Brasilien - Wuerttemberg

  • Lieber Bruno,

    ich hatte bei Rainer Brack, DER Koryphäe Badens internationaler Postgeschichte, nachgefragt. Hier ist seine Antwort:

    "Baden vergütete 30 Kr. Pro7,5g an Frankreich und 3 Kr. für den 1. Rayon von Kehl aus blieben bei Württemberg..

    Aber ungewöhnlich ist dieser Beleg schon!

    Vermutlich hat man in Frankreich versäumt das Briefgewicht auf dem Brief zu vermerken und auch in den Begleitpapieren.

    Im Grenzpostamt zu Kehl oder bei der Bahnpost taxierte man also nach dem einfachen Gewicht, warum sollte man Frankreich mehr gutschreiben, wenn sie es nicht wollen.

    P. S. Auch in den Verfügungsvorschriften der Taxlisten meines Auslandhandbuches ist nicht besonderes vermerkt."

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    Vielen Dank fuer Deine Bemühungen, und dass Du Rainer Brack kontaktiert hast (vielen Dank an Ihn auch) – und vergiss bitte den Quatsch welchen Ich gestern geschrieben habe. Ich stimme dieser Interpretation voll zu und bin gestern abend zum gleichen Schluss gekommen.

    Du warst wie immer schneller :) .

    Ich hatte mir gestern scans aus meinem Zangerle schicken lassen (Dieser steht leider in Nagold und nicht in Beirut. Meine Mutter ist zwar Technik-affin aber leider auf Kriegsfuss mit dem Scanner – weshalb das etwas länger gedauert hat).

    Im Handbuch der Auslandstaxen der süddeutschen Postgebiete – Baden-Teil S.200, schreibt Zangerle: “Die Behandlung der Correspondenz nach und aus Brasilien”: Ab 1. Oktober 1860 endet der Frankaturzwang für Briefe nach Brasilien über Frankreich und können diese entweder unfrankiert oder gegen Entrichtung des tarifmäßigen badischen Portos und einer ausländischen Taxe von 30 Kr pro ½ Loth bis zum Bestimmungsort versendet warden. Für Recommandierte Briefe ist neben der Scheingebühr für Baden die doppelte ausländische Brieftaxe zu zahlen. Die Versendung erfolgt über Bordeaux oder über England (voie de France). Die Taxe für Drucksachen nach Brasilien bleibt unverändert.

    Auf S. 203: “Die Taxen nach und über Frankreich wurden in den zwischen Frankreich und Baden abgeschlossenen Postverträgen auch für Württemberg einschließlich der Hohenzollern-Fürstentümer vereinbart. Dabei waren, von den französischen Nahbereichs- bzw. Lokaltaxen abgesehen, die französischen und weiteren fremden Taxen für die nach und über beförderten Korrespondenzen die gleichen wie für Baden selbst”.

    Und auf S. 227 “1857 – Corrspondenz nach und aus dem Kaiserreiche Frankreich und Algerien, sowie für die über Frankreich zu versendende Transitkorrespondenz – Die Vereinsportotaxe für die Korrespondenz zwischen Württemberg und Frankreich beträgt gemäß den Postvereinsbestimmungen 3 Kr je Loth aus ….(Liste von Orten incl. Stuttgart), 9 Kr je Loth (Liste von Orten), und 6 Kr je Loth (Liste von Orten).

    Ein einfacher Brief von Bahia nach Württemberg hatte also 1864 30 Kr bis zur Badischen Grenze und dann 3 Kr bis Stuttgart gekostet. Ich denke, dass Frankreich vergessen hatte eine höhere Gewichtsstufe anzuschreiben und der Brief daher im 1. Gewicht gelaufen ist. Du lagst also mit Deinem Post#8 genau richtig.

    Wäre der Brief korrekt behandelt worden wäre er in F in der 3. Gewichtstufe, in Baden in der 2. Gewichtsstufe , und hätte somit 3x30=90 Kr (für Frankreich und Seeporto über GB) plus 6 Kr (Baden-Stuttgart) = 96 Kreuzer gekostet.

    Ich hoffe wir haben diesen Brief jetzt endgueltigt erledigt.

    Mit lieben Gruessen,

    Bruno

  • Lieber Bruno,

    alles gut - schwere, falsch behandelte Briefe aus Übersee hat wahrlich nicht jeder Sammler und bei der Beschreibung bleiben die meisten lieber weg, aus Angst. Wir haben ihn jetzt geklärt und nur darauf kommt es an. :):)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Das müsste in einem Postvertrag Badens mit Frankreich geklärt worden sein, den ich nicht habe.

    Hallo Ralph,

    nachdem ich mit meinen Anmerkungen zu dem Thema ja offensichlich so richtig schön daneben gelegen habe, wenigstens das anbei als Beitrag zur Wiedergutmachung:

    Journal du Palais
    books.google.de

    Hatte ich trotz mühsamer Sucherei im www total vergessen zu posten, auch hierzu mea culpa, herrijeee nochmal ! :wacko:

    LG

    Tim :thumbup:


    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Auf Bitte eines Kollegen: hier nochmals ein Brief von Rio Claro (Staat São Paulo, Brasilien) nach Ellwangen/Württ.

    Die Rückseite habe ich leider nicht. Sonst kann man folgendes sagen:

    Abgegeben Dezember 1890-1894 in Rio Claro, dann mit der Bahn (Stempel C.A. = Correio Ambulante, also Postwagen) bis S. Paulo. Von dort vermutlich per Bahn nach Rio, dann mit franz. Schiff Orenoque ("Orenoge" oben links) bis vermutlich Bordeaux. Von dort per Bahn (Paris-Baden-Württ.) bis Ellwangen. Wenn ich alt-dt. Schrift richtig gelesen habe, ist der Empfänger der "Werkführer"(?) Anton Juchem. 200 Réis war damals 1. Briefporto nach Europa.

    Weitere Info (engl/dt) über Rio Claro und sein kaiserliches Postamt: https://carimbologia.car.blog/2020/04/13/rio…paulo-rsp-1110/

    Einmal editiert, zuletzt von Guaiba (14. April 2023 um 17:37)

  • ... ja, alles richtig gelesen. Danke fürs Einstellen hier des schönen Briefes. Wenn es geht, wäre die Rückseite abzubilden eine feine Sache. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo ins Forum,

    Hallo Guaiba ,

    leider habe ich die Fahrpläne aus 1890 nicht.

    Dafür kurz die Infos zum Schiff:

    Die ORENOQUE war ein Dampfer mit Schraubenantrieb der Reederei "Compagnie des Services Maritimes des Messageries Imperiales". Das Schiff wurde 1874 in Dienst gestellt. Es hatte eine Verdrängung von 3.910 BRT. 1925 wurde das Schiff verschrottet.

    Die Gesellschaft hatte von Bordeaux aus startend ab 1856 einen Postdienst bis Rio de Janeiro mit der Bezeichnung Ligne J aufgenommen. Ab Rio de Janeiro bestand eine Anschlußlinie (Ligne K) bis Buenos Aires. Ab 1868 entfiel die Ligne K - die Ligne J verlief durchgehend bis Buenos Aires.

    Rolf- Dieter