Umtausch unbrauchbar gewordener Frankomarken Jan. 1855

  • Liebe Freunde,

    bei der routinemäßigen Durchsicht meiner Primärquellenbestände fiel mit beim 1. Verordnungs- und Anzeige-Blatt vom 11.01.1855 die Verordnung Nr. 419 vom 06.01.1855 auf, die ich hier wiedergeben möchte.

    Es ging um die Lieferungen von Marken der Bezirkskassen an die "äusseren Postanstalten" (in der Masse also an die Postexpeditionen); da scheint es wohl mehrfach zu Reklamationen gekommen zu sein, und die "äusseren Postanstalten" bekamen wohl aus München bogenweise Marken zugeleitet, mit deren Zustand sie nicht zufrieden waren.

    Ob es Überschneidungen mit Makulaturdrucken, oder Festklebungen in Folge höherer Feuchtigkeit waren, die das Volk unten aufmucken ließen, werden wir wohl nicht mehr sicher feststellen können - interessant ist aber der Modus operandi und die gleichzeitige Unterstellung, dass die Schuld für unbrauchbare Marken und Bögen in München wohl eher bei den äusseren Poststellen gesehen wurde, als irgendwo sonst.

  • Lieber Ralph,

    die Reklamationen im Januar 1855 könnten mit den ersten Lieferungen

    der 3 Kreuzer blau von Platte 2c in Zusammenhang stehen.

    Die ersten Markenbögen von Platte 2c wurden Anfang 1855 geliefert, und waren nach Verbrauch

    der Altbestände von Platte 2b ab Mitte Januar 1855 in Verwendung. Das bisher früheste Verwendungsdatum ist der 13. Januar 1855.

    Nach Stand der Erkenntnis handelt es sich bei Platte 2c um die zweite Überarbeitung der Platte 2a.

    Folglich kommen bei den Marken von Platte 2c die schlechtesten Druckbilder aller Platten vor.

    Doppelrauten, verstümmelte Rauten, verdickte ausgeschlagene Rahmenlinien sind bei den Drucken

    von Platte 2c sehr häufig.

    Ob man sich daran gestört hatte ?

    Sollte das der Grund für die Reklamationen gewesen sein, dann ohne Erfolg, denn erst August 1856 waren Markendrucke von der neu angefertigten Platte 3 in Verwendung.

    Gruss Kilian

    Wer um Einzelmarken einen Bogen macht hat sich verlaufen.

  • Lieber Kilian,

    leider liegt mir kein Schriftverkehr PE zum OPA und gesammelte Schriften von einem OPA nach München vor, sonst könnten wir das überprüfen.

    Auf jeden Fall hast du einen Aspekt zur Sprache gebracht. Vlt. finden sich noch weitere Möglichkeiten, die die Probleme offensichtlich damals auslösten.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    sehr interessant die Verordnung, die du da ausgegraben hast.

    Ich glaube nicht, dass sich - wie kilke es vermutet - die Expeditionen oder das Publikum an schlechten Druckbildern gestört haben. Das war den Verbrauchern doch damals völlig egal, ob die Marke nun ein gutes Druckbild hatte oder ein weniger gutes. Hauptsache man konnte die Ziffern im Innenkreis der Marken gut erkennen; das reichte doch völlig aus.

    In der Verordnung ist ja auch das Problem der Feuchtigkeit erwähnt. Das könnte schon eher passen. Je nachdem, wie die Markenbögen verschickt wurden, konnten sie bei feuchter Witterung und / oder schlechter Verpackung zusammenkleben. Und das war dann sicherlich ein Grund zur Reklamation.

    Evtl. hängen mit dem Problem des Zusammenklebens von Markenbögen auch Briefe zusammen, auf denen sich zwei übereinander geklebte Marken befinden. Oft wird man solche Briefe nicht finden. Aber der leider verstorbene Edgar Krappman und ich haben ja unter "Bayerische Schmankerl" auf der Homepage unserer Arge jeweils einen solchen Brief vorgestellt. auf denen sich zwei durch Feuchtigkeit festgeklebte Marken befinden.

    Viele Grüße

    Wolfgang

  • Lieber Wolfgang,

    vielen Dank für das Darlegen einer Alternative - Feuchtigkeit war natürlich für gummierte Marken immer ein Problem - gab man zusammengeklebte Bögen ab, wollten diese die Expeditoren nicht verkaufen/verwenden.

    Oder die Bögen sind erst bei den Expeditionen durch unsachgemäße Lagerung verklebt - und man sandte sie nach München mit der Bitte um Erstattung. Vlt. kam auch beides vor?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Sammlerfreunde,

    so ganz abwägig finde ich meine Vermutung nicht.

    Anfang 1855 wurden an hunderten Postexpeditionen neuen Druckbögen der Patte 2c geschickt.

    Nicht jedem Postler mögen die jetzt schlechten Druckbilder aufgefallen oder gestört haben,

    und dem Publikum konnte das Druckbild egal sein.

    Waren aber 20 oder 30 Postler mit den neuen Markendrucken nicht zufrieden, und hatten reklamiert,

    dass die gelieferten Markenbögen einen ungewohntes schlechten Druckbild zeigten,

    dann konnte das zu der Verordnung geführt haben.

    Auffällig ist vor allem die Zeit Januar 1855. Mit den ersten gelieferten Drucken von Platte 2c kamen auch

    die Reklamationen.

    Gruss KIlian

    Wer um Einzelmarken einen Bogen macht hat sich verlaufen.

  • Lieber Kiian

    ich tendiere eher zu der Ansicht vin Bayern-Kreuzer.

    1. Die Verordnung stammt vom 6. Januar 1855 und ist wohl eine Reaktion auf Beschwerden/Anträge aus dem 2. Halbjahr oder zumindest aus dem Herbst 1854. Da waren noch keine 2c ausgeliefert.

    2. Die Verordnung spricht sehr deutlich von Lagerung, insbesondere Vermeidung von Feuchtigkeit. Die bekannten Stöckelfehler der 2c (aus unserer heutigen Sicht) waren damals wohl nicht so relevant.

    3. Die Anfang 1855 ausgelieferten 2c waren im Druck detailliert und sauber und können sich mit anderen Ausgaben gut messen. Ich stelle als Beispiel den Brief vom 13. Januar 1855 ein.

    Beste Grüße

    Will

  • Liebe Freunde,

    weil ich gerade einen Erdinger Brief mit 2 Marken der Nr. 9 Bayerns nach Ulm gezeigt habe, die komplett gerissen wurden und deutliche Hinweise auf den sog. "Bayernbruch" aufweisen, wäre die o. a. VO auch vlt. in dieser Hinsicht zu sehen, nämlich dass bei einer Bogenlieferung einzelne Marken einfach aus diesen Bögen heraus fielen, weil sie so schlecht gedruckt worden waren, dass man sie eher gestanzt nennen konnte und wenn einem Expeditor dann in der Eile ein paar "gestanzte" Marken herunter fielen, stimmte natürlich auch die Kasse nicht mehr und das war kein Kavaliersdelikt damals.

    Es wäre daher zu prüfen, ab wann bayerbrüchige Marken überhaupt auftauchten und ob es um die Jahreswende 1854-55 vlt. zu einem gehäuften Auftreten diese "Spezialität" gekommen war.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.