• Hallo Pälzer,

    ab dem 1.9.1868 bestimmte der PV Bayerns mit der CH, dass 7x von Bayern und 25 Rappen von der CH das Franko für den einfachen, bis 1 Loth schweren Brief darstellte. Den jeweiligen Aufgabeposten verbieben 4x bzw 15 Rappen, der Rest der Postverwaltung der Abgabepost.

    Dies galt jedoch nicht für Sendungen aus der CH über Baden in die Pfalz wie hier! Nun verhielt es sich so, dass die CH zwar 15 Rappen (4x) weiterhin behielt, das Weiterfranko von 10 Rappen (3x) aber an Baden vergüten mussten, die als Aufgabepost fungierten für die deutschen Seite, so dass Bayern hier leer ausging. Der Stempel Schweiz über Baden sagte demnach nicht nur etwas von der Herkunft, sondern auch von der paritätischen Teilung des verklebten Frankos aus.

    Einen "Überhang", also eine Dysparität, gab es demnach nicht und für die kleine CH war die Verteilung der Postporti sehr günstigt ausgelegt worden.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    harte Regeln für die Pfalz als Abgabepost, letztendlich aber hat es sich ja ohnehin alles kurze Zeit später im Weltpostverein in Wohlgefallen aufgelöst.

    Wie immer Dank für die Analyse + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Freunde,

    ich hoffe, der zeitliche Bruch ist nicht zu stark, aber heute geht es etwas weg von der durchaus beachtlichen Semiklassik und hin zur VMZ, als die Welt noch in Ordnung war. :D

    Den Beweis tritt ein einfacher, bis 1/2 Loth schwerer Brief aus Basel (Basel - Stadt) vom 13.11.1847 nach Finkenbach (heute: Finkenbach - Gersweiler, 5 km südöstlich von Meisenheim) in der Pfalz an. Der Absender war nicht sehr solvent, also zahlte er für die 3 Postgebiete gar nichts und hoffte, dass das Königlich Protestantische Decanat Obermoschel (gibt es heute noch) für seine Kosten aufkäme:

    2x für Basel - Stadt bis zur badischen Grenze, 12x für den badischen Transit bis Mannheim und 3x für Bayern ab da bis 6 Meilen = 17x, wie sie auch siegelseitig ausgewiesen wurden. Die PE Rockenhausen vermied es aber sonst, auf dem Brief kenntlich zu werden.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo bk,

    wir Pfälzer haben ja bekanntlich unserern eigenen Kopp...war das denn so korrekt, den bayerischen Portoanteil von 3x rückseitig aufzusummieren ?

    + Gruß !

    vom Pälzer

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  • Hallo Pälzer,

    tja, man hätte eigentlich das Postporto auf die Adressseite schreiben müssen. Warum man die 14x Fremdporto vorne nicht korrigiert hat und erst siegelseitig aufsummierte, wird wohl ewig ein Rätsel bleiben.

    Theoretisch, aber das kann ich nicht beweisen, wäre es auch möglich, dass der Empfänger in Bayern portofrei gestellt war und die 3x nur die Landbotengebühr von der Expedition zum Decanat Obermoschel darstellten. Das wäre dann natürlich ein ganz famoses Teil: Porto in der CH, Porto in Baden, portofrei in Bayern und 3x Landbotenbestellgeld, aber da man seine Briefe nicht besser machen soll, als sie es sind, habe ich diese Variante erst gar nicht beschrieben, denn das wäre ja zu schön, um wahr zu sein.

    An diese These glaube ich erst, wenn mehrere Briefe an den selben Empfänger auftauchen und jedesmal die Portofreiheit in Bayern genehmigt worden wäre. Diesen Beweis kann ich mangels Material nicht führen und würde es daher auch nicht behaupten wollen.

    Aber es ist schon fast sensationell, dass dir das aufgefallen ist. Tja, ein paar Jahre ARGE und Forum hinterlassen auf positive Weise ihre Spuren. :)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo bk,

    nehmen wir mal an keine Portofreiheit für das prot. Decanat Finkenbach. Dann wäre auf jeden Fall die linksrheinisch-innerbayerische Portostrecke Ludwigshafen-Finkenbach zu vergüten gewesen. Frage hierzu: Hätten hier dann nicht 2 x 3 Kr = 6 Kr Bayernporto + 12 Kr Baden-Transitporto + 2 Kr CH-Porto = 20 Kr Gesamtporto + 3 Kr Bestellgeld = 23 Kr Gesamtgebühr aufsummiert werden müssen ?

    ...aber da man seine Briefe nicht besser machen soll, als sie es sind, habe ich diese Variante erst gar nicht beschrieben

    ...okay, dann stelle ich sie einfach mal in den Raum, ich darf das ja schon, oder ? ^^ Wenn Portofreiheit, dann müsste die o.a. Portogebühr von 6 Kr für Bayern kpl. entfallen sein und das prot. Decanat hätte "nur" die 2 Kr für Basel und 12 Kr für Baden als Porto zu entrichten gehabt und dazu noch das 3 Kr-Bestellgeld. Letzteres hatte postalisch betrachtet aber beim Portobrief evtl. nichts auf der Briefvorderseite zu suchen (Verwechslungsgefahr ?). Also hat der Rockenhausener Postexpeditor die sich damit ergebende Gesamtgebühr als klar verständliche Instruction dem Landbote auf die Rückseite geschrieben.

    So fände ich eine Erklärung eigentlich schon ganz schlüssig...

    + Gruß !


    vom Pälzer

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  • Hallo Pälzer,

    6x für die Pfalz gab es hier nicht - 3x war das Postporto bis 6 Meilen (von Ludwigshafen-Oggersheim aus gerechnet). Ludwigshafen fungierte ja als Aufgabepost für in der Pfalz bleibende Sendungen, hätte also bereits dort ausrechnen und vermerken müssen, wie hoch das pfälzische Porto war. Das hat man nicht gemacht, warum auch immer. Erst später, vermutlich die PE Rockenhausen, rechnete das Versäumte zusammen, wobei sie auch hätte adressseitig subsummieren musste.

    Ein Bestellgeld konnte vorn oder hinten notiert werden, das machte jeder nach Gusto, daraus würde ich nichts ableiten wollen (in deiner Heimat NW hat man es immer siegelseitig notiert, aber andere haben das eben nicht so aufgefasst und die Adressseite beschriftet).

    Es wird sich wohl nicht mehr klären lassen, warum so geschlampert wurde. Interessant ist es aber allemal.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo bk,

    bin ja nun wirklich nicht der Vophila-Fachmann, insofern jetzt alles klar: 2 x 3 Kr Postporto gab es so nicht. Aber wenn der Brief von Oggersheim aus nach Finkenbach gelaufen ist, dann sind dies lt. google-earth 50,3 km Luftlinie nach Finkenbach. Die bayerische Meile entsprach nach den mir vorliegenden Informationen zwischen 1811-1871 der Wegstrecke von 7,471 km, das wären 6,8 Meilen. Dann müssten 4x (über 6 bis 12 Meilen) bayerisches Porto angefallen sein, oder maß man da nur bis zur PE Rockenhausen ?


    + Gruß !

    vom Pälzer

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  • Hallo Pälzer,

    viele Tausend Weiler, Gehöfte und Örtchen, die es in Bayern und der bayer. Pfalz gab, konnte man nicht entfernungsmässig erfassen. Was man erfassen konnte, waren die Orte/Städte, die über eine Postexpedition verfügten (für andere Behörden: Gerichte, Bezirksämter usw., die die Auffindung des Zielortes ermöglichten).

    Die Post in Ludwigshafen/Oggersheim hatte also nur Entfernungstabellen, in denen die Orte aufgeführt waren, die über eine Postexpedition verfügten. Daher hatte sie zuerst zu prüfen, in welchem Bezirk der Zielort überhaupt lag (Lexikon mit Hinweis auf die Zuständigkeit zur Post, Gericht usw.), um dann die Entfernung dieses Postorts zur eigenen Poststelle zu klären.

    Wenn du nun Oggersheim und Rockenhausen mit 42,9 km nachrechnest, dann kommen wir auf eine Strecke unter 6 Meilen, denn 6 Meilen sind ca. 45 km. Ob der Zielort von der Postexpedition dann noch so weit entfernt lag, dass wir ab Oggersheim über die 6 Meilengrenze kämen, ist unerheblich und war von keiner bayer. Aufgabe- oder Transitpoststelle berechenbar.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    alles klar, hatte ich mir fast gedacht. Damals hatte man halt noch kein google-earth, um einen Grund zu haben, die Postkasse wie im vorliegenden Fall um 1 Kr aufbessern zu können. ^^

    + Gruß !

    vom Pälzer

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  • Hallo Pälzer,

    etwas off topic - vor Jahren kam in Bayern 3 mal eine interessante Sendung über den, der zu napoleonischer Zeit Bayern vermessen hat (das allein rechtsrheinische). Man kann sich die Arbeit hierzu gar nicht vorstellen, denn es musste ja jeder Ort und jeder Weiler angelaufen werden, die Entfernungen zu den umgebenden Orten notiert und nach Jahren das große Ganze als ein Bild des Königreichs aufgezogen werden. Eine Riesenarbeit und die Präzision wurde erst - du schriebst es schon - durch google.earth verbessert.

    Das lernt man aber erst dann wirklich zu schätzen, wenn man nach einem längeren Kinobesuch in einer fremden Stadt den Wagen nicht mehr findet, weil einem schon das trigonometrische Anfängerwissen längst verlassen hat. 8o

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • etwas off topic - vor Jahren kam in Bayern 3 mal eine interessante Sendung über den, der zu napoleonischer Zeit Bayern vermessen hat (das allein rechtsrheinische). 8o Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Mit der Sendung kann ich nicht dienen, aber dieser Link führt auch zu intressanten Informationen über die Gründung des "Topographischen Bureaus"
    http://vermessung.bayern.de/historisches/gbhistorisch.html

    Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Luitpold,

    vielen Dank für den Link und darin gezeigten Beispiele, die sich mit dem von mir geschriebenen decken.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Liebe Freunde,

    damit sich des Schorschen´s Karte nicht so allein fühlt, hier mal eine etwas ältere aus Neumünster nach Augsburg vom 20.6.1875.

    Gerichtet war sie an "Herrn L. Scholler, Hochehrwürden, Schätzlerstr. 1 . 12". Der Text ist nicht völlig uninteressant:

    Zürich, 20 Juny 1875

    Hochv(erehrter) Freund!

    Ich wohne hier im goldenen Ochsen, am Kreuzplatz, in Neumünster, und bleibe bis zum 28. d.(ieses) M.(onats). Meine Anna ist nicht in Augsb(urg). Wollen Sie gütigst nach fragen, ob Briefe an mich da sind, und dieselben zusammen in einem großen Couvert hieher dirigieren? Margaretha Krauß wird das Porto - 14 Kr.(euzer) - bezahlen. Wie geht es Ihnen? Herzlichen Gruß von Obitty. Hochachtungsv(ollst) H. Thiersch.

    Was lehrt uns diese Karte? Ein bayerischer Pfarrer wurde angestiftet, Briefe zu sammeln und unter einem Großkuvert für 14x in die Schweiz zu senden. Unser Absender kannte also sehr wohl die Tarife vom 1.9.1868, wonach ein einfacher Frankobrief 7x einer über 1 bis 15 Loth aber nur 14x kostete. Ansonsten hätte jeder Brief unfrankiert 14x und ein schwerer 28x bzw. das Äquivalent in Schweizer Rappen (50 Rappen bzw. 100 Rappen) gekostet. So viel Geld wollte man sich sparen.

    Stellt sich nur die Frage, wie unser Hochwürden an die Briefe eines "Fremden" kommen sollte?

  • Liebe Freunde,

    einen sehr seltenen Brief kann ich heute vorstellen, den mir ein lieber Sammlerfreund in Sifi zugänglich machte. :)

    Er wurde in Basel am 3.6.1833 geschrieben und war nach Obermoschel gerichtet, also in die bayerische Pfalz. Im Kanton selbst hatte man ihn portofrei belassen. Ob die Kosten für die Chargierung zu zahlen waren, kann ich nicht sagen und wäre über eine Auskunft hierüber froh.

    Für den Transit durch Baden fielen 12x an, Bayern erhielt 8x, die alle der Absender zuvor bezahlt hatte.

    Einen weiteren Chargébrief der CH in die Pfalz aus der VMZ kenne ich sonst nicht.

  • Hallo bk,

    tolle Werbeveranstaltung für Vorphila ^^ ...zumindest für die Pfalz. So ein schöner Beleg ! Mit dem herrlichen Detail am Unterrand des Basel-Zweikreisers, Chargee mit 2 "e", ein krachiger "PP"-Abschlag und die nicht weninger adrett daherkommende Adressierung. Glückwunsch ! Hatte man in Basel eine Art "Grenzlagenvergünstigung", da vom entrichteten Franco keine Inlandsgebühr anfiel ?

    + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,

    es war ein Dienstbrief mit Dienstsiegelverschluß - daher portofrei im Kanton bis zur badischen Grenze. Sonst hätte man 2 oder 3x frankieren müssen, je nachdem.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    ...ok, aber hmm...wenn erlaubt, dann dazu noch eine rein theoretische Frage: Hätte es auch eine gebührenpflichtige Parteisache aus der Schweiz sein können ?

    Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,

    das war bei der Aufgabe zu klären - da nur 20x bezahlt wurden, bestand die Aufgabepost nicht auf einer Zahlung bis zur Grenze. Ich kenne auch keine vertragliche Abmachung aus dieser Zeit mit Basel, d. h., jede Postverwaltung hatte selbst zu entscheiden, wie sie es hielt. Allerdings war man gehalten, gerade Dienstbriefe an Behörden im Ausland zu frankieren, weil man vermeiden wollte, dass mit Porto belastete Briefe nicht angenommen und somit kostenpflichtig retourniert werden konnten.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.