Bayern und der 1.Weltkrieg

  • Liebe Sammlerfreunde,


    zweifelsfrei stellt der 1.Weltkrieg eine der furchtbarsten Phasen des letzten Jahrhunderts dar. Was Menschen sich damals gegenseitig an Leid angetan haben, läßt sich wohl auch heute noch kaum richtig erfassen. Zermürbender Stellungskampf, nervenzerstörendes Trommelfeuer, menschenverachtende Sturmläufe, Giftgasangriffe, unterminieren ganzer Frontlinien, sinnlose Verwüstungen, Hunger, Vertreibung, Seuchen...


    Die Bilanz: ca. 10 Mio Kriegstote, 20 Mio Schwerverwundete, Zerstörung von 700.000 Häusern, 20.000 Fabriken, 50.000 km Straßen und Transportwegen, vollständige Verwüstung von rd. 3 Mio ha Land, welches für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke z.T. über Dekaden hinweg unbrauchbar blieb. Die Gesamtkriegssschulden Deutschlands beliefen sich hernach auf 154 Mrd Goldmark.


    Fast hundert Jahre danach findet sich nachstehende Postkarte, geschrieben von einer Ehefrau ? Mutter ? inmitten der w.o. nur stichwortartig umrissenen Katastrophe. Sie ersucht darin die Kommission für Kriegsgefangene beim Roten Kreuz in Bordeaux um Auskunft über ihren 26-jährigen Ehemann ? Sohn ?, welcher am 27.09.1914 bei Maricourt in Nordfrankreich nahe Belgien verwundet worden ist. Da die Postkarte ins Feindesland lief, bedarf der vorderseitig angebrachte Kontrollabschlag der im Absendeort ansässigern Prüfstelle des II. Armee-Korps keiner vertiefenden Erläuterung.


    Maricourt - ein kleines Dörfchen ca. 10 km westlich von Péronne - lag knapp zwei Jahre später im Zentrum der Somme-Schlacht, einer britisch-französischen Großoffensive gegen die deutschen Stellungen an der Westfront. Die von General Joffre und dem Befehlshaber der brit. Expeditionsstreitkräfte Haig ausgearbeitete Offensive währte vom 01.07.1916 bis 18.11.1916.


    Das - militärisch wertlose - Ergebnis: In einer Tiefe von höchstenfalls 15-20 km "Landgewinn" auf verschwindent geringer Frontlänge für die Alliierten zum Preis von über 200.000 Toten und Verwundeten bei den Franzosen, 400.000 bei den Briten und 230.000 bei den anfänglich von Generalstabschef von Falkenhayn, dann im wesentlichen von General Ludendorff (Chef der Dritten Obersten Heeresleitung) geführten Deutschen.


    Der schon vorher verwundete und in Gefangenschaft geratene Soldat Nikloaus Gutjahr war offensichtlich Angehöriger des Königl. Bayer. 18. Infanterie-Regiments Prinz Ludwig Ferdinand (sog. Linienregiment mit hpts. leichter Infanterie), welches seinerzeit aus drei Batallionen in Landau, Germersheim und Zweibrücken bestand. Leider ist dies aufgrund der ehem. eingeklebten Postkartenrückseite nicht mehr ganz exakt nachvollziebar, der für mich tief eindrucksvollen Tragweite ihres Inhaltes kann das jedoch keinen Abbruch (mehr) tun.


    I.d.S


    schönen Gruß vom Pälzer

  • Hallo Sammlerfreunde,


    auch zur Pfennigzeit muss nicht immer eine Marke auf Beleg kleben, um interessant zu sein. Nachstehend ein solcher an die Auskunftsagentur für Kriegsgefangene in Genf vom Oktober 1915.


    Anhand der nicht verklebten Rückseite kann vorliegend gut nachvollzogen werden, dass man ihn sehr wahrscheinlich für die anstehende Auslandspostkontrolle bewußt offen gelassen hat.


    Schönen Gruß


    vom Pälzer

  • Hallo zusammen,


    anbei eine Kuriosität, wie wir sie wie ich meine schon einmal an anderer Stelle im Forum in ähnlicher Weise präsentiert bekommen haben (ich weiss nur nicht mehr wo):


    Einer der beiden Maschinen-Rundstempel Landau (Pfalz) 2 im Datum falsch eingestellt.


    Schön, das auch noch auf einer zudem recht ansehlichen Feldpostkarte serviert zu bekommen.


    + Gruß


    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,


    eine schöne, farbige Karte. :)


    Es ist für mich immer eine große Frage, wie man diese Feldpostkarten von gewöhnlichen, frankieren oder unfrankierten unterschied. Feldpost konnte doch jeder auf seine Karten schreiben, oder? Wie muss ich mir das die Portofreiheit nach sich ziehende Prozedere damals vorstellen?


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo bk,


    lese gerade eben erst die o.a. Anfrage. Habe einige Meinungen dazu eingeholt und eine wichtige Quelle gefunden:


    http://losanges.chiffres.pagesperso-orange.fr/page19a.html


    Daraus einmal das nachstehende Zitat der m.E. entscheidende Passage im Zusammenhang mit der von Soldaten vom Einsatzort an eine Ziviladresse in der Heimat verschickten Feldpost:


    "The soldiers mail was collected within their company among which an officer (then later an examiner) examined at random certain letters or postcards.


    The control was made on the presence of military informations hidden or not in the mail and on the compulsory attendance of the coordinates of the sender.

    From there, the mail left towards the post office which deliver the unit
    . In trenches, one had settled mailboxes to facilitate the collection of mail. In the fieldpost office, the mail was sorted out roughly, mainly by big cities.


    Mail bags were then steered towards the distribution points (Postverteilungstellen) which sorted out again the mail by Province or State.The mail of the big cities was sorted out."


    Bei der Übergabe der Feldpost von der Etappe an die Zivilpost war dann also auch im o.a. Fall klar, woher diese stammt und dass diese dann auch im Weitertransport an Liesel Kleinmann in Pirmasens portobefreit zu befördern war.


    Schönen Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    2 Mal editiert, zuletzt von Pälzer ()

  • Hallo Pälzer,


    vielen Dank für die Info - so macht das alles Sinn. :)


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo zusammen,


    einen wie ich finde sehr interessanten Beleg sehen wir nachstehend auf Kriegsgefangenen-Sendung vom 10.08.1915. Gelaufen ist diese vom Kriegsgefangenenlager Romans-sur-Isère (Département Drôme - Frankreich) ausweislich des Vermerks via Pontarlier ca. 320 km weiter nördlich über die Grenze in die neutrale Schweiz und von dort aus erst einmal nach Ludwigshafen am Rhein.


    Durch die dort ansässige Prüfungstelle des II. Armeekorps erfolgte eine Inhaltskontrolle, bevor man die Sendung an den Bestimmungsort, hier Pirmasens weiterleitete. Der vorderseitig - schlecht lesbare - Abschlag VÉRIFIÉ PAR LES INTERPRÈTES DU DEPOT DE ROMANS müsste bedeuten: Geprüft durch die Übersetzer des Lagers Romans, d.h. auch dort wurde die Sendung einer Inhaltskontrolle unterzogen.


    + Gruß


    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer und Nils,
    sollte man diesen interessanten thread nicht nach "Die Kriege und die Post" verschieben? Da gehört er doch eigentlich hin...

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo,


    und wie ist es dann mit dem thread Bayerische Feldpost 1914-1918, der nach diesem thread unter Bayern 1876-1820 gestartet wurde ? Sollte man dann nicht diesen thread darunter hängen ? Ich stelle das gerne zur Diskussion.


    + Gruß


    Pälzer

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  • Liebe Sammlerfreunde,


    Leider ist dies aufgrund der ehem. eingeklebten Postkartenrückseite nicht mehr ganz exakt nachvollziebar, der für mich tief eindrucksvollen Tragweite ihres Inhaltes kann das jedoch keinen Abbruch (mehr) tun.


    I.d.S schönen Gruß vom Pälzer

    - aus Post 1


    Ja, die Tragweite des Inhaltes der nachfolgenden Karte ist fast unglaublich. Der ganze - Zitat vom Pälzer "1.Weltkrieg eine der furchtbarsten Phasen des letzten Jahrhunderts" - lässt sich damit durchleiden.


    Zufällig bin ich auf den Autor des Gedichtes "Wildgänse rauschen durch die Nacht ..." (Walter Flex) aufmerksam geworden. Eine einfache Postkarte aus Bayern aus dem schicksalhaften Jahre 1914 war der Anlass zu einer Zeitreise in einen Alptraum der Deutschen Geschichte.


    Im Michel-Katalog wird die Karte unter Nr. P 93 I/01 - Erstauflage 01 (14) notiert (sozusagen 08/15-PK – Wühlkistenfund).


    Erst wenn das Interesse sich auf den Adressaten und Absender richtet, wird die Karte für geschichtlich Interessierte zu einem besonderen Fund. Die möchte ich hier ausführen (wenn ich darf).
    Dank des Internets und zufällig vorhandener Literatur sind Nachforschungen möglich.
    Adressaten und Absender: Burschenschaft Bubenreuthia Erlangen / Oskar Fritsch, Leutnant d.R. 9. Inf. Regiment, Masch.Gew.Kompanie


    Soweit ich den Text lesen kann, schreibt Herr Lt. Fritsch:
    „Würzburg, 8.12.14 (Theresienklinik)
    Liebe Bundesbrüder,
    ich ersuche um Zusendung eines Verzeichnisses der Kriegsteilnehmer der Burschenschaft. Zugleich meine Personalien: m 20.8. bei Mörchingen verwundet (Brustschuss), mit 30. 9. Wieder im Feld, am 9.11. bei Ypern schwer verwundet (Kopf)… oben.“


    Wie komme ich nun auf das aus der Wandervogelzeit bekannte Lied „Wildgänse rauschen durch die Nacht …“? Und, wäre es nicht interessant zu wissen, ob evtl. der Herr Leutnant den Krieg überlebt hat?


    Doch für heute empfehle ich ein TV-Programm, weil dort in einem Dokumentarspiel 2012 die Vorgeschichte zum 1. WK dargestellt wird http://www.br.de/fernsehen/br-…as-letzter-sommer100.html
    Von der Website:
    Am 28. Juni 1914 wird in Sarajewo der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand ermordet. Das Dokudrama "Europas letzter Sommer" schildert die dramatischen fünf Wochen zwischen dem Attentat und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
    Im Fokus stehen dabei die komplexen Motivationen und Entscheidungsfindungen der Staatslenker und Diplomaten Europas. Basierend auf Originaldokumenten führt der Film den Zuschauer durch die Arbeits- und Konferenzzimmer der verschiedenen Machtzentren des Kontinents sowie durch die Clubs und Cafés der Hauptstädte, in denen die Gespräche zwischen den beteiligten Diplomaten stattfanden.

  • Lieber Luitpold,


    danke für die - leider sehr traurige - Geschichte und den Tipp fürs Fernsehen. Wenn es geht, schaue ich es mir an.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Luitpold,


    in der Tat: An Deiner Poka wird u.a. erschütternd deutlich wie ein Soldatenschicksal in Kürze mehrfach hintereinander von den Zerwürfnissen des Krieges gezeichnet werden konnte. Am 20.08.1914, d.h. dem Tag der zuerst geschilderten Kriegsverletzung des Lt. Fritsch musste das I. Bataillon des 23. königl. bayer. Infanterie-Regiments König "Ferdinand der Bulgaren" beim besagten Mörchingen (Lothringen) Verluste durch ein französisches MG hinnehmen, das mit einer Rotkreuzflagge getarnt war...


    Am 30.10.1914 stand das Regiment an der belgisch-französichen Grenze bei Comines, um von Süden her auf die - ebenfalls in der Poka erwähnte - Stadt Ypern vorzustoßen. Gegen Abend erreichte es Hollebeke und blieb schließlich zum 10.11.1914 - also ein Tag nach der zweiten Verwundung des Lt. Fritsch - wegen Munitionsmangel und des wachsenden Widerstands der Engländer und Franzosen kurz vor Sint Elooi liegen. Im April 1915 setzten die Deutschen in Flandern zum ersten mal Chlorgas als Kriegswaffe ein...


    Man kann nun nicht 100% davon ausgehen, dass der Verfasser der o.a. Postkarte ein Angehöriger des o.a. Infanterie-Regiments war, das in der ersten Flandernschlacht bei - dem von den Deutschen nie eingenommenen - Ypern verwickelt worden ist. Für sehr wahrscheinlich darf man es angesichts der o.a. Tatbestände aber schon halten. Zu dem noch fraglichen Textabschluss des Lt. Fritsch meine ich zu lesen: dzt. (derzeitige) Adresse hier oben.


    Wie der Zufall es so will ist mir gerade eine Postkarte - ebenfalls - aus dem Zeitraum der ersten Flandernschlacht zugegangen, welche nachstehend abgebildet ist. Sie wurde von einem dt. Artillerieunteroffizier im w.o. schon benannten Hollebeke auf einer belgischen Ganzsachenpostkarte verfasst. Ich gehe davon aus, dass der Wertstempel wegen der Feldpostbeförderung keine Rolle gespielt hat, evtl. war gerade nichts anderes greifbar.


    Viele Grüße !


    vom Pälzer


  • [quote='Pälzer','index.php?page=Thread&postID=21015#post21015']
    Man kann nun nicht 100% davon ausgehen, dass der Verfasser der o.a. Postkarte ein Angehöriger des o.a. Infanterie-Regiments war
    Pälzer


    Hallo Pälzer und bayern klassisch,


    die Geschichte geht noch weiter, da Herr Lt. Oskar Fritsch Offizier im Kgl. Bayer. 9. Infanterie-Regiment Wrede war.


    Durch ein Mißgeschick ist jetzt mein geschriebener Beitrag weg und es wird etwas dauern, diesen nochmal zu tippen.


    Erstmal an Pälzer die Frage zu seiner Karte. Lese ich da richtig "Bekleidungsamt Würzburg"?


    Viele Grüße
    Luitpold


    Als Jura-Student war Herr Fritsch an der Hochschule Erlangen (Wintersemester 1901).
    Er wird Walter Flex (Bubenreuther seit dem Sommersemester 1906 http://www.bubenreuther.de/buu…amt_suche=&aktiven_suche=) nicht persönlich gekannt haben, aber vielleicht später seine Erzählung „Der Wanderer zwischen beiden Welten“. Darin ist auch das Gedicht enthalten, das aus der Jugendzeit herüberklingt „Wildgänse rauschen durch die Nacht …“. Nur bisher war mir nicht bekannt unter welch dramatischen Umständen es entstanden ist und das es eine wahre Begebenheit hat.
    Die auf der Karte von Lt. Fritsch angeforderte Verlustliste der Bubenreuther verbindet dann beide Kriegsteilnehmer, auch wenn dann der eine an der West- der andere an der Ostfront war.
    Denn ich denke, dass Oskar Fritsch als „alter Herr“ der Burschenschaft auch das Schicksal von dem bekannten Walter Flex gekannt hat.
    Fortsetzung folgt
    Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

    Einmal editiert, zuletzt von Luitpold ()

  • Hallo Luitpold,


    Erstmal an Pälzer die Frage zu seiner Karte. Lese ich da richtig "Bekleidungsamt Würzburg"?


    Ja, so lese ich es auch im Text der von mir eingestellten FePoka: Karl ist in Würzburg beim Bekleidungs Amt.


    Mit der Klarstellung der Truppenzugehörigkeit des Lt. Fritsch in Deiner FePoka kommt man jetzt natürlich noch besser klar. Ähnlich dem Kgl. Bayer. 23 Inf. Rgt. "König Ferdinand der Bulgaren" war auch das Kgl. Bayer. 9. Inf. Rgt. "Wrede" im August 1914 in die lothringer Offensive - u.a. bei Mörchingen - mit der Zielrichtung Lunéville verwickelt, wie auch in die erste Flandernschlacht nördlich Comines mit der Zielrichtung Ypern im Herbst 1914.


    Schönen Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,


    vielen Dank für die Information. Nur kurz: die Geschichte des 9. IR liegt mir vor und dort sind einige Daten von Lt. Fritzsch verzeichnet. Ich möchte noch einige Zitate bringen, denn der Autor war Generalmajor a.D. Hans Engel. Die Sprache ist militärisch knapp und zeitgemäß (klingt heutzutage merkwürdig - z.B. "... hatte es den Feind frisch angepackt und geworfen".


    Viele Grüße
    Luitpold


    Würzburg, Sonntag, 2. August - Vom Hauptbahnhof wurde zwischen 9 Uhr abends und 12 Uhr mitternachts das 9. Infanterie-Regiment abbefördert. Unter den Klängen vaterländischer Lieder und den begeisterten Zurufen der Bevölkerung rollten die Züge aus der Halle.
    Da Herr Fritzsch Leutnant der Rerve war, war er sicherlich dabei.


    Schlacht bei Lothringen


    20. August 1914 "Ehrentag des Regiments"


    Es bestand seine Feuerprobe glänzend. Unter der kaltblütigen und sicheren Führung seines tapferen Kommandeurs Oberst Steinbauer hatte es den Feind frisch angepackt und geworfen. Mit Stolz konnte es auf diese seine erste Waffentat zurückblicken. Erheblich waren aber auch die Verluste: Gefallen 6 Offiziere, 84 Mann, verwundet 9 Offiziere*, 471 Mann, vermisst 22 Mann.
    Trefflich unterstützt durch M.G. Kompanie Chef Hauptmann Mieg (Heldentod). Höhe 295 9 Uhr genommen mit M.G. Kompanie / Höhe 826 Roter Berg (Gerichtsberg)
    * Fritsch, südl. v. Marthil Bréhain, Bannecourt


    Abbildung: Mir unbekannte Wohltätigkeits-Karte (es liegen noch weitere vor) mit zeittypischer Kriegsdarstellung.

  • Die Geschichte des 9. IR liegt mir vor und dort sind einige Daten von Lt. Fritzsch verzeichnet. Ich möchte noch einige Zitate bringen


    30. September wieder im Feld (Zwischen Mametz und Carnoy an der Somme)


    Auch am 30. September schritt der Angriff nicht mehr fort. Ein 12 Uhr mittags eintreffender Brigadebefehl ordnete gründliche Verstärkung der Stellung an. Diese und das Hintergelände lagen andauernd unter schweren Artilleriefeuer.
    Die Gefechtsstärken der Kompanien betrugen am 4.10. nur mehr 56 (3. Komp.) - 92 (MG.K) Mann.




    1914 Schlacht bei Ypern
    Das 9. Inf.-Reg. 2. November


    II. Batl. M.G.K. Lt. D. Res. Fritsch (Kompanieführer)


    4. November 1.30 Uhr
    Angriff Höhen nördlich von Wytschacte
    Dieser ging anfangs flott vorwärts. Als das Regiment aber auf ungefähr 100 m an den Feind herangekommen war, brach der Angriff im heftigen feindlichen Feuer zusammen.
    Die Verluste auch an Offizieren zeigt die Regiments-Aufstellung vom 8. November: 5 Kompanien wurden von Unteroffizieren geführt.


    9. November bei Eikhof 3 Uhr Nachmittags - Angriff! Gelang infolge der guten Vorbereitung und Unterstützung durch Artillerie und M.G.-Feuer. Das Regiment drang in die von zahlreichen Toten gefüllten Gräben ein und machte 250 Gefangene.
    Verluste: Gefallen 4 Offiziere, 17 Mann, Verwundet 2 Offiziere*, 111 Mann, Vermisst 39 Mann (*Lt. D.Res. Fritzsch).


    Nach den weiteren Eintragungen hat Lt. Fritsch bis 8.6.15 an der Front gekämpft und war dann auf einer Schule (Ausbildung Abk. kann ich nicht deuten - FHr. M.S. Schule II)
    Dann am 18.8.16 U.H. = wegen Unfall in die Heimat (lt. Legende Abk. im Buch). Doch schon am 18.8.16 wieder beim 2. Armeekorps.


    Dazu möchte ich eine der zig-Millionen Feldpostkarten zeigen, die im Unterschied zu der von einem Offizier geschriebenen Karte nicht frankiert wurde (Mannschafts-Dienstgrad) - soweit ich weiß.
    Damals reichten die Krankenhäuser für die Tausenden von Verwundeten nicht aus und mann errichtete Hilfslazarette. Der Soldat Johann Elflein schrieb an seine Patenleute und Pate. Er war am Arm verwundet, wobei ich nicht alles lesen kann.


    Luitpold



    PS Es ist erstaunlich, was man in Internet zum 1. Weltkrieg alles erfahren kann. Und auf bayern alpha ist zufällig diese Woche das Thema 1. WK.

  • zweifelsfrei stellt der 1.Weltkrieg eine der furchtbarsten Phasen des letzten Jahrhunderts dar. Was Menschen sich damals gegenseitig an Leid angetan haben, läßt sich wohl auch heute noch kaum richtig erfassen. Pälzer[/align]



    Eine persönliche Kriegserfahrung von damals, ob "im Feld" oder in der Heimat, das kann ich selbstverständlich nicht mehr erfassen. Jedoch bin ich in den letzten Tagen dem damaligen Geschehen gefolgt, denn im Internet gibt es sehr viele Möglichkeiten, die Aufzeichnungen und Reflexionen dieses ersten Weltkrieges nachzulesen. Schon das Lesen einiger Tagebücher und Briefe von Soldaten macht betroffen, traurig und hilflos. Aus einem Vorwort zu einem Buch über den 1. WK entnahm ich, dass durch den 2. WK und die Aufarbeitung des Holocaust der 1. WK nicht mehr in der deutschen Erinnerung in Vordergrund steht. Da mir jedoch erst jetzt bewußt wurde, welche "Dokumente" ich vorliegen habe, möchte ich diese hier nutzen, um an - wie auch bei Remarque steht - die "verlorene Generation" zu erinnern (auch wenn ich weiß, dass es dafür besser geeignetere Foren gibt).


    Der abgebildete Brief soll an die entsetzliche Ernährungsnot erinnern, die bereits 1917 sich abzeichnete. Leider konnte ich über die "Zucker-Zuteilungsstelle" noch keine Informationen zu Tage fördern. Und nur nebenbei: Die "Reichsdienstsache" zeigt ja, dass es die bayerische Post damals eigentlich schon nicht mehr gab.


    Anfügen möchte ich ein Zeitzeugnis, das zu diesem Brief doch zu passen scheint:


    "Und Ihr Anderen, die Ihr ein liebes traute Heim verlassen, wo Frauenliebe Euch umsorgte und frohes Kinderlachen Eure Tage erhellte, auch Ihr könnt getrosten Herzens Eure Gedanken in die Heimat senden. Mutig und treu tragen Eure Frauen die Bürde und mancherlei Beschwernis, die diese harten Zeiten ihnen auferlegen. In Stadt und Land rühren sich Millionen Hände.
    Kein Stilstand in den Geschäften, kein Rasten und Ruhen im Felde und Garten. Neue ungekannte Mühen und Lasten nehmen die tapferen Frauen auf sich und schaffen Tag und Nacht, wenn es sein muss, kämpfen mit den Waffen der Arbeit gegen denselben Feind, der auch Euch draußen überfällt und umdroht. Sie schaffen Brot für Euch und Eure Kinder, sie brechen nicht zusammen unter den Entbehrungen, die jetzt auferlegt sind. Und neben all der Arbeit und Tageslast und Mühe geht ihr Denken und Lieben täglich zu Euch hinaus….
    Haus und Hof wollen versorgt sein und was das in diesen Zeiten der tausenderlei Erschwerungen und Hemmungen heißen will, werdet Ihr leicht begreifen …
    Und so ist wohl ein vollgerüttelt Maß von Leistung und Verantwortung auf die so viel schwächeren Schultern Eurer Frauen geladen."


    Elisabeth Dauthendey


    Auszug aus „Briefe aus der Heimat“ Feldzeitung der 3. Armee 4. März 1917 (Unterstreichungen nicht im Original)


    Es gäbe dazu noch vieles zu bemerken, aber jeder kann selbst entscheiden, ob er die Möglichkeit wahrnimmt, über den eigentlichen Sammlungsgrund hinwegzusehen und die Originaldokumente für eine geschichtliche Betrachtung nutzt.
    Mich machte diese "Bearbeitung" sehr betroffen, auch wenn es schon fast 100 Jahre her ist.


    Luitpold

  • Hallo Luitpold,


    ...jeder kann selbst entscheiden, ob er die Möglichkeit wahrnimmt, über den eigentlichen Sammlungsgrund hinwegzusehen und die Originaldokumente für eine geschichtliche Betrachtung nutzt.


    so sehe ich das auch und so passt es u.a. zum Tenor des bereits viel beschriebenen threads zur social-philately. Nicht nur die Zahlen über die vielen Gefallenen, Verwundeten, Verkrüppelten, Verwaisten... nicht nur die Berichte über die Brutalität/Agonie sinnlosester Waffengänge, nicht nur die Arrgoganz/Kriegstreiberei der hierfür Verantwortlichen müssen es sein, um den Wahnsinn des 1.WK mahnend in Erinnerung zu halten.


    Dahingehende Erkenntnisgewinne bergen (natürlich) die Schicksale der einzeln betroffenenen Soldaten, aber auch die Ängste/Nöte/Lebensbedingungen ihrer Angehörigen daheim. Wie überzeugt ist man bspw. selbst "auf auf zu den Waffen" gegangen, was haben jene, die es überleben durften danach (noch) davon gehalten, ihre Familien, Verwandten und Bekannten mit eingeschlossen ?


    Ein hervorragendes Buch hierzu findet man ebenfalls von Remarque: Der Weg zurück. Ich halte es für eines seiner beeindruckensten Werke. Wir als Sammler müssen mit unseren Belegen/Belegstücken die bspw. über dererlei Literatur geschilderten Umstände, die der Krieg (auch für die Angehörigen der Soldaten daheim) mit sich gebracht hat sicherlich nicht bis ins Unendliche vertiefen.


    Wie Du vollkommen richtig festhälst gibt es dafür andere und speziellere Quellen/Kapazitäten. Unsere Sammlungen belegen aber vieles und dabei nicht nur das Spektakuläre, sondern auch zeitgeschichtliches, das bislang eher im Hintergrund gestanden hat. Dort speziell Licht ins Dunkle zu bringen kann letztendlich wiederum für die Allgemeinheit von Interesse/Bedeutung sein. Nehmen wir das Beispiel mit der Zucker-Zuteilungsstelle (dem sich m.E. in jedem Fall lohnt auf den Grund zu gehen).


    Auch die Entstehung dieser Organisationsstruktur steht im Kontext der damaligen Geschehnisse/Lebensbedingungen. Für viele heutzutage nicht bzw. kaum noch nachvollziehbar...aber: An einem aus vielen solcher Randerscheinungen zusammengesetzten Mosiak wohl schon (eher). Dies ist auch Zielrichtung meiner Sammlung über den 1.WK.


    Schönen Gruß !


    vom Pälzer


    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

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