Postvorschuß in Preußen - ehemalige Thurn & Taxis-Gebiete

  • liebe Sammlerfreunde,

    damit es nicht langweilig wird, zeige ich einen weiteren Auslagenbrief aus dem ehemaligen T&T-Gebiet, zu dieser Zeit aber zu Preußen gehörend.

    Der Brief lief am 26.8.1867 von Erbach im Odenwald ins eine halbe Meile entfernte Steinbach. Es geht um die Erteilung eines Heimatscheins (für einen 7 1/2 jährigen).

    Abgeschlagen ist ein weiterverwendeter T6T-Stempel von Erbach sowie der Auslagenstempel in violett. Jetzt kommen die Fragen:

    1. Wurden Auslagestempel in T&T violett gestempelt?

    2. Was steht links? Ich lese:

    obere Zeile: kann ich nicht entziffern, ??? ???

    untere Zeile: Postvorlage erhalten

    3. Wofür sind die 6 xr?

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Erwin

    "Sechs Kreuzer" steht in der ersten Zeile, was hier auch nur ausgeworfen wurde. Ich denke auch, dass der Auslagenstempel in rot abgeschlagen wurde, vielleicht Bleisulfit.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Hallo zusammen,

    bei Sendungen Innerhalb der T&T-Gebiete galt weiterhin der alte T&T-Tarif.

    Möglicherweise gab es hier eine Portofreiheit? War immerhin ein Behördenbrief.

    Möglicherweise betraf diese auch das Procura ? (war in Preußen nicht so)

    Gruß

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Hallo, die roten bzw. lilafarbenen Auslagenstempel wurden erst in der Preußenzeit in den ehemaligen TT-Gebieten eingeführt, also im 2. Halbjahr 1867. Zuvor gab es diese Art der Abstempelung bei TT nicht. Nur bei Briefen von außerhalb nach TT kommen diese Stempel in der Zeit möglich, wenn sie z.B. aus Preußen kamen. Und wie Michael schreibt wurden in dem halben Jahr Preußen die alten Tarifen aus TT in den Orten mit Kreuzerwährung weiterverwendet. Der Begriff "Hessen-Nassau" (Stadt Frankfurt, ehem. Herzogtum Nassau und vor Hessen-Cassel) kommt damit erstmals zum Vorschein. Gemeint ist damit alles oberhalb des Flusses Main, allerdings ohne die großherzoglich-hessische Provinz Oberhessen, die nicht dazu zählte. Südlich des Mains, also Starkenburg und Rheinhessen erhielten zusammen mit der Provinz Oberhessen eine Art Sonderstatus und werden nicht von Preußen einkassiert. Um das Ganze noch etwas mehr zu verwirren sei darauf hingewiesen, dass es auch noch einen Gebietsteil im ehemaligen Kurfürstenhut Hessel-Cassel gab, der mit "Oberhessen" bezeichnet wurde, das war die Gegend um Marburg.

    Schaut euch mal die Landkarte mit politischer Zugehörigkeit an, da ist das nachzuvollziehen.

    Da sieht man zu Rheinland-Pfalz den Teil Montabaur ehem. Nassau, links in blau Wiesbaden mit Wetzlar (ehem. preußisch) und Biedenkopf (ehem. Hessen-Darmstadt), des Weiteren in blau Hanau, Gelnhausen und Schlüchtern. Oben ist das ehem. Kurfürstenhut Hessen-Cassel. In der Mitte hellorange Oberhessen und südlich Starkenburg (Darmstadt) und links des Rheins das nun zu Rheinland-Pfalz gehörige Rheinhessen. Um euch noch mehr zu verwirren sei auch noch auf die AKK-Orte hingewiesen, die 1945 bei Hessen blieben, sich aber als Mainz-Kastel, Mainz-Amöneburg und Mainz-Kostheim nennen sieht man auf den Pkws mit WI-Kennzeichen.

    Nach der letzten politischen Veränderung liegt nun Limburg in Mittelhessen . . .

    Da blicken noch nicht mal die Politiker durch, geschweige denn Redakteure der Rundfunkanstalten und Zeitungen. Noch schlimmer wird es, wenn es Orte mit dem gleichen Namen gibt . . . Nun höre ich auf damit euch zu verwirren.

  • Spannend ;);)

    Ich selbst wohne in Bischofsheim (Hessen). Der Bahnhof trägt aber die Bezeichnung Mainz - Bischofsheim. Auch die AKK Orte machen ihr eigenes Ding. Im Sprachgebrauch sind Mainz - Kastel und Mainz - Kostheim noch geläufig. Mainz - Amöneburg eher selten sondern nur Amöneburg.

    Postgeschichtlich zeigt sich die ebenfalls die Nähe durch besondere Tarife von nah gelegenen Ortspaaren.

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • Ja, sehr spannend ist das alles . . .

    Da ergibt sich noch die Frage: Wenn einer eine Heimatsammlung von Mainz-Kastel hat ist das dann eine "hessische" Heimatsammlung oder eine Mainzer oder . . .

    Die Amerikaner haben 1945 die Grenzen neu festgelegt. Mal wird eine Brücke neugebaut und ist zur Hälfte vom Bundesland Hessen zu bezahlen. Aber von Hessen spricht man in Mainz nicht gerne, sondern macht sich eher lustig, besonders wenn es um Wiesbaden geht.

    Gruß Taxis 107 ;)

    Mitglied im DASV

  • Puhhh.....Glücklicherweise führe ich eine Heimatsammlung Hochheim am Main. Da ist alles geklärt :) . Die Grenze Herzogtum Nassau und Großherzogtum Hessen lag zwischen Hochheim und Kostheim. An der Straße steht heute noch die Grenzsäule und wird im Sprachgebrauch als "Pfandloch" bezeichnet da die Strasse in eine kleine Kuhle liegt.

    Aber ich denke wir kommen hier etwas vom Thema ab.

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main