Hamburg - Schleswig-Holstein

  • Liebe Freunde,


    der folgende Brief von 1867 lief von Hamburg nach Trenthorst per Reinfeld in das mittlerweile preußische Holstein.

    So gesehen ein innerpreußischer Brief. Hamburg war aber nach wie vor eine Freie Stadt, die u.a. ein preußisches Postamt beherbergte.

    Trenthorst war ein Gutsbezirk im Kreis Storman und hatte später (1898) gerade 131 Einwohner. Postalisch zuständig war wohl das eine gute Meile entfernte Reinfeld.


    Zu der Taxierung fand ich folgenden Hinweis:

    Zwischen Schleswig-Holstein und den Postbezirken von Hamburg, Lübeck sowie Bergedorf galt weiterhin der schleswig-holsteinische interne Tarif, dies wären 1 1/4 Sh.

    Die Freimachung mit der preuß. 1 Sgr-Ganzsache bedeutete so gesehen eine minimale Überfrankatur um 1 Pfg.



    Der Brief wurde wohl in einen Briefkasten des Stadtpostamts geworfen. Dieses leitete ihn an das preußische Postamt weiter.

    Die rückseitige Rötelnotierung würde ich als Landbestellgeld 1/2 Sgr. interpretieren.


    Gab es bei der holsteinischen Post ein solches Landbestellgeld in dieser Höhe?

    Der Ausgabestempel sieht preußisch aus. Hatte die holsteinische Post keine Ausgabestempel?


    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Michael,

    der blaue ovale Stempel stammt ja vom Hamburger Stadtpostamt. Dieser Stempel wird im Handbuch der Poststempel von Hamburg von Anfang 1865 bis 31.12. 1867 gelistet.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Erwin,

    ja, das ist klar.

    Wenn Du dich auf meine Frage hinsichtlich Ausgabestempel beziehst: ich meine den rückseitigen schwarzen K1.


    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Michael,

    zur holsteinischen Post kann ich leider nichts sagen, aber für mich sieht der Ausgabestempel auch preußisch aus.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Hallo Michael,

    deiner Beschreibung ist kaum etwas hinzuzufügen.
    Das Landporto (1/2 Schilling) wurde 1865 eingeführt, war an den Landbriefträger für die Beförderung im Landbestellbezirk zu bezahlen und wurde i.d.R. rückseitig notiert.
    Die Ausgabestempel wurden erst eingeführt als Schleswig-Holstein annektiert und zur preußischen Provinz wurde. Daher sind die Stempel preußisch (wie auch viele Einkreis- und Doppelkreisstempel, die zur Ablösung dänischer Stempel eingeführt wurden). Und daher musste das Stadtpostamt auch an das preußische Postamt übergeben, das erst 1867 zuständig wurde.


    Dein Brief war tatsächlich leicht überfrankiert und trotzdem konnte man mit 1 Sgr sogar bis an die dänische Grenze frankieren. Hadersleben als Beispiel lag mit knapp 200km Luftlinie eigentlich in der dritten (preußischen) Entfernungszone. Größere Strecken konnte man kaum mit 1 Sgr frankieren ...


    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo nordlicht,


    danke für die Angaben.
    So ein Brief nach Hadersleben oder einen ähnlich weit entfernten Ort werde ich noch suchen, wäre eine schöne Ergänzung meines Belegs.


    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Liebe Freunde,


    ein Brief aus Hamburg nach Eutin von 1856, die Aufgabe erfolgte beim dänischen Postamt in Hamburg, da Eutin von der dänischen Post versorgt wurde.

    Die Freimachung erfolgte mit einer dänischen 4 Sk.-Marke, entwertet mit dem dänischen Nummernstempel 2.



    Postalisch handelt es sich um einen Inlandsbrief, da Holstein wie Schleswig unter dänischer Verwaltung stand. Politisch sah es aber anders aus:

    Eutin gehörte nicht zu Holstein, sondern zum Fürstentum Lübeck. Dieses war aus dem Hochstift Lübeck hervorgegangen, eine Folge der Umwälzungen in napoleonischer Zeit. Als Entschädigung für von Frankreich annektierte linksrheinische Gebiete sollten die betroffenen Herrscher u.a. durch Säkularisierung kirchlicher Herrschaften rechts des Rheins entschädigt werden. Das Hochstift Lübeck wurde in diesem Rahmen säkularisiert und dem Fürstbischof von Lübeck und Herzog von Oldenburg aus dem Hause Holstein-Gottdorf übergeben.

    Dass dieses Herrscherhaus die Fürstbischöfe von Lübeck und die Herzöge von Oldenburg stellte, war übrigens auch Folge eines Geschachers um Titel: Die Zarin Katharina II. (die Große) betrieb mit dem Vertrag von Zarskoje-Selow (1773) die Übertragung der Herrschaft der Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst auf den verwandten Fürstbischof von Lübeck, damit ihr Sohn Paul den Titel eines russischen Großfürsten erlangen konnte.

    Zurück zum Fürstentum Lübeck. Dieses wurde nun in Personalunion von dem Herzog (später Großherzog) von Oldenburg regiert. Da das Lübecker Territorium aber von dem oldenburgischen getrennt war, wurde die Ausübung des Postregals der holsteinischen (dänischen) Post übertragen. Vergleichbares erfolgte übrigens im Fürstentum Birkenfeld, das ebenfalls von dem Oldenburger Herrscher in Personalunion regiert wurde; hier allerdings übte Preußen das Postregal aus.

    NB: Die Freie Stadt Lübeck war von diesem Geschacher nicht betroffen.


    Viel Text für einen einfachen Inlandsbrief ... ;)


    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Michael ()

  • Lieber Michael,


    toll erklärt - und wer die Geschichte von Schleswig und Holstein komplett versteht, muss einer von zweien sein (hat mal irgendjemand geschrieben). :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ralph,


    danke, und diesem Satz kann ich nur zustimmen.


    @all

    Hier mal eine Karte (Quelle: Wikipedia), die das Fürstentum Lübeck und eingeblendet auch noch das Fürstentum Birkenfeld zeigen. Zwei Exklaven des ansonsten gar nicht so großen (rein räumlich gemeint!) Großherzogtums Oldenburg.


    Viele Grüße

    Michael

  • Lieber Michael,


    ich muss sagen, dass mir Oldenburg jeden Tag näher am Herzen liegt ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.