Recommandirt im Postverein

  • Hallo Ralph,

    zwei kleine Anmerkungen zu Deinem sehr schönen Brief.

    1. In der Regel gab es in Österreich "Recommandirt"-Stempel. Mir ist ein "Chargé" aus dem Handbuch von Klein in Erinnerung, der aber nicht die Form Deines Stempels hat....
    2. Die Frankaturpflicht für die Expressgebühr wurde in Österreich erst am 1 Mai 1868 eingeführt. Hier die ungarische PVO mit der Änderung zur Frankierung der Expressgebühr (gleiches wie bei Österreich bin nur zu Faul bei der Hitze die Treppen hoch zu gehen und einen Scan zu machen ;) )

    Bei dieser Ganzsache 1864 erschienen Ganzsache ist die Wahrscheinlichkeit hoch ist, sie vor diesem Datum verwendet wurde, so dass keine Expressgebühr verklebt worden ist.

    Ich würde auf einen Brief bis 1 Loth im DÖPV tippen.

    Schönen Sonntag

    Martin

  • Hallo Martin,

    ich weiß von mind. 2 österreichischen Orten, die auch Chargé stempelten, habe sogar einen Brief und einen anderen eines anderen Ortes schon gesehen. Welche Type jetzt genau das ist, weiß ich nicht (ich würde Stunden brauchen, den zu finden). Aber die Typen könnten auch gewechselt haben - auch Chargé-Stempel gingen mal kaputt.

    Danke für die Quelle - das betraf aber nur das Inland, wenn ich es richtig sehe mit den Expressen. Ab 1.1.1868 war Österreich und Ungarn Teil der Vertragsstaaten, da sah das anders aus.

    Hallo Tim,

    danke! Um es final auf den Punkt zu bringen ab 1868 gab es m. W. folgende Kombinationen:

    Portobriefe unter Chargé und Express für den Empfänger alles zahlbar - Rückschein zahlte der Absender.

    Frankobriefe unter Chargé und Rückschein zahlte der Absender - Expreß der Empfänger.

    Frankobriefe unter Chargé und Rückschein mit Express - alles bezahlt vom Absender.

    Portobriefe ohne Chargé, aber per Express und mit Rückschein, den der Absender bezahlte - Porto, Chargé und Express zahlte der Empfänger.

    Frankobriefe ohne Chargé, aber mit Rückschein zahlte der Absender - Express zahlte der Empfänger.

    Portobriefe unter Chargé ohne Rückschein mit Express - alles zahlte der Empfänger.

    Frankobriefe unter Chargé ohne Rückschein, aber mit Express, alles zahlte der Absender.

    Frankobriefe per Express - Empfänger zahlte Franko und Express.

    Portobriefe per Express - Empfänger zahlte alles.

    Mag sein, dass es noch mehr Varianten gab - aber allein mit diesen klar zu kommen, ist sicher nicht jedermanns Sache gewesen damals, Genies bei der Post oder sonstwo waren auch selten und ich hätte damals auch öfters nachschauen müssen, was wie zu zahlen, zu taxieren, einzutragen und zu berechnen war, wenn ein Kunde mit diesen Wünschen an mich heran getreten wäre; auch heute, als Bayern-Generalsammler, hätte man große Probleme, das in 30 Jahren Sammlertätigkeit alles zeigen zu können, was ich oben aufgeführt habe und da sind zahlreiche Spezialitäten noch gar nicht aufgeführt, das würde dann jeden Rahmen sprengen (z. B. Recobrief frankiert, Chargé frankiert, Rückschein frankiert, Express unfrankiert und gleichzeitig kommt auch ein Express-Wertbrief an denselben Empfänger bei der Abgabepost an - Expressgebühr einmal anfordern vom Empfänger, oder zweimal?).

    Aber sorry für "off topic" - bitte gerne wieder zurück zu Chargé/Recommandation im DÖPV.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hier galt aber auch die Vorschrift der Ausführungsbestimmungen, dass bei nicht vorausbezahltem Bestellgeld dieser Betrag von dem übergebenden Beamten rückseitig mit Rötel zu notieren war. Dies findet man aber nur sehr selten, vielleicht sparte man es sich, da der Betrag ja auch auf dem Expreß-Zettel stand.

    Lieber Michael,

    beim folgenden Brief ist das Franco für den einfach schweren brief sowie die Expreßgebühr frankiert, nicht jedoch die Recommandationsgebühr.

    Die siegelseitig vermerkten "7 1/2" müßten folglich die Recommandationsgebühr, ggf. den Zuschlag von 1 Sgr. sowie weitere 4 1/2 resp 5 1/2 Sgr. für die Landzustellung (?) enthalten.

    Läßt sich das exakt aufdröseln?

    Liebe Grüße

    Jürgen

  • Lieber Jürgen,

    Malpin (heute Mełpin) lag im Landbestellbezirk von Dolzig (heute Dolsk), dementsprechend fiel ein Land-Expreß-Bestellgeld an.
    Dies hätte nach meinem Verständnis von Art. 26 des revidierten Postvereinvertrags von 1861 als fester Betrag weitere 3 Sgr. betragen und hätte mit vorausbezahlt werden können.

    Dann wäre der Brief mit 11 Sgr. voll bezahlt gewesen und es wäre eine Portoforderung von 5 Sgr. bzw. 6 Sgr. (mit Portozuschlag) entstanden. So wurde anscheinend nicht vorgegangen.

    Unter Berücksichtigung der fehlenden 2 Sgr. bzw. 3 Sgr. (mit Portozuschlag) wurden anscheinend 4 1/2 bzw. 5 1/2 Sgr. Land-Expreß-Bestellgeld berechnet.Gemäß Reglement betrug das Land-Expreß-Bestellgeld bei innerpreußischer Korrespondenz bei einem Brief 5 Sgr. je Meile, 2 1/2 Sgr. je halbe Meile bzw. 1 1/4 Sgr. je viertel Meile bei einem Minimum-Betrag von 2 1/2 Sgr.

    Wie schnell ersichtlich, kommt man da nicht auf 5 1/2 Sgr.

    Diese Taxierung bleibt mir leider ein Rätsel ...

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Jürgen,

    wie wäre es mit folgender Interpretation:

    In Sachsen verrechnete man 3 Gr. Franko + 2 Gr. Reco-Gebühr, den übrigen 1 Gr. berücksichtigte man nicht (Bonus für die sächsische Postkasse).

    Preußen erhielt diesen Brief frankiert, ohne bezahltes Expreßgeld. Dort berechnete man nach den innerpreußischen Gebührensätzen 2 1/2 Sgr. Expreßgebühr + 5 Sgr. Landexpreßbestellgeld für 1 Meile = 7 1/2 Sgr.

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • wie wäre es mit folgender Interpretation:

    In Sachsen verrechnete man 3 Gr. Franko + 2 Gr. Reco-Gebühr, den übrigen 1 Gr. berücksichtigte man nicht (Bonus für die sächsische Postkasse).

    Preußen erhielt diesen Brief frankiert, ohne bezahltes Expreßgeld. Dort berechnete man nach den innerpreußischen Gebührensätzen 2 1/2 Sgr. Expreßgebühr + 5 Sgr. Landexpreßbestellgeld für 1 Meile = 7 1/2 Sgr.

    Lieber Michael,

    für diese Deutung spricht sehr viel!

    Die sächsischen Fahrenden Postämtern hatten keine Recostempel. Deshalb muß das handschriftliche "recommandirt" nicht zwingend, wie ich unterstellt hatte preußischen Ursprungs sein.

    Entscheidend aber ist das Fehlen des Weiterfrancovermerks für die Vorauszahlung der vermeintlichen Expreßgebühr von 3 Ngr. Das spricht eindeutig für Deine Interpretation.

    Wären die Postler korrekt gewesen, hätten sie wenigstens den überschüssigen Neugroschen weitergeleitet.

    Liebe Grüße

    Jürgen

    Einmal editiert, zuletzt von Altsax (22. Juni 2022 um 14:43)