Der besondere Jahresrückblick

  • Mein Highlight im Jahr 2022 war unbestritten folgender Brief.

    Als im Januar 1852 die ersten Thurn und Taxis Briefmarken erschienen war man auf Seiten der Generalpostdirektion bedacht diese auch ordentlich zu entwerten um weiteren Mißbrauch auszuschließen. Hierzu standen den Postangestellten lediglich die aktuell genutzten Ortsstempel zur Verfügung.

    Erst im Januar 1853 wurden die Nummernstempel verteilt.

    Ortsstempelentwertung aus Hochheim konnte ich bislang, nach fast 25 Jahren intensiver Suche, wenige registrieren. Deshalb ein Zugang für mich von besonders hohem Stellenwert.

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • Es wäre schön wenn sich noch einige anhängen würden und hier ihre besonderen Neuzugänge in 2022 präsentieren würden.

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • Deshalb ein Zugang für mich von besonders hohem Stellenwert.

    Hallo guy,

    nicht nur deshalb! Der Brief zeigt auch die Taxe von 10 Kr, die innerhalb des taxisschen Postgebietes galt und höher war, als die Postvereinstaxe für ähnliche oder größere Entfernungen. Allzu viele Briefe dieser Art findet man nicht.

    Glückwunsch und beste Grüße

    Altsax

  • Hallo Jürgen,

    danke für den Hinweis. Das folgende Blatt zeigt schön das Dilemma. Das Herzogtum Nassau (in dem auch Hochheim lag) trat zwar am 01.05.1851 dem DÖPV bei und es galten für Sendungen dorthin auch dessen Tarife - siehe zweiten Beleg nach München (Bayern) mit 9 Kreuzern.

    Innerhalb des taxisschen Postbezirk sah die Lage anders aus. Hier oblag es den einzelnen Staaten ob sie die Tarife des DÖPV auch im Postbezirk umsetzten. Erst sehr spät, ab 24.01.1866 für das Herzogtum Nassau waren die DÖPV Tarife gültig. Deshalb kostete der erste Beleg nach Jena (Sachsen-Weimar-Eisenach) 10 Kreuzer da er im Postbezirk lief.

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • Liebe Freunde,

    um die vom TE (Thread-Ersteller) gewünschte Bombe, die man in der Saison 2021/2022 hat einfahren können, auch für mein Sammelgebiet zu zeigen, darf ich einen Brief aus Erstein in Frankreich als Incoming-Mail nach Bayern vorstellen, der vom 1.7.1858 datiert - just DEM Datum, mit dem der letzte bayerisch-französische Postvertrag in Kraft trat.

    Er wurde, als wäre das nicht schon genug, noch in Frankreich, wo man wusste, dass er in Bayern 18 Kreuzer Porto kosten würde, mit dem franz. Taxstempel 18 (Decimes!) für unfrankierte Briefe aus Indien versehen, aber das wußte damals in Bayern sowieso keiner. Bayern wiederholte später die 18 in blauer Kreide, damit der Bote wusste, wieviel er zu kassieren hatte.

    Es ist bis heute bei den Postverträgen beider Länder vom 1.1.1822, 1.7.1847, 1.7.1858 und 16.5.1872 (letzterer unter der Ägide des Dt. Reichs) der einzig bekannte Ersttagsbrief.

    Hinweis: Perfekt wäre es, diesem wundervollen Portobrief einen mit einer Nr. 6, 12 Kreuzer rot, frankierten bayer. Brief nach Frankreich entgegen zu stellen, denn diese Marke wurde eigens für die Post nach Frankreich aufgelegt und an diesem Tag offiziell verausgabt- aber es hat sich bis heute noch kein Ersttagsbrief Bayerns mit dieser Marke gefunden, auch nach 140 Jahren der Suche nicht und es ist sehr zweifelhaft, ob es ihn heute noch gibt, bzw. damals überhaupt gab. Gäbe es ihn, wäre es ein waschechtes Unikat, dessen Preis wohl hoch 5stellig würde. Es darf also für die nächsten, phil. Saisons noch gehofft werden ...

  • Der Hochheim-Brief ist ein sehr schönes Stück!

    Der Ersttagsbrief ist natürlich eine Sensation!

    Glückwunsch dazu.

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Erwin,

    so ist es - und wenn 10 andere auftauchen würden, würde ich sie alle kaufen, denn 100% des Weltbestandes zu besitzen hat schon einen besonderen Charme ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Wo wir schon bei Ersttagsbriefen sind: Am 19. April 1814 verkehrte erstmals nach über 10 Jahren wieder ein Postschiff zwischen Dover und Calais. Die Kontinentalsperre hatte den offiziellen Postverkehr zwischen Großbritannien und dem Rest Europas über viele Jahre weitgehend lahm gelegt. Die Napoleonischen Kriege waren nun vorüber, und es sah nach einem endgültigen Ende des Kriegs in Europa aus. Zwar kam es dann in 1815 noch einmal Kampfhandlungen und zur berühmt berüchtigten Schlacht bei Waterloo, aber das ist eine andere Geschichte. Der hier gezeigte Brief wurde am 18. April 1814 in London geschrieben und ist wohl mit genau diesem ersten Postschiff aus England nach Frankreich befördert worden. Bis heute sind keine weiteren Briefe bekannt geworden, die dies belegen könnten.

    Ein echter Glückfund. Der Vorbesitzer hatte keine Ahnung, was er da verkaufte.

    Viele Grüße

    Theo

  • Glückwunsch, Theo - solche Briefe kann man nicht kaufen, die muss man finden (und das enorme Hintergrundwissen haben). :P:P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    der folgende Beleg hat mich in diesem Jahr besonders gereizt, gehört er meiner Meinung nach in die Kategorie nicht so oft zu finden.

    Ein vom Berliner Hof-Post-Amt 1842 ausgestellter Beleg auf einem Franco-Defect-Formular für einen Brief aus dem württembergischen Brackenheim über Nürnberg und Berlin nach Odessa, Russland.

    Oben rechts wird das zu wenig bezahlte Porto mit der Rechnung 41 1/12 minus 28 1/4 ergibt 12 5/6 Sgr. ermittelt.

    Die Rechnung links unten 13 3/4 plus 27 1/4 (Ruß. Porto?) ergibt 41 1/4 (was Adam Riese so nicht gerechnet hätte, bei ihm wären genau 41 Sgr. herausgekommen).

    Jedenfalls wurden die fehlenden 12 5/6 Sgr. als Portoforderung nach Nürnberg gesandt. Dort wurden 46 Kr. weitergeleitet nach Brackenheim.

    Kann vielleicht jemand bei der Entzifferung der handschriftlichen Anteile - Innenseite rechts oben unter Nürnberg und links unterhalb von Siegel K. Würt. Notar Siegel Schwaigern - helfen?

    Die vorderseitige Notierung in blauer Tinte: 46 Kr. aus Württemberg auf Brakenheim Nacherhebung zu wenig vergüteten Porto

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    2 Mal editiert, zuletzt von Michael (22. Dezember 2022 um 19:24)

  • Hallo Michael,

    unter Siegel K. Würt. Notar Siegel Schwaigern steht:

    Preuß. Taxe - 13 3/4

    Rußl - 27 1/3

    ---------------------------

    41 1/4

    Ist zwar rechnerisch nicht ganz korrekt, aber gerundet ok. ;)

    Rechts oben unter Nürnberg steht wohl die Adresse:

    Hr. R. B. Ludtmann

    ? [evtl. irgendwas mit ...gürtner]

    in Odeßa

    Viele Grüße

    Gerd

  • Hallo Gerd,

    mit 27 1/3 passt die Rechnung dann, klasse!

    Den Namen Ludtmann aus Schwaigern findet man auf Auswandererlisten, aber vornehmlich in die USA. Ein passende Berufsbezeichnung fällt mir zu deinem ...gürtner im Moment nicht ein.

    Jedenfalls herzlichen Dank für deine Transkription!

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Michael, es könnte Kunstgärtner heißen.

    Kunstgärtner, des -s, plur. ut nom. sing. ein Gärtner, welcher bey Ausübung seiner Kunst vornehmlich auf das Vergnügen der Menschen siehet; zum Unterschiede von einem gemeinen Gärtner, welcher auch Kohlgärtner, Krautgärtner, Obstgärtner u.s.f. genannt wird. S. Kunst 3. 2).

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Erwin,

    danke, das könnte passen, auch wenn das "ä" tatsächlich mehr wie ein "ü" aussieht. Odessa war eine aufstrebende Stadt, in der man vielleicht auch einen Kunstgärtner brauchen konnte.

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte