Schweiz - Bayern

  • Hallo zusammen,


    als einen erfahrenen Sammler in Sachen CH-IM darf ich mich ja nun nicht nennen, insofern bitte ich schon mal im Vorab um Verzeihung, sollte irgendwas mit dem nachstehenden Versuch einer Beschreibung nicht stimmen. Wir sind im Jahre 1867, also gerade noch innerhalb der Gültigkeitsphase des von der Schweiz zum 15.10.1852 mit Bayern geschlossenen Postvertrages.


    Aufgegeben in Basel = 1. schweizer Rayon von Dippel & Cie. war der mit 40 Rappen freigemachte Brief gleich "drüben" in Baden, welches augenscheinlich des auf der Rückseite abgeschlagenen Bahnpoststempels im offenen Transit spedierte. Insofern müssten von der Schweiz 30 der 40 Rappen an Baden zu vergüten gewesen sein = 9 Kr Vereinstaxe, die in Rötel angeschrieben und mit blauer Tinte abgestrichen = verrechnet wurden. Bayern müsste hier leer ausgeganen sein. Aber wer hat das Rötel geschrieben, die Schweiz ?


    Zum Adressanten in Ludwigshafen Kaufmann & Gloecklen findet man in dem vom Verlags- und Druckhaus Philipp Rohr / Kaiserslautern 1864 herausgegebenen Vollständigen Handels-, Adreß- und Firmenbuch für die Pfalz (S.44) folgenden Eintrag: Die Gesellschaft bezweckt den Betrieb eines Speditions-, Commissions- und Producten-Geschaftes in Ludwigshafen. Die Inhaber sind: Johann Friedrich Kaufmann in Ludwigshafen und Reinhold Glöcklen in Mannheim. Jeder hat das Recht die Gesellschaft zu vertreten. Procuristen: Joseph von Poschinger, Otto Glöcklen und Johann Neker in Mannheim.

    Schönen Gruß


    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,


    ein guter Brief - prima gemacht (hätte ich auch genommen). :P


    Der PV Bayerns mit der Schweiz galt ab 1.10.1852 für Bayern und ab 15.10.1852 für die Schweizer Briefe.


    Die CH notierte vorne das Weiterfranko für Baden in Kreuzern, denn dieses musste auch so in der Basler Briefkarte vorgemerkt werden, was hier sicher der Fall war.


    Baden strich es ab (blaue Tinte = badische Bahnpost), damit man es nicht für ein Nachporto halten konnte und als Zeichen dafür, dass der Brief hinsichtlch der eigenen Kasse notiert worden war.


    Über Efringen - Karlsruhe und Mannheim landete er bei der Briefpostexpedition dort. Die Ludwigshafener Packergehilfen liefen mit ihren Schubkarren über die Rheinbrücke, die damals nicht für Züge befahrbar war und holten die Briefe für die Pfalz (und über sie hinaus) ab. In Ludwigshafen erhielt er zuerst einen Halbkreisstempel, ehe er als Loco - Brief aussortiert wurde und dem Stadtbriefträger übergeben wurde.


    Ich würde mir wünschen, unsere großen Auktionshäuser könnten auch nur halbwegs vergleichbare Beschreibungen ihrer 3 - Länder - Briefe liefern, von daher prima gemacht. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo bk,


    besten Dank, Korrektur des Postvertragsschlusses ist gemacht, dass hier nicht falsches verbeitet wird. Was Du nur eine kleine Postgeschichte nennst, hat mir erst einmal richtig Kopfzerberechen bereitet. Aber das hat sich gelohnt, denn so langsam formt sich bei mir ein Bild....auch mit dem Wunsch Bayerns im geschlossenen Transit durch Baden spedieren (lassen) zu können.


    Schönen Gruß


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,


    das klappte nur von der CH über Baden UND Württemberg ins rechtsrheinische Bayern - für die Pfalz galt immer der offene Transit und daher auch immer die 9x für Baden bei Briefen aus der CH in die Pfalz. Das hat sich Baden nicht nehmen lassen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo bk,


    was galt ist schon klar, ich meinte was von Bayern gewünscht, aber von Baden nicht akzeptiert war. Oder war es nicht so ?


    + Gruß !


    vom Pälzer

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  • Hallo Pälzer,


    die Alternativen für die Pfalz - Korrespondenzen nach der CH wären folgende gewesen (die ich auch gleich kommentieren möchte):


    1. Leitung über Frankreich (Elsaß) via St. Louis oder Genf


    Nicht wirklich schneller, als via Baden, aber mit 7,5g je Gewichtsstufe mindestens eine Verdoppelung des Gesamtportos, dazu ein Widerspruch gegen den Postverein, denn man sollte ja "einheimische" Postverwaltungen nutzen und keine ausländischen.


    Unklare Kostenstrucktur bei Briefen aus der CH über Frankreich in die Pfalz mit vermutlichem Minderumsatz und Mindergewinn für Bayern. Einziger Sieger: Frankreich.


    2. Leitung über Taxis und bayerisches Gebiet Richtung Lindau


    Ziemlich sinnlos, weil die meisten Empfänger in der CH nicht in der Ost-, sondern in der Zentral- und Westschweiz ansässig waren, daher hätte man große Umwege und mindestens 1 - 2 Tage Zeitverlust gewärtigen müssen - das war den Kunden nicht vermittelbar. Vorteil für Bayern: Jeder Brief von und nach der Pfalz hätte 9x Einnahme bedeutet, abzüglich ca. eines Kreuzers für den Transit von TT.


    3. Leitung über Württemberg - Friedrichshafen via Bodensee


    Auch hier hätte man geschlossen über Baden oder TT versenden müssen, was zwar geringe Kosten nach sich gezogen hätte, aber bei den Rückbriefen aus der CH in die Pfalz wäre Württemberg mit 9x dabei gewesen und Bayern hätte wieder nichts bekommen. Kein Vorteil für Bayern, nur Nachteile.


    Vermutlich hat Baden die geschlossenen Transite ins rechtsrheinische Bayern akzeptiert, weil man den einträglichen Transit der Briefe in die Pfalz, nach Preußen, Sachsen usw. behalten konnte und sich nur TT zu beugen hatte (aus historischen Gründen).


    Wiederum nur eine kleine Postgeschichte ... ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • ...Donnerwetter, das war ein unerhoffter Spezial-Exkurs à la carte.


    Bin wirklich geplättet hier !


    Vielen Dank + Gruß !


    vom Pälzer :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Freunde,


    für die älteren von uns sind auch Briefe interessant, die während politisch problemhafter Zeiten nicht direkt, sondern über "Umwege" versendet wurden. Einen solchen Fall haben wir hier vorliegen.


    Ein Brief wurde am 10. Februar 1808 in Basel geschrieben. Dort hätte man ihn nach Spittal in Österreich auch aufgeben können, doch das wollte man nicht. Statt dessen (wie?) transportierte man ihn nach München zur Firma Seb(astian) Pichler seel(ige) Erben, wie man siegelseitig lesen kann. Da man dies lesbar aufschrieb, gehe ich davon aus, dass er einem Reisenden mitgegeben oder einem anderen Handelshaus in München in einem anderen Brief versteckt zusandte.


    Dort gab man den Brief nicht nur einfach auf, denn Briefe nach Österreich unterlagen ja dem Frankozwang, so dass die Firma Pichler ihn bis zur Grenze (gewünscht war vom Absender "p(er) Linz" mit 4x frankierte (die zuvor notierten 6x wurden wohl abgestrichen). Das scheint mir etwas wenig zu sein - vlt. hat jemand eine Ahnung, wie man die Taxen bzw. den Laufweg sonst interpretieren könnte.


    Ab der Grenze wurden 24x CM notiert, die der Empfänger, Herr Gottlieb Weinmeister zahlen durfte.

  • Lieber bayern klassisch,


    gratuliere recht herzlich zu diesen sehr schönen Brief. Habe einen
    fast identischen, jedoch vom 3. März 1806. Die beiden Briefe liefen
    über Salzburger Gebiet. Bei den Brief von 1806 bezahlte der Absender
    4 Kreuzer bis Waging (erster Postort im Herzogtum Salzburg, seit 12.2.
    1806 in österreichischer Verwaltung). Die Taxierung des Portos von
    Waging bis Spital kann ich nicht genau deuten. Ich denke aber, daß es
    24 Kr.C.M. sind. Bei deinen Brief, der ebenfalls bis zur bayrischen Grenze /
    Herzogtum Salzburg bezahlt wurde, wog man wahrscheinlich zuerst zuviel
    und korrigierte dann die Taxierung. Bei meinen Brief hätte der Absender
    die Möglichkeit gehabt (war nur bis zum 31.12.1806 möglich) von München
    bis zum Ende des Herzogtums Salzburg zu bezahlen. Das hätte 6 Kr. Franko
    gekostet. Für den Empfänger wäre dann ein geringeres Porto übrig geblieben.
    Aus dieser Zeit (bis 31.12.1806) habe ich solch einen Brief noch nicht finden
    können.



    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber VorphilaBayern,


    wie klein die Welt (der Philatelie) doch manchmal ist ...


    Ein tolles Pendant zu meinem Brief - aber die Taxen kann ich klären:


    Ab 15.11.1803 bis 31.10.1806 kosteten einfache Auslandsbriefe in Österreich 16x CM, wie sie dein Brief auch zeigt.


    Ab 1.11.1806 bis 30.6.1810 kosteten einfache Auslandsbriefe in Österreich 24x CM, wie bei meinem Brief zu sehen.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    nachdem der liebe Pälzer ein herrliches Streifband mit Auffrankatur der Pfennigzeit zeigen konnte, durfte die Kreuzerzeit natürlich nicht lange auf sich warten lassen - voilà, hier eines vom 24.12.1870 nach Nürnberg, das die Schleife mit komplettem Inhalt zeigt, was wahrlich nicht häufig ist, jedenfalls heute.


    Mit dem 1.9.1868 waren DS bis 2,5 Loth einfach und kosteten 5 Rappen, von denen Bayern 3 und die CH 2 bekam, wobei beide Rappenwerte postalisch je einem Kreuzer rheinisch entsprachen.

  • Hallo Sammlerfreunde,


    für die nachstehende Drucksache mussten mehr als die darauf geklebten 5 Rappen berappt werden. Aber das ist ja auch irgendwo kein Wunder, so elegant wie`s das nun daherkommt. Zum Absender dem schweizer Oberingenieur Moritz Buri / Basel findet man einen Nachruf in der Schweizer Bauzeitung vom 27.05.1905 (S.256) und darin prompt den Bezug zur bayerischen Pfalz:


    Mit Oberingenieur Moritz Buri ist am 21. Mai d.J. ein Veteran unter den Eisenbahntechnikern gestorben, der schon bei den ersten schweizerischen Bahnbauten mitgewirkt hat. Moritz Buri von Burgdorf wurde am II. Juli 1820 geboren, bezog nach Absolvierung der Bürgerschule in Burgdorf das Karlsruher Polytechnikum und studierte daselbst von 1836 bis 1841 die Ingenieurwissenschaften. Zwölf Jahre lang war er dann in Baden und in der bayrischen Pfalz beim Wasser- und Strassenbau, sowie bei Eisenbahnbauten tätig.


    Als in der Schweiz die Studien für die Zentralbahn begannen, trat Buri als Gehülfe des Oberbaurats v. Etzel in dessen Zentralbureau in Basel. Während des Baues wurde er Sektionsingenieur in Burgdorf und später Bahningenieur daselbst. Nachdem Ingenieur W. Presset von der Stelle des Oberingenieurs der Zentralbahn zurückgetreten war, wurde Buri im Dezember 1861 an diese berufen.


    Auf einer Dienstreise erlitt er bei einem Zusammenstosse im Bahnhof Bern 1876 einen Beinbruch und musste infolge dieses, einen bleibenden Nachteil hinterlassenden Unfalles, im Jahre 1878 in den Ruhestand treten. Nach seiner Pensionierung war er vielfach bei Eisenbahnunternehmungen als Experte tätig, namentlich verfasste er mit den Herren Koller und Grandjean 1886 im Auftrage des Eisenbahndepartements ein Gutachten über die sog. Moratoriumslinien der Schweizerischen Nordostbahn.


    Seinem langjährigen Wohnort Basel hat er, als es sich um den Bau der Strassenbahn handelte, ebenfalls erspriessliche Dienste geleistet. Den Untergebenen, von denen er gewissenhaftes und zuverlässiges Arbeiten forderte, war er dabei ein stets freundlicher und wohlwollender Vorgesetzter; alle, die noch unter seiner Leitung gearbeitet haben, werden ihm ein freundliches Andenken bewahren.

    Schönen Gruß


    vom Pälzer


    verwendete Quelle:
    retro.seals.ch/cntmng?pid=sbz-002:1905:45:46::274

  • Hallo Pälzer,


    schön, selten (3. DS in die Pfalz aus der Zeit, die ich kenne), mit social philately, da inhalt sicher datierbar (= 1872, nicht 1871) und das macht den Unterschied.


    Baden gab sein Postregal zu Gunsten des Dt. Reiches am 31.12.1871 ab. Die DS wurde, wie innen zu lesen ist, noch Ende 1871 gefertigt und hätte dann auch verschickt werden sollen.


    Aber man kam erst am 2.1.1872 dazu, sie zur Post zu bringen - jetzt war der Transitdienstleister nicht mehr das Großherzogtum Baden, sondern das Dt. Reich.


    Daduch änderten sich die Rechnungsverhältnisse, denn 3 Rappen von den fünfen bekam jetzt das Reich und 2 Rappen behielt die CH davon. Vorher hatte Baden 3 Rappen bei DS bis 2 1/2 Loth bekommen und in beiden Fällen ging Bayern leer aus.


    Zur badischen Zeit hätte sie den Ovalstempel "SCHWEIZ über BADEN" auf der Siegelseite getragen, nun nicht mehr (schau mal in meine hier eingestellt Slg., da ist eine nach Speyer drin aus der gleichen Vertragszeit mit diesem Stempel).


    Glückwunsch zu diesem echten Schmankerl - die hätte ich auch genommen. :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo bk,


    vielen Dank für die extrem schnelle und überaus aufschlussreiche Info ! Da sind wir ja gerade so in einen "breake even" geraten, da wäre ich jetzt gar nicht drauf gekommen !


    ..die hätte ich auch genommen


    ...da muss ich ja dann glatt zurückfragen: Nachstehendes zu 5 Rappen aus 1874 auch ? ^^


    Nun, hier haben wir die Version eines unverschlossen versandten Minibriefleins, das man (vermutl. schon öfters) an Madame Guinand in Neustadt a.d.Haardt adressiert hatte, welche mittlerweile jedoch offenbar nach Dürkheim verzogen war.


    Erstaunlich für schweizer Verhältnisse die Unleserlichkeit der Aufgabeabschläge, aber das kann man dann wohl auch schon fast als "Seltenheit" bezeichnen. Gleichwohl: Wer sich aus denen einen Reim machen kann, bitte melden !


    + Gruß !


    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,


    das hast du ganz richtig beobachtet - die CH stempelte ab der Mitte der 1860er Jahre i. d. R. vorbildlich, aber den Stempelkrüppel hier kann ich beim besten Willen nicht erknoblen.


    Der modus operandi blieb der gleiche, nur war das Gewicht von 2 1/2 Loth (40g) auf 50g erhöht worden, aber in diese Höhen kam dieses Drucksächelchen sowieso nicht.


    Mach nur weiter so - jetzt kenne ich schon 4 DS in die Pfalz und wenn du so weiter machst, ahne ich, wer die 5. auftut. :D


    Die Nachsendung war ab 1.1.1868 übringens gratis, schön hier zu sehen.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo,


    Ich suche das Buch von Zeno Inderbitzin: Postgeschichte des Kantons Schwyz, Luzern 1997
    Von dem ca 680 Seiten starken Werk wurden in der zweiten Auflage, glaube ich die Exemplare 13 - 28 hergestellt. Gab es noch eine spätere Auflage?


    Verfügt jemand über ein Exemplar?
    Liebe Gruesse Achim

  • Lieber bayern klassisch,


    ein sehr schöner Brief nach Lindau im Bodensee.
    Seit 1.9.1868 kosteten Frankobriefe aus der Schweiz nach Bayern
    bis 1 Loth excl. 25 Rappen und über 1 - bis 15 Loth 50 Rappen.
    Zwischen Postorten, welche nicht mehr als 7 Meilen voneinander
    entfernt sind, beträgt die Gesamttaxe für frankierte Briefe aus
    der Schweiz 10 Rappen bis 1 Loth incl. und von 1 - bis 15 Loth,
    20 Rappen. Nachdem Netstal in der Schweiz und Lindau im Bodensee
    über 7 Meilen auseinander liegen, ist das Franko von 25 Rappen
    richtig.


    Beste Grüße von VorphilaBayern