Stundenangabe bei OPÄ - römisch = vormittags, arabisch = nachmittags?

  • Liebe Freunde,

    der Brief wurde von mir schon im Thread der Nr. 4 Platte 1-3 gezeigt, doch er hat noch etwas anderes an sich, das ihn interessant macht:

    Abgesandt in München am 15.5.1852 um IX (also 9 oder 21) Uhr.

    Ankunft in Nürnberg am 15.5.1852 um 7-8 Uhr (also morgens, oder 19.00 bis 20.00 Uhr).

    1852 gab es eine Bahnlinie München-Augsburg-Nürnberg, demnach war es möglich, innerhalb eines Tages, oder besser gesagt, innerhalb von 24 Stunden, Briefe aufzugeben und zustellen zu lassen, das ist völlig unstrittig.

    Hier kann es sich also in München nur um IX = 09.00 Uhr Vormittags handeln und in Nürnberg um 7-8 = 19.00 bis 20.00 Uhr am Abend, wie es wohl auch ursprünglich intendiert war (die Römer kamen vor den Arabern in Popularität in Europa, daher zuerst römische, danach arabische Zahlen).

    Wer kann einen Brief zeigen, bei dem diese Logik nicht greifen kann?

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • lieber Ralph,

    ich meine mich zu erinnern, dass es eine analoge Vorgehensweise zeitweise bei der Französischen Bahnpost gab: Tagsüber war der "innenkreis" des Zweikreisstempels achteckig , nachts dagegen rund. Oder war es umgekehrt?

    besten Gruß

    Michael

  • Lieber Michael,

    ja, da war was - oder war es blau für Nachts und rot/orange für tagsüber? Kann mir das irgendwie nicht merken, da sind wir schon zwei!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,

    aus aktuellem Anlass (Diskussion eines aus Ermetzhofen am 27.7.66 in Würzburg angekommenen Briefs) an dieser Stelle nochmals die Frage:

    gibt es beim Zweikreisstempel frühere Stundenangaben als VII-VIII? Ich gehe davon aus, dass es sich hierbei um die Vormittagsstunden (römische Ziffern) handelt (s. dazu auch Peter Zollners Buch "Die Entwertungen der bayerischen Ziffernmarken", S. 278 ff.).

    Falls frühere Stunden (für die Ankunft!) nachgewiesen werden, wäre bewiesen, dass der Postdienst in der Nacht gearbeitet hat; andernfalls könnte man von 7 Uhr morgens für den Arbeitsbeginn ausgehen.

  • Vielen Dank, weite Welle!

    Könnte jetzt aber auch Mitternacht 24 auf 1 Uhr morgens gewesen sein... :evil:

    Aber natürlich ist römisch = Vormittag, arabisch = Nachmittag viel plausibler.

    Suche aber immer noch römisch vor VII Uhr!

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Franz,

    tolle Stundenangabe, nach der man lange suchen muss. Vielen Dank für's Zeigen.

    Liebe Grüße von maunzerle

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber Wilfried,

    du hattest oben mal von OPA gesprochen, aber wohl eher die Hauptexpeditionen am Sitz des OPA Würzburg gemeint.

    Meines Erachtens hat jede Hauptbriefpostexpedition fast rund um die Uhr gearbeitet - aber halt nicht in allen Bereichen. Wenn man die die Öffnungszeiten für das Publikum ansieht, passt 7 Uhr Morgens schon ganz gut. Davor waren sicher auch Leute da, aber die werden mit anderen Arbeiten betraut worden sein, als mit der Annahme und Abstempelung von eingehender Post. Das sollte auch damit zusammen hängen, wann der/die Briefkasten/-kästen erstmals am Tag geleert wurden und das war, meine ich, auch 07.00 Uhr.

    Es kam letztlich auf die internen Abläufe (die vom OPA dirigiert wurden) an (wann kam die Post an, wann wurde sie decartirt, wer hat sie den Stadt- und Landpostboten "mundgerecht" zu übergeben, wann wurde abgerechnet, wann wurden die Briefkarten ein- und ausgehend kontrolliert und weitergeroutet usw. usw..

    Stempel auf Briefen nach 20 oder 21 Uhr machten wenig Sinn, wenn die Züge schon abgefahren waren und welche Züge am frühen Morgen nach Würzburg mit Postsendungen eintrafen, wäre heraus zu finden ein lohnendes Ziel. Aber selbst wenn, sagen wir mal ein Zug aus Stuttgart, Frankfurt oder Nürnberg um 03.00, 04.00 oder 05.00 Uhr mit Poststücken angekommen wäre, müsste man die internen Regelungen in Würzburg kennen, um sicher sagen zu können, dass hier und da die Post u. U. ein, zwei Stunden liegengelassen werden konnte, ohne den perfekten Ablauf des Dienstbetriebes zu gefährden.

    Im Notfall gab es bei Hauptbriefpostexpeditionen immer Springer, die für außergewöhnliche Fälle eingesetzt werden konnten und der Krieg dürfte eher solche Konstellationen nach sich gezogen haben, als Besonderheiten im Postabfertigungsdienst zu Friedenszeiten.

    Ich halte daher das von dir Geschrieben für höchst wahrscheinlich.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Vorab möchte ich daran erinnern, dass die Post ihre Mitarbeiter erinnerte, wann die ankommenden Briefschaften abzustempeln seien (Ankunft oder Abgang (Tag) der Briefzustellung im Ort).

    Zu Würzburg habe ich ein Beispiel, wo ich nicht sicher angeben kann, ob Post nur mit den Postzügen oder auch mit Kurier-/Schnellzügen befördert wurden.

    Als ein mir vorliegender Dienstbrief (auf Scans verzichte ich, der besseren Darstellung wegen) hat folgende Abstempelungen:

    Aschaffenburg - Zweizeilenstempel - Datum 18 AUG. 2 1866

    Rückseitig Würzburg Zweikreis - Datum 18 AUG 1866 7-8

    Also beide Zeitangaben vom gleichen Tag, in arabischen Ziffern!

    Gehe ich davon aus, dass nach den Wirren des Krieges der Fahrplan wieder so wie vorher war, dann sehen wir folgende Zeiten von Aschaffenburg nach Würzburg (März 1866):

    Bei Stempelung "2" wäre der Postzug um "4" Mittags möglich mit Ankunft in Würzburg am späten Nachmittag 7-8. Entfernung 12 Meilen. Der Postzug kam um 5.45 Uhr Abends an, was zum Stempel 7-8 passen könnte.

    Im übrigen liegt der Zweikreisstempel Würzburg während der Verwendung von 1848 - 1871 mit allen möglichen arabischen Zeiteinstellungen vor. Eine andere als die bekannte römische Zeitangabe kenne ich nicht.

    Das mit der Erkärung "nachts" ist eigentlich logisch, denn bei "12-1" kann es doch nur um Mittag/Nachmittag gehen, denn es gibt auch "2-3/3-4/4-5" usw.

    Da es keine 24 Studen-Einteilung gab, wäre doch eigentlich "7-8" morgens, weil "8-9" Nachts keinen Sinn ergeben würde - oder?

    Und, wie oben, noch zu bedenken, Falscheinstellungen des Stempels.

    Luitpold

  • Gerade eingefallen, dort mal nachzulesen:

    Rückblick auf das erst Jahrhundert der K. Bayer. Staatspost

    dort findet sich auf Seite 129:

    "Die Unterscheidung der Stunden vor und nach Mittag wurde dadurch bewerkstelligt, daß für erstere römische Ziffern, für letztere arabische Ziffern gebraucht wurden (z.B. VII-VIII oder 7-8)".

    Ist das dann

    vor Mittag - erstere - römische Ziffern

    nach Mittag - letztere - arabische Ziffern

    :?:

    Lutipold

  • Lieber Werner,

    das steht überall, ist aber nicht überall so gehandhabt worden. Theorie und Praxis halt in Bayern ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,

    das Thema beschäftigt schon viele Sammlergenerationen.

    Ich habe mal ein paar Briefe nach Würzburg bei mir ausgekramt und muss feststellen, ich tappe weiter im Dunkeln.

    Aber der Reihe nach.

    Ich habe sechs Briefe für den Zeitraum von 1854 - 1859 ausgewählt.

    Zunächst aber der Fahrplan für Züge von Bamberg nach Würzburg, Abfahrtsort Hassfurt (also eine Station vor Schonungen), gültig ab 1.5.1856, davor war er identisch. Die durchgängige Bahnstrecke war ab 1.7.1854 befahrbar. Davor waren von Schweinfurt bis Würzburg Postkutschen unterwegs, weshalb ich erst ab dieser Zeit beginne. Roland Holzmayr schreibt in seinem Buch über die Bahnpoststempel es wurden drei Bahnpostkurse in jede Richtung eingerichtet. Folglich wurde Post wohl nicht nur mit dem angeführten Postzug befördert.

    Zunächst ein Breif von Schonungen nach Würzburg, abgestempelt Schonungen 20.11.1854, Ankunft Würzburg 21.11.1854 VII-VIII. Dieser Brief wurde also vermutlich erst am 21.11. mit der Bahn befördert. Alternativ könnte er aber auch schon mit dem letzten Güterzug am 20.11. abgegangen sein.

    Hier ein Brief abgestempelt Schonungen 1.9.1855, Ankunft Würzburg auch am 1.9.1855 VII-VIII. Dieser Brief kann noch mit dem Postzug (Abfahrt Hassfurt 7 Uhr) befördert worden sein. Ob die Strecke mit mehreren Zwischenhalten bis nach Würzburg in max. 2 Stunden machbar war, entzieht sich meiner Kenntnis.

    Dann hier Schonungen 21.3.1856, Ankunft 22.3.1856 VII-VIII, wahrscheinlich spätestens mit dem Frühzug oder noch am Abend befördert.

    Fortsetzung folgt.

    Einmal editiert, zuletzt von bayernjäger (7. Oktober 2023 um 11:54)

  • Der nächste Brief abgestempel Schonungen 17.7.1856, Ankunft Würzburg 18.7.1856 9-10. Jetzt gehen die Probleme los. Dieser Brief wurde mit ziemlicher Sicherheit spätestens am Morgen des 18.7. befördert. Ein Ankunft erst Abends 21 Uhr (9-10 für Abends, wie hier vermutet) halte ich für ausgeschlossen.

    Der nächste Brief abgestempel Schonungen 18.8.1856, Ankunft Würzburg 19.8.1856 9-10. Auch dieser Brief wurde mit ziemlicher Sicherheit spätestens am Morgen des 19.8. befördert. Ein Ankunft erst Abends 21 Uhr (9-10 für Abends, wie hier vermutet) halte ich für ausgeschlossen.


    Der nächste Brief abgestempel Schonungen 30.11.1859, Ankunft Würzburg 1.12.1856 9-10. Dieser Brief wurde mit ziemlicher Sicherheit spätestens am Morgen des 1.12. befördert. Ein Ankunft erst Abends 21 Uhr (9-10 für Abends, wie hier vermutet) halte ich für ausgeschlossen.

    Was können wir aus diesen Stempeln schließen?

    Meine Vermutung die Stempel mit Stundenangabe VII-VIII und auch 9-10 stammen vom Vormittag. Da ich es nicht für möglich halte, dass die Post Briefe bis am Abend zur Abstempelung liegen ließ, was einen weiteren Tag Verzögerung bei der Zustellung zur Folge gehabt hätte. Eine Zustellung Nachts nach 22 Uhr halte ich für unwahrscheinlich.

    Gruß

    bayernjäger

    Einmal editiert, zuletzt von bayernjäger (7. Oktober 2023 um 11:53)

  • Hallo Udo,

    du schreibst immer von XII-XIII, aber ich lese immer VII-VIII. Nach 20.00 Uhr wurden in Würzburg wohl kaum noch Briefe ausgetragen, weil das schon die Nachtzeit war. Bleibt nur der Posteingang am frühen Morgen 07.00 bis 08.00, womit sie mit dem 1. Bestellgang zugestellt worden wären.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,

    mir stellt sich die Frage, ob auf jeder Post, an jedem Tag, zu jeder Stunde die Stundenangabe im Stempel neu eingestellt wurde.

    An manchen Postorten wurde das wohl gemacht, an anderen Postorten nur dann, wenn der Postler daran dachte, und es wird auch Postler gegeben haben, die die Stundeneinstellungen völlig ignorierten.

    Ok, ich weiß, war alles reglementiert und wehe es wurde nicht gemacht, dann drohten Strafen.

    Auf der anderen Seite gibt es große postgeschichtliche Sammlungen die ausschließlich Zuwiderhandlungen gegen Postverordnungen zeigen.

    Dass auf jeder Post zu jeder Stunde gewissenhaft am Stellrädchen gedreht wurde, davon kann meiner Ansicht nach nicht ausgegangen werden, und das dürfte so manche nicht nachzuvollziehende Stundenangabe erklären.

    Gruss kilke

    Wer um Einzelmarken einen Bogen macht hat sich verlaufen.

  • Nö, zwei Mal! Jede Uhr geht 2 Mal am Tag richtig, dann jeder Stempel auch! :D

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.