungsstufe für TT - Inlandsbriefe auch nur 1/2 Groschen kostete.


    Eine Schönheit ist das Entlein nicht gerade, aber erst die Siegelseite macht es zum Schwan. Dort sehen wir den Mellrichstadter Halbkreisstempel, der belegt, dass ein Brief im Rahmen des Postvereins für 1/2 Groschen bzw. 2 Kr. ein fremdes Land (Bayern) auch mal transitieren konnte. Mein Dank gilt dem Verkäufer dieser Rosine, die man lange suchen darf.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

  • Lieber bayern klassisch,


    Gratulation zum Erwerb dieses Briefes, der eben auch 66er Relevanz hat, hier schon mal diskutiert (posts #202 - #209):


    Der Deutsche Krieg 1866


    ... aber in Deiner Sammlung fühlt er sich auch wohl. Wenn Du den mal nicht mehr brauchst...

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Liebe Freunde,


    Briefe von Thurn und Taxis über Bayern in den DÖPV gibt es zahlreiche, z. B. nach Österreich; sucht man aber welche nicht nach dorthin, wird es eher dünn.


    Heute zeige ich einen aus Mainz, der als Behördenbrief sparsam tituliert worden war (D.S. = Dienst - Sache, sonst nichts) und der gerichtet war an das Kgl. Württ. Amtsnotariat Weickersheim. Man schrieb den 26.7.1855 und gab den Brief nach Frankfurt am Main auf. Von dort lief er per Bahn nach Würzburg, wo er am 27.7. eintraf und per Kutsche am Folgetag in Weikersheim eintraf, was eine Reise über ca. 55 km darstellte.


    Hinsichtlich der Erlangung größter Schleunigkeit war diese Leitung alternativlos, denn per Kutsche ab Hessen hätte es sicher einen Tag länger gedauert.


    Bayern bekam für den Transit des Briefes nichts, weil portofreie Dienstbriefe selbstverständlich keine inneren Transitkosten nach sich ziehen konnten (wer hätte die auch zahlen sollen?).

  • guten Morgen miteinander,

    dieser Brief aus Frankfurt vom 11.Juni1860 nach Königsberg i. Franken ist

    posttechnisch wahrscheinlich eine reine T.u.T. Angelegenheit, um an den

    Adressaten zu gelangen mußte dieser aber bayrisches Territorium überqueren.

    Bezüglich des zu bezahlenden Tarifs scheint der annehmende Frankfurter Beamte

    jedoch nicht sicher zu sein.


    beste Grüße

    bayernalbi



  • ... da hast du etwas Feines aufgetan - den hätte ich auch genommen.


    Der Absender wollte neben dem Franko noch das Bestellgeld entrichten und hat wohl 7x bezahlt (6x Franko und 1x Betellgeld).

    Scheinbar betrug das Bestellgeld aber nicht den frankierten einen Kreuzer, sonderen deren 2, daher war der Brief um 1x für die gewählte Versendung unterfrankiert und wurde mit 1x Bestellgeld nachtaxiert, also wären korrekt 6x plus 2x gewesen, nicht die kassierten 7x.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Sammlerfreunde,

    das sehe ich etwas anders.

    Der Brief wurde vollständig inkl. Land-Bestellgeld frankiert. Deshalb befindet sich über dem Freivermerk in roter Tinte der Vermerk "ganz", was sich letztendlich als "ganz frei" liest.

    Das Franko wurde nach der taxischen Postbezirkstaxe für die Entfernungszone über 15 - 30 Meilen mit 7 Kreuzer richtig berechnet und vermerkt. Zusätzlich wurden noch 2 Kreuzer vorausbezahltes Land-Bestellgeld unter einem Bruchstrich unter der 7 angeschrieben. Der Brief kostete folglich 9 Kreuzer.

    Die gestrichene "6" erklärt sich vermutlich mit der Annahme des Postbeamten, dass es sich um einen Brief in den Postverein handelte. Für die Strecke von Frankfurt nach Königsberg wäre der Brief als Postvereinsbrief in die Entfernungszone 10 - 20 Meilen gefallen und hätte eben diese 6 Kreuzer gekostet. Der Fehler wurde von ihm bemerkt, die 6 gestrichen und dann 7 / 2 vermerkt.

    In Königsberg ignorierte man das vorausbezahlte Bestellgeld und vermerkte mit Blaustift 1 Kreuzer Orts-Bestellgeld. Der Schafhof lag unmittelbar neben der Stadtgrenze. Alle mir bekannten Briefe dahin tragen den 1 Kreuzer Orts-Bestellgeldvermerk.

    3 Kreuzer Bestellgeld wurde in Königsberg nur für Chargebriefe verlangt.

    Gruß

    bayernjäger