DÖPV zwischen Vereinsstaaten

  • Sehr geehrte Fachrunde!


    Ich lege einen Brief aus der Zeit des deutsch-österreichischen Postvereins vor und freue mich über Fachmeinungen dazu.


    Er wurde am 15.6.1851 in Beuthen in Oberschlesien (preußisch Schlesien, Bez. Oppeln) aufgegeben, lief über die preußischen Bahnposten Breslau-Myslowitz und Cosel-Oderberg und langte am 16.6.1851 in Troppau (österreichisch Schlesien) ein.


    Auffällig ist die gestrichene Ziffer „3“ auf der Vorderseite, die auf die Rückseite wanderte. Die Tinte, mit der gestrichen wurde, ist dieselbe wie die „3“ auf der Rückseite.

    Geht man von 3 Silbergroschen aus, dann handelt es sich um einen Brief der 1. Entfernungsstufe (bis 10 Meilen) und der 3. Gewichtsstufe (3 Loth).

    In Troppau wurde der Brief mit Rötelstift in Kreuzern taxiert: „6“ (gestrichen) und schließlich „9“.


    In keiner Konstellation, die am Bestimmungsort von einem höheren Gewicht als frankiert war ausgeht, komme ich, unter Berücksichtigung des Ergänzungsportos + der Zuschlagstaxe pro nicht frankiertem Loth, auf die taxierten 9 Kreuzer.


    Ich habe daher die Entfernung (in gerader Linie) genauer betrachtet.

    Es war kein zweckdienlicher Meilenweiser zu finden, aus dem sich die „amtlichen“ Meilen zwischen diesen beiden Orten ablesen ließen. Teilstrecken jedoch schon: die Strecke von Beuthen in O/S nach preußisch Oderberg konnte ich mit 9 ½ Meilen dem Meilenanzeiger für Österreich und Preußen aus 1850 entnehmen. Die Strecke von Oderberg nach Troppau ist weit länger als ½ Meile, sodass die 2. Entfernungsstufe abgesichert erscheint. Der Entfernungsrechner http://www.luftlinie.org ergibt 83,79 km/7,5859 = 11,05 Meilen.


    Die erforderliche Briefgebühr ist daher = 18 Kreuzer, abzüglich der frankierten 9 Kreuzer = ein Ergänzungsporto von 9 Kreuzern, die der Empfänger zu zahlen hatte.

    Da sich der Zuschlag auf nicht frankierte Loth bezieht, ist er meiner Ansicht hier nicht anzusetzen, zumal sich beim Gewicht keine Änderung ergeben hat.


    Hinsichtlich des Gewichts merke ich noch an, dass der kurze einseitige Geschäftsbrief aus sehr dünnem Papier textlich nicht darauf schließen lässt, dass Beilagen enthalten waren, die ein höheres Gewicht bewirkt hätten.


    Besten Dank im Voraus für Ihre Beiträge zum Thema.


    Herzlichen Gruß aus Wien

  • Hallo,


    bei 11 Meilen kosteten einfache Briefe aus Preussen nach Österreich, wenn sie wie hier unfrankiert waren, 6x CM plus 3x CM Zuschlag, also die notierten 9x CM.

    Die Aufgabepost machte zuerst den Fehler, in Silbergroschen zu taxieren (3 Sgr. vorn und hinten), was falsch war, da stehts in der Währung der Abgabepost zu taxieren war - bei Österreich also bis 31.10.1858 in Kreuzer Conventionsmünze.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Danke für die Reaktion.

    Das bedeutet also, dass die 3 Silbergroschen auf der Rückseite unbeachtlich waren?

    Grüße

  • Bei der Kartierung von DÖPV-Briefen belastete die Aufgabepost die Transitpost (wenn es eine gab) bzw. die Abgabepost mit dem ihr zustehenden Porto. Dafür wurde teils auf den Briefen vorne und hinten das Porto notiert und dann in der entsprechenden Spalte der Briefkarte summiert. Es war also nur eine Wiederholung des Betrages hinten zur Erleichterung der Subsummierung der Portobeträge, die die Aufgabepost Österreich in Rechnung stellte.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo zusammen,


    beim folgenden Brief blieb seitens der sächsischen Post die Unterfrankatur von 1 Ngr. unbemerkt. Am Bestimmungsort fiel das auf, und frontseitig wurde neben der Bestellgebühr von 9 Pfg. eine Nachtaxe von 2 Sgr. vermerkt, die zu Gunsten der sächsischen Post zu verrechnen war.





    Nach meiner Beobachtung kommt es relativ selten vor, daß erst die Abgabepostanstalt einen Francodefekt bemerkt.


    Beste Grüße

    Altsax

  • Nach meiner Beobachtung kommt es relativ selten vor, daß erst die Abgabepostanstalt einen Francodefekt bemerkt.

    Lieber Jürgen,


    so sehe ich das auch. Statt zu sagen, dass alles o.k. war, musste man einen Defect ausfertigen und der zukartierenden Poststelle umgehend übermitteln, das Nachporto vom Empfänger einziehen, was diesen sicher nicht zu Freudentränen rührte, denn er konnte ja auch die Zahlung des Nachportos ablehnen und überhaupt hatte man ja einem Landsmann das Geld abgeknöpft, das eine andere Postverwaltung kassieren sollte, die noch dazu schlampig war. Da hat man lieber mal 5 gerade sein lassen.

    Häufig ist also etwas ganz anderes. Glückwunsch zu dieser DÖPV-Seltenheit.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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