Anfang des Jahres 1861 erschien als 3. Ausgabe von Oldenburg u.a. die 1/4-Groschen-Marke Michel Nr. 9.
Diese Marke wurde im farbigen Steindruck auf weißem Papier erstellt (Farblithographie). Die erstellende Druckerei war die Gerhard Stalling‘sche Steindruckerei in Oldenburg. Die Auflage betrug damals 50.000 bis 80.000 Stück (Schätzung von Paul Orth in Krötsch, Handbuch der Postfreimarkenkunde, 1895, S. 56)
In den übrigen Grunddaten, Papier, Grösse der Marken und Abstände der Marken zueinander verweise ich auf die ausführlichen Ausführungen zur Oldenburg Nr. 13.
Der eigentliche Zweck der 1/4-Groschen-Marke war, dass diese als Ergänzungsmarke dienen sollte, um auch Viertel-Bruchteile eines Groschens, welches bei der Umrechnung des Briefgeldes in fremdländische Währungen neben den ganzen Groschen häufig zu Tage kamen, durch eine Freimarke darstellen zu können (vgl. Paul Orth, Krötsch, S. 56). Ein einfacher Brief von Oldenburg nach Cuba (Havanna) beanspruchte 6 3/4 Groschen Briefgeld (vgl. Orth, Krötsch, S. 56, Fn. 29, der fälschlicherweise von 7 3/4 Groschen Briefgeld für Briefe nach Cuba ausging.)
Vor der Einführung der 1/4 Gr.-Marke wurde es so gehandhabt, dass Auslandsbriefe teilweise barfrankiert wurden, d.h. es wurde eine Teilfrankatur auf die Briefe geklebt und der Restbetrag am Postschalter bezahlt. Diese Handhabung, die natürlich auch umständlich war, wollte die grossherzogliche Postverwaltung durch die Einführung der 1/2-Groschen-Marke (Oldenburg Nr. 11) und der 1/4-Groschen-Marke (Oldenburg Nr. 9) abstellen. Gleichzeitig wurde Anfang 1961 das Porto für Briefe im Ortsverkehr von 1 Groschen auf 1/2 Groschen abgesenkt.
Diese ab Januar 1861 eingeführten Neuerungen wurden vielfach nicht verstanden. Insbesondere der Zweck der 1/4-Groschen-Marke (Oldenburg Nr. 9) war vielen Postbediensteten offenbar nicht klar. Tatsache ist, dass nur eine sehr geringe Anzahl von Auslands-Briefen dieser 1/4-Groschen-Zusatzfrankatur bedurften. In Bild 1 stelle ich einen Brief mit einer Oldenburg Nr. 9 nach Cuba mit einem 6 3/4 Groschen-Taxvermerk ein, bei dem allerdings die 2- und auch die 3-Groschen-Marke "abgefallen" sind (Bernstein-Sammlung, 330. Schwanke-Auktion am 14. Mai 2011, Los 391). In Bild 2 zeige ich eine Schwarz-Weiß-Abbildung einer 6 3/4 Frankatur nach Cuba aus der Harmer-Auktion Sammlung Alfred H. Caspary vom 23.-25.4. 1956, , Los.-Nr. 624.
Bild 1
Bild 2
Bild 3
In Bild 3 zeige ich ein Briefstück mit einer Frankatur einer 1/2 Groschen (Oldenburg Nr. 11b) mit einer 1/4 Groschen (Oldenburg Nr. 9), welches aus einer solchen Cuba-Frankatur stammt (Christoph Gärtner, Auktion vom 07. April 2018, Los.-Nr. 229).
Ob und für welche weiteren ausländische Staaten außer Cuba einer Zusatzfrankatur der 1/4-Groschen-Marke (Oldenburg Nr. 9) bedurften, ist mir nicht bekannt. Fest steht, dass diese 1/4-Groschen-Zusatzfrankatur z.B. bei Auslandsbriefen in die USA, die man noch häufiger findet, nicht notwendig war. Denn hier betrug das normale Briefporto 6 1/2 Groschen.
Damalige Briefe von Oldenburg nach Cuba drehten sich vornehmlich inhaltlich um die Lieferung von Tabakblättern aus Cuba. Denn im Oldenburger Land etablierten sich zu damaliger Zeit die "Zigarrendreher". Das war damals ein Handwerksberuf, den man noch bis in die 20er-Jahre des 20. Jahrhunderts finden konnte.
Die Marke Oldenburg Nr. 9 ist (echt) gestempelt überaus selten. Auf Brief findet man diese heute noch am "häufigsten" als Frankatur von Ortsbriefen mit Paaren der 1/4 Groschen als 1/2-Groschen Frankatur. Ich schätze, dass ca. 10 bis 15 solcher 1/2-Groschen-Ortsfrankaturen erhalten geblieben sind (vgl. hierzu Bild 4, Auktion Christoph Gärtner vom 07. April 2018, Los.-Nr. 230). Darüber hinaus habe ich bisher 2 Briefe gesehen, bei den die 1/4-Gr.-Marke Nr. 9 als 4er-Streifen und als normales 1-Groschen Porto verwendet wurde (Bild 5, Heinrich Köhler 2. Boker-Auktion vom 07. Dezember 1985, Los Nr. 332).
Bild 4
Bild 5
Ich selbst besitze 2 Exemlare der Oldenburg Nr. 9. Zumindest ein Exemplar aus meiner Sammlung will ich Euch nicht vorenthalten. Es zeigt eine mehrfach altsignierte Oldenburg Nr. 9 mit dem Oldenburger K2 und einem roten Franco-Stempel. Diese Marke wurde daher nicht im Ortsbereich verwendet (Bild 6 - aus meiner Sammlung).
Es gibt auch mindestens eine Einzelfrankatur der 1/4-Groschen:
Es ist geschehen, dass ein Postbediensteter oder ein Postkunde fälschlicherweise einen 1/2-Gr.-Ortsbrief in Vechta, der nach Goldenstedt adressiert war, nur mit einer einzelnen Oldenburg Nr. 9 -1/4 Groschen frankierte und dieser Brief unbeanstandet und ohne Nachporto befördert wurde. Dieses phantastische Stück mit einer Einzelfrankatur 1/4-Groschen, die eigentlich gar nicht möglich war, wurde auf der 21. Schlegel-Auktion vom 20.-22.11.2017 für 58.000,- € versteigert (BILD 7). Es soll sogar noch einen 2. Brief mit einer weiteren 1/4-Einzelfrankatur geben, den ich allerdings noch nie gesehen habe.
Bild 7
Zu der Farbe der Nr. 9 ist Folgendes festzustellen:
Der Michel-Spezial-Katalog macht folgende Angaben zur Farbe: dunkelgelborange bis gelborange (Michel-Deutschland-Spezial 2020, S.209)
Orth in Krötsch, Handbuch der Postfreimarkenkunde, Altdeutsche Staaten, Ausg. 1895, S. 52 benennt demgegenüber folgende Farben:
a) dunkelorange (Aufl. 1861 Januar)
b) hellorangegelb (Aufl. 1861 Herbst)
Diese beiden Farben kann man relativ leicht unterscheiden. Zur Seltenheit der beiden Auflagen kann ich bislang wenig sagen. Wenn eine der beiden Auflagen geringfügig häufiger vorkommt, ist dies nach meinem Eindruck die erste Auflage in der Farbe dunkelorange.
Es gibt bei der Nr. 9 (genau wie bei der Nr. 13) leicht farbübersättigte Drucke. Diese sind zwar nicht häufig, aber man kann diese auch nicht als selten bezeichnen. Bei diesen farbübersättigen Drucken erscheint die Zeichnung der Marke leicht verschwommen und auch die Randlinien erscheinen hier dann manchmal leicht „verkleckst“.
Zu Stempelfälschungen:
Was die Seltenheit der gestempelten Oldenburg Nr. 9 angeht, erscheint es mir so, dass es aktuell einfach ZUVIELE gestempelte Exemplare gibt. Ich vermute, dass Fälscher früherer Zeiten sich einige echte ungebrauchte Oldenburg Nr. 9 genommen hatten (man musste ja die Marke nicht fälschen, diese war ja günstig zu bekommen) und dass noch viele Falschstempel im Umlauf sind. Ob man wirklich den echten Poststempel K2 von Oldenburg von einem sehr gut imitierten Falschstempel unterscheiden kann, der vor über 100 Jahren aufgebracht wurde? Sicher ist es so, dass bei vielen Falschstempeln die Stempelfarbe abweicht und auch geringe Abweichungen vom echten Stempel feststellbar sind und man diese daran erkennt. Aber,... es gibt aus meiner Sicht einfach zu viele gebrauchte Oldenburg Nr. 9 im Angebot. Vielleicht ist dies auch nur MEINE Wahrnehmung.
Von der Oldenburg Nr. 9 sind (bisher) keine Plattenfehler festgestellt worden.
Abschließend aber trotzdem noch eine kleine Besonderheit. Aktuell ist eine ungebrauchte Nr. 9 mit einem Farbabklatsch auf der Rückseite im Auktionsangebot (siehe philasearch Oldenburg). dies ist nach meiner Kenntnis und Beobachtung der einzige Abklatsch, den es von dieser Marke gibt....
Bild 1 Bernstein-Sammlung, 330. Schwanke-Auktion am 14. Mai 2011, Los 391
Bild 2 Harmer-Auktion Sammlung Alfred H. Caspary vom 23.-25.4. 1956, , Los.-Nr. 624
Bild 3 Christoph Gärtner, Auktion vom 07. April 2018, Los.-Nr. 229
Bild 4 Auktion Christoph Gärtner vom 07. April 2018, Los.-Nr. 230
Bild 5 Heinrich Köhler 2. Boker-Auktion vom 07. Dezember 1985, Los Nr. 332
Bild 6 Nr. 9 (aus meiner Sammlung)
Bild 7 21. Schlegel-Auktion vom 20.-22.11.2017