Sellschopp 3. Auktion - Nachlese

  • Am Samstag, den 11. Juni fand die 3. Auktion von Sellschopp in Hamburg statt. Gestartet wurde mit dem 1. Teil eines Händlerlagers, das fast vollständig verkauft wurde. Originell war u.a. eine große Plastikbox mit über 10.000 Marken, die m.E. mit 600€ sehr günstig wegging. Danach waren die Sammlungen an der Reihe, mit einer hohen Verkaufsquote. Aber es blieben auch spektakuläre Sammlungen liegen. Die wunderschöne Sammlung von Prof. Wigand Bruns über "Die preußischen Rayonstempel" (auch auf der Seite Exponate vom BdPh zu finden) blieb bei einem Ausruf von 4.000 € unverkauft. Es war lediglich ein zu hohes, aber nicht genanntes Untergebot vorhanden. Mit rund 250 Briefen, kenntnisreich beschrieben auf 137 Seiten, sollte jeder, der Interesse hat sich schnell überlegen, hier mit einem Untergebot von 10 % zuzuschlagen. Eine ungewöhnliche Sammlung über die Fälschungen von Helgoland ging bei einem Ausrufwert von 3.000 € zurück. Ein Tipp für die Helgoland-Sammler hier, sich die Fototafeln, der komplett abgebildeten Sammlung anzusehen.

    Der Vormittag ging sehr kurzweilig um 13 Uhr zu Ende. Das lag auch an dem Auktionator, der sehr eloquent und kenntnisreich die Auktion leitete. Besonders gefiel mir, dass den Internetbietern, die einen hohen Anteil darstellten, sehr respektvoll begegnet wurde. Auch wurde bei harten Bietergefechten nicht sich nur beim Sieger, sondern auch beim unterlegenden Bieter bedankt.

    Pünktlich um 14 Uhr starteten die Einzellose. Der kleine Bayernteil wartete mit einer Sensation auf. Eine 1 Kreuzer Wappenausgabe von 1875 mit weiten Wellenlinien, in der seltensten Farbe dunkelgelblichgrün (Mi 32b) auf dem einzig bekannten Brief wurde bei einem Ausruf von 10.000 € erst bei 20.000 € zugeschlagen. Es folgte eine großartige Bremensammlung, die aufgelöst und vollständig verkauft wurde. Gerade die Briefe erreichten hohe Zuschläge. Das Highlight für mich war der Preußen-Teil mit vielen seit Jahrzehnten nicht mehr gesehenen Raritäten. Eine 6 Pfg. rotorange (Mi 13a) mit klasklaren Nummernstempel 777 wurde erst bei 6.500 € zugeschlagen. Scheinbar sind bisher erst zwei Marken dieser Ausgabe mit Nummernstempel registriert, da vorschriftsgemäß der Ortsstempel hätte Verwendung finden müssen. Ein amtlicher Neudruck der 3 Sgr. schwarz auf gelb auf Brief, ein Unikat, fand erst bei 9.500 € einen neuen Besitzer. Diese Neudrucke waren, ähnlich wie die Neudrucke von Württemberg, frankaturgültig. Auch der Preußen-Teil mit seltenen Auslandsdestinationen war sehr beliebt. Ein Brief der Mi. 13 u. 18 nach Schottland brachte 4.200 €. Überwältigend war auch das Angebot seltener Destinationen von Briefen aus Schleswig-Holstein. Ein Brief nach Madeira mit 7 Stück der 1 1/3 Schilling rosa und 1 Stück der 1/2 Schilling grün erreichte 11.000 €, ein Brief nach Neuseeland mit 3 Stück 4 Schilling hellbraun und 1 Stück 1 1/3 Schilling rosa sogar 26.000 €.

    Insgesamt eine wirklich gelungene Auktion der Firma Sellschopp. Als Kontrastprogramm lief parallel ab Nachmittag die Versteigerung von Jean-Paul Bach aus der Schweiz. Bei sehr sportlichen Ausrufpreisen konnten dort nicht einmal 10 Lose verkauft werden, weniger als 5 % der angebotenen Lose.

    Beste Grüße

    Peter

  • Als Kontrastprogramm lief parallel ab Nachmittag die Versteigerung von Jean-Paul Bach aus der Schweiz. Bei sehr sportlichen Ausrufpreisen konnten dort nicht einmal 10 Lose verkauft werden, weniger als 5 % der angebotenen Lose

    Bach, dies ist ein Thema für sich und längst bekannt

  • Hallo Peter,

    danke für deinen schön geschriebenen Einblick.

    SH mit seltensten Destinationen war sicher ein Highlight.

    Eine Bayern Nr. 32 (über Farbe streite ich nicht) für 20k € plus Rollgeld zu kaufen ... da muss man schon sehr in die Marke verliebt sein, also in diese Nuance. Da wüßte ich Besseres mit meinem Geld anzufangen, bei Bayern und anderswo sowieso. Aber: Suum cuique.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Von vielen der schönen Preußen-Stücke könnte ich vorstellen, daß ich den Käufer mit dem nötigen Kleingeld kenne. Auch hier: suum cuique.

    Die Bietgefechte waren teilweise wirklich interessant. Leider konnte ich große Teile nur ohne Ton verfolgen, da gleichzeitig die Online-Veranstaltung vom DASV stattfand. Das Résumé von Peter kann ich nur bestätigen.

    Dieter

  • Liebe Sammelfreunde

    ich bedanke mich ebenfalls für den Eindruck.

    Auf einen Beleg, Los 307 hatte ich geboten, jedoch nicht so mit unbedingt haben müssen. Zugeschlagen wurde er mir nicht.

    Die Beschreibung war folgende:

    1861/63, Wappenausgabe 2 Silbergroschen blau (unruhiger Durchstich links) und 3 Silbergroschen hellbraun, auf 1 Silbergroschen Ganzsachen-Kuvert , je mit sehr sauber und zentrisch aufgesetzten K2 "POTSDAM 25 6 63" als Paket-Begleitbrief nach Basel, mit vorderseitig handschriftlichem Vermerk "Anbei ein Paket", Taxierung "6" Silbergroschen in blauer Tinte, Paketzettel "aus Potsdam St. 314." und K1 mit Wappen von "POTSDAM" sowie Rötel-Vermerk "O", rückseitig mit rotem Ra1 "Unbestellbar", Ra3 "MAGDEBURG STADT 1 7" und K1 "AUSG. N3 2/7" sowie fast intaktem rotem Wachssiegel "AMTLICH ERÖFFNET DURCH DIE OBER-POST-DIRECTION POTSDAM". Ein sehr dekorativer, ganz ursprünglicher und extrem ungewöhnlicher Paket-Begleitbrief ins Ausland.

    M.E. lief der Brief + Paket nur bis Basel-Bahnhof und soweit ich in Erinnerung habe gab es dort ein badisches Postamt. Dies würde auch erklären, warum es kein schweizer Porto notiert wurdeund die 6 Sgr. reichten nur bis zur Grenze Baden/Schweiz. Auch wurden nur 6 Sgr. Retourporto erhoben. Der Beleg lief nur auf der Rücktour durch die Magdeburger Packkammer.

    War ist Basel-Bahnhof tatsächlich ein badisches Postamt?

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Lieber Ulf,

    meiner Meinung nach ja

    aus: 165 Jahre Badenmarken - 75 Jahre Arge Baden

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Michael,

    Asche auf mein Haupt - habe das mit Strasbourg verwechselt. =O

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ulf,

    bei der Briefpost wäre es wohl anders gewesen, als Briefe aus dem DÖPV nach Basel 1 Sgr. bzw. 3x Schweizer Porto/Franko kosteten.

    Es gibt aber wenige, die nach Basel liefen (sogar aus Preussen) und die KEIN Schweizer Nachporto aufwiesen. Ob das etwas mit Postfächern im Badischen Bahnhof Basel zu tun haben könnte, wäre möglich, ist aber nicht beweisbar.

    Aber natürlich ungeachtet der Lage ein traumhafter Brief, über den sich stundenlang diskutieren ließe.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,

    musste leider einen wunderbaren Humboldt Brief an mir vorbeiwandern sehen, da momentan das Sparschwein schon geschlachtet war ...

    Aber vielleicht kommt er eines Tages wieder zum Verkauf ... wer weiss

    Lg Andreas

  • Bei dieser Auktion stach ja wirklich ein breites Preußen-Angebot hervor mit vielen wirklich seltenen Stücken. Dennoch waren einige Preise überraschend.

    So z.B. auch das im Eröffnungsbeitrag genannte Los der 6 Pfg. orange (Mi 13a) mit Nummernstempel-Entwertung für 6.500 €.

    Die Marke hat meines Wissens ein Frühverwendungsdatum vom November 1859, kann daher mit dieser Entwertung regulär nicht vorkommen. Im Katalog wird sie auch gar nicht mit dieser Entwertung aufgeführt, es sollen aber wohl 2-3 Marken existieren. Wer also die 3. Markenausgabe mit Nummernstempel-Entwertung komplettieren wollte, hatte hier wohl eine einmalige Chance.

    Postgeschichtlich sieht es etwas anders aus. Die 6 Pfg.-Marken wurden auf Brief oft in Verbindung mit anderen Marken genutzt, man denke nur an Frankreich- oder Italien-Frankaturen. Wenn also diese 6 Pfg.-Marke zusammen mit Freimarken der 1.Ausgabe verklebt wurde, war eine Nummernstempel-Entwertung plausibel. Für die Marken der 1. Ausgabe war dies Ende 1859 noch vorgeschrieben und die 6 Pfg.-Marke Nr. 13 war im aufgeklebten Zustand kaum von der 6 Pfg.-Marke Nr. 1 von 1851 zu unterscheiden. Daher wäre in so einem (jetzt konstruierten) Fall die Nummernstempel-Entwertung aus Sicht des Postbeamten "regulär" gewesen.

    Spätentwertungen der 1. Ausgabe auf Brief mit Nummernstempel sind selten, aber doch mit einiger Regelmäßigkeit am Markt zu finden.

    Insofern finde ich den Preis von 6.500 € + Aufgeld für eine lose preußische Marke sehr beachtlich.

    Andere Meinungen hierzu würden mich interessieren.

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Liebe Freunde,

    ich fand diese Auktion auch interessant, vor allem ein Los, Nr. 29.

    Als Heimatsammler war ich natürlich gespannt, ob dieser Brief aus Erding zum Ausrufpreis von € 500 weggehen würde. Er ging weg – für € 700 plus Nebengeräusche. Da kann man dem Auktionator nur gratulieren. Vielleicht kann mir noch jemand erklären, ob ich dem Käufer auch noch eine Gratulation schulde.

    Für die Heimatsammlung genügt mir eine Marke mit Teilen einer Nebenmarke und ähnlicher Stempelqualität – 2010 auf der Münchner Messe am Stand von Harlos für €8 gekauft, dafür mit Duplexentwertung. ;)

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!


  • Lieber Ulf, lieber Michael,

    definitiv ja.

    (Quelle: Badische Gesetz- und Verordnungsblätter, 1855, März, Nr. XI, S. 70)

    Freundliche Grüße

    Peik

  • Hallo Dietmar,

    es ist sicher einer der schönsten Briefe mit frankierter 3 Kreuzer rot,

    und weil nicht davon auszugehen ist, dass der Käufer wegen dem Kauf

    dieses Jahr seine Urlaubsreise wird stornieren müssen,

    kann man zu dem Brief nur gratulieren.

    Der Käufer wird sein Leben lang an diesem Brief Freude habe.

    Das Geld ist also bestens angelegt.

    Gruss Kilian

    Wer um Einzelmarken einen Bogen macht hat sich verlaufen.

  • Hallo zusammen,

    auch von mir ein Beitrag zur 3. Sellschopp-Auktion.

    Als Heimatsammler kenne ich das abgebildete Los seit fast 8 Jahren und verfolge es seitdem im Rahmen meiner Möglichkeiten. Zuerst gesehen habe ich den Brief im Herbst 2014 bei Götz, wo er mit einem Ausruf von 3000 € unverkauft blieb. Dann landete er beim Württembergischen Auktionshaus und wurde mehrmals bei einem Ausruf von 3000 € ebenfalls nicht zugeschlagen. Nach Preissenkungen fand der Brief im Oktober 2018 für 1700 € (Ausruf 1600 €) einen Käufer. Nun blieb der Brief bei Sellschopp mit einem Preisansatz von 700 € unverkauft. Was das aktuelle Angebot von den bisherigen unterscheidet, sind die sehr umfangreiche (und meiner Meinung nach ehrliche) Beschreibung und das Zeigen des Attestes von Frau Brettl aus dem Frühjahr 2014. Meiner Erinnerung wurde das Attest bisher nie gezeigt und die Rückseite auf keinen Fall, da sie sonst in meiner Registratur wäre.

    Was haltet ihr von dem Los?

    Altdeutschland Preussen, Michel 14a(3), 15a, 19a(2), U28A
    DESTINATION GROSSBRITANNIEN: 1861/65, Wappenausgabe 4 Pfennige grün, drei Exemplare, zusammen mit 6 Pfennige orange und zwei 3 Pfennige graulila, im ...
    www.philasearch.com

    Ich war jedenfalls sehr überrascht, daß dieses ungewöhnliche Los keinen Käufer fand.

    Dieter

  • Was haltet ihr von dem Los?

    Lieber Dieter,

    wieviele unterfrankierte Briefe nach Großbritannien es von Preußen gibt, kann ich nicht beurteilen. Von Sachsen kenne ich genau einen.

    Wären solche Briefe von Preußen auch nur ähnlich selten, solltest Du Dein Sparschwein schlachten. Die optische Attraktivität wäre dann eine Zugabe.

    Ich gestehe aber ein, daß bei mir postgeschichtliche Aspekte eine ungleich größere Bedeutung haben als solche der Qualität. Wer das anders sieht, muß natürlich die Finger von einem solchen Beleg lassen.

    Liebe Grüße

    Jürgen

  • Hallo ihr Beiden,

    vielen Dank für eure Zeilen. Per Whatsapp kam auch eine Reaktion eines anderen Forumlers mit der Nachricht, dass ein Untergebot möglich sei. Aber erst muß ich den Kauf einer teuren Literatur-Kiste verdauen, in der das Nummernstempel-Handbuch von Karlfried Krauß war. Ausgerechnet ein Kumpel aus der Arge Preußen war mein Gegenbieter.

    Wenn man aber bedenkt, daß Herr Schneider in Frankfurt mittlerweile den Krauß für 320 € ankauft, war die Kiste ein Scnapper.

    liebe Grüße

    Dieter