Express-Bestellung im Postverein

  • liebe Sammlerfreunde,

    bei folgendem Brief stimmt die Frankatur gar nicht. Er sollte wohl als Expressbrief in den Postverein laufen. Für die 23 Meilen war der Ganzsachenumschlag mit 3 Sgr. korrekt. Als Expressgebühr wären aber mindestens 3 Sgr. und nicht 2 1/2 Sgr.

    fällig gewesen.

    Außerdem entspricht der Hinweis "sofort zu bestellen" nicht den Konventionen für Expressbriefe. Allerdings wurde dieser Hinweis von der Post mit Rötel unterstrichen.

    Wer weiß Rat?

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Erwin,

    seitens der preußischen Post ist der Brief nicht als expreß zuzustellen behandelt worden, sonst hätte er recommandiert werden müssen.

    Die Rötelunterstreichung ist typisch für die sächsische Post, wenn sie den Brief als expreß zuzustellen betrachtete. Wenn das hier auch der Fall gewesen sein sollte, hat man möglicherweise deshalb auf die Erhebung ergänzenden Botenlohns verzichtet, weil in Leipzig zu diesem Zeitpunkt für Inlandsbriefe nur 2 Ngr. Expreßgebühr erhoben wurden.

    Liebe Grüße

    Jürgen

    Einmal editiert, zuletzt von Altsax (2. Mai 2022 um 15:18)

  • Lieber Jürgen,

    bist du sicher, dass Expressbriefe zu recommandiren waren im DÖPV? Ich meine, dass das erst später kam (der Brief könnte ja von 1855 oder 1856 sein). Ich meine mich erinnern zu können, dass erst ab 1858 Recopflicht bestand.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    die Recommandationspflicht findet sich im Art. 26 der revidierten Fassung des Postvereinsvertrages vom Dezember 1851.

    Liebe Grüße

    Jürgen

  • ... dann muss ich dort mal nachschauen, kann sein, dass ich das mit dem inneren Verkehr in Bayern verwechsle ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • lieber Jürgen, lieber Ralph,

    Expressbriefe in den Postverein mussten nach dem revidierten Vertrag vom 5.12.1851 recommandirt werden.Die Expressgebühr betrug 3 Sgr. Das wären ohne die Recommandation ja schon 6 Sgr.

    Ich nehme an, der Absender hat sich vertan und den innerpreußischen Tarif verklebt: 3 Sgr. für die Entfernung, 2 1/2 Sgr. Expressgebühr. Der Brief ist wohl im Briefkasten gelandet, die preußische Post hatte aber keine Probleme mit einem um 2 1/2 Sgr. überfrankierten Brief, da die Angabe " sofort zu bestellen" eine ähnlich geringe postalische Auswirkung wie "cito" hatte.

    Dass die sächsische Post trotzdem per Expressen ausgeliefert hat, ist eine andere Sache.

    Könnte das die Erklärung sein?

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

    Einmal editiert, zuletzt von preussen_fan (2. Mai 2022 um 17:09)

  • Lieber Erwin,

    restlos geklärt ist der Brief noch nicht.

    Die preußische Post hat ihn offenbar nicht als Expreßbrief betrachtet. Der geforderte Vermerk "per Expressen zu bestellen" findet sich erst im 1. Nachtrag zum revidierten Postvereinsvertrag, der am 1.1.1856 in Kraft trat.

    Zu diesem zeitpunkt wurden aber m.W. auch in Preußen keine Coursstempel mehr auf der Siegelseite abgeschlagen. Demnach müßte der Brief früher datieren.

    Die sächsische Post hätte die expreßgebühr (Expreßzustellung unterstellt) vom Empfänger kassieren dürfen. Das Fehlen des Leipziger Expreßstempels belgt aber, daß sie es nicht tat.

    Preußen hat aber für das Expreßbestellgeld keinen Weiterfrancovermerk angebracht, wollte also die überschießenden 2,5 Sgr. nicht weitergeben. Die sächsische Post hätte also eine Belastungsanzeige versenden müssen.

    Zu klären ist die tatsächliche postalische Behandlung nicht mehr.

    Liebe Grüße

    Jürgen