Württemberg - Schweiz

  • Der folgende Brief war eigentlich nur "Beifang" und ist auch optisch bestenfalls Durchschnitt. Aber er hat doch zwei Eigenschaften, die ihn interessant machen: zum einen handelt es sich um einen Vorphila-Charge-Brief ins Ausland (Schweiz); und zum anderen ist es ein Auslands-Frankobrief, d.h., die Gebühren waren über die Grenze hinweg bezahlt. Nicht schlecht für das Jahr 1834, finde ich!


    Nach meinem Wissensstand wurde der Brief gemäss dem Postvertrag zwischen Württemberg und dem Kanton St. Gallen vom 12.2.1820 taxiert und befördert. Dieser sah Schiffstransport über den Bodensee von Langenargen (später Friedrichshafen) nach Rorschach vor; von dort wurde der Brief dann wohl in den Kanton Schaffhausen weitergeleitet. So weit, so gut - was mir etwas zu schaffen macht sind die Gebührenbäume auf der Rückseite.


    Laut Vertrag galt folgendes: Man wird sich wechselseitig das innere Landes-Porto nach dem mit Landesherrlicher Genehmigung für die innere Correspondenz regulierten Tariffen ersetzen.” Hinzu kam, dass Württemberg für den Schiffstransport laut Vertrag zusätzliche 3 Meilen Inlandstransport berechnen durfte. Da es von Ulm nach Langenargen knapp 13 Meilen sind, hätte der Württemberger Portoanteil nach dem im Jahr 1834 immer noch gültigen Tarif vom 1.7.1814 also 6 Kreuzer für die 1. Gewichtsstufe betragen (12-18 Meilen) - selbst wenn man dem Ulmer Postkunden die 3 "Seemeilen" erlassen hätte. In der 2. Gewichtsstufe wären 9 Kreuzer fällig gewesen.


    Die Rückseite des Briefes zeigt nun aber zwei Gebührenbäume, die sich beide auf 12 Kreuzer aufaddieren. Einer davon ist einmal durchgestrichen, was ich als Streichung (Korrektur) ansehe. Falls dem so ist, wurden vermutlich 9 Kreuzer für Württemberg und 3 für die Schweiz notiert. (Ich kenne leider den Schweizer Tarif aus dieser Zeit nicht, aber 3 Kreuzer würden auch dem später gültigen Weiterfranko für den 1. Schweizer Grenzrayon entsprechen.)


    Da ich aber keine Notiz bezüglich einer 2. Gewichtsstufe sehe (die Notiz auf der Rückseite ist für mich unleserlich), frage ich mich, ob ich hier mit meiner Interpretation richtig liege. Warum die 9 Kreuzer für Württemberg? Meines Wissens nach wurde die Charge-Gebühr von 3 Kreuzer bar bezahlt und nicht auf dem Brief notiert. Weiss jemand vielleicht mehr?


    Viele Grüsse,


    Papiertiger



  • Hallo Christian!


    Das ist eine interessante Hypothese - ich hatte die 3 "See"-Meilen zu den Landmeilen addiert und war deshalb immer noch auf 6 Kreuzer gekommen. Aber falls der Seetransport tatsächlich separat berechnet wurde, dann kam man bei genau 3 Meilen in die zweite Entfernungsstufe - und damit auf 3 Kreuzer zusätzliche Gebühren!


    Ich nehme an, dass eine solche Behandlung von Briefen in die Schweiz in einer Regierungsmitteilung erwähnt worden wäre; wahrscheinlich nach 1824, als der Schiffstransport mit der Schweiz vertraglich vereinbart wurde.


    Mal schauen, ob ich eine solche Verlautbarung in den Quellen finden kann. Oder vielleicht hat sie ja ein anderes Forum-Mitglied schon...

  • Hallo Papiertiger und Leitwege,


    ich glaube nicht, daß der Brief über dem Bodensee gelaufen ist, denn er ging nach Thayngen im Kanton Schaffhausen und die 9 Kreuzer beinhalten das Franko von Württemberg und Baden und die 3 Kreuzer das Franko für den Kanton Schaffhausen. Warum sollte er den Umweg über den Kanton St. Gallen gemacht haben. Dann kämen zu den 3 Kreuzer eine weitere Gebühr für den Kanton St. Gallen hinzu.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Allerdings, eine solche Route ist viel logischer! Also hat der Württemberger Postler wohl zuerst die "6/6" notiert, dann aber erkannt, dass er damit den Schweizer und Badener Portoanteil vermischt? Und dann stattdessen den Württemberger und Badischen Portoanteil in der "9/3" aufaddiert?


    Leider weiss ich nicht, welche Regeln zwischen Württemberg und Baden um 1834 für den Transit in die Schweiz galten. Ich habe nur einen Vertrag von 1813 zwischen Baden und dem Kanton Schaffhausen gefunden, welcher frankierte Briefe aus Württemberg (T&T) erlaubt. Falls jemand mehr weiss, wäre ich dankbar...


    LG,


    Papiertiger