Hallo zusammen,
nach inzwischen wohl allgemein anerkannter Deutung handelt es sich bei dem am 31.10.1849 geschriebenen und unter diesem Datum mit Ortsstempel versehenen "Deggendorf-Brief" um einen Stempelirrtum. Gestützt wird diese Ansicht vorwiegend auf die Existenz eines zweiten Briefes aus gleicher Korrespondenz, der einen Tag später geschrieben wurde, aber gleiche Daten im Aufgabe- wie im Kartierungsstempel von Ergolsbach trägt. Es ist also davon auszugehen, daß beide Briefe zumindest ab Ergolsbach gemeinsam befördert worden sind. Ob das auch zwangsläufig für die Strecke Deggendorf - Ergolsbach gilt, müßte sich feststellen lassen.
Nicht behandelt in den mir bekannten Beiträgen zu diesem Thema wurde allerdings die Frage, was philatelistisch unter einem Erstverwendungsdatum zu gelten hat. Ist es das der Aufgabe beim Postamt oder das des Abgangs?
Ausweislich der Briefinhalte, deren Kopien vom ehemaligen Eigentümer beider Briefe stammen, legte die Briefschreiberin großen Wert auf baldige Ankunft der Briefe, was auf dem zweiten Brief sogar außen notiert wurde. Daß sie die gerade erst am Postamt erhältlichen neuen Marken vorrätig hatte, erscheint unwahrscheinlich. Beide Briefe dürften also unmittelbar beim Postamt Deggendorf aufgegeben worden sein. Eine Vorschrift, die Marken erst ab 1.11. zu verwenden, existierte m.W. nicht. Warum also sollte der Brief am Postamt nicht bereits am 31.10. bearbeitet und mit einer Marke versehen worden sein? Spätestens mit deren Abstempelung war die Marke "verwendet" worden. Somit handelt es sich nach meiner Überzeugung um die erste Verwendung einer Briefmarke in Deutschland. Ein überzeugendes Argument gegen diese Auffassung habe ich noch nicht kennengelernt.
Nachfolgend die beiden Briefabbildungen aus den Köhler-Katalogen und die Kopien aus meinem Bestand.
Beste Grüße
Altsax