Bayern und der 1.Weltkrieg

  • Liebe Sammlerfreunde,

    Ich bin gestern beim Vereinsabend unseres Philatelisten-Clubs um meine Meinung zu diesem Brief gefragt worden. Er erscheint mir zwar schon als außergewöhnlich, aber eine echte Ahnung habe ich davon nicht. Wer kann helfen?

    Viele Grüße von maunzerle :thumbup:

    Bilder

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Hallo maunzerle,
    Sehr schönes Dokument.
    Das Dokument, daß du vorstellst ist sicher ein Fragment einen schwer Brief (Päckchen) zwischen 50 und 250 g , dessen Versand kostete 10 Pf (Fp. Erlass n ° 45, 30. 09. 1914).
    Dieses Fragment ist interessant, weil er trägt noch das Etikett, auf dem das Feldpoststempel geschlagen gewesen ist. Auf Päckchen, war es schwer, eigentlich das Stempel zu schlagen.Dementsprechend war das Feldpoststempel auf einem Etikett geschlagen, das, auf dem Brief geklebt gewesen. Die Marken waren dank ein linear Metall oder Kautchuck Stempel entwertet, dem den Namen der Feldpostanstalt trägt (Preuss. Fp. Erlass n ° 288 c und Bay. Fp. Erlass n ° 277 c von 28. 09. 1916). Sind Diese Stempel "Päckchenstempel" genannt.
    Nach dem 14. Februar 1917 sollten die Feldpostanstalten nicht mehr identifizierbar sein, die linearen Stempel sind also durch sehr verschiedenartig Stempelformen ersetzt gewesen (Sieh unten).
    Ich weiß nicht, ob das dir helfen kann und ich stelle mir vor, daß die Mehrheit der Deutschen Sammler mehr Feldpost-Päckchen weiß, als ich.
    Schliesslich, selbst wenn das Datum nicht lesbar ist, kann man diese Feldpostexpedition legen.
    Wenn das Datum am 25/04/1915 ist, war die Feldpostexpedition der 3 . Bay I.D in Wervik ( Belgien)
    Wenn das Datum am 25/04/1916 ist, war die Feldpostexpedition der 3 . Bay I.D in Carvin (Frankreich)

    Warum das oval "Porto" Stempel? weiß ich nicht.
    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hallo Emmanuel,

    Vielen Dank für Deine erschöpfende Auskunft. Ich werde diese ausdrucken und so weitergeben. Könntest Du vielleicht auch noch angeben, wieviel man für so ein Stück bekommen kann, denn das ist sicher das, was mein Sammlerfreund am meistwen wissen wollte, denn ein Postgeschichtler ist er nicht?

    Nochmals vielen Dank und viele Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Hallo maunzerle,

    Ich habe auf deine Frage und nach Suchen ein wenig schnell geantwortet, ich kann dir eine Informationsergänzung und eine Verbesserung bringen:
    1/Das ist nicht, ein Brief zwischen 50 und 250g (+10 %) aber lieber zwischen 275g und 500 (+10 %) das 20 Pf hätte frankiert sein sollen. Die unterfrankierter Briefe, die von der Front nach Deutschland gelaufen sind, war mit den einfachen Strafporto nachtaxiert. Das "Porto" Stempel ist also gerechtfertigt
    2/Das Stempelhandbuch der Deutschen Feldpost im 1. Weltkrieg gibt für diese genaue Stempel einen Preis von 6 Eur an. Es handelt sich um die Variante mit dem Punkt hinter "III." über dem "V" von DIVISION vorstellt. (Stempel n° 2622)
    Im Hinblick auf die Entwertung der Marke mit dem Truppenstempel der Feldpostexpedition der 3. bay. Infanterie Division (nicht haüfig) und diese Art von Schwerer Briefe die auch nicht so haüfig ist, man könnte diesen Brief 20 Eur schätzen.
    Also kein Goldgrube, aber ein interessantes Stück.

    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hallo Emmanuel,

    Vielen Herzlichen Dank für die große Mühe, die Du Dir gemacht hast! Da wird mein Sammlerfreund zwar etwas enttäuscht sein, denn hatte schon das $-Zeichen vor Augen. Da er aber nur 6 Euro dafür bezahlt hat, war es trotzdem kein schlechter Kauf.

    Nochmals vielen Dank und viele Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Hallo Sammlerfreunde,

    die nachstehende POW-Destination Kirchheimbolanden - Corbigny (Department Nièvre) ist sicherlich nicht eine der häufigsten. Der Empfangsort liegt in Zentralfrankreich ca. 120 km westlich von Dijon. Man findet zu einem POW-Lager dort so gut wie nichts, könnte mir aber gut vorstellen, dass es ein Arbeitslager in den ca. 5 km weiter südlich befindlichen Granitminen gewesen ist.

    Der Doppelzensurbeleg weist hellbläuliche Verfärbungen auf, die von innen angebrachten blau-weiss-roten Klebestreifen entstammen. Nehme an, dass das Relikte einer ehem. Polsterung sind, zufälligerweise in den Nationalfarben der seinerzeit gegenerischen Seite.

    Was mich noch interessieren würde ist eine Einschätzung zu der rücksreitg angebrachten Signatur "JGM". Habe dazu nichts finden können. Ist diese jemandem evtl. geläufig ?


    + Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,
    Dieser Brief ist in Romans sur Isère zuerst geprüft gewesen: Stempel "Prisonniers de guerre-Romans-Vérifié par les traducteurs"(Kriegsgefangenen-Romans-von den Übersetzern geprüft ".
    Er ist dann im Kriegsgefangenendepot Corbigny angekommen, und von da, im Arbeitskommando (Landwirtschaft) von Bazolles zurückzusenden, wo sich der Kriegsgefangene fand. Der Brief ist am 27. Mai in Aunay en Bazois, (Zustellpostamt für Bazolles) angekommen.
    Bezüglich des Stempels " JGM ", kann ein Sammler-Stempel sein. Wenn das ein Prüfer-Stempel gewesen war, wäre es auf der Vorderseite des Briefes geschlagen gewesen.
    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hallo vals59,

    und von da, im Arbeitskommando (Landwirtschaft) von Bazolles zurückzusenden, wo sich der Kriegsgefangene fand.


    ...á merveille et compliment, das sind natürlich Spezial-Informationen mit enorm viel Wert, wer hätte das gedacht ! Ganz hervorragend auch Deine Entzifferung des AK-Abschlages Aunay en Bazois, den ich bis jetzt nicht im Stande war zu lesen. Das gibt jetzt eine super-perfekte Belegbeschreibung, die mich sehr sehr freut !

    Herzlichen Dank + Gruß ! :thumbup:

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo zusammen,

    Ich habe die Gelegenheit kürzlich, einen Teil von der Sammlung eines Heidelberger Sammlers gehabt. Dieser Teil betrifft die bayerische Feldpost und die Postüberwachung (auch in besetzten Gebieten West :P ).
    Unter dieser Sammlung habe ich einige Dinge gefunden, das zeigt, wie die deutsche Bevölkerung im Allgemeinen und die bayerischen besonders durch Mangel und Rationierungen beeinträchtigt wurde.
    In unbesetztem Frankreich ist die Zivilbevölkerung weniger beeinträchtigt gewesen.
    Hier ist eine Paketkarte, die einen Versand von 45 Camemberts von Holzkirchen nach Kaiserslautern betrifft. Dieses Paket ist von einer Verteilungstelle des 1. bayerischen Armeekorps geprüft gewesen. Anscheinend war Holzkirchen in Deutschland für seinen Camembert renommiert. Gibt es eine kleine Normandie in Oberbayern? ;)

    Mir gelingt nicht, die Ganzheit des Überwachungsstemepl zu entschlüsseln, kann jemand mir helfen?
    "Zur Beförderung zugelassen- Verteilungsstelle f. Erz(?) d. Milch- ?????? -I. Bay. A.K."

    Die Rationierungen betreffend, also 2 Fett-Bezugsmarken für den Bezirk von Augsburg:

    Und schliesslich eine interessante unterfrankierte Karte, die zeigt, daß die Industrie, auch, besonders unter Embargos Ausfuhrverbote litt. Diese Karte ist wegen des Strafportos verweigert gewesen.

    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hallo vals59,

    Mir gelingt nicht, die Ganzheit des Überwachungsstemepl zu entschlüsseln, kann jemand mir helfen?
    "Zur Beförderung zugelassen- Verteilungsstelle f. Erz(?) d. Milch- ?????? -I. Bay. A.K."


    Das war die Verteilungsstelle für Erzeugnisse der Milchwirtschaft des I. königl. Bayerischen Armee Korps

    http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44913

    Sehr schönes Material + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Emmanuel,

    ich schließe mich @Pälzers Meinung voll umfänglich an - das ist klasse und höchst interessant, weil es wieder die Geschichte mit der Postgeschichte in idealer Form verbinded.

    Camembert ist sein über 40 Jahren mein Lieblingskäse - aber aus Bayern kenne ich ihn nicht und präferiere auch sonst nur die Produkte aus deiner Heimat, weil er da einfach am besten schmeckt.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Tim und Ralph,

    Pälzer: Danke für die Information.
    @Bayern klassich: Wußte nicht, daß Bayern herstellte Camenbert-Käse. Aber seit 1982, erhielt der Camembert aus Normandie eine geschützten Ursprungsbezeichnung. Also ist es verboten, es herzustellen (oder zumindest, es Camembert zu nennen) woanders in Europa.
    Die Geschichte und die Postgeschichte sind sehr oft eng verbunden.
    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hallo Emmanuel,

    wie du dem Link vom Pälzer entnehmen kannst, gibt es doch Camembert in Bayern (oder Deutschland, keine Ahnung, wo noch überall hier Käse produziert wird). Er muss ja nicht schlecht schmecken und vlt. hat man sich hinsichtlich des Namens irgendwie geeinigt. Ich bevorzuge Lincet - den kann man hier und in Frankreich kaufen und er ist ein Genuss par Excellence ...

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,

    ein hübsches Bilddokument bayerischer (Feld-)Postgeschichte - allerdings mit vielen Fragezeichen - ist mir heute morgen auf dem hiesigen Flohmarkt ins Netz gegangen:

    Betitelt ist das Bild "Deutsches Feldpostamt in St. Benoit". Bei meinen Recherchen konnte ich (vorerst) nur einen Ort "Saint Benoit sur Loire" finden. Dieser befindet sich jedoch etwa 120 km südlich von Paris - eine Gegend, die von deutschen Truppen nie besetzt wurde. Dieser Ansatz hilft also erst einmal nicht weiter, den Absendeort dieser Karte genauer zu lokalisieren.

    Bei genauerer Betrachtung des Bildes fällt das Schild am linken äusseren Fensterladen ins Auge - "Feldpostamt des kgl. bayerischen III. Armee-Korps".
    Das III. bay. AK war Bestandteil der 6. bay. Armee und im Mai 1915 im Bereich Lille (Nordfrankreich) im Stellungskrieg eingesetzt. Nähere Angaben fehlen leider. In dieser Gegend hat die Internetrecherche keinen Ort Namens St. Benoit ergeben. Also wieder - nichts.
    Betrachten wir nun die Rückseite - adressiert ist die Karte an ein "Fräulein" in Biburg bei Assling, der Absender (auch aufgrund des Textes) also mit 100%iger Wahrscheinlichkeit tatsächlich ein Bayer. Wie aber passt dann der Truppenstempel "4. Kompagnie Landsturm-Infanterie-Bataillon OPPELN" ? Klingt für mich eher nach einer preussischen Landwehr-Einheit. Und es findet sich tatsächlich eine solche Einheit als Erstaztruppenteil des preuss. 63. Infanterie-Regiments. In wie weit das 63. IR einem bayer. Verband (kurzzeitig) unterstellt war, kann ich momentan aufgrund fehlender Unterlagen ebenfalls nicht nachvollziehen, jedoch war die Einheit zur besagten Zeit auch etwa in der gleichen Gegend stationiert.

    Also Rätsel über Rätsel, aber vielleicht kann ja einer unserer WKI Spezialisten die Geheimnisse lüften.

    Beste Grüße
    Postgeschichte-Kemser

  • Lieber Schorsch,

    Ich weiß jetzt wirklich nicht, ob Dir mein laienhafter Beitrag irgendwie weiterhilft, aber schaden tut er Dir bestimmt auch nicht.

    Also, da der Fotograf der Karte aus Metz war, habe ich einfach mal "St. Benoit Lothringen" bei Google eingegeben, und siehe da, unabhängig davon, dass es in Frankreich gefühlte 1000 St. Benoits (praktisch alle mit irgendeinem Zusatz zum Ortsnamen) gibt, wurden wenigstens auch 2 in Lothringen ausgeworfen: St. Benoit-en-Woevre und St. Benoit-la-Chipotte.

    Die Karte ist im übrigen vom Motiv her ein echtes Schmankerl und für die 50 cent, die Du dafür bezahlt hast, praktisch geschenkt.

    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber Peter,

    herzlichen Dank für Deinen Hinweis - eigentlich ein naheliegender Ansatz, aber manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht.

    Der erste Ort (...en-Woevre) gefällt mir gut. Ich habe mir das eben auf Google-Maps angesehen und er liegt genau auf der Kreuzung zweier größerer Verbindungsstraßen, was ja für eine solche Einrichtung naheliegend wäre. Auch war das III. Bay. AK zu Beginn des Krieges bis etwa Frühjahr 1915 in Lothringen stationiert. Der Absender könnte also leicht die Karte dort gekauft und später geschrieben haben.

    Mal sehen was noch an "Steinen" kommt, um das Mosaik zu vervollständigen.

    Beste Grüße
    Postgeschichte-kemser

    PS: Der Verkäufer wusste schon in etwa, was er da abzugeben hatte - aber es war auch so noch ein fairer Preis.

  • Hallo zusammen,

    der Adressat des nachstehenden Feldpost-Briefpaars war - ausweislich dessen - Angehöriger des Königlich Bayerischen 23. Infanterie-Regiments „König Ferdinand der Bulgaren“ mit Garnisonsstandort in der Kaiserslauterner 23er-Kaserne (heute von den US-Streikräften unter dem Namen "kleber-barracks" belegt). Das der 6.Armee angehörige Regiment wies zum Zeitpunkt der Beförderung eine Gefechtsstärke von 70 Offizieren, 3.200 Unteroffizieren und Mannschaften sowie 230 Pferden auf. Der Brief vom 27.07.1914 wurde ein Tag vor der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien am 28.07.1914 und wenige Tage vor deutschen Kriegserklärung an Frankreich am 03.08.1914 aufgegeben.

    Sechs Tage nach Aufgabe des etwas später im August verfassten Feldpostbriefes, d.h. am 19.08.1914 gelang es dem II. Batallion, dem der Adressat angehörig war, bei Lidrezing/Lothrigen in den Rücken der französischen Kräfte vorzustoßen. 400 Gegner konnten dabei gefangengenommen werden. In den Verlustlisten findet man ihn nicht, der sich somit glücklich schätzen durfte. Denn sein bis Ende des Krieges an der Westfront eingesetztes Regiment hatte bis dahin mehr als 5.000 Tote zu beklagen und lag damit an der Spitze aller Regimenter der Bayerischen Armee.


    + Gruß

    vom Pälzer

    verwendete Quelle:
    http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6ni…lgaren%E2%80%9C